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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.01.2015, RV/3100071/2014

Familienbeihilfe für Drittstaatsangehörige ohne NAG-Titel

Beachte

Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2015/16/0024. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R****** in der Beschwerdesache B****** , vertreten durch Mag. Peter Zivic , Weihburggasse  20, 1010 Wien, gegen den Bescheid des Finanzamtes Kufstein Schwaz vom , betreffend Abweisung eines Antrages auf Familienbeihilfe für den Zeitraum September 2007 bis April 2012

zu Recht erkannt:

I.

Die Beschwerde wird abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

II.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

1) Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom beantragte der im Spruch genannte Vertreter für den Kindesvater fristwahrend die Gewährung und Nachzahlung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge für die zwei minderjährigen Kinder K1****** und K2****** ab September 2007.
In Ergänzung dieses Schreibens wurde mit Eingabe vom konkretisiert, dass die Nachzahlung ab September 2007 bis Mai 2011 begehrt werde. Übermittelt wurden auch zwei Antragsformulare betreffend die beiden Kinder und weitere Unterlagen.
Im Urgenzschreiben vom wurde der Antrag auf den Zeitraum bis April 2012 ausgedehnt.

Am wurden die Anträge vom Finanzamt abgewiesen. Das Finanzamt hielt fest, dass sowohl der Antragsteller, als auch seine Ehegattin und die Kinder bosnische Staatsbürger sind. Die zuständige Bezirkshauptmannschaft habe telefonisch mitgeteilt, dass weder der Antragsteller noch seine Ehegattin im streitgegenständlichen Zeitraum über einen "Aufenthaltstitel nach § 8 und § 9 des neuen Aufenthaltsgesetzes" verfügt hätten. Aus diesem Grund bestehe in diesem Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig (damals) Berufung erhoben. Verwiesen wurde auf diverse Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes und es wurden diverse Überlegungen zum ständigen Aufenthalt in Österreich und zum Mittelpunkt der Lebensinteressen angestellt. Der Antragsteller habe seit Mitte des Jahres [JJ+3] seinen Hauptwohnsitz in Österreich und wäre seit dem Jahr [JJJJ] den weitaus überwiegenden Teil des jeweiligen Jahres in Österreich als Arbeiter beschäftigt. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen liege daher im streitgegenständlichen Zeitraum zweifelsohne in Österreich. Die in Rede stehenden Kinder hätten zur gleichen Zeit wie der Antragsteller den Hauptwohnsitz in Österreich begründet und wären in Österreich in Schulausbildung gestanden. Auch deren Mittelpunkt der Lebensinteressen befände sich zweifelsohne in Österreich.
Den Kindern wären befristete Aufenthaltsbewilligungen mit dem Vermerk "Schüler" erteilt worden. Auch der Beihilfenwerber hätte im in Rede stehenden Zeitraum über jeweils nur befristet gewährte Aufenthaltstitel verfügt.

Die Berufung wurde mit (damals) Berufungsvorentscheidung als unbegründet abgewiesen. Das Finanzamt bezog sich auf die Bestimmung des § 3 Abs 1 FLAG 1967 und die Tatsache, dass die gesamte Familie bosnische Staatsbürger seien. Daraus folgerte das Finanzamt, dass der Antragsteller selbst über einen Aufenthaltstitel "nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes" hätte verfügen müssen, um einen Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zu haben. Im Zeitraum September 2007 bis April 2012 wäre ein solcher Titel jedoch nicht vorgelegen.

Der Beihilfenwerber beantragte durch seinen Vertreter die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Ohne genaue Angaben zu machen wurde die Behauptung aufgestellt, der Verwaltungsgerichtshof hätte in den letzten Jahren mehrmals ausgeführt, dass "das Fehlen eines Aufenthaltstitels nach §§ 8 und 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG)" für den Anspruch auf Familienbeihilfe dann unschädlich wäre, "wenn sich im maßgeblichen Zeitraum der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Anspruchsberechtigten und seiner Kinder im Inland befunden" hätte.

Das Finanzamt legte die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat im Dezember 2013 zur Entscheidung vor. Diese war am noch unerledigt anhängig und ist daher nach § 323 Abs 38 BAO vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde iSd Art 130 Abs 1 B-VG zu erledigen.

2) Sachverhalt:

Aus dem gesamten Verwaltungsverfahren ergibt sich an Sachverhalt, dass der Beihilfenwerber, seine Ehegattin und die Kinder bosnische Staatsbürger sind. Seit dem Jahr [JJJJ] scheinen betreffend den Beihilfenwerber Beschäftigungszeiten mit regelmäßigen Unterbrechungen auf.
Das Finanzamt verweist sowohl in der Begründung des bekämpften Bescheides als auch in der Berufungsvorentscheidung darauf hin, dass der Beihilfenwerber im Streitzeitraum über keinen Aufenthaltstitel nach dem Bundesgesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und AufenthaltsgesetzNAG), BGBl I Nr 100/2005, verfügt hat. Seitens des Beihilfenwerbers wird dies nicht bestritten, weshalb für das Bundesfinanzgericht fest steht, dass ein solcher Titel im Streitzeitraum nicht bestanden hat.
Unbestritten ist auch, dass dem Beihilfenwerber weder Asyl gewährt noch ihm der Titel eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde.
Ein Titel nach dem NAG (in Form einer Rot-Weiß-Rot Card Plus) wurde dem Beihilfenwerber (und seiner Ehegattin) erstmals mit Wirksamkeit ab [TT.MM.JJ+11] ausgestellt.

3) Rechtslage:

Nach § 3 Abs 1 FLAG 1967 haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl I Nr 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten.
Nach Abs 2 der zitierten Bestimmung besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten.
Die Abs 3 und 4 leg.cit. normieren, dass abweichend von Abs 1
- Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl I Nr 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe haben. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.
- Personen, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe haben, sofern sie keine Leistungen aus der Grundversorgung erhalten und unselbständig oder selbständig erwerbstätig sind. Anspruch besteht auch für Kinder, denen der Status des subsidiär Schutzberechtigten nach dem Asylgesetz 2005 zuerkannt wurde.

4) Erwägungen:

Das FLAG 1967 knüpft den Anspruch auf Familienbeihilfe einerseits an des Vorliegen bestimmter Anspruchsvoraussetzungen, andererseits an das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen. Mangelt es an einer Anspruchsvoraussetzung oder liegt ein Ausschlussgrund vor, besteht kein Anspruch.

Im vorliegenden Fall ist unstrittig davon auszugehen, dass der Beihilfenwerber im Streitzeitraum über keinen Aufenthaltstitel nach § 8 NAG verfügt hat. Ein Aufenthaltstitel nach § 9 NAG kommt ohnehin nicht in Frage, da der Beihilfenwerber weder EWR-Bürger noch Angehöriger eines EWR-Bürgers ist.

Damit besteht der Ausschlussgrund des § 3 FLAG 1967 und hat der Beihilfenwerber keinen Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Ausführungen zum ständigen Aufenthalt der Familie in Österreich und zum Bestehen des Mittelpunktes der Lebensinteressen in Österreich müssen nicht näher geprüft werden, da es sich dabei um Anspruchsvoraussetzungen handelt, deren Vorliegen oder Nichtvorliegen auf Grund des Bestehens des Ausschlussgrundes nach § 3 FLAG 1967 nicht relevant ist.
Wenn nun erstmals ein Aufenthaltstitel nach dem NAG im [MM.JJ+11] erteilt wurde, liegt auch erst ab diesem Zeitpunkt ein nach (gegenständlich) § 8 NAG rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich vor (zur Ex-nunc-Wirkung vgl etwa , oder ). Nach der Rechtsprechung (vgl ) kommt es auf eine (nach anderen Gesetzen als dem NAG) gegebene Rechtmäßigkeit eines davor gelegenen Aufenthaltes nicht an.
Zu verweisen ist auch auf die Ausführungen des Unabhängigen Finanzsenates in seinen Entscheidungen , , -I/06, und -G/12.

Abschließend ist noch darauf hinzuweisen, dass auch die Bestimmung des § 3 Abs 5 FLAG 1967, welche einen rückwirkenden Anspruch für nachgeborene Kinder normiert, im gegenständlichen Fall nicht anwendbar ist, da die beiden Kinder nicht "nachgeboren" sind, dh nicht nach Erteilung des NAG-Aufenthaltstitels an den Beihilfenwerber geboren wurden.

5) Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig (Art 133 Abs 4 B-VG), da mit dem gegenständlichen Erkenntnis keine Rechtsfrage zu lösen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Auch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab oder fehlt es an einer solchen. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auf die in der Begründung zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes wird verwiesen.

Innsbruck, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at