Beschwerde gegen Vollstreckungsbescheid gem. § 230 Abs. 7 BAO
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R über die Beschwerde der Fa. A , in B , C , vertreten durch Rechtsanwalt D , E , F , vom , gegen den Vollstreckungsbescheid des Finanzamtes Salzburg-Stadt vom , gemäß § 230 Abs. 7 Bundesabgabenordnung (BAO) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Ausspruchs zur Durchbrechung der mit Erlassung der Bescheide vom zuerkannten Nachfrist aufgehoben.
Im Übrigen (bezüglich außer Kraft setzen der bewilligten Zahlungserleichterung) abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid (Vollstreckungsbescheid) vom (zugestellt am ) wurde aufgrund der Annahme der Gefährdung der Einbringlichkeit von Abgaben gegenüber der Beschwerdeführerin (Bf) der Fa. A in Höhe von € 278.769,47 zur Durchbrechung eines Zahlungsaufschubes (bewilligt am und der bestehenden Nach bzw. Zahlungsfrist (aufgrund der am erlassenen Bescheide betreffend lohnabhängiger Abgaben) gemäß § 230 Abs. 7 BAO das Vollstreckungsverfahren eingeleitet.
In der Begründung wurde zum Sachverhalt auf durchgeführte Kontrollen der Finanzpolizei und eine gemeinsame Prüfung lohnabhängiger Abgaben durch die Salzburger Gebietskrankenkasse hingewiesen, wonach für auf Baustellen festgestellte Beschäftigte die österreichischen sozialversicherungsrechtlichen Rechtsvorschriften gelten, sodass diese Personen in Österreich zur Sozialversicherung anzumelden und die anfallenden Lohnabgaben (L, DB, DZ) für die Jahre 2008-2010 einzubehalten gewesen wären. Dies wurde aufgrund von unzulässigen Entsendungen (Dreiecksentsendungen) von Arteitern aus Osteuropa festgestellt, die weder einen Wohnsitz im entsendenden Land hatten, noch deren Staatsbürger waren und denen die Firma die sie entsendete kein Begriff bzw. teilweise gänzlich unbekannt war (siehe dazu Niederschriften mit Arbeitern). Demnach ist auch von einer zu Unrecht erfolgten Ausstellung der entsprechenden Formulare, welche aufgrund der für die Entsendung zugrunde liegenden Verordnungen zu erstellen sind, auszugehen.
Bezüglich. des weiteren Vorbringens zum Abgabenverfahren wird auf die Darstellung in Begründung verwiesen.
Zur Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben wurde auf einen am eingereichten Jahresabschluss verwiesen, wonach längerfristig verfügbare Vermögenswerte nicht bestünden. Ausgewiesenen Forderungen in Höhe von rd.
€ 1,164849 stehen Verbindlichkeiten aus der abgeschlossen Prüfung der Gebietskrankenkasse in Höhe von rd. € 1,2 Mio. gegenüber. Die zum Stichtag ausgewiesenen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von etwa € 480.000,-- könnten die Annahme der Gefährdung der Einbringen der bezeichneten Abgaben nicht hintanhalten, da Kundenforderungen einerseits kurzfristig disponierbar, andererseits die abgabepflichtige Gesellschaft im Zahlungserleichterungsansuchen vom selbst vorbringt, den aktuellen Rückstand in Höhe von damals (nur) Euro 38.320,19 auf Grund der anhängigen Prüfung der SGKK und des Einbehaltes von 20% der Auftragssummen nicht auf einmal bezahlen zu können.
Weiters wurde aufgrund der dargestellten Malversationen bzw. Feststellungen auf den dringenden Verdacht einer gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung und durch unrechtes Ausstellen von E101 bzw. A1 Formularen auf das Vorliegen schwerwiegender Aufzeichnungsmängel geschlossen.
Auf das weitere Vorbringen, insbesondere die Ausführungen betreffend Ermessensentscheidung wird verwiesen.
Dagegen richtet sich (neben anderen Berufungen, insbesondere gegen die Abgabenbescheide) die mit Schriftsatz vom durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung (welche aufgrund des Zuständigkeitsübergangs als Beschwerde zu werten ist).
In der Begründung wird bemängelt, dass der bekämpfte Vollstreckungsbescheid sich in einer Kopie des Sicherstellungsauftrages erschöpfe.
Die Sachverhaltsdarstellung könne keine Heilung der mangelhaften Begründung der ursprünglichen Haftungsbescheide bewirken. Weiters werde der Vorwurf einer vorsätzlichen Verkürzung der Abgaben eben so bekämpft wie der Vorwurf von Aufzeichnungsmängeln.
Grundlegend bleibe auch unerfindlich wieso ein Vollstreckungsbescheid erlassen wird, wenn die Behörde ohne dies bereits einen Sicherstellungauftrag erlassen habe.
Hinsichtlich der Haftungsbescheide (erg. Bescheide betreffend lohnabhängige Abgab) sei die Frist zur Berufung noch offen, sodass vordergründig eine Vollstreckung unzulässig erscheint.
Ob sich der Vollstreckungsbescheid ausschließlich auf die mit Bescheid vom bewilligte Zahlungserleichterung beziehe, sei dem Bescheid nicht klar zu entnehmen.
Auf das weitere Vorbringen betreffend anhängiger Verfahren vor dem UVS bzw. Einstellung eines Strafverfahrens nach dem AVG usw. durch den UVS wird verwiesen.
Letztlich wurde im Zuge dieser Berufung auch die Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO beantragt.
Diese Berufung wurde seitens des Finanzamtes ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung dem UFS-Salzburg vorgelegt, wobei aufgrund des Übergangs der Rechtssache auf das Bundesfinanzgericht nunmehr dieses zuständig ist.
Aus dem Akteninhalt werden noch folgende Feststellungen getroffen:
In der Berufung wurden keine Einwendungen bezüglich der Feststellungen des Finanzamtes zu den wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht.
Die Wirkung des gegenständlichen Vollstreckungsbescheides (zugestellt am ) wurde mit Stellung des Aussetzungsantrages (§ 212a BAO) vom beendet, da mit diesem Antrag gem. § 230 Abs. 6 BAO die Einbringung gehemmt wurde.
In der Zeit vom 9. August bis (bzw. ; einlangen) wurden keine Vollstreckungsmaßnahmen aufgrund des Vollstreckungsbescheides bzw. des Sicherstellungauftrages (welcher mit Berufungsvorentscheidung vom wiederum behoben wurde) durchgeführt.
Die Niederschrift über die Schlussbesprechung über die Prüfung der Salzburger Gebietskrankenkasse (SGKK) mit einem Mehrergebnis von mehr als € 1,2 Mil. erfolgte am .
Rechtslage und Erwägungen
§ 230 Abs. 7 BAO lautet:
Kommen während der Zeit, in der gemäß Abs. 1 bis 6 Einbringungsmaßnahmen nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden dürfen, Umstände hervor, die die Einbringung einer Abgabe gefährden oder zu erschweren drohen, so dürfen Einbringungsmaßnahmen durchgeführt werden, wenn spätestens bei Vornahme der Vollstreckungshandlungen ein Bescheid zugestellt wird, der die Gründe der Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung anzugeben hat (Vollstreckungsbescheid). Mit der Zustellung dieses Bescheides treten bewilligte Zahlungserleichterungen außer Kraft.
Zur teilweisen Stattgabe (Faktum der Hemmung aufgrund der zugestandenen Nachfrist im Zuge der Bescheiderlassungen vom ) ist ausgehend vom Gesetzestext darauf zu verweisen, dass Umstände, die die Einbringung zu gefährden oder zu erschweren drohen in der Zeit der Hemmung (somit vom 19. Juli bis ) neu hervorkommen müssen, dh. der Behörde erstmals bekannt werden müssen (siehe dazu Kommentar zur BAO Ritz, § 230 Abs. 7 Tz 13, bzw. ).
Die Behörde hat keine Ausführungen dazu gemacht, welche relevanten Umstände ihr im Hemmungszeitraum (19.7. bis ) erstmals bekannt geworden sind. Wenn die Behörde einen am eingereichten Jahresabschluss bzw. und das am eingereichte Ansuchen um Zahlungserleichterung anführt, ist klar, dass diese Umstände bereits vor dem bekannt waren.
Bezüglich des Ergebnisses der Prüfung der SGKK ist aufgrund des Prüfungsabschlusses am ebenfalls von einer Kenntnis der Behörde vor dem Hemmungszeitraum auszugehen.
Da sich das Finanzamt bezüglich der wesentlichen Erschwerungs - und Gefährdungsmomente überwiegend auf bereits bekannte Umstände bezog, die im Sinne des § 230 Abs. 7 BAO nicht neu hervorgekommen sind, war der Berufung diesbezüglich Folge zu geben.
Im Übrigen kommt der Berufung jedoch keine Berechtigung zu.
Der Bf ist zunächst entgegenzuhalten, dass eine Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung aus den gleichen Gründen angenommen werden kann, wie sie zur Erlassung eines Sicherstellungsauftrages erforderlich sind (siehe Kommentar zur BAO Ritz, zu § 230 Abs. 7, Rz 13). Ebenfalls wurde im angefochtenen Bescheid klar gestellt, dass der Vollstreckungsbescheid einerseits das bewilligte Zahlungserleichterungsansuchen, andererseits die mit Bescheiden vom zuerkannte Nach – bzw. Zahlungsfrist durchbrechen soll.
Die Erlassung eines Vollstreckungsbescheides ist ab Eintritt der Vollstreckbarkeit und nachfolgender Hemmung der Einbringung (§ 230 Abs.1-6 BAO) daher auch im gegenständlichen Fall zulässig( der Sicherstellungsauftrag wurde ohnedies wieder aufgehoben).
Auch können Einwendungen gegen die Abgabenvorschreibung bzw. auch Hinweise auf eine relevante Rechtsprechung des UVS nicht mit Erfolg vorgebracht werden, da die Richtigkeit der Abgaben Festsetzung im Vollstreckungsverfahren nicht zu prüfen ist.
Wenn daher im Zeitraum der Hemmung (vom 9. Mai Bis ) aufgrund der bewilligten Zahlungserleichterung für einen Abgabenrückstand in Höhe von rd. € 38.000,-- (der nicht auf einmal bezahlt werden könnte) Nachforderungen aufgrund einer Prüfung der SGKK in Höhe von rd. € 1,2 Mio. und rd.
€ 268.000,-- (lohnabhängige Abgaben) neu hervorkamen, durfte sehr wohl von ein Gefährdung der Einbringungen ausgegangen werden (siehe dazu auch ,0244). Gegen diese Feststellungen zu den wirtschaftliche Verhältnissen wurden seitens der Bf keine Einwendungen erhoben.
Zur Annahme des Verdachtes eines Finanzvergehens (der Verantwortlichen der Bf) unter Zugrundelegung von Aufzeichnungsmängeln ist auf den dargestellten Sachverhalt betreffend unzulässiger Entsendungen von Arbeitern (Dreiecksentsendungen) zu verweisen. Dieser Sachverhalt ergibt sich bereits aus der Niederschrift über die Schlussbesprechung der zugrunde liegenden Prüfung vom .
Da die Erlassung eines Vollstreckungsbescheides eine Sofortmaßnahme darstellt, sind lediglich die objektiven Voraussetzungen zur Erlassung desselben zu prüfen, welche im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides vorliegen müssen (bzw. neu hervorgekommen sein müssen). Die Wahrung des Parteiengehörs tritt dabei in den Hintergrund. Zudem hat die Bf selbst in der Berufung keine Stellung (ebenso wie zu den wirtschaftlichen Verhältnissen) bezogen.
Die Durchbrechung der Hemmung welche durch das bewilligte Zahlungserleichterungsansuchen bestanden hat, ist daher zu Recht erfolgt (siehe auch letzter Satz des § 230 Abs. 7 BAO).
Letztlich ist aber darauf hinzuweisen, dass aufgrund des Vollstreckungsbescheides bis zu seiner Hemmung aufgrund des Aussetzungsantrages (§ 212a BAO), somit vom bis 17. August bzw. , keine Vollstreckungsmaßnahmen gesetzt wurden, sodass dieser letztlich nicht wirksam geworden ist und die Bf somit nicht beschwert ist.
Die Revisionen sind nicht zulässig, weil sie nicht von der Lösung von Rechtsfragen abhängt (Die Rechtsfolgen ergeben aus dem Gesetz bzw. werden durch die zitierte Rechtsprechung des VwGH bestätigt), denen grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Salzburg-Aigen, am
Gerichtsabteilung 7008
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 230 Abs. 7 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 230 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.6100074.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at