Säumniszuschlag bei Missbrauch der Respirofrist gemäß § 211 Abs. 2 BAO als zusätzliche Zahlungsfrist im Zuge einer ELBA-Überweisung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache BF , gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom zu St.Nr. über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 1.270,16 € zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Da die am fällig gewesene Körperschaftsteuervorauszahlung 04-06/2013, die Umsatzsteuer 03/2013, die Lohnsteuer 04/2013 und der Dienstgeberbeitrag 04/2013 erst mit Wirksamkeit entrichtet worden waren, setzte das Finanzamt mit Bescheid vom von diesen Abgaben erste Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 1.270,16 € fest.
Gegen diesen Bescheid wurde mit Eingabe vom Berufung erhoben. Aus den dieser Berufung angeschlossenen Bankbelegen sei ersichtlich, dass die Beschwerdeführerin entsprechende Zahlungen rechtzeitig veranlasst habe. Die fristgerechte Durchführung sei ihr auch von der Bank bestätigt worden. Es werde daher die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Der Berufung waren Ausdrucke vom zu den an diesem Tag mittels ELBA veranlassten Überweisungen angeschlossen. Diesen Ausdrucken ist zu entnehmen, dass am um 16:14 Uhr die erteilten Überweisungsaufträge zur Entrichtung der oben angeführten Abgaben vom Bankrechner entgegen genommen worden waren; Status: "positiv 307 – Auftrag/Bestand geprüft und weitergeleitet". Als Durchführungsdatum wird auf diesem Ausdruck vom allerdings nicht der Fälligkeitszeitpunkt der Abgaben (), sondern "" ausgewiesen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Im Fall der Überweisung auf das Postscheckkonto des Finanzamtes würden Abgaben am Tag der Gutschrift auf diesem Konto als entrichtet gelten (§ 211 Abs. 1 lit. d BAO). Dies sei im gegenständlichen Fall erst am der Fall gewesen. § 211 Abs. 2 BAO sehe für bestimmte Entrichtungsformen eine Respirofrist von drei Tagen vor. Erfolge die Gutschrift innerhalb dieser Frist, so bleibe die Verspätung ohne Rechtsfolgen (z.B. für die Verwirkung von Säumniszuschlägen). Sinn dieser Bestimmung sei nicht die Einräumung einer weiteren Frist zur Abgabenentrichtung. Der Gesetzgeber sei vielmehr davon ausgegangen, dass die Bearbeitung von Banküberweisungen längere Zeit in Anspruch nehmen könne. Im Fall der Entrichtung mittels Banküberweisung gehe das Risiko einer mehr als drei Tage (unter Einrechnung von Samstagen, Sonntagen) späteren Gutschrift jedoch zu Lasten des Abgabenschuldners (). Die Abgaben seien am fällig gewesen. Die Beschwerdeführerin hätte daher spätestens am die Überweisung der Zahlungen veranlassen müssen, was jedoch nicht der Fall gewesen sei. Der ELBA-Überweisungsauftrag an die Bank sei erst am erteilt worden (Durchführungsdatum). Bereits in der verspäteten Veranlassung der Überweisung liege ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden (-I/02).
Im Vorlageantrag vom verwies die Beschwerdeführerin ebenfalls auf die Respirofrist des § 211 Abs. 2 BAO und führte aus, dass alle Abgaben von ihrem Bankkonto am überwiesen worden seien. Seit dem müsse gemäß "§ 42 Abs. 2 ZaDiG" der Überweisungsbetrag im Inlandszahlungsverkehr am nächsten folgenden Geschäftstag bei der Bank des Empfängers einlangen. Unter Berücksichtigung von Samstagen, Sonntagen und Feiertagen wäre dies der gewesen. Da ihre Bank die Überweisung rechtzeitig durchgeführt habe, sehe sie das Verschulden der verspäteten Gutschrift nicht bei ihr, sondern bei der BAWAG PSK (Empfängerbank). Es werde daher nochmals die Aufhebung des Säumniszuschlages beantragt.
Daraufhin legte das Finanzamt dem Unabhängigen Finanzsenat die Berufung zur Entscheidung vor.
Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängig gewesenen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 211 Abs. 1 lit. d BAO gelten Abgaben im Fall der Überweisung auf das Postscheckkonto oder ein sonstiges Konto der empfangsberechtigen Kasse am Tag der Gutschrift als entrichtet.
Erfolgt in einem solchen Fall die Gutschrift zwar verspätet, aber noch innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der zur Entrichtung einer Abgabe zustehenden Frist, so hat die Verspätung ohne Rechtsfolgen zu bleiben; in den Lauf der dreitägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen (§ 211 Abs. 2 BAO).
Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe des § 217 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 2 BAO).
Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 entsteht nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung (§ 213) mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist (§ 217 Abs. 5 BAO).
Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt (§ 217 Abs. 7 BAO).
Die Gutschrift der auf das Konto des Finanzamtes bei der BAWAG PSK überwiesenen Beträge zur Entrichtung der gegenständlichen Abgaben erfolgte auf diesem Konto unbestritten erst am und damit nach Ablauf der dreitägigen Respirofrist des § 211 Abs. 2 BAO.
Aufgrund einer – wenn auch nur teilweise – verspäteten Entrichtung der am fällig gewesenen Lohnabgaben 12/2012 (mit Wirksamkeit wurde ein Restbetrag von 558,64 € überwiesen), lag im gegenständlichen Fall keine ausnahmsweise Säumnis im Sinne des § 217 Abs. 5 BAO vor.
Zu prüfen war daher noch, ob allenfalls die Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO zur Anwendung gelangen könnte.
Diese Bestimmung normiert einen Begünstigungstatbestand, wonach auf Antrag des Steuerpflichtigen von der Anlastung eines Säumniszuschlages ganz oder teilweise Abstand zu nehmen ist, wenn ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft. Ein derartiges Verfahren, das auf die Erlangung einer abgabenrechtlichen Begünstigung gerichtet ist, wird vom Antragsprinzip beherrscht. Dies bedeutet, dass der Grundsatz der strikten Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund tritt. Dieser hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (z.B. ; ; ; ; vgl. auch und zu § 212 BAO).
Der Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO kann auch in einer Berufung gegen den Säumniszuschlagsbescheid bzw. im Vorlageantrag gestellt werden und ist diesfalls in der Beschwerdeentscheidung zu berücksichtigen (Ritz, BAO, 5. Auflage, § 217 Tz 65 mwN).
Für die Beurteilung von Anbringen kommt es dabei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Judikaturnachweise bei Ritz, a.a.O., § 85 Tz 1) nicht auf die Bezeichnung von Schriftsätzen und die zufälligen verbalen Formen an, sondern auf den Inhalt, das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteienschrittes. Ist aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu erschließen, dass ihn seiner Ansicht nach aus den von ihm ins Treffen geführten Gründen an der Säumnis kein (grobes) Verschulden treffe, ist in der Beschwerdeentscheidung das Vorliegen der Voraussetzungen des § 217 Abs. 7 BAO zu prüfen (z.B. mwN).
Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, dass sie an der verspäteten Entrichtung der den Säumniszuschlägen zugrunde liegenden Abgaben kein Verschulden treffe, da sie die entsprechenden Zahlungen fristgerecht veranlasst, und ihre Bank die Überweisung rechtzeitig durchgeführt habe.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Geldschulden und damit auch Abgabenschulden Bringschulden sind (Ritz, a.a.O., § 211 Tz 2). Diese Bringschuld ist erst dann erfüllt, wenn dem Empfänger (Finanzamt) die Verfügungsmacht über den bezahlten Geldbetrag verschafft wurde (Stoll, BAO, 2228). Abgaben, die durch Überweisungsaufträge getilgt werden, gelten erst dann als entrichtet, wenn der Abgabenbetrag am Konto der empfangsberechtigten Kasse gutgeschrieben wird (§ 211 Abs. 1 lit. d BAO). Für die rechtzeitige Überweisung ist daher nach dieser Bestimmung in einer Weise Sorge zu tragen, dass der Abgabenbetrag am Fälligkeitstag dem Konto der Abgabengläubigers gutgeschrieben werden kann (Stoll, BAO, 2232). Da dies regelmäßig eine Veranlassung der Überweisung bereits vor dem Fälligkeitstermin voraussetzen würde, hat der Gesetzgeber in § 211 Abs. 2 BAO die oben zitierte Respirofrist normiert. Diese dient aber keineswegs der Einräumung einer weiteren Frist zur Abgabenentrichtung, sondern soll allein dem Umstand Rechnung tragen, dass die Bearbeitung von Banküberweisungen längere Zeit in Anspruch nehmen kann (Ritz, a.a.O., § 211 Tz 12; ; ; ebenso ).
Im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin die Entrichtung der Abgaben zwar mittels Überweisung bereits am mittels ELBA-Überweisung veranlasst, dabei aber als Durchführungsdatum nicht den , sondern erst den bestimmt. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus den vorgelegten ELBA-Ausdrucken und den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung. Sowohl damit als auch mit dem Hinweis auf "§ 42 Abs. 2" (richtig: § 42 Abs. 1) Zahlungsdienstegesetz verkennt die Beschwerdeführerin aber grundlegend Sinn und Zweck der Respirofrist des § 211 Abs. 2 BAO. Die Vorgangsweise der Beschwerdeführerin, diese Respirofrist als weitere Frist zur Abgabenentrichtung zu verwenden, und durch die Festlegung des Durchführungsdatums mit die Überweisungen erst am vorletzten Tag der Respirofrist von ihrer Bank durchführen zu lassen, stellt einen Missbrauch der Respirofrist und damit ein grobes Verschulden im Sinne des § 217 Abs. 7 BAO dar (vgl. ; ebenso ).
Da somit die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 217 Abs. 7 BAO nicht vorliegen, erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtmäßig und war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig, da der Verwaltungsgerichtshof in den zitierten Erkenntnissen bereits wiederholt festgestellt hat, dass durch die in § 211 Abs. 2 BAO normierte Respirofrist keine weitere Frist zur Abgabenentrichtung eingeräumt wird.
Linz, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.5100939.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at