Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.11.2014, RV/1100053/2012

Vertreterpauschale für Nutzfahrzeugverkäufer

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1100053/2012-RS1
Das Sammeln und Aktualisieren von Basisinformationen, die Bearbeitung von Karteien, das Vorführen von Fahrzeugen, die Organisation von Probefahrten und die Ermittlung des Wertes von bei Neuerwerb hingegebenen Altfahrzeugen sind im Beschwerdefall keine vertreterfremden Tätigkeiten. Sie haben untergeordnete Bedeutung und dienen dem Hauptziel des Verkaufs. Damit stehen sie einer Pauschale-Gewährung nicht entgegen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Romuald Kopf in der Beschwerdesache Bf, vertreten durch WTH, gegen die Bescheide des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2008 bis 2010 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde betreffend Einkommensteuer 2008 und 2010 wird stattgegeben. Die festgesetzte Steuer und deren Bemessungsgrundlagen betragen:

2008


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Einkommen
77.283,89
Einkommensteuer
30.035,50
Abgabengutschrift
-1.837,02

2010


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Einkommen
63.290,05
Einkommensteuer
21.375,96
Abgabengutschrift
-2.109,00

Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer, nachfolgend Bf. abgekürzt, ist nichtselbständiger Autoverkäufer. In den Steuererklärungen für die Streitjahre beanspruchte er das sogenannte Vertreterpauschale gem. § 1 Z 9 der zu § 17 Abs. 6 EStG 1988 ergangenen Verordnung, BGBl II 382/2001, nachfolgend VO abgekürzt.

Das Finanzamt wandte sich an den Bf mit mehreren Vorhalten, die – soweit noch von Belang – auf die Beibringung bestimmter Unterlagen (Arbeitsvertrag, Aufstellung des Arbeitgebers betreffend die in den Streitjahren ausbezahlten Kostenersätze gem. § 26 EStG, Bestätigung des Arbeitgebers betreffend die vom Bf ausgeübte Tätigkeit, Auskunft betreffend Dienstfahrzeug) gerichtet waren.

In Beantwortung der Vorhalte brachte der Bf monatliche Lohn- und Reisekostenabrechnungen bei. Ergänzend und erläuternd führte er in der Vorhaltsbeantwortung vom aus: Die Reisekosten würden entsprechend den vorgelegten Aufzeichnungen alle drei Monate ausbezahlt. Er lege die Termine so, dass er jeden Nachmittag – ausgenommen im Urlaub und Krankenstand – im Außendienst sei. Er habe einen Dienstwagen und versteuere die Privatnutzung als Sachbezug. Einen Arbeitsvertrag könne er nicht vorlegen, da er keinen schriftlichen Arbeitsvertrag mit seinem Arbeitgeber abgeschlossen habe.

Nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens verneinte das Finanzamt in den nunmehr angefochtenen Bescheiden das Vorliegen der Pauschale-Voraussetzungen mit folgender Begründung:

"Ein Vertreter hat typischerweise einen großen potentiellen Kundenkreis, wobei er versucht, zahlreiche Geschäftsabschlüsse zu tätigen. Dies bedingt zahlreiche Kundenbesuche, Gespräche und Telefonate etc. Diese Art der Vertretertätigkeit bedingt aber auch zahlreiche kleinere Aufwendungen wie Einladungen der potentiellen Kunden, Geschenke, Telefongespräche von unterwegs etc., die durch das Werbungskostenpauschale abgegolten werden sollen (vgl. und , RV/3581-W/07). Da Sie keinerlei derartige Aufwendungen glaubhaft gemacht haben (alle Aufwendungen werden vom Arbeitgeber ersetzt), konnte das beantragte Vertreterpauschale nicht berücksichtigt werden."

Der Bf erhob Berufung, die er sinngemäß wie folgt begründete: Da das Finanzamt nicht nach den von ihm getragenen Kosten für die Geschäftsanbahnung gefragt habe, könne es auch gar nicht wissen, ob er solche gehabt und getragen habe. Tatsache sei, dass er derartige Kosten getragen habe, und zwar genau die in der Bescheidbegründung erwähnten (Bewirtung von Kunden in Restaurants, Caf és, Bars, Nachtclubs, auf Weihnachtsmärkten, zT zu Hause; Kleingeschenke wie Wein und Delikatessen). Dies sei geradezu typisch für den Vertreterberuf. Abschließend verweise er darauf, dass in seinem Fall die Deckelung des Pauschales mit dem Maximalbetrag von 2.190 € greife. Ermittelte man das Pauschale mit 5 % der Bemessungsgrundlage, wäre der Abzug doppelt so hoch. Dies spreche dafür, dass er die Tragung von Kosten zumindest glaubhaft gemacht habe.

Daraufhin ersuchte das Finanzamt den Bf mit Vorhalt vom , eine detaillierte, vom Arbeitgeber bestätigte Arbeitsplatzbeschreibung vorzulegen.

Dieser Aufforderung kam der Bf nach. In der eingereichten, arbeitgeberseitig unterfertigten Stellenbeschreibung wird der Bf als Verkäufer von Nutzfahrzeugen beschrieben, der befugt ist, Verkaufsabschlüsse zu tätigen und Probefahrten zu vergeben. Als seine obersten Ziele werden in der Stellenbeschreibung die Bearbeitung des Verkaufsgebietes mittels Kartei, die Wahrnehmung von Akquisitionsaufgaben sowie die Kundenberatung und –betreung genannt. Die Stellenbeschreibung beinhaltet folgenden Aufgabenkatalog: Karteibearbeitung nach den vorgegebenen Richtlinien, Routenplanung und Planung der Kontaktkapazität aufgrund der Karteieintragungen, Sammlung und Aktualisierung von Basisinformation über Interessenten / Kunden, Fahrzeugvorführung, Probefahrten, Vorbereitung Kaufvertrag (Ausstattung, Preis, Eintausch, Zahlungsmod., Lieferzeit), Gebrauchtfahrzeug-Wertermittlung veranlassen, Verkaufsabschlüsse tätigen, an Verkäuferbesprechungen teilnehmen, Kundenreklamationen aufgreifen und weiterleiten, bei Sonderveranstaltungen (Präsentationen usw) mitwirken, Verkaufsunterlagen auf dem Laufenden halten.

Das Finanzamt erließ eine abweisliche Berufungsvorentscheidung. In ihr führte es, nach Darlegung der Rechtslage aus: Eine Tätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, zähle nicht als Vertretertätigkeit. Vorrangiges Ziel einer Vertretertätigkeit sei die Erlangung und der Abschluss von Aufträgen. Es reiche nicht aus, einer Tätigkeit im Außendienst nachzugehen. Vielmehr sei auch der dem Arbeitnehmer übertragene Aufgabenbereich zu berücksichtigen. Bestehe dieser unter anderem auch darin, Karteien zu bearbeiten, Routen zu planen, Basisinformationen zu sammeln und zu aktualisieren, Fahrzeuge vorzuführen, Probefahrten durchzuführen, den Wert von Gebrauchtwagen zu ermitteln, an Besprechungen teilzunehmen, Kundenreklamationen aufzugreifen und weiterzuleiten, bei Sonderveranstaltungen mitzuwirken und Unterlagen auf dem Laufenden zu halten, dann liege keine Vertretertätigkeit im Sinne der Pauschalierungsverordnung vor. Für die Anerkennung pauschaler Werbungskosten sei es zwar nicht schädlich, wenn neben der Vertretertätigkeit geringfügig andere Tätigkeiten ausgeübt würden. Aus der vorgelegten Stellenbeschreibung werde aber ersichtlich, dass durch die Vielzahl der vom Bf zu bearbeitenden Aufgabengebiete die vom Verordnungsgeber geforderte Ausschließlichkeit der Vertretertätigkeit nicht erfüllt sei.

Gegen die abweisliche Berufungsvorentscheidung wandte sich der Bf mit Vorlageantrag vom . Ihn begründete er sinngemäß wie folgt: Diesmal sei sein Antrag mit der neuen Begründung abgelehnt worden, dass er keine ausschließliche Vertretertätigkeit ausübe. Auch diese Begründung träfe nicht zu. Alle vom Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung angeführten, der Stellenbeschreibung entnommenen Tätigkeiten seien entgegen der Auffassung des Finanzamtes für einen Autoverkäufer geradezu typisch. Diese Tätigkeit bestehe in der Anbahnung von Geschäftsabschlüssen. Davon umfasst sei die genaue Marktbeobachtung und Marktbearbeitung, wozu auch die Erstellung von Kundenprofilen und die Führung einer detaillierten Kundenkartei (über den Bedarf und den Bestand von Fahrzeugen sowie die Registrierung von Telefonaten, Besuchen und Reklamationen) zählten. Es werde möglichst viel nahezu detektivisch erfasst. Je mehr er vom Kunden wisse, desto leichter komme es zu Vertragsabschlüssen. Eine ständig gewartete Kundenkartei sei deshalb eines der wichtigsten Hilfsmittel für einen erfolgreichen Vertreter. Dass er die Route für Kundenbesuche planen  müsse und dass er im Innendienst an Verkäuferbesprechungen teilnehme, verstehe sich von selbst. Ebenso dass er als Verkäufer bei der Planung und Organisation von Sonderverkaufsveranstaltungen mitwirken müsse. Diese Veranstaltungen unterstützten den Geschäftsabschluss. Es sei im ureigenen Interesse des Kunden, eine Probefahrt zu machen. Das müsse ja wohl der Verkäufer organisieren, wer sonst. Im Nutzfahrzeugbereich sei es typisch, dass Autos gekauft werden, für die es aufgrund von Sonderwünschen der Kunden noch keine Typengenehmigung des Herstellers gibt. Es müsse also eine Einzelgenehmigung der Vorführstelle erwirkt werden. Auch dies müsse, da der Kunde ein zulassungsfähiges Fahrzeug bestelle, der Verkäufer organisieren. Geradezu typisch sei auch, dass der Käufer eines Neufahrzeuges sein altes Fahrzeug zurückgeben will. Um zu einem Geschäftsabschluss zu kommen, sei es unerlässliche Aufgabe des Verkäufers, das hereinzunehmende Auto zu bewerten bzw bewerten zu lassen. Schließlich sei es auch typisch, dass sich ein Kunde bei einer Reklamation zuerst an den Verkäufer wende, der ja gewissermaßen für die Qualität des Autos stehe und beim Verkauf Versprechungen gemacht habe. Eine gute Reklamationsabwicklung sei eine Grundlage für allfällige künftige Abschlüsse. Alles in allem sei damit klar, dass er ausschließlich eine Vertretertätigkeit ausübe. Zum Beweise  der Richtigkeit seines Vorbringens beantrage er die Einvernahme eines Autosachverständigen.

Mit E-Mail vom wandte sich das BFG an den Vertreter des Bf und teilte ihm ua mit: Nach § 6 Angestelltengesetz obliege es dem Arbeitgeber, einen schriftlichen Arbeitsvertrag auszustellen. Das Vorbringen, es gebe keinen Arbeitsvertrag, könne daher nur schwer geglaubt werden. Deshalb werde der Bf gebeten, seine Arbeitgeberin diesbezüglich um Aufklärung zu bitten. Ferner bestünden Bedenken, ob das Erfordernis der VO betreffend die im Außendienst zu verbringende Arbeitszeit erfüllt ist. Nach dem Beschwerdevorbringen und den vorgelegten Reisekostenabrechnungen verbringe der Bf nämlich die Hälfte der Arbeitszeit im Außendienst (für Kundenbesuche). Ein klares Überwiegen sei daher nicht feststellbar, was der Pauschale-Gewährung entgegenstünde.

Mit E-Mail vom beantwortete der Vertreter des Bf den Vorhalt vom unter Vorlage der in ihm angesprochenen Beweismittel wie folgt:

"Ich habe auch nochmals die Jahreslohnzettel der Jahre 2008-2013 ausgedruckt, und die dort erfassten steuerfreien Diäten abgelesen. Die ausbezahlten Beträge belegen aus meiner Sicht eine überwiegende Außendiensttätigkeit.

Herr B hat in

2013: 2072,40 Diäten, somit  942 Stunden oder 58%

2012: 2120,00 Diäten, somit 963 Stunden oder 59% 2011; 2402,40 Diäten, somit 1092 Stunden oder 67%

2010: 2024,08 Diäten, somit 920 Stunden oder 56,9%

2009: 1746,80 Diäten, somit 794 Stunden oder 49,11%

2008: 1861,20 Diäten, somit 846 Stunden oder 52% im Außendienst gearbeitet.

Bei der Berechnung bin ich wie folgt vorgegangen:

Aus dem Tagsatz von 26,40 ergibt sich ein Stundensatz von 2,20 Euro. Jahresdiäten durch Stundensatz ergibt Stundenanzahl.

Bezüglich der betrieblichen Anwesenheitszeit habe ich eine Jahresarbeitszeit von 1.617,00 Stunden errechnet. Diese errechnet sich wie folgt:

52 Wochen Jahresarbeitszeit abzüglich

5 Wochen Urlaub, abzüglich

2 Wochen Feiertag, abzüglich

2 Wochen durchschnittliche Fehlzeiten aus Krankenstand, Freistellungen für Todfälle, Krankheit von Gattin oder Kindern, andere Familiäre Angelegenheiten, etc.

Somit 43 Wochen Anwesenheitszeit mal 38,50 Stunden, Jahresgesamt 1617,00 Stunden.

Ergänzend möchte ich für Herrn B festhalten, dass im Nutzfahrzeugeverkauf andere Sitten herrschen als im PKW-Verkauf. Bei LKW, Transporter- und Kleinbusverkauf handelt es sich nahezu ausschließlich um Firmenkunden, die immer besucht werden müssen - die kommen nicht in die Zentrale nach Dornbirn.

Noch eine Ergänzung:

Herr B hat mir ausdrücklich beteuert, dass er sicher weniger Diäten aufschreibt, als ihm zustehen würden. Dies mit der Begründung, dass er aufgrund des sehr guten Verdienstes, den er bei der Firma hat (Durchschnitt der Jahre 2008-2013: 97.323,67), nicht bei den Diäten als kleinlich und gierig gelten will. Das ist für mich eine nachvollziehbare Begründung und plausibel. Ich ersuche diesen Umstand im Jahr 2009 zu berücksichtigen:

Das einmalige Unterschreiten der 50% Grenze im Jahr 2009 sollte aus meiner Sicht nicht schädlich sein - es sollte im gesamten Zeitraum von einer überwiegenden Außendiensttätigkeit ausgegangen werden."

Die Vorhaltsbeantwortung vom samt Beilagen wurde am gleichen Tag dem Finanzamt zur Kenntnis gebracht, wobei für eine allfällige Stellungnahme der vorgemerkt worden ist.

Die Abgabenbehörde hat keine Stellungnahme abgegeben.

Das BFG hat erwogen:

Rechtslage:

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II 382/2001, lautet auszugsweise:

"Auf Grund des § 17 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988, wird verordnet:

§ 1. Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt: [.......]

Z 9. Vertreter

5 % der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich.

Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden."

Die im Berufungsfall anzuwendende Verordnung enthält keine Definition des Begriffs "Vertreter". Sie legt lediglich fest, dass zur Vertretertätigkeit sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst gehört und dass von der Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden muss, sohin der Außendienst den Innendienst zeitlich überwiegen muss.

Vertreter sind nach übereinstimmender Lehre (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Tz 6 zu § 17 EStG), Verwaltungsübung (LStR Rz 406) und Entscheidungspraxis des Unabhängigen Finanzsenates (ua Entscheidung vom , RV/0080-F/03) Personen, die regelmäßig im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Eine andere Tätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, zählt nicht als Vertretertätigkeit (zB Kontroll- oder Inkassotätigkeit).

Vorrangiges Ziel einer Vertretertätigkeit ist demnach die Akquisition von Aufträgen. Im Vordergrund einer solchen Tätigkeit steht der Abschluss von Geschäften, was zahlreiche Kundenbesuche, Gespräche und Telefonate etc. bedingt. Auch die Kundenbetreuung kann im Dienst der Akquisition stehen, kann den Verkaufsabschluss vorrangig bezwecken bzw auf ihn abzielen. Denn die Zufriedenheit der Kunden führt tendenziell zu Vertragsverlängerungen und weiteren Abschlüssen. In den Dienst der Akquisition gestellte Kundenbetreuung ist gleichsam als untergeordnete Nebentätigkeit unschädlich ().

Die beschriebene Art der Vertretertätigkeit bedingt nach Überzeugung des Gerichts nicht nur im Akquisitions-Bereich im engeren Sinn, sondern auch im untergeordneten Betreuungs-Bereich zahlreiche kleinere Aufwendungen wie Einladungen der potentiellen Kunden, Geschenke, Telefongespräche von unterwegs etc., die durch das Werbungskostenpauschale abgegolten werden sollen (vgl. , , RV/1915-W/05 , und , RV/3581-W/07). Oder mit anderen Worten: Das Gericht teilt die Auffassung des Bf, dass alle jenen Nebentätigkeiten als Vertretertätigkeiten im hier maßgelblichen Sinn einzustufen sind, die der Vertretertätigkeit im engeren Sinn, also dem Verkauf dienen und mit diesem in engem Zusammenhang stehen, wobei im gegebenen Zusammenhang im Zweifel maßgeblich ist, ob im Zuge ihrer Verrichtung typischerweise die oben angeführten Aufwendungen erwachsen (ohne abgegolten zu werden bzw nachweisbar zu sein).

Vor dem Hintergrund der oben dargelegten Rechtslage geht das Gericht aus den nachfolgend angeführten Gründen, die sachverhaltsmäßig auf zum Teil erst im Berufungsverfahren eingereichten, vom Finanzamt nicht beeinspruchten Unterlagen basieren, davon aus, dass die Pauschalierungsvoraussetzungen im Sinne des Berufungsbegehrens hinsichtlich der Jahre 2008 und 2010 erfüllt sind:

Sachverhalt und Erwägungen (ieS)

Der Bf übte in den Streitjahren den Beruf eines Vertreters im oben dargestellten Sinne aus. Er war als "Transporter-Verkäufer" (monatliche Lohnzettel, Dienstzettel) bzw mit dem "Verkauf von Nutzfahrzeugen" (Stellenbeschreibung) beschäftigt und bezog einen Lohn, der sich aus einem relativ niedrigen "Verkäuferfixum" (2013: 1.405,77 €/Monat) und entsprechende hohen Verkaufsprovisionen zusammensetzt (Bruttogesamtlohn 2008: 101.341,28 €). Auch für das Finanzamt ist es nicht strittig, dass der Bf Autoverkäufer ist (Verf 46). Die Befugnis zu Verkaufsabschlüssen ist die erstangeführte Kompetenz, die dem Bf von seinem Arbeitgeber übertragen wurde. Die Kunden sind die erstgenannten Personen, mit denen der Bf extern zusammenarbeitet (Stellenbeschreibung). Zweck seiner Dienstreisen war der Besuch von Kunden (Reisekostenabrechnungen).Als erstgereihte Ziele nennt die Stellenbeschreibung das systematische Bearbeiten des Verkaufsgebietes mittels Kunden- und Interessentenkartei, die Wahrnehmung von Akquisitionsaufgaben sowie die Kundenberatung und –betreung. Und auch die vom Bf zu besorgenden Aufgaben stehen erkennbar im Dienste des Verkaufs von Fahrzeugen, handelt es sich bei ihnen doch um vorbereitende bzw dienende Nebentätigkeiten. Das Gericht vermag demnach der Überzeugung des Finanzamtes nicht zu folgen, dass das Sammeln und Aktualisieren von Basisinformationen, die Bearbeitung von Karteien, das Vorführen von Fahrzeugen, die Organisation von Probefahren und die Ermittlung des Wertes von bei Neuerwerb hingegebenen Altfahrzeugen vertreterfremde Tätigkeiten sein sollen. Insoferne folgt das Gericht den Ausführungen im Vorlageantrag.

Es entspricht den Lebenserfahrungen, dass im Zusammenhang mit all den geschilderten Tätigkeiten typischerweise zahlreiche kleinere Aufwendungen anfallen sind, die nicht abgegolten wurden und nur schwer nachweisbar sind. Dass der Bf Tagsätze (für die Abgeltung anderer spezieller Mehraufwendungen) bezogen hat, steht der Gewährung des Pauschales nach dem klaren Verordnungswortlaut nicht entgegen. Die abweisliche Begründung der angefochtenen Bescheide ist im Hinblick auf den Verordnungswortlaut einerseits und das glaubwürdige Beschwerdevorbringen andererseits (betreffend Bewirtung von Kunden in Restaurants, Bars, auf Märkten und zT zu Hause) nicht tragfähig (UFS 31.3.009, RV/0752-L/08).

Zu den Pauschalierungsvoraussetzungen zählt u.a., dass von der Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden muss. Aus dem Grundsatz, dass Werbungskosten wie Betriebsausgaben nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden müssen (Doralt4, Einkommensteuergesetz Kommentar, Tz 47 zu § 16 EStG),  ist abzuleiten, dass ein Steuerpflichtiger, der eine durch Verordnung eröffnete Möglichkeit zur Geltendmachung pauschaler Werbungskosten in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Pauschalierungsvoraussetzungen grundsätzlich nachzuweisen oder zumindest glaubhaft zu machen hat. Oder mit anderen Worten: Sieht das Gesetz oder eine Verordnung auch Pauschbeträge vor und wird die eingeräumte Pauschalierungsmöglichkeit beansprucht, dann ist die Nachweisführung bzw. Glaubhaftmachung dem Grunde nach erforderlich (vgl. Hofstätter / Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, Tz. 4 zu § 16 EStG allgemein).

Hinsichtlich der Jahre 2008 und 2010 hat der Bf dem BfG gegenüber glaubhaft gemacht, dass diese Voraussetzung erfüllt ist. Dem hatte auch das Finanzamt nicht widersprochen. In diesen beiden Streitjahren waren daher jeweils zusätzliche Werbungskosten in der Höhe von 2.058 € (Vertreterpauschale abzüglich allgemeines Pauschale) anzuerkennen.

Hinsichtlich des Jahres 2009 ist diese Voraussetzung allerdings nicht erfüllt. Laut den vom Bf mit E-Mail vom bekanntgegebenen Berechnungen hatte er in diesem Jahr zu 49,11 % Außendienst verrichtet. Dies ist weniger als die Hälfte. Die ausdrückliche Beteuerung des Bf, sicher weniger Diäten als ihm zustehend beansprucht zu haben, mag zutreffen, kann aber den erforderlichen Nachweis bzw die zumindest notwendige Glaubhaftmachung nicht ersetzen. Die Beschwerde war somit hinsichtlich des Jahres 2009 als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dieses Erkenntnis folgt der einschlägigen, oben zitierten höchstgerichtlichen Judikatur.

Ob und inwieweit im Beschwerdefall entsprechend den höchstgerichtlichen Vorgaben der Kundenverkehr im Außendienst in Form des Abschlusses von Kaufgeschäften im Namen und für Rechnung eines Arbeitgebers im Vordergrund der beruflichen Tätigkeit des Bf gestanden hat, ob und inwieweit untergeordnete Nebentätigkeiten vorliegen und unschädlich sind, ist keine Rechtsfrage, sondern eine Tatfrage.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.1100053.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at