§ 28 BewG - Maßgebend ist Beschaffenheit eines Gebäudes, nicht der Verwendungszweck
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.a Cornelia Pretis-Pösinger in der Beschwerdesache Bf., S vertreten durch Confida Wirtschaftstreuhandgesellschaft m.b.H und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Klagenfurter Straße 32a, 9300 St. Veit an der Glan, gegen den Bescheid des FA St. Veit Wolfsberg vom , betreffend Feststellung zum (Art- und Zurechnungsfortschreibung § 21 Abs. 1 Z. 2 und 4 BewG) für den Grundbesitz Betriebsgrundstück bewertet als Geschäftsgrundstück, KG 1 u.a. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1. Akteninhalt:
Aufgrund des Schenkungsvertrages vom wurde in der 2 , Volksschule 1 F , die Einverleibung des Eigentumsrechtes für die BF . mit Beschluss des BG vom bewilligt.
Bei dem Objekt handelt es sich um die Volksschule 1 in F .
Das Finanzamt übermittelte der Bf. die Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes bebauter Grundstücke zum Stichtag .
Das Finanzamt erließ aufgrund der Angaben der Bf. den Zurechnungs- und Artfortschreibungsbescheid ab dem . Es erfolgte die Feststellung des Grundbesitzes als Betriebsgrundstück bewertet als Geschäftsgrundstück mit einem Einheitswert von 456.800 € (erhöht 616.600 €). Begründet wurde der Bescheid damit, dass die Feststellung wegen der Änderung in der steuerlichen Zurechnung erforderlich gewesen sei. Die Ermittlung des Gebäudewertes sei aufgrund der mitgeteilten Daten erfolgt.
Am berief die Bf. gegen den Feststellungsbescheid. Die Bf. spricht sich gegen die Bewertung als Betriebsgrundstück bewertet als Geschäftsgrundstück aus. Dies sei unrichtig, weil es sich nach § 28 BewG um ein Grundstück (Schule) handle, das im öffentlichen Interesse liege und daher entsprechend nach § 28 BewG zu bewerten sei. Es werde beantragt den Bescheid aus dem Rechtsbestand zu nehmen und die Bewertung nach § 28 BewG als Grundbesitz dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse liege, vorzunehmen.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom ab. Begründend wurde auf § 28 BewG verwiesen. Bei einer Schule handle es sich nicht um ein Gebäude, welches eine Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft habe, sondern um ein Gebäude, welches eine Bedeutung für den Unterricht und die Erziehung habe. Als solches sei das Gebäude nicht nach den Grundsätzen des § 28 BewG zu bewerten.
Die Bf. beantragte am die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Im Einzelnen führte sie nach Zitierung des § 28 BewG aus:
"Erläuterungen, wann Grundbesitz vorliegt, dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt, sind dem Gesetz nicht zu entnehmen. Auch dem Kommentar (Twaroch/Wittmann/Frühwald) ist keine nähere Beschreibung oder Erläuterung zu entnehmen, wann Grundbesitz vorliegt, dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt. Der Kommentar weist lediglich auf 2 Erkenntnisse hin, die bei der Interpretation Anhaltspunkte geben:
VwGH-Erkenntnis vom , Zl. 1224/59: Nach diesem Erkenntnis beweist die Tatsache, dass ein Gebäude unter Denkmalschutz steht, zwar nicht in jedem Falle, das seine Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt, doch stellt sie einen wesentlichen Hinweis auf die Bedeutung des Gebäudes dar. Steht ein Gebäude nicht unter Denkmalschutz, dann obliegt es der Partei darzutun, aus welchen Gründen sie der Meinung ist, dass die Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist.
VwGH-Erkenntnis vom , Zl. 1551/61: Hier wird dargetan, dass es bei Anwendung des § 28 nicht auf den Verwendungszweck des Gebäudes sondern auf seine Beschaffenheit ankommt. Demnach kann die Benutzung eines Gebäudes für kulturelle Zwecke nicht zu einer Begünstigung gemäß § 28 führen, es ist vielmehr erforderlich, dass das Gebäudes selbst kulturell wertvolle Merkmale aufweist, etwa dass es stilvoll erbaut ist oder als historische Gedenkstätte von Bedeutung ist.
Nach dem a.a.O. angeführten Kommentar zur § 28 BewG ist für die Anwendung des § 28 wesentlich, dass durch die Erhaltung des kulturell bedeutsamen Steuergegenstandes Lasten auferlegt sind, die die Einnahmen und sonstigen Vorteile übersteigen. Dies wird in der Regel bei Objekten der Fall sein, die musealen Zwecken dienen, kaum jedoch bei Wohnobjekten, die einen Mietertrag abwerfen.
Nach unserer Auffassung ist es nicht zweifelhaft, dass eine Schule als kulturell bedeutsamer Gegenstand (iSd Kultur der Menschheitsgeschichte) anzusehen ist, d.h. als wesentlicher Teil der menschlichen Kultur von Bedeutung und somit deren Erhalt als im öffentlichen Interesse gelegen anzusehen ist. Wir sind daher der Ansicht, dass § 28 BewG anwendbar ist.
Es wird die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung sowie die Entscheidung über die Berufung durch den gesamten Berufungssenat beantragt.
2. Rechtsvorschriften:
Gemäß § 21 Abs. 1 Bewertungsgesetz wird der Einheitswert neu festgestellt,
....
2. wenn die Art des Bewertungsgegenstandes von der zuletzt im Einheitswertbescheid festgestellten Art abweicht (Artfortschreibung).
(4) Allen Fortschreibungen einschließlich der Fortschreibungen auf Grund einer Änderung der steuerlichen Zurechnung des Bewertungsgegenstandes (Zurechnungsfortschreibung) sind die Verhältnisse bei Beginn des Kalenderjahres zugrunde zu legen, das auf die Änderung folgt (Fortschreibungszeitpunkt). Die Vorschriften im § 65 über die Zugrundelegung eines anderen Zeitpunktes bleiben unberührt.
§ 193 Bundesabgabenordnung besagt:
Wenn die Voraussetzungen für eine Wert-, Art- oder Zurechnungsfortschreibung nach bewertungsrechtlichen Vorschriften vorliegen, so ist in den Fällen einer beantragten Fortschreibung auf den sich aus der Anwendung des Abs. 2 ergebenden Zeitpunkt, in den Fällen einer amtswegigen Fortschreibung auf den 1. Jänner des Jahres, an dem die Voraussetzungen für eine Fortschreibung erstmals vorliegen, ein Fortschreibungsbescheid zu erlassen. Dadurch tritt der dem Fortschreibungsbescheid zugrunde liegende Bescheid über den Einheitswert einer wirtschaftlichen Einheit (Untereinheit) mit Wirkung ab dem Fortschreibungszeitpunkt insoweit außer Kraft, als der Fortschreibungsbescheid von dem zugrunde liegenden Bescheid in seiner zuletzt maßgeblichen Fassung abweicht.
§ 28 BewG: Einheitswerte für Grundbesitz, dessen Erhaltung wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt, insbesondere unter Denkmalschutz stehende Gebäude, sind mit 30 v.H. des an sich maßgebenden Wertes festzustellen, wenn die durchschnittlichen Erhaltungskosten die erzielten Einnahmen und sonstigen Vorteile übersteigen.
§ 59 Abs. 1 BewG: Einen gewerblichen Betrieb bilden insbesondere alle Wirtschaftsgüter, die den folgenden Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen gehören, wenn diese ihre Geschäftsleitung oder Sitz im Inland haben:
1. Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung),
….
§ 60 Abs. 1 BewG: Betriebsgrundstücke im Sinne dieses Bundesgesetzes ist der zu einem gewerblichen Betrieb gehörige Grundbesitz, soweit er, losgelöst von seiner Zugehörigkeit zu dem gewerblichen Betrieb,
1. zum Grundvermögen gehören würde oder
2. einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bilden würde.
(2) Dient das Grundstück, das losgelöst von dem gewerblichen Betrieb, zum Grundvermögen gehören würde, zu mehr als der Hälfte seines Wertes dem gewerblichen Betrieb, so gilt das ganze Grundstück als Teil des gewerblichen Betriebes und als Betriebsgrundstück. Dient das Grundstück nur zur Hälfte seines Wertes oder zu einem geringeren Teil dem gewerblichen Betrieb, so gehört das ganze Grundstück zum Grundvermögen. Abweichend von den Sätzen 1 und 2 gehört der Grundbesitz der im § 59 Abs. 1 bezeichneten inländischen Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen stets zu den Betriebsgrundstücken.
§ 54 Abs. 1 Z 2 BewG: Geschäftsgrundstück: Als Geschäftsgrundstücke gelten solche Grundstücke, die zu mehr als 80 von Hundert unmittelbar eigenen oder fremden gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dienen.
3. Als erwiesen angenommener Sachverhalt:
Schenkungsvertrag zwischen SF (Geschenkgeberin) und der Fe. (Geschenknehmerin) über die Liegenschaft 2. Volksschule x
Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes bebauter Grundstücke zum Stichtag .
Feststellungsbescheid zum vom .
Berufung vom .
Berufungsvorentscheidung vom .
Vorlageantrag vom .
Zurückziehung des Antrages auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat mit Schreiben vom .
4. Rechtliche Würdigung:
Die Volksschule 1 in F wurde der BF am mittels Schenkungsvertrag übertragen. Zuvor war die Liegenschaft als gemischtgenutztes Grundstück im Grundvermögen erfasst. Nunmehr wird der Grundbesitz als Betriebsgrundstück bewertet als Geschäftsgrundstück bewertet.
Dies entspricht dem Gesetz, da durch die Schenkung an die Bf. gemäß § 59 BewG sämtliche Wirtschaftsgüter die einer GmbH gehören, einen gewerblichen Betrieb bilden und als Betriebsvermögen zu erfassen sind. Die Liegenschaft ist der Grundstückshauptgruppe Geschäftsgrundstück zuzuzordnen, da sie zu mehr als 80 von Hundert öffentlichen Zwecken dient.
Strittig ist die Frage der Anwendung des § 28 BewG.
Die Begünstigungsvorschrift des § 28 BewG ist nach dem VwGH eng auszulegen.
Die Bf. bringt vor, dass § 28 BewG anzuwenden sei, weil es sich um ein Grundstück (Schule) handle, das im öffentlichen Interesse liege .
§ 28 BewG schränkt die Begünstigung insoweit ein, als dieser nur anzuwenden ist, wenn die Erhaltung des Grundbesitzes wegen der Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt. Dazu kommt noch , dass die durchschnittlichen Erhaltungskosten die erzielten Einnahmen und sonstigen Vorteile zu übersteigen haben. Dazu zählen vor allem Burgen, Schlösser, alte Bauwerke, deren Erhaltung wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse gelegen ist.
Nach leg. cit. kommt es nicht auf die Bedeutung des Verwendungszweckes sondern auf die Bedeutung des Gebäudes selbst für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft an. Das Gebäude muss so beschaffen sein, dass seine Erhaltung wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt. Dem Gesetzgeber schwebt hier der Gedanke vor, dass es unbillig wäre, die im öffentlichen Interesse liegende Leistung für die Erhaltung derartiger Gebäude nicht entsprechend zu berücksichtigen, wenn die durchschnittlichen Erhaltungskosten die erzielten Einnahmen und sonstigen Vorteile übersteigen. Eine Begünstigung für Grundbesitz, der im Hinblick auf seine Verwendung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft bedeutsam ist, ist dagegen in § 28 BewG nicht ausgesprochen worden.
Auch die rechtsgeschichtlichen Grundlagen sprechen für diese Auslegung. § 28 BewG 1955 geht auf § 74 Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz 1934 (VO vom 2. Febraur 1935, DRGBl. I S 2271) zurück. Diese Bestimmung, die allerdings nur für die Vermögensteuer Bedeutung hatte, enthielt auch in einem weiteren Absatz eine in das derzeit geltende Bewertungsgesetz nicht mehr übernommene, ganz ausdrücklich auf den Verwendungszweck von Wirtschaftsgütern abgestellte Regelung.
Die Bf. ist der Ansicht, dass es nicht zweifelhaft sei, dass eine Schule als "kulturell bedeutsamer Gegenstand (iS Kultur der Menscheitsgeschichte)" anzusehen sei, dh als wesentlicher Teil der menschlichen Kultur von Bedeutung und somit deren Erhalt als im öffentlichen Interesse anzusehen sei.
Dies rechtfertigt nach leg. cit. aber keineswegs die Anwendung der Begünstigungsbestimmung des § 28 BewG, da diese (wie oben ausgeführt) auf die Beschaffenheit des Gebäudes – nicht auf deren Verwendungszweck – abstellt. Die Benutzung eines Gebäudes für kulturelle Zwecke führt nicht zu einer Begünstigung nach § 28 BewG, vielmehr ist es erforderlich, dass das Gebäude selbst kulturell wertvolle Merkmale aufweist, dass es z.B. stilvoll erbaut ist oder als historische Gedenkstätte von Bedeutung ist.
Im Streitfall ist die zweite Voraussetzung, dass die durchschnittlichen Erhaltungskosten die erzielten Einnahmen und sonstigen Vorteile übersteigen, nicht zu prüfen, da die Grundvoraussetzung, nämlich ein für die Kunst, Geschichte oder Wissenschaft erhaltenswertes Gebäude, nicht vorliegt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
5. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig (Art. 133 Abs. 4 B-VG), da mit dem gegenständlichen Erkenntnis keine Rechtsfrage zu lösen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Auch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes nicht ab. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 21 Abs. 1 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 21 Abs. 4 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 54 Abs. 1 Z 2 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 193 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 28 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 59 Abs. 1 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 § 60 Abs. 1 BewG 1955, Bewertungsgesetz 1955, BGBl. Nr. 148/1955 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.4100053.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at