Ort der Leistungen, die aufgrund eines Vertrags über die Aufstellung von Wettterminals (Automaten) erbracht werden
Revision eingebracht (Amtsrevision). Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2014/15/0056. Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Beschluss vom erledigt.
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtssätze | |
---|---|
Stammrechtssätze | |
RV/5100419/2012-RS1 | Die Duldung der Aufstellung von Wettterminals, die online mit dem Eigentümer der Terminals verbunden sind, der auch die Wetten auswertet (Wettanbieter) und die damit im Zusammenhang stehenden Leistungen stellen ein Leistungsbündel dar, das als Vermittlung zu beurteilen ist und daher an dem Ort erbracht wird, von dem aus der Wettanbieter sein Unternehmen betreibt (Rechtslage bis 2009). |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Thomas Krumenacker in der Beschwerdesache von BF vertreten durch Herbert Foissner, Salzburger Straße 267, 4030 Linz, gegen den Bescheid des FA Linz vom betreffend Abweisung eines am eingebrachten Antrages auf Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 2009 vom zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben. Der Umsatzsteuerbescheid 2009 vom wird gemäß § 299 Abs. 1 BAO aufgehoben.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin betreibt ein Restaurant. Am hat sie mit XY Malta Ltd. (nachfolgend XY), einem unstrittig im Malta ansässigen lizensierten Wettanbieter, der auch von Malta sein operatives Geschäft betreibt, einen sogenannten Aufstellungsvertrag geschlossen. Nach diesem stattet XY das Lokal mit Wettterminals aus und liefert den gesamten für den Betrieb erforderlichen Support (Service, Administration … etc). Die Wettterminals sind online mit XY verbunden, der auch die Wetten auswertet.
Die Wettabwicklung erfolgt in der Weise, dass dem jeweiligen Kunden für jede Wettabgabe ein Originalwettschein ausgedruckt wird, der als schriftliche Bestätigung des Wettvertrages zwischen XY und dem Wettkunden gilt. Die Beschwerdeführerin wird ermächtigt, die Geldbeträge für XY treuhändig einzuziehen sowie gegen Übergabe des Originalwettscheines Gewinne treuhändig auszuzahlen und/oder Wetteinsätze zurückzuzahlen.
Die Beschwerdeführerin verwaltet die Wetteinnahmen für XY treuhänderisch und haftet auch für diese. Die Wettabrechnung erfolgt ausschließlich und direkt zwischen der Beschwerdeführerin und XY.
Die Leistung der Beschwerdeführerin besteht neben der Duldung der Aufstellung des Wettterminals (konkret war nur einer aufgestellt) in einer Reihe weiterer Leistungen (Bereitstellung von Strom, äußere Reinigung des Geräts, Verhinderung von Beschädigungen bzw. im Falle einer Beschädigung die Feststellung des Beschädigers, Abschluss einer Betriebshaftpflichtversicherung, sofortige Verständigung bei Betriebsstörungen des Wettterminals, Aufrechterhaltung der Spielbereitschaft während der Öffnungszeiten, solidarische Haftung für Schäden, Wettabwicklung, Ausdruck von Wettscheinen sowie Aufbewahrung/Verwahrung der Wettscheine).
Von der Beschwerdeführerin gemeldete Betriebsstörungen oder Beschädigung des Wettterminals hat XY schnellstmöglich zu beheben. XY ist dabei berechtigt, den Wettterminal zwecks Reparatur zu entfernen oder auszutauschen.
Mit der Abwicklung des Aufstellungsvertrages hat XY die XY-Österreich beauftragt und bevollmächtigt. Sämtliche Zahlungen sind jedoch an XY (Malta) zu leisten.
Das Entgelt besteht in einem prozentuellen Anteil an den Wetterträgen.
Im Umsatzsteuerbescheid für 2009 vom wurden besagte Entgelte (in Höhe von 8.218,90 Euro) erklärungskonform als Entgelte für steuerpflichtige, dem Normalsteuersatz unterliegende Leistungen behandelt. Mit Schreiben vom beantragte die Beschwerdeführerin, diesen Bescheid nach § 299 BAO aufzuheben. Zur Begründung führte sie an, dass gem. § 3a Abs. 4 UStG 1994 (in der für 2009 geltenden Fassung) eine Vermittlungsleistung dort ausgeführt werde, wo der vermittelte Umsatz ausgeführt wird. Konkret sei dies Malta, weshalb keine diesbezügliche Steuerbarkeit in Österreich gegeben sei. Die Versteuerung sei (wie auch in den Jahren zuvor) irrtümlich erfolgt.
Das Finanzamt wies den Antrag ab. In der Berufung wurde (unter Verweis auf eine Berufung betreffend nachfolgende Zeiträume) als zusätzliche Begründung angeführt, dass selbst dann, wenn die gegenständlichen Leistungen der Beschwerdeführerin nicht als Vermittlung zu beurteilen wären, die Befreiungsbestimmung des § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 zum Zug käme. Die Beschwerdeführerin hätte nämlich dann Geschäftsräumlichkeiten zur Nutzung überlassen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung ab und führte zur Begründung aus:
Im gegenständlichen Falle liegt in wirtschaftlicher Betrachtungsweise keine Vermittlung von Sportwetten bzw. Glücksspielen vor, sondern es liegt eine einheitliche sonstige Leistung im Sinne des UStG vor, die darin besteht, dass gegen Entgelt die Aufstellung bzw. Nutzung der Automaten in den Räumlichkeiten des Gastronomiebetriebes gestattet wird. Das von XY erhaltene Entgelt ist daher in Österreich steuerbar und steuerpflichtig.
Ebenso liegt auch keine (unecht) steuerbefreite Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten vor. Es wird nämlich in diesem Fall nicht dem Vertragspartner eine Fläche oder ein Standort passiv überlassen und ihm nicht das Recht zugesichert, diese Fläche wie ein Eigentümer in Besitz zu nehmen und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 6 Tz 357).
Der EuGH hat in seiner richtungsweisenden Entscheidung „Sinclair Collis“, Slg I-5965, dargelegt, dass keine Vermietung und Verpachtung vorliegt, wenn vom Lokalinhaber dem Eigentümer eines Zigarettenautomaten gegen Beteiligung an den Verkaufserlösen das Recht eingeräumt wird, den Automaten für einen bestimmten Zeitraum im Lokal aufzustellen, ohne dass der Betreiber des Automaten das Recht auf ausschließliche Nutzung einer bestimmten Fläche hätte oder den Zugang zu dieser kontrollieren oder beschränken könnte (Mehlhardt/Tumpel, UStG, § 6 Tz. 489).
So hat auch XY nur Zugang zum Automaten (während der Öffnungszeiten) und nicht zur bestimmten Grundstücksfläche. Ebenso liegt keine Kontroll- bzw. Beschränkungsmöglichkeit des Zuganges für XY vor.
Es liegt daher auch keine (unecht) befreite Vermietung und Verpachtung von Geschäftsräumlichkeiten gem. § 6 Abs. 1 Z 16 UStG vor.
Die Behandlung der Entgelte von XY als umsatzsteuerbare und –steuerpflichtige Umsätze in Österreich erfolgte daher in der Umsatzsteuererklärung 2009 zu Recht.
Voraussetzung für die Aufhebung nach § 299 Abs. 1 BAO ist aber die Gewissheit der Rechtswidrigkeit. Diese Gewissheit der Rechtswidrigkeit liegt jedoch im gegenständlichen Falle nicht vor, da die Entgelte von XY richtigerweise im Erstbescheid Umsatzsteuer 2009 steuerbar und steuerpflichtig behandelt wurden.
Im Vorlageantrag verwies die Beschwerdeführerin auf ihr bisheriges Vorbringen.
Über diesbezügliche Frage teilte die Beschwerdeführerin mit und belegte dies auch stichprobeweise, dass in den Rechnungen an XY bzw. den Gutschriften von XY keine (österreichische) Umsatzsteuer ausgewiesen ist.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Wie von Tumpel in SWK 2014, 477, zutreffend ausgeführt liegt in Fällen wie dem konkreten eine einheitliche, als Vermittlung zu beurteilende Leistung vor. Dies insbesondere deshalb, weil leistungsprägender Bestandteil des an den ausländischen Wettanbieter erbrachten Leistungsbündels die Vermittlung von Wettkunden ist. Dies ist jener Leistungsbestandteil, auf den es dem ausländischen Wettanbieter ankommt. Sämtliche anderen Leistungsbestandteile kommen entweder im Gefolge der Wettvermittlung (Cash-Handling, Führen von Aufzeichnungen) vor oder ergänzen die Wettvermittlung. Ohne die Wettvermittlung haben diese Leistungsbestandteile keinen eigenen Zweck für den Wettanbieter. Sie stellen bloß das Mittel dar, um die Vermittlungsleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch nehmen zu können.
Auch die von Tumpel vorgebrachten, gegen das Vorliegen von Grundstücksleistungen sprechenden Argumente, sind zutreffend.
Demnach ist zu beurteilen, wo die vermittelte Leistung (des XY) erbracht wird. Wie der Unabhängige Finanzsenat mit Berufungsentscheidung vom , RV/0290-S/09 dargelegt hat, liegt bei Wettanbietern der gegenständlichen Art deren Sitz bzw. Unternehmensort nicht in Österreich und es liegt auch keine Betriebsstätte in Österreich vor. Deren Leistung an die Wettkunden wird daher gem. § 3a Abs. 12 UStG 1994 (in der für das Jahr 2009 geltenden Fassung), wonach eine sonstige Leistung an dem Ort ausgeführt wird, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt, nicht in Österreich erbracht.
Gem. § 3a Abs 4 UStG 1994 (in der für das Jahr 2009 geltenden Fassung), wonach eine Vermittlungsleistung an dem Ort erbracht wird, an dem der vermittelte Umsatz ausgeführt wird, liegt daher der Ort der streitgegenständlichen Leistungen (ebenfalls) nicht in Österreich.
Der Umsatzsteuerbescheid für 2009 ist daher rechtswidrig. Das Bundesfinanzgericht misst im konkreten Fall dem Grundsatz der Rechtsrichtigkeit Vorrang vor den Grundsätzen der Rechtsbeständigkeit und Rechtssicherheit ein. Dies deshalb, weil letztere insbesondere dem Abgabepflichtigen zugute kommen sollen, konkret wäre aber das Gegenteil der Fall. Überdies hat die Rechtswidrigkeit betragsmäßig nicht unbedeutende Folgen, weshalb eine Aufhebung nicht unzweckmäßig ist.
Das Ermessen im Sinn des § 20 BAO wird daher dahingehend ausgeübt, dass dem Antrag auf Bescheidaufhebung stattgegeben wird.
Eine Revision ist nicht zulässig, weil der gegenständlichen Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 3a Abs. 12 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 3a Abs. 4 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte | Automatenaufstellung Leistungsort |
Zitiert/besprochen in | BFG-Newsletter 2015/01 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.5100419.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at