Kein "großes" Pendlerpauschale, wenn die Fahrtstrecke von 14 km mit dem Massenbeförderungsmittel zwar dreimal so lange dauert wie mit dem Pkw, die Fahrtstrecke aber in rund einer Stunde bewältigt werden kann.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. R in der Beschwerdesache AB, St.Nr. 000/0000, Wohnadresse, gegen die Einkommensteuerbescheide 2008, 2009 und 2010 des Finanzamtes FA vom zu Recht erkannt:
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer (Bf) beantragte in den am beim zuständigen Finanzamt elektronisch eingereichten Erklärungen zur Arbeitnehmerveranlagung 2008, 2009 und 2010 jeweils ein Pendlerpauschale (KZ 718) in Höhe von 342 Euro.
Mit Ergänzungsersuchen vom forderte die Abgabenbehörde den Bf auf, zum Pendlerpauschale das Formular L 34 ausgefüllt und unterschrieben nachzureichen sowie die Dienstzeiten bekannt zu geben.
Die Einkommensteuerbescheide 2008, 2009 und 2010 datieren vom und ergingen ohne Berücksichtigung des Pendlerpauschales. Begründend wurde darauf verwiesen, dass die benötigten Unterlagen trotz Aufforderung nicht beigebracht worden seien.
Der Bf erhob gegen diese Bescheide fristgerecht als Berufungen zu wertende Einsprüche und ersuchte um Zuerkennung des beantragten großen Pendlerpauschales.
In der beigefügten Erklärung zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales gab er an, dass die kürzeste Strecke zwischen seiner Arbeitsstätte in Arbeitsadresse, und seiner Wohnung in Wohnadresse, 14 km betrage. Zu Arbeitsbeginn oder Arbeitsende sei die Fahrzeit bei Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels unzumutbar lang.
Mit Berufungsvorentscheidungen vom wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen. Für die Unzumutbarkeit der Benützung eines Massenbeförderungsmittels gelte: Die Benützung des Massenbeförderungsmittels sei jedenfalls zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel nicht mehr als 90 Minuten betrage. Die Benützung des Massenbeförderungsmittels sei jedenfalls unzumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 2,5 Stunden betrage. Betrage die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 90 Minuten, aber nicht mehr als 2,5 Stunden, sei die Benützung des Massenbeförderungsmittels zumutbar, wenn die Wegzeit für die einfache Wegstrecke mit dem Massenbeförderungsmittel höchstens dreimal so lange dauere wie die Fahrzeit mit dem Kfz (vgl. ; RV/0223-G/09; RV/0076-F/11). Gegenständlich seien die Voraussetzungen für die Gewährung des großen Pendlerpauschales nicht erfüllt.
Im fristgerechten – wiederum als Einspruch bezeichneten – Vorlageantrag wandte der Bf ein, dass er mit dem Massenbeförderungsmittel zur Arbeitsstelle mehr als 90 Minuten benötige, weshalb ihm das große Pendlerpauschale zustehe. Weiters sei die einfache Wegstrecke mehr als dreimal so lang wie bei der Fahrt mit dem eigenen Pkw. Darüber hinaus stünden bei den Haltestellen der Massenbeförderungsmittel keine Parkplätze für ein Dauerparken zur Verfügung.
Mit Schreiben vom wies die Abgabenbehörde den Bf darauf hin, dass in seiner Erklärung zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales die Adresse der Arbeitsstätte (vermutlich Arbeitsadresse?) fehle.
Wie seien die Arbeitszeiten in den Jahren 2008 bis 2010 geregelt gewesen? Um Vorlage des Arbeitsvertrages (Kopie) sowie etwaiger Arbeitszeitabrechnungen für die Jahre 2008 bis 2010 werde ersucht. Falls die Möglichkeit der Inanspruchnahme von gleitender Arbeitszeit bestanden habe, seien die Rahmenbedingungen für die Gleitzeit durch geeignete Unterlagen nachzuweisen.
Auf Grund der Durchrechnung mehrerer Varianten durch das Finanzamt erscheine die Aussage im Vorlageantrag, wonach die Fahrdauer mit dem Massenbeförderungsmittel mehr als 90 Minuten betrage, nicht nachvollziehbar. Die Wegzeiten (samt Anfahrt und Fußweg) dürften in mehreren Varianten jeweils unter 60 Minuten liegen. Auf das Vorhandensein von Parkplätzen an Haltestellen komme es nach der Rechtsprechung nicht an ( RV1039-L/09).
Mit Telefax vom gab der Bf an, dass er mit dem Pkw zur Arbeitsstätte ohne Stau 17 Minuten benötige, mit einem Massenbeförderungsmittel benötige er auf alle Fälle mehr als dreimal so lange. Als Kundendienstleister habe er kein geregeltes Arbeitsende, weil er sich nach den Kunden richten müsse. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln sei es daher sehr schwierig.
Der Bf fügte eine Arbeitsbestätigung seiner Arbeitgeberin, der Fa. C GmbH bei, wonach er seit als Angestellter – Leiter Reparatur und Service – im Unternehmen beschäftigt sei.
Ebenso vorgelegt wurden Zeitnachweislisten für die Monate Jänner 2009 bis Dezember 2010, denen die Beginn- und Endzeiten der einzelnen Arbeitstage zu entnehmen sind.
Mit Schreiben vom brachte die Richterin des Bundesfinanzgerichtes dem Bf die Gesetzesmaterialien (621 BlgNR XVII. GP, 75) zur "Unzumutbarkeit" im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zur Kenntnis und verwies darauf, dass sich aus den vorgelegten Zeitnachweislisten für die Jahre 2009 und 2010 (da solche für 2008 fehlten, werde von vergleichbaren Verhältnissen wie 2009 und 2010 ausgegangen) in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen ein überwiegender Arbeitsbeginn zwischen 7:00 Uhr und 8:00 Uhr und ein Arbeitsende, das überwiegend vor 18:00 Uhr gelegen sei, ergebe.
Bei optimaler Kombination zwischen Massenbeförderungsmittel und Pkw bzw. Fußweg führe keine der beiden nachstehend dargestellten Varianten zu einer Wegzeit von mehr als einer Stunde:
"Variante 1: Laut dem Routenplaner https://maps.google.at benötigen Sie für die Fahrt mit dem Pkw von Ihrer Wohnung bis zur Haltestelle D (2,8 km) 5 Minuten. Weiterfahrt mit dem Bus Nr. 101 (siehe Beilage 1). Da der früheste Bus um 6:49 Uhr abfährt und um 7:27 Uhr in E/Hafen ankommt, wird diese Verbindung nur dann möglich gewesen sein, wenn Arbeitsbeginn 7:30 Uhr oder später gewesen ist.
Laut genanntem Routenplaner benötigen Sie von den Haltestellen Industriezeile, Pummererstraße, Hafen und Paul-Hahn-Straße zu Fuß jeweils nur wenige Minuten zu Ihrer Arbeitsstätte.
Die Gesamtzeit beträgt weniger als 60 Minuten.
Variante 2: Bei früherem Arbeitsbeginn bietet sich an, mit dem Pkw von Ihrer Wohnung bis zur Haltestelle F bei E Jäger im Graben zu fahren (laut Routenplaner 3,6 km, Fahrzeit 6 Minuten) und ab da die öffentlichen Verkehrsmittel laut Beilagen 2 bis 4 zu benützen.
Auf Grund der beigefügten Fahrzeiten der öffentlichen Verkehrsmittel wird die Fahrzeit von 90 Minuten in keinem Fall überschritten."
Der Bf wurde ersucht, zu diesen Ermittlungsergebnissen Stellung zu nehmen.
Mit Eingabe vom führte er an, völlig normal einen Lohnsteuerausgleich mit Pendlerpauschale beantragt zu haben. Beim Pendlerpauschale "NEU" habe er mit dem Pendlerrechner im Internet das Pendlerpauschale berechnet und zugesprochen bekommen. Diesen Ausdruck habe er bereits an seinen Arbeitgeber weitergeleitet.
Der beigefügten "Erklärung zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuro ab " wurden als abgefragter Tag der und als Arbeitsbeginn 8:08 Uhr sowie als Arbeitsende 17:17 Uhr zu Grunde gelegt. Die kürzeste Strecke zwischen der Wohnung in Wohnadresse, und der Arbeitsstätte in Arbeitsadresse, wurde mit 9 km ausgewiesen.
Erwägungen
Eingangs ist festzuhalten, dass durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51/2012, ab das Bundesfinanzgericht an die Stelle des Unabhängigen Finanzsenates getreten ist.
Nach § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Nach dem wirksam werdende Erledigungen des Unabhängigen Finanzsenates gelten als Erledigungen des Bundesfinanzgerichtes.
Streit besteht im Wesentlichen darüber, ob dem Bf das so genannte "große" Pendlerpauschale für eine Fahrtstrecke von 2 km bis 20 km zusteht, weil die Fahrzeit bei Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels unzumutbar lang ist (laut Vorlageantrag vom beträgt die Fahrzeit einerseits mehr als 90 Minuten und andererseits mehr als dreimal so lang wie bei Benützung des Kfz).
Rechtliche Beurteilung:
Nach § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 idF BGBl. I 99/2007 sind Werbungskosten auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:
Lit. a) Diese Ausgaben sind bei einer einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bis 20 km grundsätzlich durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5) abgegolten.
Lit. b) Beträgt die einfache Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, die der Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend zurücklegt, mehr als 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, dann werden zusätzlich die dort angeführten Pauschbeträge berücksichtigt.
Lit. c) Ist dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden an Stelle der Pauschbeträge nach lit. b folgende Pauschbeträge berücksichtigt: Bei einer einfachen Fahrtstrecke von 2 km bis 20 km von bis 297 Euro jährlich und von bis 342 Euro jährlich.
Der Begriff der "Unzumutbarkeit" im Zusammenhang mit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist im Gesetz nicht definiert.
Den Gesetzesmaterialien zu § 16 Abs. 1 Z. 6 EStG 1988 (621 BlgNR XVII. GP, 75) ist diesbezüglich Folgendes zu entnehmen:
"Unzumutbar sind im Vergleich zu einem Kfz jedenfalls mehr als dreimal so lange Fahrzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit den Massebeförderungsmitteln als mit dem eigenen Kfz; im Nahbereich von 25 km ist die Benützung des Massenbeförderungsmittels entsprechend den Erfahrungswerten über die durchschnittliche Fahrdauer aber auch dann zumutbar, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt. Kann auf mehr als der halben Strecke ein Massenbeförderungsmittel benützt werden, dann ist die für die Zumutbarkeit maßgebliche Fahrtdauer aus der Gesamtfahrzeit (Kfz und Massenbeförderungsmittel) zu errechnen."
Im Falle der Zumutbarkeit der Benützung von Massenbeförderungsmitteln umfasst die Wegzeit die Zeit vom Verlassen der Wohnung bis zum Arbeitsbeginn oder vom Verlassen der Arbeitsstätte bis zur Ankunft in der Wohnung, also Gehzeit oder Anfahrtszeit zur Haltestelle des öffentlichen Verkehrsmittels, Fahrzeit mit dem öffentlichen Verkehrsmittel, Wartezeiten usw. Stehen verschiedene öffentliche Verkehrsmittel zur Verfügung, ist bei Ermittlung der Wegzeit immer von der Benützung des schnellsten öffentlichen Verkehrsmittels (zB Schnellzug statt Regionalzug, Eilzug statt Autobus) auszugehen. Darüber hinaus ist von einer optimalen Kombination zwischen Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel auszugehen ().
Im Falle des Bestehens einer gleitenden Arbeitszeit berechnet sich die Wegstrecke nach der optimal möglichen Anpassung von Arbeitsbeginn und Arbeitsende an die Ankunfts- bzw. Abfahrtszeit des Verkehrsmittels; dementsprechend bleiben damit zB Wartezeiten zwischen der Ankunft bei der Arbeitsstätte und dem Arbeitsbeginn unberücksichtigt.
Von "Unzumutbarkeit" der Benützung von Massenverkehrsmitteln ist somit – abgesehen von einer gegenständlich nicht vorgebrachten körperlichen Behinderung oder einer Krankheit, welche die Benützung eines Massenbeförderungsmittels unzumutbar machen - auszugehen
a) wenn zumindest auf dem halben Arbeitsweg ein Massenbeförderungsmittel überhaupt nicht oder nicht zur erforderlichen Zeit verkehrt (Unzumutbarkeit wegen tatsächlicher Unmöglichkeit; daraus ergibt sich aber auch, dass die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels auch dann zumutbar ist, wenn ein Teil der Wegstrecke zu Fuß oder mit dem eigenen Kfz zurückgelegt werden muss);
b) wenn die Wegzeit bei Benützung des Massenbeförderungsmittels hinsichtlich der Dauer nicht zumutbar ist (Unzumutbarkeit wegen langer Anfahrtszeit).
Unzumutbar sind im Vergleich zu einem Kfz jedenfalls mehr als dreimal so lange Fahrzeiten (unter Einschluss von Wartezeiten während der Fahrt bzw. bis zum Arbeitsbeginn) mit den Massenbeförderungsmitteln als mit dem eigenen Kfz. Im Nahbereich von 25 km ist nach den Gesetzesmaterialien aber insofern eine abweichende Betrachtung geboten, als die Benützung des Massenbeförderungsmittels generell zumutbar ist, wenn die Gesamtfahrzeit für die einfache Fahrtstrecke nicht mehr als 90 Minuten beträgt (so auch ; ; ).
Die ausdrückliche Nennung einer Zumutbarkeitsgrenze von 90 Minuten für den Nahbereich von 25 Kilometern dient der Vermeidung einer nicht gewollten, unsachlichen Bevorzugung von Entfernungen bis 25 Kilometern. Dies macht der Verweis auf die Erfahrungswerte über die durchschnittliche Fahrdauer deutlich. Ohne diese Klarstellung würde etwa bereits eine Fahrzeit von 35 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Vergleich zu einer Pkw-Fahrt von 10 Minuten einen Anspruch auf das "große" Pendlerpauschale vermitteln. Dass damit der Nahbereich in unsachlicher Weise bevorzugt wäre, liegt auf der Hand. Mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die Maßgeblichkeit der allgemein geltenden Zumutbarkeitsobergrenze von 90 Minuten auch im Nahbereich von 25 Kilometern wurde dieses Ergebnis vermieden (vgl. RV/0031-G/08).
In der Judikatur (; ) wurde zuletzt unter Hinweis auf die Literatur die Ansicht vertreten, dass diese Zumutbarkeitsgrenze für alle Dienstnehmer gleich und unabhängig von der zurückzulegenden Entfernung zu beurteilen sei.
Dieser Literatur (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Kommentar zum EStG13, § 16 Tz 107) ist die Meinung zu entnehmen, dass, wenn das Gesetz für die Wegzeit eine Zumutbarkeitsgrenze aufstelle, die Zumutbarkeit für jeden Dienstnehmer gleich ausgelegt werden müsse. Ob die Wegzeit zumutbar oder unzumutbar sei, sei nicht von der Entfernung, sondern alleine von der Zeit abhängig, und könne nicht für jeden Dienstnehmer neu definiert werden. Dem Gesetz sei daher eine einheitliche Zumutbarkeitsgrenze zu unterstellen. Hielten die Lohnsteuerrichtlinien bis 20 km eine Wegzeit von mehr als 90 Minuten für unzumutbar, dann müsse diese Grenze genauso ab 20 oder 40 km gelten.
Im Erkenntnis vom , 2006/15/0319, vertrat der Verwaltungsgerichtshof übereinstimmend mit der dargestellten Rechtslage die Auffassung, dass im dortigen Fall keine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vorlag, wenn eine Fahrtstrecke von rund 25 km mit dem Pkw in etwa 20 bis 30 Minuten und bei optimaler Kombination von Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel in etwa 70 bis 75 Minuten bewältigt werden konnte.
Bezogen auf den gegenständlichen Fall bedeuten diese Aussagen Folgendes:
In den in Streit stehenden Zeiträumen 2008 bis 2010 wohnte der Bf in Wohnadresse, und arbeitete bei der Fa. C GmbH in Arbeitsadresse.
Nach den vorgelegten Zeitnachweislisten begann der Bf in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen (Monaten) überwiegend zwischen 7:00 Uhr und 8:00 Uhr zu arbeiten, das Arbeitsende lag überwiegend vor 18:00 Uhr. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel war zu diesen Zeiten grundsätzlich möglich.
Laut Angaben des Bf (Formular L 34) beträgt die Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte 14 Straßenkilometer; der Bf benötigt dafür – ohne Stau – laut Eingabe vom etwa 17 Minuten. Als Kundendienstleister richtet sich seine Arbeitszeit im Wesentlichen nach den Kunden.
Die Routenplaner https://maps.google.at und www.viamichelin.at bestätigen die Angaben des Bf insoweit, als diese eine - mit dem Pkw zwischen Wohnsitz und Arbeitsstätte zurückzulegende - Strecke von 12,4 bzw. 13 km und eine Fahrzeit von 18 bzw. 21 Minuten ermittelten.
Bei Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel – eine optimale Kombination zwischen Massenbeförderungsmittel und Pkw bzw. Fußweg vorausgesetzt – ergaben sich bei den dem Bf zur Stellungnahme übermittelten Varianten Wegzeiten zwischen rund 50 und 60 Minuten.
Mangels Verfügbarkeit von in den streitgegenständlichen Jahren 2008 bis 2010 gültigen Fahrplänen wurden Abfragen der derzeit gültigen Fahrpläne der öffentlichen Verkehrsmittel getätigt.
Der Bf erhob gegen die ihm zur Kenntnis gebrachten Fahrmöglichkeiten und die dafür veranschlagten Zeiten keine Einwendungen.
Die Wegzeit war zwar in keinem Fall länger als 90 Minuten, doch bei Verwendung öffentlicher Verkehrsmittel etwa dreimal so lang wie bei Benützung des Pkw.
In den oa. Gesetzesmaterialien brachte der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass er für den Nahbereich von 25 km jedenfalls eine Fahrdauer bis 90 Minuten für zumutbar erachtete.
Dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund von Kundenbesuchen in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen (Monaten) überwiegend nicht möglich gewesen wäre, wandte der Bf zu Recht nicht ein und wurde derartiges auch durch die vorliegenden Zeitnachweislisten nicht bestätigt, denen nur an wenigen Tagen – meist bedingt durch Dienstreisen – ein Arbeitsende nach 18:00 Uhr zu entnehmen war.
Dem Einwand des Bf, als Kundendienstleister sein Arbeitsende nach den Kunden richten zu müssen, konnte daher mangels Überwiegens dieser Verhältnisse in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen keine Relevanz zukommen.
Auch sein Hinweis, dass bei den Haltestellen der Massenbeförderungsmittel keine Dauerparkplätze zur Verfügung stünden, vermag auf Grund nachstehender Überlegungen keine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zu begründen:
Der unbestimmte Rechtsbegriff der (Un)Zumutbarkeit ist in einer typisierenden Betrachtungsweise auszulegen, weil zum Einen auch die Gesetzesmaterialien (621 BlgNR XVII. GP, 75) ausschließlich auf die erforderliche Fahrdauer als objektivierten Unzumutbarkeitsmaßstab abstellen und zum Anderen die Berücksichtigung individueller Umstände nicht der Intention einer Pauschalregelung entspricht. Individuelle Besonderheiten wie beispielsweise fehlende öffentliche Parkplätze in der Nähe der Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel sind nicht tatbestandsrelevant im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 und daher unbeachtlich [so etwa (fehlende Parkplätze); (zusätzliche Parkplatz- oder Garagierungskosten); RV/0394-G/07 (mehrmaliges Umsteigen und daher Umständlichkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel); (Mitnahme von Gepäck)].
Im Hinblick auf die mit Telefax vom eingereichte "Erklärung zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuro ab " und den Hinweis des Bf, dass ihm ein Pendlerpauschale von 372 Euro jährlich zugestanden worden sei, ist darauf zu verweisen, dass zum Einen Medien öffentlichkeitswirksam von der Fehlerhaftigkeit des Pendlerrechners berichtet haben [beispielsweise www.kurier.at/chronik/oesterreich/pendlerrechner-geht-in-reparatur (Artikel vom ) oder http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/politik/3581615/neuer-pendlerrechner-realitaetsnaeher.story (Artikel ebenfalls vom )], und zum Anderen die ab geltende Rechtslage auch eine andere ist als in den beschwerdegegenständlichen Jahren.
Die Berechnungen des Pendlerrechners hätten beim Bf aber auch insofern Zweifel an dessen Richtigkeit aufkommen lassen müssen, als er selbst die kürzeste Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit 14 km angab, der Pendlerrechner aber eine deutlich kürzere Wegstrecke von nur 9 km ermittelte.
Auch für die Verwendung des Pendlerrechners gilt aber, dass alle Angaben, die der Steuerpflichtige zur Ermittlung der steuerlichen Begünstigung mit dem Pendlerrechner tätigt, wahrheitsgetreu und vor allem repräsentativ für den Kalendermonat sein müssen.
In den beschwerdegegenständlichen Zeiträumen lag – vom Bf unwidersprochen – die Gesamtfahrzeit bei optimaler Kombination von Massenbeförderungs- und Individualverkehrsmittel überwiegend in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen der Jahre 2008 bis 2010 bei 50 bis 60 Minuten und damit deutlich unter der allgemein gültigen Zumutbarkeitsgrenze von 90 Minuten.
Im Hinblick auf die dargestellte Rechtslage konnte daher von einer Unzumutbarkeit infolge langer Gesamtfahrzeit nicht ausgegangen werden und stand das beantragte "große" Pendlerpauschale für eine einfache Fahrtstrecke von 2 km bis 20 km demzufolge nicht zu.
Die Beschwerden waren daher als unbegründet abzuweisen.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.5100563.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at