Beschwerde betreffend Zurückweisung eines Vorlageantrages
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache des Bf. , vertreten durch S-GmbH, gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Zurückweisung eines Vorlageantrages zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
1.1. Mit Bescheid vom zog das Finanzamt den Beschwerdeführer (Bf.) zur Haftung gemäß §§ 9 und 80 BAO für Abgabenschuldigkeiten der C-GmbH in Liqu. zur Haftung heran, deren Geschäftsführer der Bf. gewesen sei. Der Haftungsbescheid wurde dem Bf. am an seiner Wohnadresse in Innsbruck, X-Straße „unter Protest“ des Bf. und dem weiteren Beifügen auf dem Rückschein zugestellt, dass gegen den Bescheid vorsorglich Einspruch erhoben werde.
1.2. Der vom steuerlichen Vertreter gegen den Haftungsbescheid erhobenen Berufung vom gab das Finanzamt mit Berufungsvorentscheidung vom teilweise statt. Auch die Zustellung der Berufungsvorentscheidung wurde unter dem Namen des Bf. an seiner oben angeführten Wohnanschrift verfügt. Da die eigenhändig zuzustellende Sendung mit der Berufungsvorentscheidung nach mehreren vergeblichen Zustellversuchen auch am nicht zugestellt werden konnte, wurde das Schriftstück laut Rückschein beim Postamt 6.... hinterlegt und der Bf. hievon schriftlich durch Einwurf in den Postkasten verständigt. Beginn der zweiwöchigen Abholfrist war der . Da innerhalb dieser Frist keine Behebung erfolgte, sandte das Finanzamt die Sendung am an das Finanzamt zurück, wo sie im Akt abgelegt wurde.
1.3. Mit Mahnschreiben vom wurde der Bf. unter Hinweis auf § 227 BAO aufgefordert, die vollstreckbar gewordene Haftungsschuld innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung dieses Schreibens zu bezahlen. Eine Reaktion hierauf erfolgte nicht.
1.4. Mit Schriftsatz vom stellte die Republik Österreich (Finanzamt Innsbruck), vertreten durch die Finanzprokuratur, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Bf. Dieses Verfahren ist beim Bezirksgericht Innsbruck zu AZ.... anhängig.
1.5. Am langte beim Finanzamt ein mit dem Eingangsdatum datiertes Schreiben des steuerlichen Vertreters des Bf. ein, mit welchem die Entscheidung über die Berufung vom durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragt wurde. Zur Rechtzeitigkeit des Vorlageantrags wurde Folgendes ausgeführt:
„Die Zustellung erfolgte erst nach meiner telefonischen Anfrage vom , ob die Berufung noch erledigt (gemeint: unerledigt) wäre, mit FAX vom an mein Büro.
Laut den Angaben von Herrn …. (Bf.) ist die Berufungsfrist aus folgenden Gründen offen: Er hielt sich im Ausland auf. Wie aus der Beilage ersichtlich ist, hat er bei der Post den Auftrag gegeben, alle in RSA und RSB versandten Schriftstücke zu retournieren. Eine Hinterlegung der Berufungsvorentscheidung konnte daher zum Zeitpunkt des Auslandsaufenthaltes nicht erfolgen. Es hätte eine neuerliche Zustellung nach Beendigung des Auslandsaufenthaltes erfolgen müssen. Dies sei nicht erfolgt.
Darüber hinaus hat Herr …. (Bf.) am mitgeteilt, dass seine Zustelladresse die Y-Straße in Innsbruck ist (siehe Beilage!). Die Berufungsvorentscheidung war jedoch an die X-Straße adressiert...“
Dieser Eingabe war eine nur teilweise lesbare Kopie eines seinerzeit von der Post aufgelegten Vordrucks mit der Bezeichnung „Nachsendungsvormerkkarte“ beigeschlossen, der aus zwei identischen Abschnitten besteht. Der obere Abschnitt enthält den Namen des Bf. sowie seine mehrfach erwähnte Wohnanschrift als "bisherige" wie auch als "nunmehrige" Adresse. Weiters befindet sich auf diesem Abschnitt eine handschriftliche Eintragung mit folgendem Text: „auf bestimmte Zeit (Ausland) alle Rückscheine RSa/RSb retournieren“. Der untere (offenbar für die Post bestimmte) Abschnitt des Vordrucks ist leer.
Weiters war dem Vorlageantrag ein offenbar vom Bf. angefertigter, nach Art eines Formulars gestalteter Text mit der Überschrift „Rücksendung von Rückscheinbriefen ZB: 2010“ angeschlossen, dem zufolge alle an der Wohnanschrift des Bf. einlangenden Rückscheinbriefe "in der Zeit vom bis 31.12.9999" an den Absender zu retournieren seien, weil der Bf. verreist sei.
Dem Vorlageantrag wurde auch eine E-Mail vom beigelegt, mit welcher der Bf. einem Bediensteten des Finanzamtes (G.) mitgeteilt hatte, dass die persönliche Zustelladresse des Bf. die Firmenanschrift der primärschuldnerischen C-GmbH (Y-Straße in Innsbruck) sei. Dort sei eine Postvollmacht für die Korrespondenz des Finanzamtes einschließlich RSa- und RSb-Sendungen hinterlegt, die von der Ehegattin des Bf. wahrgenommen werde.
1.6. Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom wies das Finanzamt den Vorlageantrag vom als verspätet zurück.
1.7. Gegen diesen Zurückweisungsbescheid wurde mit Schreiben vom Berufung mit folgender Begründung erhoben:
„…Die Zustellung der Berufungsvorentscheidung … erfolgte laut Behörde im Mai 2010 durch öffentliche Bekanntmachung. Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür waren jedoch nicht gegeben.
Da sich Herr …. (Bf.) aus persönlichen Gründen nicht regelmäßig an seiner Wohnsitzadresse aufhält, verständigte er bereits am die zuständige Behörde telefonisch bzw. schriftlich über die Änderung seiner persönlichen Zustelladresse. In diesem Schreiben ersuchte er außerdem, RSa - und RSb Korrespondenz an eben diese Adresse zu senden. Eine entsprechende Ortsabwesenheitsmeldung für diesen Zeitraum liegt der zuständigen Poststelle vor.
Die Behörde bestätigte im Schreiben vom den Erhalt des E-Mails....betreffend die Änderung seiner Zustelladresse.
Hieraus ergibt sich, dass die Abgabestelle der Behörde nachweislich nicht unbekannt war bzw. Herr …. (Bf.) seiner Verpflichtung, die Behörde über die Änderung seiner Abgabestelle nach § 8 Abs. 1 ZustellG zu informieren, nachgekommen ist.
Einen Zustellversuch an Herrn …. (Bf.) tatsächlicher Adresse hat es nicht gegeben. Eine Hinterlegung nach § 17 Abs. 1 bzw. nach § 8 Abs. 2 hat unseres Wissens zwar nicht stattgefunden, hierfür würde jedoch ebenfalls die gesetzliche Grundlage fehlen.
Folglich kam es bis dahin zu keiner wirksamen Zustellung.
Auf unsere Anfrage hin wurde uns die Berufungsvorentscheidung am per Fax vom Finanzamt Innsbruck übermittelt, woraufhin wir am den Vorlageantrag eingebracht haben.
Wir ersuchen somit den Zurückweisungsbescheid aufzuheben…“
1.8. Bereits mit Schreiben vom hatte das Finanzamt den Bf. um Bekanntgabe ersucht, wo er sich während näher bezeichneter Zeiträume aufgehalten habe. Das Vorbringen, er habe sich im Ausland aufgehalten, sei durch die Vorlage entsprechender Unterlagen zu belegen. Falls die Ortsabwesenheit des Bf. nicht nachgewiesen werde, müsse davon ausgegangen werden, dass sich der Bf. an seiner Wohnadresse aufgehalten habe.
Dieses Ergänzungsersuchen beantwortete der steuerliche Vertreter des Bf. mit Schreiben vom dahingehend, dass er die Vorlage der vom Finanzamt angeforderten Unterlagen als nicht notwendig erachte, weil eine rechtswirksame Zustellung der Berufungsvorentscheidung erst am erfolgt sei. Sollte das Finanzamt gegenteiliger Ansicht sein, werde um Fristerstreckung bis ersucht.
In einem weiteren Schreiben vom nahm der steuerliche Vertreter auf die E-Mail vom Bezug, der zufolge die Ehegattin des Bf. als "Zustellungsbevollmächtigte" namhaft gemacht worden sei. Bezüglich der vom Finanzamt verlangten Nachweise werde um ein persönliches Gespräch mit dem Bf., der unter einer näher bezeichneten Telefonnummer ereichbar sei, ersucht.
Trotz schriftlicher Urgenz des Finanzamtes vom legte der Bf. die von ihm verlangten Nachweise nicht vor.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
2.1. Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden i.S.d. Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.
2.2. Gemäß § 276 Abs. 2 BAO in der für den Beschwerdefall maßgeblichen Fassung vor BGBl. I 14/2013 konnte gegen eine Berufungsvorentscheidung innerhalb eines Monats ab Zustellung der Berufungsvorentscheidung ein Vorlageantrag eingebracht werden. Im vorliegenden Beschwerdefall ist strittig, ob das Finanzamt den Vorlageantrag des Bf. vom als nicht fristgerecht eingebracht zurückweisen durfte (§ 273 Abs. 1 lit. b iVm § 276 Abs. 4 BAO idF vor BGBl. I 14/2013).
Dem § 97 Abs. 1 lit. a BAO zufolge werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung. Soweit in der BAO nicht anderes bestimmt ist, sind Zustellungen nach dem Zustellgesetz vorzunehmen (§ 98 BAO).
Da § 97 BAO nicht explizit vorsieht, dass der Inhalt schriftlicher Erledigungen anstatt durch Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung auch mittels Telefax bekannt gegeben werden kann und bis dato auch keine die Verwendung von Telekopierern zulassende, auf § 97 Abs. 3 zweiter Satz BAO gestützte Verordnung des BMF existiert, ist eine solche Zustellungsart im Anwendungsbereich der BAO unzulässig (vgl. Ritz, BAO5 § 97, Tz 14).
Die rechtliche Existenz einer behördlichen Erledigung setzt voraus, dass sie dem Adressaten bekannt gegeben wird. Vor Bekanntgabe entfaltet eine Erledigung keine Rechtswirkungen. Ein Bescheid gehört erst mit seiner Erlassung dem Rechtsbestand an (). Behördliche Erledigungen, die mittels Telefax bekannt gegeben werden, stellen demnach absolut nichtige Verwaltungsakte dar (vgl. nochmals Ritz, a. a. O., Tz 7).
Aus dieser Rechtslage folgt für den vorliegenden Beschwerdefall, dass in der Übermittlung der Berufungsvorentscheidung vom mit Telefax des Finanzamtes an den steuerlichen Vertreter vom (vgl. oben Pkt. 1.5.) keine Zustellung zu erblicken ist. Entgegen der Ansicht des Bf. kann somit die Rechtzeitigkeit des Vorlageantrages nicht auf eine bloße Mitteilung des Inhaltes der Berufungsvorentscheidung mittels Telekopierer gestützt werden, weil dadurch die mit einer Zustellung verbundenen Rechtsfolgen - (Beginn des Laufes der Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages) - nicht ausgelöst wurden.
2.3. Zu beachten ist allerdings, dass ein Vorlageantrag unabdingbar eine Berufungsvorentscheidung voraussetzt und wirkungslos ist, wenn er vor Zustellung der Berufungsvorentscheidung gestellt wird (vgl. ; ). Da ein solcher Vorlageantrag unzulässig wäre, bleibt zu prüfen, ob die Hinterlegung der Berufungsvorentscheidung am (vgl. Pkt. 1.2.) eine rechtswirksame Zustellung bewirkte.
2.4. Gemäß § 13 Abs. 1 ZustG hat die Zustellung an den Empfänger an der Abgabestelle zu erfolgen. Nach § 2 Z 4 ZustG ist Abgabestelle die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Fall einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort.
Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist nach § 17 Abs. 1 ZustG das Schriftstück im Fall der Zustellung durch die Post beim zuständigen Postamt zu hinterlegen. Gemäß § 17 Abs. 2 leg. cit. ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen. Nach § 17 Abs. 3 leg. cit. ist die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem die Sendung erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Sendungen gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem die hinterlegte Sendung behoben werden könnte.
2.5. Laut Auskunft aus dem Zentralen Melderegister ist der Bf. in Innsbruck, X-Straße , wohnhaft. Ein anderer Wohnsitz ist nicht aktenkundig und wird vom Bf. auch nicht behauptet. Da die zu eigenen Handen des Bf. zuzustellende Berufungsvorentscheidung am an der Wohnadresse des Bf. nicht zugestellt werden konnte, wurde das Schriftstück beim zuständigen Postamt hinterlegt und der Bf. von der Hinterlegung schriftlich durch Einwurf in den Postkasten verständigt. Beginn der Abholfrist war der . Dies ergibt sich aus dem Rückschein, der als öffentliche Urkunde Beweis über die Zustellung macht, wobei ein Gegenbeweis nach § 292 Abs. 2 ZPO möglich ist (vgl. ).
2.6. Der Bf. macht der Sache nach Zustellmängel geltend, indem er einerseits eine Abwesenheit von der Abgabestelle behauptet und andererseits auf eine Postvollmacht seiner Ehegattin verweist.
a) Was zunächst die behauptete Ortsabwesenheit betrifft, so hat jemand, der einen Zustellmangel behauptet, diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, die die vom Gesetz im Zusammenhang mit einem vorhandenen Rückschein aufgestellte Vermutung der vorschriftsgemäßen Zustellung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen. Die bloße Behauptung der Ortsabwesenheit ohne konkrete Angabe über Zeitraum und Grund der Abwesenheit reicht nicht (vgl. ; ; Ritz, BAO5, Tz 23 zu § 17 ZustG, mwN).
Wie bereits oben erwähnt, wurde der Bf. vom Finanzamt vor Erlassung des angefochtenen Zurückweisungsbescheides aufgefordert, seine angebliche Ortsabwesenheit zeitlich und örtlich zu konkretisieren und entsprechende Nachweise zu erbringen. Der Bf. hat ein entsprechendes Vorbringen nicht erstattet, sondern sich auf den Standpunkt gestellt, dass dies "nicht nötig" sei, weil eine Zustellung der Berufungsvorentscheidung an die Wohnanschrift des Bf. nicht zulässig gewesen sei. Vielmehr hätte die Zustellung aufgrund der seiner Ehegattin erteilten Postvollmacht an die Geschäftsanschrift der erstschuldnerischen C-GmbH in Liqu. verfügt werden müssen, wo die Ehegattin als "Zustellbevollmächtigte" zu den üblichen Arbeitszeiten erreichbar gewesen wäre (vgl. Schreiben v. u. ).
Auch in der Berufung (Beschwerde) gegen den Zurückweisungsbescheid wurde bloß die vage Behauptung aufgestellt, dass sich der Bf. aus persönlichen Gründen nicht regelmäßig an seinem Wohnsitz aufhalte. In einer vom Finanzamt aufgenommenen Niederschrift (vom ) gab der Bf. an, in Österreich nur anwesend zu sein, wenn es ihm „gefällt“, sonst sei er im Ausland. Über weitere persönliche Verhältnisse, welcher Art auch immer, erteile er keine Auskünfte.
Der vom Bf. vorgelegten Kopie einer „Nachsendungsvormerkkarte“ (vgl. Pkt. 1.5.) kommt kein Beweiswert zu. Zum einen ergibt sich daraus kein konkreter Zeitraum für eine Ortsabwesenheit des Bf. unter Angabe des Beginnes und des Endes seiner Abwesenheit von seiner Wohnung. Zum anderen ist davon auszugehen, dass der Post gar keine Ortsabwesenheitserklärung des Bf. vorlag. Denn über Anfrage des Bundesfinanzgerichtes vom teilte die für den Bf. zuständige Zustellbasis im Antwortschreiben vom mit, dass sich der langjährige Zusteller K. nicht an eine jemals gegenüber der Post abgegebene schriftliche Ortsabwesenheitserklärung des Bf. erinnern könne. Eine solche Erklärung sei auch nicht in der EDV-Anlage der Post gespeichert. Diese Auskunft, die dem steuerlichen Vertreter des Bf. zur Kenntnis gebracht wurde, ist unwidersprochen geblieben (vgl. Schreiben des ; E-Mail v. ).
Das vom Bf. überreichte Schriftstück mit dem Betreff "Rücksendung von Rückscheinbriefen ZB 2010" infolge Abwesenheit von der Wohnung bezieht sich auf den Zeitraum " bis 31.12.9999“. Da allein schon die vom Bf. angeführte Reisedauer für sich spricht, kann die Vorlage dieses "Beweisstückes" nur als ein von vornherein untauglicher Versuch angesehen werden, die Bewirkung einer rechtswirksamen Zustellung aufgrund einer in Wahrheit gegebenen Ortsanwesenheit nachträglich in missbräuchlicher Absicht in Frage zu stellen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass ein konkretes, mit geeigneten Beweismitteln belegtes Vorbringen bzw. jegliche Angaben über die Umstände und die Dauer der behaupteten Ortsabwesenheit des Bf. fehlen. Eine Unwirksamkeit der durch Hinterlegung am erfolgten Zustellung der Berufungsvorentscheidung wurde solcherart nicht aufgezeigt (vgl. ). Vielmehr ist das diesbezügliche Vorbringen als Schutzbehauptung zu werten, die an der Zustellung nichts ändert.
b) Zum Vorbringen betreffend die Postvollmacht der Ehegattin wird bemerkt, dass § 13 Abs. 2 ZustG dem Zusteller gestattet, Sendungen an Postbevollmächtigte zuzustellen. Entgegen der im Schreiben des Bf. vom geäußerten Ansicht ist ein Postbevollmächtigter kein Zustellungsbevollmächtigter im Sinn des § 9 ZustG (und auch kein Empfänger im zustellungsrechtlichen Sinn). Da die Zustellung an Postbevollmächtigte erfolgen darf, ist trotz einer solchen Postvollmacht die Zustellung auch unmittelbar gegenüber dem Empfänger zulässig (vgl. Ritz, BAO5, § 13 ZustG, Tz 5 ff). Der Postbevollmächtigte tritt insofern neben den Empfänger, als an beide zugestellt werden darf (vgl. ). Schon aus diesem Grund wird mit dem Hinweis auf die der Ehegattin erteilte Postvollmacht kein Zustellmangel aufgezeigt. Abgesehen davon hätte eine solche Vollmacht ausdrücklich gegenüber dem Zusteller erklärt und nachgewiesen werden müssen (vgl. OGH 9 ObA 91/91). Dies wurde jedoch im oben erwähnten Antwortschreiben der Post vom gerade nicht bestätigt.
Falls dem Bf. vorschwebt, dass das Finanzamt die Berufungsvorentscheidung an die Ehegattin des Bf. adressieren bzw. diese auf der Zustellverfügung als Empfängerin bezeichnen hätte müssen, so verkennt er das Wesen einer Postvollmacht als eine Ermächtigung des Empfängers gegenüber dem Abgabepostamt, die unter der Anschrift des Empfängers einlangenden Postsendungen auch an eine andere natürliche Person abzugeben (zu den Einzelheiten vgl. Luhamer in SWK 11/2010, W 27).
c) Dem weiteren Einwand, die Berufungsvorentscheidung hätte an die Geschäftsanschrift der (am infolge Konkursabweisung aufgelösten und am aus dem Firmenbuch gelöschten) erstschuldnerischen GmbH zugestellt werden müssen, weil dies auch die "persönliche Zustelladresse" des Bf. gewesen sei, ist zu entgegnen, dass die möglichen Abgabestellen für die Zustellung einer Sendung in Papierform in § 2 Z 4 ZustG abschließend umschrieben sind. Da der am als GmbH-Geschäftsführer aus dem Firmenbuch gelöschte Bf. selbst nicht behauptete, an dieser Geschäftsanschrift (weiterhin) eine dauernde betriebliche Tätigkeit entfaltet zu haben oder dort als Arbeitnehmer regelmäßig zur Verrichtung von Arbeiten anwesend gewesen zu sein, lag keine als Betriebsstätte, Geschäftsraum oder Arbeitsplatz des Bf. zu qualifizierende Abgabestelle vor (vgl. Ritz, BAO5, Tz 20 ff zu § 2 Zustellgesetz; ; ; ).
Die Geschäftsanschrift der erstschuldnerischen GmbH stellt auch keine Abgabestelle i. S. d. letzten Halbsatzes des § 2 Z 4 ZustG dar, weil dieser Ort dem Finanzamt nicht für die Zustellung im Haftungsverfahren, sondern in einem im Jahr 2007 durchgeführten anderen Verfahren angegeben wurde. Im Übrigen ist diese Abgabestelle nach der Lehre nur für elektronische Zustellungen relevant (vgl. Stumvoll in Fasching/Konecny2 § 2 ZustG Rz 6-8).
Somit bestand keine rechtliche Möglichkeit, Zustellungen von für den Bf. bestimmten Schriftstücken der Abgabenbehörde nicht an seine Wohnung, sondern an die Geschäftsanschrift der erstschuldnerischen GmbH zu veranlassen.
d) Da die Zustellung der Berufungsvorentscheidung weder durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 ZustG noch durch Hinterlegung nach § 8 Abs. 2 leg. cit. vorgenommen wurde, braucht auf die Ausführungen des Bf., mit welchen er das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen hiefür bestritt, nicht näher eingegangen zu werden (vgl. Pkt. 1.7.).
2.7. Da das Finanzamt aus den dargelegten Gründen im Ergebnis zu Recht festgestellt hat, dass der am eingebrachte Vorlageantrag verspätet war, musste die gegen den Zurückweisungsbescheid vom erhobene Beschwerde abgewiesen werden.
2.8. Gemäß Art 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Streitfall ist eine Revision nicht zulässig, weil zum einen Tatfragen im Wege der Beweiswürdigung zu beantworten waren und zum anderen die für eine rechtswirksame Zustellung maßgebliche Rechtslage durch die oben zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung als geklärt anzusehen ist.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 97 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 130 Abs. 1 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 § 98 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 13 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 2 Z 4 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 17 Abs. 1 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 292 Abs. 2 ZPO, Zivilprozessordnung, RGBl. Nr. 113/1895 § 13 Abs. 2 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 9 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982 § 323 Abs. 38 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.3100534.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at