Studienwechsel zählen nicht, wenn ein Studium im Ausland betrieben wird.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bw gegen den Bescheid des Finanzamt yy vom , betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für das Kind K1c für die Zeit ab Oktober 2013 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt hat mit Bescheid vom den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für die volljährige Tochter der Beschwerdeführerin für die Zeit ab Oktober 2013 unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 abgewiesen. Da die Tochter das Studium bereits öfter als zweimal gewechselt habe, bestehe auf Grund des § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Die dagegen eingebrachte Beschwerde wird wie folgt begründet.
"Mit diesem Schreiben erhebe ich Einspruch gegen den erhaltenen Bescheid, der besagte, dass mir für meine Tochter K1a keine Familienbeihilfe zustehen würde. Begründet wurde dies mit der Vollziehung des dritten Studienwechsels meiner Tochter. Ich möchte Sie jedoch hier auf die besonderen Umstände in diesem Fall aufmerksam machen. Im Sommer 2012 erkundigte sich K1, da sie einige Unsicherheiten mit der Wahl des geeigneten Studienfaches hatte, bei der Stipendienstelle y ob es möglich wäre ein oder auch mehrere Semester auszusetzen um eben jene Unsicherheiten auszuräumen. Die Angestellte besagter Behörde gab an, dass dies nicht möglich wäre, weshalb sich meine Tochter, um das Stipendium nicht zu verlieren, gezwungen sah für ein weiteres Studium zu immatrikulieren um den Anspruch auf Beihilfen nicht zu verlieren und somit den zweiten und damit letztmöglichen Studienwechsel zu vollziehen. Da Bekannte anmerkten, dass sie der Überzeugung waren ein Aussetzen des Studiums wäre bei Erhalt eines Stipendiums durchaus möglich, sah sich K1 ermutigt noch einmal bei besagter Stelle anzurufen und ihr Anliegen nochmals vorzubringen, worauf sie dieses mal eine völlig andere Auskunft erhielt, nämlich, dass es absolut kein Problem wäre zu pausieren. Aufgrund dieser Informationen Exmatrikulierte sie an der Universität y und begann am in Ort zu arbeiten. was ja wohl ausschließt, dass sie weiter in y studiert hat.
Ich bitte Sie aufgrund dieser besonderen Umstände den dritten Studienwechsel als nichtig zu betrachten, da dieser nur wegen falscher Informationen erfolgte und nicht in Anspruch genommen wurde, also für diese Zeit auch nie Beihilfen ausgezahlt wurden, und in Folge dessen die Familienbeihilfe für meine Tochter zu bewilligen."
Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Begründung:
"Ein günstiger Studienwechsel liegt nicht vor, wenn der Studierende das Studium öfter als zweimal gewechselt hat (§ 17 Abs. 1 Z 1 StudFG in der Fassung BGBI. I Nr. 47/2008).
Da bei Ihrer Tochter K1 mit Beginn des Studiums im WS 13/14 bereits der dritte Studienwechsel vorliegt, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe."
Der Vorlageantrag vom wird wie folgt begründet.
"Mit diesem Schreiben erhebe ich nun in zweiter Instanz Einspruch gegen den Bescheid, der besagte, dass mir für meine Tochter K1a keine Familienbeihilfe zustehen würde. In erster Instanz wurde der Einspruch beim Finanzamt Ort nach mehreren Monaten Bearbeitungsdauer und nach mehrmaliger telefonischer Nachfrage von einer Mitarbeiterin eben jener Behörde, die den Eindruck vermittelte zum ersten Mal einen Blick auf meinen Einspruch zu werfen, mit der Begründung abgelehnt, dass in diesem Fall die Gesetzeslage klar sei und keinerlei Spielraum biete, was bei mir die Frage aufwarf, warum es mehrere Monate Zeit brauchte, einen Einspruch zu bearbeiten, der anscheinend sowieso von Anfang an abzulehnen sei. Begründet wurde dies mit der Vollziehung des dritten Studienwechsels meiner Tochter. Ich möchte Sie jedoch hier auf die besonderen Umstände in diesem Fall aufmerksam machen. Im Sommer 2012 erkundigte sich K1, da sie einige Unsicherheiten mit der Wahl des geeigneten Studienfaches hatte, bei der Stipendienstelle y ob es möglich wäre ein oder auch mehrere Semester auszusetzen um eben jene Unsicherheiten auszuräumen. Die Angestellte besagter Behörde gab an, dass dies nicht möglich wäre, weshalb sich meine Tochter, um das Stipendium nicht zu verlieren, gezwungen sah für ein weiteres Studium zu immatrikulieren um den Anspruch auf Beihilfen nicht zu verlieren und somit den zweiten und damit letztmöglichen Studienwechsel zu vollziehen. Da Bekannte anmerkten, dass sie der Überzeugung waren ein Aussetzen des Studiums wäre bei Erhalt eines Stipendiums durchaus möglich, sah sich K1 ermutigt noch einmal bei besagter Stelle anzurufen und ihr Anliegen nochmals vorzubringen, worauf sie dieses mal eine völlig andere Auskunft erhielt, nämlich, dass es absolut kein Problem wäre zu pausieren. Aufgrund dieser Informationen Exmatrikulierte sie an der Universität y und begann am in Ort zu arbeiten, was ja wohl ausschließt, dass sie weiter in y studiert hat. Ich bitte Sie aufgrund dieser besonderen Umstände den dritten Studienwechsel als nichtig zu betrachten, da dieser nur wegen falscher Informationen erfolgte und nicht in Anspruch genommen wurde, also für diese Zeit auch nie Beihilfen ausgezahlt wurden, und in Folge dessen die Familienbeihilfe für meine Tochter zu bewilligen."
Das Bundesfinanzgericht geht von folgendem Sachverhalt aus.
Die Studierende war in nachstehenden Studienfächern gemeldet:
Bachelorstudium Germanistik
bis
Bachelorstudium Anglistik/Amerikanistik
bis
Bachelorstudium Geschichte
bis
Rechtswissenschaften (nicht gemeldet)
Lehramtsstudium
UF Deutsch
UF Geschichte, Sozialkunde, Politische Bildung
Lehramtsstudium
UF Deutsch
UF Englisch
Ab dem ist die Tochter der Beschwerdeführerin ordnungsgemäß an der Universität Passau immatrikuliert.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 gelten bei einem Studienwechsel die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf die Familienbeihilfe. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester.
§ 17 StudFG lautet wie folgt:
"(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.
(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind,
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,
4. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 3.
(3) Nicht als Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 1 und 2 gilt der Wechsel von der Studienrichtung Medizin zur Studienrichtung Zahnmedizin für Studierende, die die Studienrichtung Medizin vor dem Studienjahr 1998/99 aufgenommen haben und den Studienwechsel spätestens im Sommersemester 2001 vornehmen.
(4) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studien zurückgelegt haben. Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden."
Bei öfter als zweimaligen schädlichem Studienwechsel (§ 17 Abs. 1 Z 1) erlischt der Anspruch auf Familienbeihilfe bei Besuch einer in § 3 StudFG genannten Einrichtungen.
§ 17 Abs. 4 StudFG ist nicht anwendbar.
Jedoch kann bei Aufnahme eines Studiums im Ausland unabhängig von einem "schädlichen" Studienwechsel wieder Anspruch auf Familienbeihilfe bestehen (vgl. Wimmer, FLAG-Kommentar Csaszar/Lenneis/Wanke, § 2, Rz 108).
Im gegenständlichen Fall ist zu beachten, dass es sich bei der Universität Passau nicht um eine Einrichtung im Sinne des § 3 StudFG handelt, weshalb auch die Bestimmungen des
§ 17 StudFG nicht zur Anwendung gelangen.
Unabhängig davon, ob die Tochter der Beschwerdeführerin das Studium in Österreich öfter als zweimal gewechselt hat, besteht für das Studium an der Universität Passau bei Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen (u.a. einer Berufsausbildung nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967) ein Anspruch auf die Familienbeihilfe.
Von der Tochter der Beschwerdeführerin wurde eine Bescheinigung der Universität Passau vom über erbrachte Studien- und Prüfungsleistungen übermittelt. Daraus kann auf eine ernsthafte und zielstrebige Berufsausbildung ab Oktober 2013 geschlossen werden
(15 ECTS-Punkte im Wintersemester 2013/14).
Somit liegen die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe für die Zeit ab Oktober 2013 vor.
Gegen dieses Erkenntnis ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG abhing.
Linz, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.5100835.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at