Beschwerde der Amtsbeauftragten gegen die Entscheidung des Spruchsenatsvorsitzenden wegen Ausspruchs der Unzuständigkeit des Spruchsenates gem. § 125 FinStrG
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der verbundenen Finanzstrafsache gegen A (StrNr. 2013/00212-001), B (StrNr. 2013/XXXXX-YYY), C (StrNr. 2013/XXXXX-ZZZ), D StrNr. 2013/XXXXX-QQQ) und E (StrNr. 2013/XXXXX-WWW), wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG), teils als Beteiligte nach § 11 FinStrG und teils wegen Finanzordnungswidrigkeit gem. § 49 Abs. 1 FinStrG, über die Beschwerde der Amtsbeauftragten F vom gegen den Bescheid des Vorsitzendes des Spruchsenates III beim Finanzamt Salzburg-Stadt als Organ des Finanzamtes Salzburg-Land vom , betreffend den Ausspruch, dass die Voraussetzungen für ein Tätig werden des Spruchsenates nicht gegeben sind, folgendes Erkenntnis gefällt:
Der Beschwerde wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.
Entscheidungsgründe
Dem gegenständlichen (verbundenen) Finanzstrafverfahren liegt der Ankauf des Kaufgegenstandes ( G ) im Jahr 2007 zugrunde, welcher in der BRD von einer deutschen GmbH durch die H (kurz H-GmbH) im Betrag von € XY erfolgte.
Diesem Ankauf liegt die Investitionsvereinbarung vom zugrunde, wonach im Wesentlichen C und B (als Treuhänder) für zwei Investoren den Kaufgegenstand erwerben sollten, um ihn längstens binnen 12 Monaten gewinnbringend weiterzuveräußern.
Im Punkt G) dieser Vereinbarung wurde übereinstimmend festgehalten, dass nach außen hin die GmbH als Käufer und Verkäufer auftreten soll, im Innenverhältnis jedoch die Anteile am Kaufgegenstand für die Investoren lediglich als Treuhänder hält. Festgehalten wurde weiters, dass Hintergrund bei einem umsatzsteuerlastigen Ankauf des Kaufgegenstandes von einem in der EU ansässigen Unternehmen ein Ankaufsvorgang umsatzsteuerneutral ist, sohin als an den Verkäufer nur der Nettokaufpreis durch Angabe der wechselseitigen UID-Nummern auf der Rechnung zu bezahlen ist.
In der Folge wurde sodann seitens der H-GmbH der Kaufgegenstand in der BRD unter Anführung ihrer UID-Nummer erworben, wobei der Kaufvertrag von der Geschäftsführerin der H-GmbH unterschrieben wurde.
Anlässlich einer bei der H-GmbH durchgeführten Betriebsprüfung (Bericht vom ) wurde festgestellt, dass dieser Vorgang in der Buchhaltung der H-GmbH nicht erfasst worden war. Da sich auf dem Kaufvertrag die Unterschrift der Geschäftsführerin befand (erg. samt UID-Nr.), wurde dieser ig. Erwerb erfasst. Die Vorsteuer aus dem ig. Erwerb im Betrag von € 14.000,-- wurde nicht anerkannt, da er nicht für das Unternehmen (erg. für deren Zwecke) erfolgt ist.
Die daraus erfolgte Vorschreibung der Umsatzsteuer erfolgte gegenüber der H-GmbH unter anderem mit Umsatzsteuerbescheid 2007 vom . Dazu ist festzustellen, dass dieser Bescheid nicht angefochten und die aushaftenden Umsatzsteuerbeträge inzwischen entrichtet wurden (siehe Abfragen).
Gegen die oben angeführten Beschuldigten wurden sodann unter anderem wegen dieses Faktums Finanzstrafverfahren eingeleitet, wobei sich bei einem Beschuldigten aufgrund weiterer Vorwürfe ein strafbestimmender Wertbetrag von mehr als
€ 33.000,-- ergab. Seitens der Amtsbeauftragten wurden diese Finanzstrafverfahren – nach der verfügten Verbindung aufgrund angenommener Beitragstäterschaft – dem Spruchsenat zur Entscheidung gem. § 58 Abs. 2 lit. a FinStrG zugeleitet.
Unter Zugrundelegung dieses Sachverhalts sprach der Vorsitzende des Spruchsenates in dem nunmehr angefochtenen Bescheid - auf dessen ausführliche Sachverhaltsdarstellung verwiesen wird – unter Hinweis auf § 125 Abs. 1 FinStrG aus, dass die Voraussetzungen für das Tätig werden des Spruchsenates nicht gegeben sind.
In der Begründung wurde dazu ausgeführt, dass in rechtlicher Hinsicht durch den Ankauf des Kaufgegenstandes mit Kaufvertrag zwischen der deutschen GmbH und der H-GmbH aufgrund der Investitionsvereinbarung, ungeachtet der abgabenrechtlichen Beurteilung für die im Finanzstrafverfahren keine Bindungswirkung besteht, aus umsatzsteuerlicher Sicht kein die (österreichische) Umsatzsteuer auslösender Tatbestand (insbesondere innergemeinschaftlicher Erwerb; Art 1 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG, Anm. „BMR“ für Binnenmarktregelung) verwirklicht worden sei.
Ausgehend vom unmissverständlichen Wortlaut der Investitionsvereinbarung der Beschuldigten, die auch tatsächlich betreffend den Kaufgegenstand durch die H-GmbH umgesetzt und von allen Beschuldigten gewollt wurde, folge, dass der Ankauf des Kaufgegenstandes durch die H-GmbH als relatives Scheingeschäft (§ 23 Abs. 1 BAO; vgl. ausführlich Kommentar zum FinStrG Tanner/Kotschnigg zu § 33 Teil II Rzn 24 usw.; BFH vom , BStBl 1970 II 127) zu werten sei, da durch die bloß nach außen zum Schein als Käuferin auftretende H-GmbH deren (steuerfreier) ig. Erwerb des Kaufgegenstandes vorgetäuscht wurde. Der Erwerb erfolgte jedenfalls nicht durch die H-GmbH, sondern sollte der tatsächliche Erwerb, sei es durch die Investoren einerseits oder C und B andererseits, verdeckt werden.
Aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise sei für die Abgabenerhebung das durch das (relative) Scheingeschäft verdeckte Rechtsgeschäft maßgeblich. Aus umsatzsteuerlicher Sicht sei der Ankauf des Kaufgegenstandes nicht durch die H-GmbH erfolgt, da ihr tatsächlich trotz des Kaufvertrages keine tatsächliche Verfügungsmacht über den Kaufgegenstand zugekommen sei. Die Verfügungsmacht über den Kaufgegenstand sei demnach aufgrund der umgesetzten und tatsächlich gelebten Investitionsvereinbarung den anderen Beschuldigten zugekommen.
Auf die weiteren Ausführungen der Begründung dieses Bescheides wird verwiesen.
Dies führe zusammengefasst aufgrund der Binnenmarktregelung dazu, dass der Ankaufsvorgang als durch Nichtunternehmer (Privatpersonen) zu beurteilen sei, wodurch aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht das Ursprungslandprinzip zur Anwendung gelange und der Kauf tatsächlich der deutschen Mehrwertsteuer unterliege. Demnach sei keine Verkürzung einer dem FinStrG unterliegenden Abgabe bewirkt worden. Eine allfällige Finanzordnungswidrigkeit durch die Verwendung der UID-Nummer durch die H-GmbH ist für die Zuständigkeit des Spruchsenates nicht maßgeblich.
Durch den Wegfall des Tatvorwurfes im Betrag von € 14.000,--, verbleibe ein strafbestimmender Wertbetrag von unter € 33.000,--, sodass die Zuständigkeit des Spruchsenates für die verbundenen Finanzstrafverfahren nicht gegeben sei.
Dagegen erhob die Amtsbeauftragte mit Schriftsatz vom das Rechtsmittel der Beschwerde, die sich gegen den Ausspruch der Unzuständigkeit des Spruchsenates richtet.
Ausgehend vom im angefochtenen Bescheid dargestellten Sachverhalt wurde zu den Beschwerdepunkten 1) Scheingeschäft – Ursprungslandprinzip – ig. Erwerb ausgeführt:
Gemäß § 23 BAO sind Scheingeschäfte für die Erhebung von Abgaben ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Abgabenerhebung maßgebend.
Voraussetzung für das Vorliegen eines Scheingeschäftes, somit auch bei einem relativen Scheingeschäft, sei, dass beide Vertragsparteien darüber in Kenntnis sein müssen, dass der Inhalt des Geschäftes nicht der Wahrheit entspricht, bzw. ein Rechtsgeschäft anderer Art verdeckt oder ein Rechtsgeschäft derselben Art mit teilweise anderen Modalitäten verdeckt wird. Das Scheingeschäft erfordere den gemeinsamen dolus der Parteien, sodass sich beide Parteien bei der Abgabe der Willenserklärung darüber einig sind, dass nur der äußere Schein eines Rechtsgeschäftes hervorgerufen werden soll, die Rechtsfolgen dagegen nicht. Die Unverbindlichkeit der Erklärung müsse allen Beteiligten bewusst und von ihnen gewollt sein.
Scheingeschäfte sind – wie im angefochtenen Bescheid ausführlich dargestellt – für die Besteuerung unmaßgeblich. Liegt aber kein Scheingeschäft vor, so sind die Folgen der Besteuerung zu beachten.
Im vorliegenden Fall liege jedoch kein Scheingeschäft vor, da davon auszugehen sei, dass der Verkäufer bei Abschluss des Kaufvertrages nicht davon in Kenntnis war, dass der Käufer nur als Treuhänder auftritt, bzw. den Kaufgegenstand nicht für sein Unternehmen erwirbt. Es habe somit auch keine Einigkeit der Vertragsparteien darüber gegeben, dass nur der äußere Schein eines Rechtsgeschäftes hervorgerufen werden sollte, die Rechtsfolgen aber nicht.
Auf die Ausführungen betreffend das anhängige Strafverfahren wegen Betruges – den ein weiterer, zum Schein abgeschlossener Kaufvertrag, den gegenständlichen Kaufgegenstand betreffend, zugrunde liegt – wird verwiesen.
Im Übrigen sei auch allen Beteiligten klar gewesen, dass der weitere (Anm. im Jahr 2010 erfolgte) –Verkauf des Kaufgegenstandes nur von der H-GmbH erfolgen konnte.
Zusammenfassend gesagt, liege somit kein Scheingeschäft vor.
Im gegenständliche Fall seien auch die entsprechenden Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes und der Binnenmarktregelung zu beachten, nach (auf) welche(n) sich die Vorschreibung der Umsatzsteuer im vorliegenden Fall gründet.
Betreffend Ursprungslandprinzip wurde auf den Umstand, dass die Finanzverwaltung von einer Lieferung eines Unternehmers an ein Unternehmen ausgeht, verwiesen, weshalb die Argumentation des Ursprungslandprinzips nicht zielführend sei. Die Finanzverwaltung gehe von einer Lieferung zwischen zwei Unternehmen aus, wobei der Gegenstand der Lieferung allerdings nicht für den Betrieb des Unternehmens erfolgt ist.
Gem. Art 1 Abs. 2 Binnenmarktregelung (BMR) liege ein innergemeinschaftlicher Erwerb gegen Entgelt vor, wenn ein Gegenstand bei einer Lieferung an den Abnehmer aus dem Gebiet eines Mitgliedstaates in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaates gelangt.
Nach Art. 11 Abs. 2 BMR sind sowohl vom Unternehmer, wie auch vom Leistungsempfänger die UID-Nummer anzugeben, deren Bestehen und Umfang von den Vertragspartnern über MIAS abgefragt werden können.
Aus Sicht des Verkäufers, der deutschen GmbH, habe es sich demnach bei dem gegenständlichen Verkauf des Kaufgegenstandes um eine ordnungsgemäße Verkaufsabwicklung mit einem Unternehmer gehandelt. Mit Verwendung der eigenen UID-Nummer habe die Käuferin den Anschein erweckt, den Kaufgegenstand für das eigene Unternehmen zu erwerben. Der Verkäufer habe demnach in keiner Weise erkennen können, dass die Käuferin den Kaufgegenstand nicht für das Unternehmen erwirbt.
Im vorliegenden Fall wurde daher auch der Käuferin, der H-GmbH, die entsprechende Umsatzsteuer vorgeschrieben.
Zu § 125 Abs. 1 FinStrG wurde ausgeführt, dass der Vorsitzende des Spruchsenates feststellen kann, dass die Voraussetzungen für das Tätig werden des Spruchsenates nicht gegeben sind.
Entgegen der alten Rechtslage, bei welcher diese Entscheidung nur durch den Spruchsenat in einer nichtöffentlichen Sitzung beschlossen werden konnte, soll hier – nach den Intentionen des Gesetzgebers – im Sinne der Verfahrensbeschleunigung eine gewisse Entscheidungsmöglichkeit dem Vorsitzenden allein zugestanden werden.
Diese Entscheidungsmöglichkeit dürfe allerdings nicht dazu führen, dass durch die alleinige Entscheidung des Vorsitzenden hinsichtlich des möglichen Vorliegens von Gründen nach § 82 Abs. 2 lit. b bis e FinStrG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht möglich wäre.
Liegen Gründe vor, die einer weiteren finanzstrafrechtlichen Verfolgung oder einer Bestrafung entgegenstehen, so sieht der Gesetzgeber gemäß § 136 FinStrG eine Einstellung des Verfahrens vor. Die Entscheidung über eine solche Einstellung sei jedoch dem (gesamten) Spruchsenat vorbehalten.
Rechtslage und Erwägungen
§ 125 Abs. 1 FinStrG erster und zweiter Satz lautet:
Stellt der Vorsitzende des Spruchsenates, dem gemäß § 124 Abs. 2 die Akten zugeleitet wurde, fest, dass Ergänzungen des Untersuchungsverfahrens erforderlich sind, so kann er diese anordnen. Stellt er hingegen, allenfalls auch erst nach Ergänzungen des Untersuchungsverfahrens, fest, dass die Voraussetzungen für das Tätigwerden des Spruchsenates nicht gegeben sind, so hat er dies mit Bescheid auszusprechen; dieser Bescheid ist dem Beschuldigten, den gemäß § 122 dem Verfahren zugezogenen Nebenbeteiligten und dem Amtsbeauftragten zuzustellen und kann von diesen mit Beschwerde angefochten werden.
Gem. Art. 1 Abs. 1 BMR unterliegt auch der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt unter den Voraussetzungen des Art. 2 BMR der Umsatzsteuer.
Gem. Art. 11 BMR sind sowohl vom Unternehmer, wie auch vom Leistungsempfänger die UID-Nummer anzugeben (deren Bestehen und Umfang von den Vertragspartner über MIAS abgefragt werden können).
Gemäß Art. 12 Abs. 1 BMR kann der Unternehmer neben den in § 12 Abs. 1 Z 1 und 2 genannten Vorsteuerbeträgen folgende Beträge abziehen:
1. Die Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb von Gegenständen für sein Unternehmen. Das gilt nicht für die sich auf Grund des Abs. 4 ergebende Steuer für den innergemeinschaftlichen Erwerb.
Festzustellen ist, dass der zugrunde Sachverhalt in Bezug auf den vorliegenden Erwerbsvorgang des Kaufgegenstandes aufgrund der bekannten Investorenvereinbarung außer Streit steht.
Strittig ist im gegenständlichen Fall ob aus umsatzsteuerlicher Sicht ein die österreichische Umsatzsteuer (ig. Erwerb) auslösender Sachverhalt verwirklicht wurde oder nicht.
Strittig ist auch inwieweit dem Vorsitzenden eines Spruchsenates die Berechtigung zusteht, die Unzuständigkeit des Spruchsenates festzustellen, wobei auch die Amtsbeauftragte in der Beschwerde aufgrund der Gesetzesänderung des § 125 Abs. 1 FinStrG dem grundsätzlich nicht entgegentritt.
Zur steuerlichen Beurteilung des Spruchsenatsvorsitzenden ist auszuführen, dass der Ansicht der Amtsbeauftragten gefolgt wird, da ein relatives Scheingeschäft im Sinne des § 23 BAO nur dann vorliegt, wenn sich beide Vertragspartner über die zum Schein abgegebene Willenserklärung einig sind. Das ist im gegenständlichen Fall nicht anzunehmen, da der Kaufgegenstand jedenfalls real verkauft wurde und sich kein Hinweis ergibt, dass die deutsche GmbH von den dahinter stehenden Vereinbarungen in Kenntnis war.
Dazu kommt, dass gewollte Umgehungsgeschäfte oder Treuhandgeschäfte nicht als Scheingeschäfte anzusehen sind (siehe Kommentar zur BAO „Ritz“ 5 Aufl. § 23, Tz 4). Aus der Investitionsvereinbarung geht jedoch klar hervor, dass die H-GmbH treuhändig erwerben soll und auch der Verkauf des Pferdes (wie im Jahr 2010 geschehen) wiederum treuhändig über die H-GmbH erfolgen soll.
Den Ausführungen des Spruchsenatsvorsitzenden betreffend Scheingeschäft und der dazu zitierten Rechtsprechung und Kommentarmeinung kann daher nicht gefolgt werden. Die Anwendung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Sinne des
§ 21 BAO tritt daher ebenfalls in den Hintergrund.
Weiters ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, Ruppe, 4 Aufl., § 1 Tz 280 ff; zu Treuhandverhältnissen, davon auszugehen ist, dass auch § 24 BAO (Zurechnung von Wirtschaftsgütern bei Treuhandverhältnissen) für die umsatzsteuerliche Zurechnung von Leistungen ohne Bedeutung ist.
Grundsätzlich ist daher davon auszugehen, dass die Leistung demjenigen zuzurechnen ist, der im Außenverhältnis (im eigenen Namen) als Leistungsverpflichteter bzw. Leistungsempfänger in Erscheinung tritt, mag er auch im Innenverhältnis Weisungen unterworfen sein und/oder auf fremde Rechnung arbeiten (Tz 283).
Tritt der Treuhänder – wie im gegenständlichen Fall – in einem Beschaffungsgeschäft im eigenen Namen auf, so wird die Leistung vom Treuhänder erbracht bzw. empfangen (z.B. ).
Es ist daher von einem Umsatzgeschäft durch die H-GmbH und damit von einem steuerpflichtigen ig. Erwerb auszugehen. Dies auch deshalb, da aufgrund der Außenwirkung für einen objektiven Beobachter bzw. für den Verkäufer davon auszugehen war, dass durch die Verwendung der UID-Nummer und der Unterschrift der Geschäftsführerin für die auftretende H-GmbH erworben wurde.
Wie aus der Investitionsvereinbarung eindeutig hervorgeht, sollte durch dazwischenschalten der H-GmbH die deutsche Umsatzsteuer umgangen werden. Dabei kommt hinzu, dass der Erwerbsvorgang von der H-GmbH nicht in die Buchhaltung bzw. Steuererklärungen aufgenommen wurde.
Dazu ist auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-285/09, zu verweisen, welche zur Auslegung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems ergangen ist. Demnach soll das ordnungsgemäße Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems durch Manipulationen nicht in Frage gestellt werden (siehe insbes. Rz 48-51).
In Rz 51 wird insbesondere ausgeführt, dass der Ausgangsmitgliedstaat der ig. Lieferung unter den dargestellten Umständen die Steuerbefreiung gestützt auf die Befugnisse versagen kann, die ihm nach dem ersten Satzteil von Art. 28c Teil A der Sechsten Richtlinie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der Befreiung sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehung, Steuerumgehung und Missbrauch eingeräumt sind.
Eine derartige Auslegung ist auch auf den im gegenständlichen Fall zugrunde liegenden Sachverhalt zulässig. Spiegelbildlich angewendet, kann somit die durch den ig. Vorsteuerabzug an sich vorgesehene Steuerbefreiung versagt werden, um die an sich in der BRD durch dazwischenschalten der H-GmbH herbeigeführte Steuerumgehung zu beseitigen. Das ist jedenfalls dann zulässig, wenn, wie im gegenständlichen Fall, der Erwerbsvorgang seitens der H-GmbH nicht offen gelegt, dh. nicht in die Buchhaltung bzw. Steuererklärungen aufgenommen wurde.
In einem solchen Fall kann daher die gegebene Automatik, wonach die mit einem ig. Erwerb verbundene Steuer wiederum als Vorsteuer abgezogen werden kann, durchbrochen werden. Die aus dem ig. Erwerb herrührende Vorsteuer im Betrag von € 14.000,-- wurde daher nach Ansicht des BFG zu Recht vorgeschrieben.
Dafür spricht auch, dass gegen diese Umsatzsteuervorschreibung kein Rechtsmittel erhoben wurde und wie sich aus dem Akteninhalt ergibt, die Abgaben letztlich auch entrichtet wurden.
Da von einer Steuerpflicht auszugehen ist, bleibt die Zuständigkeit des Spruchsenates bestehen. Die Klärung der Frage inwieweit dem Vorsitzenden des Spruchsenates überhaupt eine Entscheidungsmöglichkeit zukommt, die Unzuständigkeit des Spruchsenates auszusprechen, tritt daher in den Hintergrund.
Dazu ist auch darauf zu verweisen, dass auch von der Amtsbeauftragen die grundsätzliche Entscheidungsmöglichkeit des Spruchsenatsvorsitzenden aufgrund des geänderten Gesetzestextes des § 125 FinStrG nicht in Abrede gestellt wird, sodass sich ein weiteres Eingehen darauf –wie oben dargestellt – erübrigt.
Über die Beschwerde war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Revision ist zulässig, weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur geänderten Bestimmung des § 125 FinStrG nicht besteht.
Salzburg-Aigen, am
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 23 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 125 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.6300005.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at