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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 26.09.2014, RV/7101897/2014

Unzulässige Beschwerdevorlage ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung (BVE)

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/7101897/2014-RS1
wie RV/2100880/2014-RS1
Legt ein Finanzamt dem BFG eine Bescheidbeschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung vor, obwohl ein Antrag gemäß §262 Abs.2 lit.a BAO nicht gestellt wurde und auch die Voraussetzungen gemäß § 262 Abs.3 und 4 BAO nicht gegeben sind, hat das BFG die Vorlage des Finanzamtes mit Beschluss gemäß § 260 Abs.1 lit.a BAO iVm § 278 Abs.1 lit.a BAO als unzulässig zurückzuweisen.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache Bf., Adresse1, 1xxx Wien gegen den Bescheid des Finanzamt Wien 4/5/10 vom betreffend Zurückgenommenerklärung der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 gemäß § 85 Abs. 2 BAO beschlossen:

 

Die mit Bericht vom erfolgte Vorlage der Beschwerde vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO iVm § 278 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht wird eingestellt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde vom gegen den Bescheid betreffend Zurückgenommenerklärung einer Berufung gemäß § 85 Abs. 2 BAO vom ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung dem Bundesfinanzgericht vorgelegt. Dieser Beschwerdevorlage lag der nachstehend bezeichnete Sachverhalt zu Grunde:

Im Zuge der Veranlagung des Bf. zur Einkommensteuer 2012 wich das Finanzamt mit Bescheid vom von der eingereichten Erklärung u.a. insoweit ab, als von den geltend gemachten Begräbniskosten iHv EUR 7.528,62 nur ein Teilbetrag in Höhe von EUR 2.481,44 steuerwirksam berücksichtigt und ein Selbstbehalt iHv EUR 1.629,70 abgezogen wurde.

Gegen den Einkommensteuerbescheid 2012 vom wurde mit Eingabe vom berufen und eine nachträgliche Berücksichtigung der beantragten Begräbniskosten als außergewöhnliche Belastung beantragt. Der Berufungsschriftsatz vom ist mit einem Textverarbeitungsprogramm verfasst und weist keine Unterschrift des Bf. auf.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom wurde dem Bf. aufgetragen, die fehlende Unterschrift bis längstens nachzureichen.

Mit dem nunmehr hier angefochtenen Bescheid vom wurde die Berufung gemäß § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen erklärt, da der Mängelbehebungsauftrag bis dato nicht beantwortet worden sei.

Gegen den Bescheid betreffend Zurückgenommenerklärung einer Berufung vom wurde mit Eingabe vom im Wege des Finanzonline berufen und geltend gemacht, dass der Bf. die Ergänzung seiner Einschreibung mit zur Post gegeben habe. Diese Berufungseingabe vom enthält fälschlicherweise den irreführenden Hinweis "Vorlageantrag gemäß § 276 (2) BAO", ohne tatsächlich ein solcher zu sein.

Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.

Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat nach § 262 Abs. 2 BAO zu unterbleiben,

a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und

b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.

Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist nach § 262 Abs. 3 BAO keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.

Weiters ist gemäß § 262 Abs. 4 BAO keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, wenn der Bundesminister für Finanzen den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

In der Beschwerde vom gegen den Bescheid betreffend Zurückgenommenerklärung einer Berufung gemäß § 85 Abs. 2 BAO wurde ein Antrag, dass die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung unterbleiben soll, nicht gestellt. Die in § 262 Abs. 3 und 4 BAO genannten Fälle, in denen keine Verpflichtung des Finanzamtes zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung besteht, liegen ebenfalls nicht vor. Das Finanzamt wäre daher gemäß § 262 Abs. 1 BAO verpflichtet gewesen, eine Beschwerdevorentscheidung (BVE) zu erlassen. Die (direkte) Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht war damit nicht (mehr) zulässig.

Gemäß § 260 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) oder mit Beschluss (§ 278 BAO) zurückzuweisen, wenn sie

a) nicht zulässig ist oder
b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Diese Bestimmung gilt auch für andere Anbringen einer Partei wie Maßnahmenbeschwerden (§ 283 Abs. 7 lit. c BAO), Säumnisbeschwerden (§ 284 Abs. 7 lit. b BAO) oder Vorlageanträge (§ 264 Abs. 4 lit. e BAO).

Der Vorlagebericht der Abgabenbehörde ist ein Anbringen (§ 85 BAO), das die Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichtes über die Bescheidbeschwerde auslöst (s. Fischerlehner, Abgabenverfahren [2013], § 265 BAO, Anm. 1). Ist ein Anbringen nicht zulässig, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für die Stellung dieses Anbringens nicht erfüllt sind, ist es gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes als unzulässig zurückzuweisen.

Im vorliegenden Fall wurde die Bescheidbeschwerde vom gegen den Bescheid betreffend Zurückgenommenerklärung einer Berufung gemäß § 85 Abs. 2 BAO ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung an das Bundesfinanzgericht vorgelegt. Die Vorlage dieser Beschwerde mit Vorlagebericht vom war somit nicht zulässig im Sinne des § 260 Abs. 1 lit. a BAO und ist daher mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes (§ 278 Abs. 1 lit. a BAO) zurückzuweisen.

Zulässigkeit einer Revision:

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG sind auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen sinngemäß anzuwenden.

Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist im vorliegenden Fall zulässig, weil die Rechtsfrage, ob das Bundesfinanzgericht die Vorlage eines Finanzamtes gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen hat, wenn das Finanzamt die Bescheidbeschwerde ohne Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung an das Bundesfinanzgericht vorlegt, obwohl ein entsprechender Antrag gemäß § 262 Abs. 2 lit. a BAO nicht gestellt wurde, vom Verwaltungsgerichtshof bisher noch nicht entschieden wurde.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 262 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
unzulässige Direktvorlage
fehlende Beschwerdevorentscheidung (BVE)
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7101897.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at