Säumniszuschlag bei Aussetzungsantrag in der Nachfrist nach Umsatzsteuerfestsetzung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch Deloitte Tax Wirtschaftsprüfungs GmbH, Renngasse 1/Freyung, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Säumniszuschlag gemäß § 217 BAO zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Säumniszuschläge in Höhe von € 6.060,05 sowie € 4.738,66 fest, da die Umsatzsteuern 2010 und 2011 mit Beträgen von € 303.002,44 sowie € 236.932,82 nicht bis zum Fälligkeitstag, dem bzw. 2012, entrichtet worden seien.
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In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wandte die Beschwerdeführerin (Bf.) ein, dass gegen die Umsatzsteuernachforderungen der Umsatzsteuerbescheide 2010 und 2011 vom , welche am respektive am fällig und jeweils bis zahlbar gewesen sei, am eine Bescheidbeschwerde und ein damit verbundener Antrag auf Aussetzung der Einhebung der gesamten Beträge eingebracht worden sei.
Auf Grund dieses fristgerechten Aussetzungsantrages liege derzeit keine Säumigkeit vor.
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Das Finanzamt gab der Beschwerde betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages für die Umsatzsteuer 2010 mit Beschwerdevorentscheidung vom statt und hob den angefochtenen Bescheid insoweit auf.
Hingegen wies das Finanzamt die Beschwerde betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages für die Umsatzsteuer 2011 mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab und führte aus, dass gemäß § 217 BAO Säumniszuschläge zu entrichten seien, wenn eine Abgabe nicht spätestens mit Ablauf des gesetzlichen Fälligkeitstages entrichtet werde.
Die Fälligkeit für die Umsatzsteuervorauszahlungen werde durch § 21 Abs. 1 erster Satz UStG 1994 mit dem 15. Tag des auf den Kalendermonat zweitfolgenden Kalendermonats bestimmt. Komme es aufgrund der Umsatzsteuerveranlagung zu einer Nachforderung, so werde für diese gemäß § 21 Abs. 5 UStG 1994 keine abweichende Fälligkeit begründet. Bescheidmäßig festgesetzte Nachforderungen an Umsatzsteuer würden unabhängig davon, auf welchem verfahrensrechtlichen Titel der Bescheid ruhe, rückständige Umsatzsteuervorauszahlungen darstellen, für deren Fälligkeit § 21 Abs. 1 erster Satz UStG 1994 gelte. Da es sich bei der Umsatzsteuerveranlagung um eine Abgabenfestsetzung nach der Fälligkeit handle, sei ein Säumniszuschlag mangels Zahlung bis zur Fälligkeit verwirkt (vgl. Ruppe, UStG 1994, § 21 Tz 41 f.).
Im gegenständlichen Fall sei es für die Umsatzsteuer 2011 (fällig am ) zu einer Nachforderung gekommen, für deren Begleichung die gemäß § 210 Abs. 4 BAO gesetzlich vorgesehene Nachfrist bis gesetzt worden sei.
Gemäß § 217 Abs. 1 BAO sei mit Ablauf des obengenannten Fälligkeitstages die Verpflichtung zur Entrichtung von Säumniszuschlägen eingetreten. Daraus folge aber auch, dass der Antrag vom (gleichgültig ob es sich dabei um einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung oder auf Zahlungserleichterung handle) im Hinblick auf den Fälligkeitstag als verspätet eingebracht gelte, daher den Säumniszuschlag nicht verhindern bzw. auch nicht rückwirkend beseitigen habe können.
Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages trete unabhängig von der sachlichen Richtigkeit des Abgabenbescheides ein. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setze die Säumniszuschlagspflicht iSd § 217 BAO nur eine formelle Abgabenschuld voraus, wobei ein Bescheid über einen Säumniszuschlag auch dann rechtmäßig sei, wenn die zugrunde liegende Abgabenfestsetzung sachlich unrichtig sei ().
Die Vorschreibung des in Rede stehenden Säumniszuschlages bestehe daher dem Grunde und der Höhe nach zu Recht. Sollte jedoch der den Säumniszuschlag auslösende Abgabenbescheid zugunsten der Bf. abgeändert werden, so habe die Berechnung unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages neu zu erfolgen.
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Die Bf. beantragte am rechtzeitig die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und brachte ergänzend vor, dass sich aus § 217 Abs. 4 lit. a BAO ohne Weiteres ergebe, dass Säumniszuschläge für Abgabenschuldigkeiten insoweit nicht zu entrichten seien, als ihre Einhebung gemäß § 212a BAO ausgesetzt sei. Dabei müsse sich der Terminus „ihre Einhebung gemäß § 212a BAO ausgesetzt“ auf die „Abgabenschuldigkeiten“ und nicht auf die „Säumniszuschläge“ beziehen, eine andere Interpretation wäre inhaltsleer.
Im vorliegenden Fall sei die Einhebung der strittigen Umsatzsteuer für 2010 und 2011 mit Bescheiden über die Bewilligung einer Aussetzung der Einhebung vom und antragsgemäß ausgesetzt worden, woraus sich eine einbringungshemmende und säumniszuschlagsverhindernde Wirkung ergebe. (vgl. Ritz, BAO4, § 217 Tz 26 ff.).
Daran vermöge auch das zitierte Judikat in der Beschwerdevorentscheidungsbegründung () nichts zu ändern, da dieses lediglich besage, dass der bloßen Berufung gegen den abgabenfestsetzenden Bescheid keine säumniszuschlagsverhindernde Wirkung zukomme, was keine Schlüsse auf die Wirkung einer bewilligten Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO der strittigen Umsatzsteuer zulasse.
Eine solche Vorgehensweise sei auch im Rahmen einer systematischen Interpretation geboten, wäre es doch sinnwidrig, die Einhebung der Grundschuld auszusetzen und die davon abhängige „Pönalzahlung“(Säumniszuschlag) vorerst zur Einhebung zuzulassen.
Darüber wurde erwogen:
Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind gemäß § 217 Abs. 1 BAO nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten. Gemäß Abs. 2 beträgt der erste Säumniszuschlag 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages.
Säumniszuschläge sind gemäß § 217 Abs. 4 lit. a und b BAO insoweit nicht zu entrichten, wenn ihre Einhebung gemäß § 212a ausgesetzt ist oder ihre Einbringung gemäß § 230 Abs. 2, 3, 5 oder 6 BAO gehemmt ist.
Wurde ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt, so dürfen gemäß § 230 Abs. 6 BAO Einbringungsmaßnahmen hinsichtlich der davon nach Maßgabe des § 212a Abs. 1, 2 lit. b und 3 letzter Satz BAO betroffenen Abgaben bis zu seiner Erledigung weder eingeleitet noch fortgesetzt werden.
Der Fälligkeitstag für die Umsatzsteuervorauszahlungen wird durch § 21 Abs. 1 erster Satz UStG 1994 bestimmt. Danach ist der Fälligkeitstag für Umsatzsteuervorauszahlungen der 15. Tag des auf einen Kalendermonat zweitfolgenden Kalendermonates.
Gemäß § 21 Abs. 3 UStG 1994 hat eine festgesetzte Vorauszahlung den im Abs. 1 genannten Fälligkeitstag. Kommt es aufgrund der Veranlagung zu einer Umsatzsteuernachforderung, so wird für diese gemäß Abs. 5 leg.cit. keine von Abs. 1 und Abs. 3 abweichende Fälligkeit begründet. Bescheidmäßig festgesetzte Nachforderungen an Umsatzsteuer stellen unabhängig davon, auf welchem verfahrensrechtlichen Titel der Bescheid beruht, rückständige Umsatzsteuervorauszahlungen dar, für deren Fälligkeit § 21 Abs. 1 erster Satz UStG 1994 gilt. Da es sich bei der Umsatzsteuerveranlagung um eine Abgabenfestsetzung nach der Fälligkeit handelt, ist ein Säumniszuschlag mangels Zahlung bis zur Fälligkeit grundsätzlich verwirkt (vgl. Ruppe, UStG 1994, § 21, Tz 41 f).
Für die Entstehung des Säumniszuschlags nach § 217 BAO kommt es auf den Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides über die Jahresumsatzsteuer nicht an ().
Die Nichtentrichtung der dem Säumniszuschlag zugrunde liegende Abgabenschuldigkeit zum gesetzlichen Fälligkeitstermin wird von der Bw. nicht bestritten. Die Bw. meint bloß, dass kein Säumniszuschlag anzulasten sei, weil sie einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung der mit dem Säumniszuschlag belasteten Abgabe gestellt habe.
Ob auf Grund eines nach Eintritt der Fälligkeit der Abgabenschuld gestellten Antrages des Abgabepflichtigen in weiterer Folge eine Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO bewilligt wurde (oder wird), ist für die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages unerheblich, weil nur ein vor Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebrachter Antrag auf Aussetzung der Einhebung der Festsetzung eines Säumniszuschlages entgegenstünde (). Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages entsteht nicht erst mit seiner bescheidmäßigen Geltendmachung, sondern bereits mit Ablauf des für die Entrichtung der betreffenden Abgaben maßgebenden Fälligkeitstages ().
Da im Beschwerdefall die Umsatzsteuer 2011 als Selbstbemessungsabgabe jeweils schon lange vor ihrer bescheidmäßigen Nachforderung fällig geworden ist (§ 21 UStG 1994), somit die Zustellung des Umsatzsteuerbescheides die mit Ablauf des umsatzsteuergesetzlichen Fälligkeitstages verwirkte Säumniszuschlagsverpflichtung nicht mehr berührte, kann auch der innerhalb der Nachfristen gemäß § 210 Abs. 4 BAO eingebrachte Antrag auf Aussetzung der Einhebung keine Auswirkung auf den mit Ablauf des Fälligkeitstages bereits entstandenen Säumniszuschlagsanspruch bewirken ().
Zwar hat ein Aussetzungsantrag, soweit ihm einbringungshemmende Wirkung nach § 230 Abs. 6 BAO zukommt, auch säumniszuschlagsvermeidende Wirkung (§ 217 Abs. 4 lit. b BAO). Die Einbringung eines Aussetzungsantrages berührt aber bereits entstandene Säumniszuschlagsansprüche nicht. Wird ein Aussetzungsantrag somit erst nach Ablauf der für die Entrichtung einer Abgabe zur Verfügung stehenden Frist eingebracht, so erfährt dadurch der durch Fristablauf bereits verwirkte Säumniszuschlag keine Änderung (vgl. ; -I/09; ; Ritz, SWK 2001, S 312 ff, Punkt V.2.2.1; Stoll, BAO, 2275), da die Nachfrist die Fälligkeit der Umsatzsteuer nicht berührt (vgl. Ritz, BAO5, § 210, Tz 9).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.
Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 217 Abs. 4 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 21 Abs. 3 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 230 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.7104709.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at