Entfall der Veräußerungsgewinnbesteuerung nach § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 durch den Übergang der betrieblichen Bankverbindlichkeiten auf den ausscheidenden Kommanditisten
Rechtssätze
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RV/2100820/2009-RS1 | Eine Veräußerungsgewinnbesteuerung des ausscheidenden Kommanditisten nach § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG 1988 unterbleibt, wenn der gesellschaftsvertraglichen Auffüllungsverpflichtung betreffend dessen negatives Kapitalkonto entsprochen wird, indem beim Verkauf des Kommanditanteils zurückbehaltene, betriebliche Bankverbindlichkeiten infolge Entlassung der Kommanditgesellschaft aus der Solidarschuld im alleinigen Zahlungsversprechen des ausscheidenden Kommanditisten verbleiben. Wurde der Kommanditist schon bei Eingehen der Kreditschuldigkeiten zum Mitschuldner neben der Kommanditgesellschaft, wirkt sich bereits die Übertragung der Kreditverbindlichkeiten vom Betriebsvermögen der Gesellschaft in das Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten, in der die Geltendmachung der gesellschaftsvertraglichen Auffüllungsverpflichtung zum Ausdruck kommt, erhöhend auf dessen Kapitalkonto aus und nicht erst die tatsächliche Rückzahlung der Kreditschuld an die Bank. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat durch die Richterin N.N. in der Beschwerdesache der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Finanzamtes X. vom betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für 2006 zu Recht erkannt:
Der Berufung, nunmehr Beschwerde, vom wird stattgegeben. Der angefochtene Bescheid vom wird aufgehoben.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Im anhängigen Verfahren ist strittig, ob die Übernahme von Bankverbindlichkeiten der beschwerdeführenden Kommanditgesellschaft in das alleinige Zahlungsversprechen ihres Kommanditisten anlässlich der Veräußerung des Kommanditanteils an der A.-GmbH & Co KG (Beschwerdeführerin) eine taugliche Auffüllung seines negativen Kapitalkontos zur Vermeidung eines steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns im Sinne des § 24 Abs. 2 letzter Satz Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) darstellt.
Das Finanzamt X. (FA) vertritt in dem an die Beschwerdeführerin (Bf) ergangenen, im Instanzenzug angefochtenen Bescheid über die Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2006 den Standpunkt, die „rein buchmäßige Überführung von Gesellschaftsverbindlichkeiten in das Sonderbetriebsvermögen“ des ausscheidenden Kommanditisten „ohne gleichzeitigen Übergang jenes Aktivvermögens, welches mit dem Darlehen finanziert wurde (sei) begrifflich nicht denkbar und (könne), selbst wenn dies möglich wäre, einem Auffüllen des negativen Kapitalkontos des Kommanditisten nicht gleichgehalten werden.“ Für die „Auffüllung“ sei „die Erbringung von tatsächlichen Geld- oder Sachleistungen in die Personengesellschaft“ erforderlich, das „bloße Weiterhaften für Gesellschaftsverbindlichkeiten“ genüge nicht. Ein solches tatsächliches Auffüllen, etwa durch vom Kommanditisten zu diesem Zweck aufgenommene Fremdmittel, sei nicht erfolgt. Soweit eine Auffüllung in künftigen Perioden vorgenommen werde, würden „selbstverständlich nachträgliche Betriebsausgaben im Sinne des § 32 EStG“ vorliegen.
Die Bf verwehrt sich in der Berufung dagegen, dass „die zum Bilanzstichtag aushaftenden Darlehensverbindlichkeiten (….) den Veräußerungsgewinn (gemeint des Kommanditisten) erhöhen.“ Die verfahrensgegenständlichen Darlehensverbindlichkeiten seien von Beginn an mit der Bf und deren (damaligen) Kommanditisten als Solidarschuldner eingegangen worden. Bei der Veräußerung des Kommanditanteils seien diese Bankschulden „mehr oder minder im betrieblichen Bereich“ des Kommanditisten verblieben. Mit der Unterfertigung des Kauf- und Abtretungsvertrages habe das Kreditinstitut die Bf aus dem Schuldverhältnis entlassen, sodass die Darlehensverbindlichkeiten letztlich zur Gänze beim ausgeschiedenen Kommanditisten verblieben seien.
Das Zurückbehalten von Passiva, welches (zufolge der Systematik der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach der so genannten Nettomethode) den Veräußerungsgewinn vermindere, stehe „de facto dem Auffüllen des negativen Kapitalkontos gleich“.
Die Bestimmung des § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG ziele auf die Besteuerung des beim Kommanditisten durch den Wegfall eines negativen Kapitalkontos eintretenden „(Netto) Vorteils“ ab. Ein solcher sei aber nicht anzunehmen, soweit der Kommanditist für Betriebsschulden der Gesellschaft nach wie vor einzustehen habe und insofern mit einem ausgeschiedenen, persönlich haftenden Gesellschafter vergleichbar sei.
Als Kreditnehmer seien dem Kommanditisten die Betriebsschulden der Gesellschaft im Ergebnis immer zuzurechnen gewesen. Dieser habe daher auch die Verluste der Bf in Form der Verminderung seines Vermögens wirtschaftlich getragen. Mit der Umbuchung der vom Erwerber des Kommanditanteils nicht übernommenen Darlehensverbindlichkeiten auf das Kapital- und Verrechnungskonto des Kommanditisten (im Jahresabschluss für 2006 dargestellt als „negatives Sonderbetriebsvermögen“) sei die ausschließliche Zurechnung dieser Betriebsschulden an den Kommanditisten zum Ausdruck gebracht worden.
Aufgrund der bereits mit der Darlehensaufnahme begründeten Stellung des Kommanditisten als „(Mit) Kreditnehmer“, erübrige sich ein Auseinandersetzen mit den Ausführungen des FA zur Haftungs- und Bürgenstellung eines Kommanditisten. Nur im hier nicht zutreffenden Fall der Heranziehung eines ausgeschiedenen Gesellschafters im Rahmen einer Bürgschaftsverpflichtung wäre von nachträglichen Einlagen im Sinne des § 4 Abs. 1 EStG auszugehen gewesen, deren Berücksichtigung im Rahmen des § 32 EStG im Jahr der Inanspruchnahme zu erfolgen hätte.
Für das anhängige Verfahren sei allerdings auf die in Rz 1437 der Einkommensteuerrichtlinien (EStR) dargelegte, von Lehre und Rechtsprechung getragene Rechtansicht der Finanzverwaltung zu verweisen, wonach vom Betriebserwerber nicht übernommene Verbindlichkeiten, soweit diese nicht mit einem in die Privatsphäre übernommenen Wirtschaftsgut im Zusammenhang stünden, weiterhin dem Betriebsvermögen zuzurechnen seien, mit der Konsequenz der Abzugsfähigkeit von damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen (insbesondere Zinsen) als nachträgliche Betriebsausgaben im Ausmaß der Unzumutbarkeit einer Tilgung dieser Verbindlichkeiten bzw. der Erfassung nachträglicher Betriebseinnahmen bei einem Schulderlasss.
Es wurde erwogen:
Die Bf betreibt in der Rechtsform einer Gesellschaft mbH & Co KG ein Institut (Ambulatorium) für physikalische Medizin.
Am Vermögen der KG war im Verfahrenszeitraum ausschließlich der Kommanditist, ein Neurologe beteiligt, der den Kommanditanteil mit Abtretungsvertrag vom erworben hatte. Einzige Komplementärin der Kommanditgesellschaft (KG) war die A.-GmbH , deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer ebenfalls der Kommanditist der KG war.
Lt. Gesellschaftsvertrag der KG hat die A.-GmbH als reine Arbeitsgesellschafterin die Geschäfte der KG zu führen. Sie erhält dafür einen Gewinnvoraus in Form eines Auslagenersatzes samt 10%-Aufschlag sowie eine Risikoprämie von 6% ihres Haftungskapitals.
Die Haftung des Kommanditisten gegenüber Gesellschaftsgläubigern ist durch den Gesellschaftsvertrag auf eine Bareinlage von 726,- € beschränkt (in der Bilanz der KG dargestellt als festes Kapitalkonto). Gewinne und Verluste des Kommanditisten werden auf einem variablen Privatkonto verbucht, dessen Saldo als Forderung bzw. Verbindlichkeit der Gesellschaft gilt (Punkt Viertens Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages der Bf vom ).
Nach dem durch die Verfahrensunterlagen gestützten Vorbringen der Bf erwirtschaftete die KG aus dem Betrieb des Ambulatoriums jährlich hohe Verluste, die mittels Bankkrediten finanziert wurden. Per Ende 2006 hafteten Bankverbindlichkeiten im Betrag von 962.433,41 € aus. Das Kapitalkonto des Kommanditisten wies zu diesem Zeitpunkt einen Negativstand von 926.287,89 € auf.
Mit Kauf- und Abtretungsvertrag vom veräußerte der Kommanditist der Bf (unter Beitritt der bisherigen Komplementärin) seinen gesamten Kommanditanteil an die B.-GmbH & Co KG (unter Beitritt der C.-GmbH als künftige Komplementärin) auf Basis der Buchwerte des Sachanlagevermögens und der immateriellen Vermögenwerte in der Bilanz der Bf zum um einen Barkaufpreis von 55.000,- € und schied gemeinsam mit der bisherige Komplementärin mit Ablauf des Bilanzstichtages aus der beschwerdeführenden KG aus.
Die zu diesem Zeitpunkt aushaftenden Bankverbindlichkeiten der KG wurden von der Erwerberin nicht übernommen sondern verblieben beim bisherigen Kommanditisten, der nach dem Inhalt der vorgelegten Kredit- bzw. Darlehensverträge in die Finanzierungsgeschäfte der KG von Beginn an neben der Gesellschaft als Solidarschuldner der Bank eingebunden gewesen war (lt. Angaben der Bf aus Gründen der Kreditbesicherung).
Mit Schreiben vom entließ die XY-Bank die beschwerdeführende KG „rückwirkend per “ bezüglich sämtlicher Kreditverbindlichkeiten als Solidarschuldnerin und beendete die Geschäftsbeziehung mit der Gesellschaft. Die Schuldentlassung erfolgte unter der aufschiebenden Bedingung der Unterfertigung des Kaufvertrages betreffend die Kommanditanteile an der Bf durch beide Vertragsparteien und dem Einlangen des vereinbarten Kaufpreises von 55.000,- € auf dem betroffenen Kontokorrentkreditkonto bei der Bank. Beide Bedingungen wurden nach der Aktenlage im Jahr 2007 erfüllt.
Buchhalterisch wurde das Ausscheiden der beschwerdeführenden KG aus den Kreditschuldverhältnissen in zwei Schritten vollzogen. Zunächst wurden die aushaftenden Bankverbindlichkeiten zum aus dem Betriebsvermögen der KG in das Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten überführt. Anschließend erfolgte zum selben Stichtag die Zurechnung der übernommenen Kredite auf dessen (variablen) Kapitalkonto, was zur Auffüllung des dort bestehenden Negativstandes führte (nunmehr + 34.565,55 €).
Gemäß § 24 Abs.2 dritter Satz Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) ist beim Ausscheiden eines Gesellschafters, der als Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes anzusehen ist, als Veräußerungsgewinn jedenfalls der Betrag seines negativen Kapitalkontos zu erfassen, den er nicht auffüllen muss.
Nach der Judikatur des VwGH liegt § 24 Abs. 2 letzter Satz EStG der Gedanke zu Grunde, „dass ein negatives Kapitalkonto eines Mitunternehmers grundsätzlich eine Verpflichtung des Mitunternehmers der Mitunternehmerschaft gegenüber zur Auffüllung des negativen Kapitalkontos zum Ausdruck bringt. In jenen Fällen, in denen bei einem Kommanditisten durch Verlustzuweisungen ein negatives Kapitalkonto entsteht, zu dessen Auffüllung er nicht verpflichtet ist, sodass sein Ausscheiden ohne vorherige Auffüllung des Kapitalkontos keine schuldbefreiende und damit gewinnwirksame Rechtsfolge nach sich zieht, normiert die genannte Bestimmung eine derartige Rechtsfolge für steuerliche Zwecke. Andernfalls wären Verluste eines Kommanditisten, denen im steuerlichen System der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich der Gedanke einer Vermögenseinbuße zu Grunde liegt, in unbeschränktem Ausmaß steuerlich zu berücksichtigen (insbesondere im Wege des Verlustausgleiches), ohne dass der nachträgliche Wegfall der unterstellten Vermögenseinbuße bei seinem Ausscheiden aus der Kommanditgesellschaft steuerlich als Wegfall einer Verbindlichkeit gewinnerhöhend erfasst werden könnte“ ( mit Verweis auf ).
Erbringt ein Kommanditist über seine Kommanditeinlage hinaus Leistungen für die Gesellschaft, ist zunächst zu unterscheiden, ob er diese der Gesellschaft bzw. den übrigen Gesellschaftern gegenüber oder an außenstehende Gesellschaftsgläubiger leistet (; , 87/13/0118). Zudem ist relevant, ob er diese Leistung als Schuldner (Erfüllung eigener Verbindlichkeiten) oder als Haftungspflichtiger (Einstehen für eine fremde Schuld) erbringt.
Eine Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen an die Gesellschaft bzw. die übrigen Gesellschafter über die bedungene Kommanditeinlage hinaus besteht für den Kommanditisten nur im Fall einer entsprechenden Vereinbarung der Gesellschafter, sei es im Gesellschaftsvertrag oder im Rahmen einer späteren Übereinkunft. Dies gilt insbesondere auch für die Verpflichtung zur Auffüllung eines negativen Kapitalkontos anlässlich dessen Ausscheidens aus der Gesellschaft.
In der Literatur wird betont, dass es sich um eine Verpflichtung handeln muss, die bereits konkret das Gebot zur Leistung (an die Gesellschaft bzw. die übrigen Gesellschafter) enthält, sodass der Personengesellschaft aufgrund dieser Vereinbarung eine Forderung gegen den ausscheidenden Gesellschafter in Höhe des negativen Kapitalkontos (oder eines vereinbarten Teilbetrages) zusteht. Ist dies der Fall, stellt - da der Veräußerungsgewinn des ausscheidenden Gesellschafters gemäß § 24 Abs.2 EStG nach den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs zu ermitteln ist - die Auffüllung des negativen Kapitalkontos als solche sowohl bei der Gesellschaft als auch beim ausscheidenden Gesellschafter eine steuerneutrale Vermögensumschichtung dar (vgl. etwa Margreiter, Steuerliche Sonderbilanzen in der Praxis, 2001, S.120, der als Beispiel für eine Auffüllungsverpflichtung des Kommanditisten ausdrücklich dessen Übernahme einer Bankschuld der KG und nicht erst die tatsächliche Rückzahlung der übernommenen Bankverbindlichkeit anführt). Wird allerdings trotz Vorliegens einer „echten“ Auffüllungsverpflichtung davon nicht Gebrauch gemacht, kann beim ausscheidenden Gesellschafter ein Veräußerungsgewinn entstehen ().
Dagegen genügt eine handelsrechtliche (Weiter-) Haftung des Gesellschafters nach dessen Ausscheiden aus der KG für die Begründung einer Forderung gegen ihn noch nicht. Entsprechend wirkt sich diese erst bei der Inanspruchnahme aus und kann erst dann in Form nachträglicher negativer Einkünfte iSd § 32 Z 2 EStG Berücksichtigung finden (vgl. Quantschnigg/Schuch, ESt Handbuch, § 24 Rz 95.5 mit Verweis auf u.a.).
Gleiches gilt für eine vertraglich vereinbarte Haftungsverpflichtung des Kommanditisten gegenüber Gesellschaftsgläubigern. Mit dem Eingehen einer Bürgschaftsverpflichtung wird noch keine Verbindlichkeit begründet. Erst die spätere Inanspruchnahme führt zu einer steuerlich relevanten Vermögenseinbuße des Kommanditisten, die bei aufrechter Gesellschafterstellung eine dessen Kapitalkonto zuzurechnende Einlage iSd § 4 Abs.1 EStG darstellt. Erfolgen Zahlungen aufgrund der Inanspruchnahme aus übernommenen Bürgschaftsverpflichtungen nach dem Ausscheiden des Kommanditisten aus der Gesellschaft, führen auch diese - mangels Rückstellbarkeit bevorstehender Verpflichtungen zur Leistung von Einlagen - zu nachträglichen negativen Einkünften iSd § 32 Z 2 EStG. Eine Auswirkung auf den anlässlich des Ausscheidens aus der Gesellschaft ermittelten Veräußerungsgewinn des Kommanditisten haben derartige nachträgliche Leistungen aus Haftungsinanspruchnahmen nicht (; , 94/14/0160; , 87/13/0118).
Wie angeführt, enthält der Gesellschaftsvertrag der beschwerdeführenden KG aus dem Jahr 2001 in Punkt Viertens, 3. Absatz die ausdrückliche Festlegung, dass die aus den erzielten Gewinnen und Verlusten resultierenden Salden der variablen Kapitalkonten des Kommanditisten als Forderungen bzw. Verbindlichkeiten der Gesellschaft gelten. Damit wurde im Innenverhältnis eine über die Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern begrenzende Einlage auf dem festen Kapitalkonto hinausgehende, betragsmäßig nicht beschränkte Leistungsverpflichtung des Kommanditisten gegenüber der Gesellschaft vereinbart, welche einer Anwendung der Bestimmung des § 24 Abs.2 letzter Satz EStG grundsätzlich entgegensteht, sofern nicht erkennbar davon kein Gebrauch gemacht werden sollte.
Davon ist allerdings aufgrund des Verfahrensergebnisses nicht auszugehen. Vielmehr kommt in der (mangels Verschiebung stiller Reserven steuerneutralen) Überführung der zum aushaftenden Bankverbindlichkeiten der Gesellschaft in das Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten die Geltendmachung dieser gesellschaftsvertraglich festgelegten Forderung der Gesellschaft gegen den ausscheidenden Kommanditisten zum Ausdruck. Dass dieser buchalterischen Maßnahme auch reale Vorgänge zu Grunde lagen, wird durch die nachfolgende Entlassung der Bf aus ihrer Verpflichtung gegenüber der Bank belegt.
Da der Kommanditist aufgrund der eindeutigen Gestaltung der vorliegenden Kreditverträge unzweifelhaft jeweils bereits mit Eingehen der Bankverbindlichkeiten zum Solidarschuldner geworden war (in den Verträgen aus dem Jahr 2003 unter ausdrücklichem Hinweis auf die Gesamtschuld und jeweils gemeinsam mit der beschwerdeführenden KG als „Kreditnehmer“ bzw. „Schuldner“ bezeichnet, in den späteren Vertragsurkunden auch explizit als erster Schuldner angeführt), bedurfte es keiner gesonderten Haftungsinanspruchnahme des Kommanditisten durch die Bank.
Die Vorgangsweise der Bank im Februar 2007, die sich mit einer Entlassung der beschwerdeführenden KG aus der Gesamtschuld begnügte, bestätigt dies und belegt zugleich, dass nicht erst die im Februar 2007 wirksam gewordene Entlassung der Bf aus der Solidarschuld die Leistungsverpflichtung des ausscheidenden Kommanditisten gegenüber der Bank begründet hat, sondern diese auch zum bereits existent gewesen war.
Dass die vorgelegten Kreditverträge auch Klauseln zur Solidarhaftung enthalten („mehrere Kreditnehmer haften zur ungeteilten Hand“), ändert daran nichts, da die Bank eine Haftung gegenüber dem Kommanditisten nach den Verfahrensunterlagen tatsächlich nicht geltend gemacht hat.
Nachdem die Verpflichtung des Kommanditisten gegenüber der Bank zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus der KG () bereits existiert hatte, war deren Übernahme in das Privatvermögen des Kommanditisten bei der dem § 24 Abs. 2 EStG zu Grunde liegenden Nettomethode der Veräußerungsgewinnermittlung noch dessen Kapitalkonto zuzuschlagen und verhinderte damit das Entstehen eines zu versteuernden Veräußerungsgewinns (vgl. Quantschnigg/Schuch a.a.O. Rz. 95.6 mit Verweis auf ).
Die angeführte Literaturstelle widerlegt zugleich den im angefochtenen Bescheid vertretenen Standpunkt der Abgabenbehörde, wonach die Überführung von Bankschulden der Gesellschaft in das Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters ohne gleichzeitigen Übergang des damit finanzierten Aktivvermögens „begrifflichnicht denkbar“ sei.
In diesem Zusammenhang ist auch auf die VwGH-Judikatur zur Entnahme betrieblicher Verbindlichkeiten (ohne „zugehöriges“ Aktivvermögen) im Zuge steuerbegünstigter Umgründungsmaßnahmen zu verweisen (etwa und , 2006/15/0255).
Mit der zuletzt genannten Judikatur wird im Übrigen auch klargestellt, dass – entgegen den Berufungsausführungen mit Verweis auf Aussagen in den das BFG nicht bindenden EStR – die beim Verkauf des Kommanditanteils zurückbehaltenen betrieblichen Bankverbindlichkeiten zu Privatverbindlichkeiten des ausgeschiedenen Kommanditisten wurden und keineswegs „mehr oder minder“ in dessen betrieblichen Bereich verblieben sind. Aufgrund ihrer ursprünglichen betrieblichen Veranlassung bleibt § 32 Z 2 EStG in Bezug auf die entnommenen Bankverbindlichkeiten dennoch grundsätzlich anwendbar.
Nachdem die (durchgehenden) Verluste der Bf in den Jahren 2002 bis 2006 einen über dem Negativstand auf dem Kapitalkonto des ausscheidenden Kommanditisten liegenden Wert erreicht hatten, war eine Untersuchung, inwieweit der Negativstand auf Entnahmen des Kommanditisten zurückzuführen (und damit von der gesellschaftsvertraglich festgelegten Auffüllungsverpflichtung nicht erfasst) war, entbehrlich.
Ebenso bedurfte es im BFG-Verfahren keiner Klärung der von der Abgabenbehörde im Vorlageantrag aufgeworfenen Frage nach den Auswirkungen einer allfälligen Zuordnung der strittigen Übernahme von Gesellschaftsverbindlichkeiten zur Funktion des Kommanditisten als Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft, da ein solcher Sachverhalt im Verfahren weder behauptet wurde, noch durch die Aktenlage gestützt wird.
Im Übrigen sei auf die VwGH-Judikatur verwiesen, nach welcher die Übernahme von Gesellschaftsverbindlichkeiten durch den Kommanditisten nie im Zusammenhang mit dessen Einkünften als Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft steht (z.B. ).
Auf Basis der dargestellten Sach- und Rechtslage war dem Rechtsmittel der Bf daher vollinhaltlich stattzugeben.
Auf eine Entscheidung durch den gesamten Senat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 272 Abs.2 iVm § 274 Abs.1 BAO) konnte infolge Zurücknahme des dbzgl. Antrags im Verfahren vor dem BFG verzichtet werden.
Die Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichts zur Entscheidung im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren basiert auf § 323 Abs. 38 Bundesabgabenordnung (BAO idF FVwGG 2012, BGBl. I 2013/2014). Demnach sind am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängige Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
Zur Zulässigkeit einer Revision:
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG iVm § 25a VwGG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Rechtsmittelverfahren wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Entscheidend für die Klärung der verfahrensgegenständlichen Streitfrage waren im wesentlichen Sachverhaltsfragen (gesellschaftsvertragliche Auffüllungsverpflichtung, Stellung des Kommanditisten als Schuldner der zurückbehaltenen Bankverbindlichkeiten). Im Übrigen folgt die Entscheidung unstrittigen Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs und der zitierten höchstgerichtlichen Judikatur.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 32 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 24 Abs. 2 Satz 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.2100820.2009 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at