Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.08.2014, RV/5100251/2013

Umsatzsteuernachforderung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R über die Beschwerde des Bf , gegen den Bescheid des FA Gmunden Vöcklabruck vom , zu StNr. XY betreffend die Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Am langte die Umsatzsteuerklärung 2012 beim Finanzamt ein. In der Erklärung wurde eine Restschuld in Höhe von € 120,10 ausgewiesen. Nach einer vom Finanzamt vorgenommenen Vorsteuerberichtigung gem. § 12 UStG in Höhe von € 3961,28 wurde die Umsatzsteuer 2011 mit Bescheid vom mit € 4.081,38 festgesetzt.

Mit Bescheid vom wurde zudem ein erster Säumniszuschlag in Höhe von € 81,63 festgesetzt, weil die Umsatzsteuer 2011 in Höhe von € 4.081,38 nicht bis entrichtet wurde.

In der Berufung vom hielt der Beschwerdeführer (Bf.) fest, er habe die Einkommensteuererklärung 2011 nach Vergabe der Steuernummer fristgerecht eingereicht, aber den Einkommen- und den Umsatzsteuerbescheid  2011 erst am (Bescheiddatum ) erhalten. Er habe im Laufe des Jahres 2012 mehrfach versucht, telefonisch in Erfahrung zu bringen, was bei der endgültigen Veranlagung nach Beendigung der Vermietung herauskomme. Dabei sei ihm gesagt worden, dass dies im Ermessen des Sachbearbeiters läge. Am habe er sich persönlich am Finanzamt erkundigt, und zuletzt am und am mit Sachbearbeitern des Finanzamtes telefoniert. Erst da habe er erfahren, dass der Bescheid unterwegs sei.  Da er erst seit von einer Rückforderung und deren Höhe wisse, sehe er keine Verantwortung für eine Säumnis auf seiner Seite. Infolge der plötzlichen Pflegebedürftigkeit der Mutter sei es zur Übersiedlung und zur Beendigung der Vermietung wegen Eigenbedarf gekommen. Die Gründe für die zeitliche Verzögerung dürften im Zuständigkeitsübergang auf das nunmehrige Finanzamt  gelegen sein. Auch die Gutschrift aus dem Einkommensteuerbescheid 2011 in Höhe von € 2.462 sei ihm erst jetzt mitgeteilt worden.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab. In der Begründung führte es aus, dass die Verhängung eines Säumniszuschlages eine objektive Säumnisfolge sei und nicht im Ermessen der Behörde liege. Da die am fällige Umsatzsteuer für das Jahr 2011 in Höhe von € 4.081,38 nicht bis zum Fälligkeitstag entrichtet worden sei, bestehe die Vorschreibung des ersten Säumniszuschlages in Höhe von € 81,63 zu Recht.

Im Vorlageantrag vom hielt der Bf. fest, dass zum keine Umsatzsteuer fällig gewesen sei, da die Entscheidung des Finanzamtes darüber, ob es zu einer Rückforderung von Mehrwertsteuer auf Grund der unvorhergesehenen Beendigung der Vermietung kommen würde, im Ermessen des Sachbearbeiters gelegen sei. Vor Einlagen der Einkommensteuererklärung hätte diese Entscheidung gar nicht getroffen werden können. Die Einkommensteuererklärung 2011 sei fristgerecht am abgegeben worden, der Bescheid sei aus nicht ersichtlichen Gründen erst am ergangen. Es habe keine Rückfragen gegeben. Zur Einforderung etwa fehlender Unterlagen sei es auch nicht gekommen. Die Rückforderung von € 1.619,38 (Differenz aus Einkommen- und Umsatzsteuer) sei umgehend am Tag nach Erhalt des Bescheides überwiesen worden.

Rechtslage

Gemäß § 323 Abs. 38 erster Satz Bundesabgabenordnung (BAO) sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Gemäß § 217 Abs. 1 BAO sind Säumniszuschläge zu entrichten, wenn Abgaben, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden. Nach § 217 Abs. 2 BAO beträgt der erste Säumniszuschlag 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages. Der Zweck des § 217 BAO liegt darin, die pünktliche Tilgung von Abgabenschulden sicherzustellen. Die Gründe, die zum Zahlungsverzug geführt haben, sind grundsätzlich unbeachtlich (Ritz, BAO, 5. Auflage, § 217 Rz 2, 3). Die Verwirkung von Säumniszuschlägen setzt kein Verschulden des Abgabepflichtigen voraus.

Gemäß § 210 Abs. 1 erster Satz BAO werden Abgaben unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungen mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des Abgabenbescheides fällig. Die Grundregel des § 210 Abs. 1 über die Monatsfälligkeit gilt unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen spezielleren Regelungen (s. Ritz, BAO, 5. Auflage, § 210 Rz 1). Fälligkeitstag ist gem. § 21 Abs. 1 UStG 1994 der 15. Tag des auf einen Kalendermonat  (Voranmeldungszeitraum) zweitfolgenden Kalendermonates.  § 21 Abs. 5 UStG bestimmt weiters, dass durch eine Nachforderung auf Grund der Veranlagung keine von Abs. 1 und 3 abweichende Fälligkeit begründet wird. Daher kommt es trotz der durch § 210 Abs. 4 eingeräumten Nachfrist im Fall der bescheidmäßigen Festsetzung im Regelfall zur Anforderung eines Säumniszuschlages.

Nach Lage der dem BFG vorgelegten Akten ist es durch die Vorsteuerrückrechnung im Zuge der Veranlagung zu einer Nachforderung gekommen. Diese Nachzahlung hatte den Fälligkeitstag .  Da diese Nachforderung nicht spätestens am Fälligkeitstag () entrichtet wurde, ist eine Säumnis iSd § 217 BAO eingetreten. Berechnungsgrundlage für den Säumniszuschlag ist immer die fällige, nicht zeitgerecht entrichtete Abgabenschuld. Im beschwerdegegenständlichen Fall wurde die am fällige Umsatzsteuer 2011 in Höhe von € 4.081,38 am entrichtet. Daraus resultiert der mit Bescheid vom festgesetzte Säumniszuschlag iHv € 81,63.

Gemäß § 217 Abs. 5 BAO besteht keine Pflicht zur Entrichtung des Säumniszuschlags gemäß Abs. 2, wenn die Säumnis nicht mehr als 5 Tage beträgt und der Abgabenpflichtige nicht innerhalb der letzten 6 Monate vor Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten zeitgerecht entrichtet hat. Wie der Bf. in seinem Vorlageantrag selbst ausführt, hat er die Steuer erst nach Erhalt des Bescheides und somit mehr als 5 Tage nach Fälligkeit bezahlt. Die Voraussetzung für einen Entfall der Verpflichtung zur Entrichtung des Säumniszuschlags nach § 217 Abs. 5 BAO ist daher nicht gegeben.

Im Hinblick auf den sich bereits  aus dem Gesetz ergebenden Fälligkeitstag, gehen die Argumente des Bf., es hätte keine Fälligkeit zum gegeben, die Rückforderung sei umgehend nach Erhalt des Bescheides überwiesen worden, ins Leere.  Die geschilderten Bemühungen durch Telefonate und Vorsprachen das Ergebnis der Veranlagung in Erfahrung zu bringen, vermögen der Beschwerde gleichfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen, zumal bereits vor Einreichung der Erklärungen der Säumniszuschlag verwirkt war. Auch kann es sich nach Lage des Falles, was die Festsetzung der Umsatzsteuer betrifft, keinesfalls um eine Ermessensübung gehandelt haben.

Ein fehlendes grobes Verschulden an der Säumnis ist hingegen bedeutsam für die Anwendung des § 217 Abs. 7 BAO. Gemäß § 217 Abs. 7 BAO sind Säumniszuschläge auf Antrag des Abgabenschuldners herab- bzw. nicht festzusetzen, wenn den Abgabenpflichtigen kein grobes Verschulden an der Säumnis trifft.

Grundsätzlich kann ein Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO auf Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung des Säumniszuschlags auch in einer Beschwerde gegen den Säumniszuschlagsbescheid gestellt werden (). Ist aus dem Vorbringen des Bf. zu erschließen, dass ihn seiner Ansicht nach aus den von ihm ins Treffen geführten Gründen an der Säumnis kein (grobes) Verschulden treffe, ist das Vorliegen der Voraussetzungen des § 217 Abs. 7 BAO zu prüfen (zB ). Gleiches gilt für einen im Vorlageantrag gestellten Antrag (). Der vom Bf. in der Berufung gestellte Antrag um Stornierung sowie die Formulierung, er sehe keine Verantwortung für seine Säumnis auf seiner Seite, sind als Antrag nach § 217 Abs. 7 BAO zu interpretieren.

Grobes Verschulden liegt nicht vor, wenn überhaupt kein Verschulden oder nur leichte Fahrlässigkeit vorliegt. Grobes Verschulden iSd § 217 Abs. 7 BAO liegt vor, wenn das Verschulden nicht mehr als leichte Fahrlässigkeit anzusehen ist, somit wenn jemand auffallend sorglos handelt (). Keine leichte Fahrlässigkeit liegt jedenfalls dann vor, wenn jemand auffallend sorglos gehandelt hat (). Auffallend sorglos handelt derjenige, der die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und persönlich zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt ().

Bei Selbstberechnungsabgaben ist ein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung auszuschließen, wenn der Berechnung eine vertretbare Rechtsansicht zugrunde liegt. War die Rechtsansicht unvertretbar, so ist dies für die Anwendbarkeit des § 217 Abs. 7 BAO nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit schädlich (Ritz, SWK 2001, S 337, Punkt 1.1; ebenso RAE Rz 975).

Bezüglich der Unkenntnis hinsichtlich der vorzunehmenden  Vorsteuerberichtigung  ist festzuhalten, dass es am Bf. selbst gelegen wäre, sich rechtzeitig darüber zu informieren, diese vorzunehmen und selbst zu erklären. Dann hätte die Festsetzung eines SZ wohl auch hintangehalten werden können.

Ein auf einen bloßen Irrtum (Rechtsirrtum) zurückzuführendes Versehen kann ohne das Hinzutreten besonderer hierfür ausschlaggebender Umstände (noch) nicht als bloß minderer Grad des Verschuldens qualifiziert werden (vgl. ). Würde schon ein (nicht durch besondere Umstände veranlasster) bloßer Irrtum über die maßgebliche Rechtslage als Grund für die Nichtfestsetzung von Säumniszuschlägen anerkannt, liefe dies im Ergebnis auf die Bedeutungslosigkeit gesetzlicher Entrichtungsfristen und der Verpflichtung zu ihrer Wahrung hinaus. Ein derart weites Verständnis der Begünstigungsbestimmung des § 217 Abs. 7 BAO entspricht nicht den Intentionen des Gesetzgebers (vgl. ). Daran vermögen auch die Bemühungen, den Stand der Veranlagung in Erfahrung zu bringen, nichts zu ändern.

Was die zeitliche Verzögerung bezüglich der Veranlagung generell betrifft, so ist auf die Bestimmung des § 205 BAO (Gutschriftszinsen) zu verweisen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof gem. Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhing, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, und die Frage der Fälligkeit einer Umsatzsteuernachforderung und des Vorliegens eines groben Verschuldens durch die Rechtsprechung und das Schrifttum ausreichend geklärt ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.5100251.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at