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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.03.2014, RV/7103274/2012

Res Iudicata

Beachte

Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ra 2014/13/0009. Zurückweisung mit Beschluss vom

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch


die Richterin
R

in der Beschwerdesache Bf (ehemals Bf-Alt), Adresse gegen die Bescheide des FA Wien1/23 vom , betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für 2001 bis 2003 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben, die angefochtenen Bescheide betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2001 bis 2003 werden aufgehoben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

Die Bf-Alt nunmehr Bf wurde im März 2007 einer gemeinsamen Prüfung aller Lohnabgaben (GPLA) unterzogen. Mit Bescheiden vom wurden Nachzahlungen an Dienstgeberbeiträgen (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) sowie Säumniszuschläge für die Jahre 2001 bis 2003 festgesetzt und begründend im GPLA-Bericht ausgeführt, dass die Entlohnung des nicht am Unternehmen beteiligten Geschäftsführers KR L aufgrund der trotz Werkvertrag gegebenen im wesentlichen kontinuierlichen und dauernden Erfüllung der Geschäftsführungsaufgaben und der damit gegebenen Eingliederungen das Unternehmen der Bf. entsprechend der Judikatur des VwGH iZm § 22 Abs. 2 EStG 1988 im Streitzeitraum sowohl DB als auch DZ pflichtig sei.

Diese Bescheide wurden mittels Berufung vom bekämpft und seitens der Bf. auf eine Berufung zu einem gleichgelagerten Vorzeitraum (1996 - 2000) verwiesen. Gegen die zu diesem Vorzeitraum ergangene Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom sei eine Beschwerde an den Verwaltungsgericht (VwGH) eingebracht worden, weshalb eine Aussetzung angeregt werde.

Mit Berufungsvorentscheidung (BVE) vom (vorlegtem FA-Akt erstellt am , genehmigt am , zugestellt an die Bf. am ) wurde der Berufung vom (in der BVE fälschlich Berufung vom ) stattgegeben und die bekämpften Bescheide aufgehoben. Begründend wird ausgeführt, dass die Bescheide wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gem. § 300 Abs. 1 lit. a BAO aufzuheben seien. Den Sprüchen der bekämpften Bescheide sei nur die Höhe der Nachforderung nicht jedoch die Bemessungsgrundlagen und die darauf entfallenden Abgaben zu entnehmen.

Mit selbem Datum Genehmigungsdatum (genehmigt , zugestellt am ) erließ das FA neuerliche Agabenbescheide betreffend diesselben Abgaben und Zeiträume nämlich DB und DZ 2001 bis 2003 und verwies zur Begründung auf den Bericht der GPLA vom März 2007.

Gegen diese neuerlichen Bescheide vom  erhob die Bf. nach mehrfacher Fristerstreckung am Berufung (nunmehr als Beschwerde zu werten) und führte aus, dass der angefochtene Bescheid keine ordnungsgemäße Begründung beinhalte und für das Jahr 2001 überdies Verjährung eingetreten sei.

Es folgen ausführliche matriellrechtliche Argumente zum Nichtvorliegen der DB, DZ Pflicht für die Geschäftsführerbezüge.

Im Rahmen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung vom betreffend die nunmehrige Beschwerde vom führte das FA aus, dass Verjährung wegen diverser Verlängerungshandlungen nicht eingetreten sei und kommt nach Darstellung des ermittelten Sachverhaltes zum Ergebnis, dass bei dem bestehenden Vertragsverhältnis zwischen der Bf und ihrem Geschäftsführer von einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 auszugehen sei und demgemäß DB und DZ Pflicht bestünde.

Wie dem dargestellten Verfahrensaublauf zu entnehmen ist, wurden durch das Finanzamt nach Aufhebung der Abgabenbescheide betreffend DB und DZ für 2001 bis 2003 mittels Berufungsvorentscheidung nochmals für diesselben Abgaben die nunmehr angefochtenen Bescheide erlassen. Die Berufungsvorentscheidung welche die Aufhebung der Bescheide DB und DZ 2001 bis 2003 vom verfügte wurde nicht bekämpt und erwuchs daher in Rechtskraft.

Diese Feststellungen konnten aus dem vorgelegten Akteninhalt getroffen werden und sind überdies unstrittig.

Gemäß § 289 Abs. 2 BAO idF vor ist die Abgabenbehörde zweiter Instanz berechtigt, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen. Nach § 276 Abs. 1 BAO idF vor kommen dem Finanzamt im Rahmen einer Berufungsvorentscheidung diesselben Änderungsbefugnisse zu und entfalten im Fall der Erlangung der Rechtskraft diesselben Wirkungen wie eine Berufungsentscheidung ( 2010/13/0101).

Die Aufhebung der Bescheide erfolgte im Rahmen einer meritorischen Entscheidung also in der Sache selbst. Erfolgt eine Aufhebung eines Bescheides in der Sache selbst, kommt eine andere, weitere Entscheidung in derselben Sache gegenüber derselben Partei - mit Ausnahme einer Wiederaufnahme nach § 303 BAO - nicht in Betracht. (Stoll BAO, 2795f, ; Barth in UFS Journal 2011, 64; UFS 9.12.201, RV/1248-Ll09). Daraus ist erkennbar, dass die meritorische Berufungs(vor)entscheidung welche die Aufhebung eines Bescheides verfügt, gänzlich andere Wirkungen zeitigt, als eine rein verfahrensrechtliche Aufhebung eines Bescheides gemäß § 299 BAO. Durch eine in Rechtskraft erwachsene meritorische Aufhebung eines Bescheides liegt eine "res iudicata" vor, welche eine neuerliche Bescheiderlassung in derselben Sache verhindert (Klumpner in UFS Journal 2010, 278; Ritz BAO § 289 Tz 33, § 276 Tz 5 ff).

Die Sache ist dabei jene Angelegenheit die den Spruch eines Bescheides gebildet hat. Im gegenständlichen Fall betraf der Spruch der mittels BVE aufgehobenen Bescheide vom die Festsetzung von DB und DZ für die Zeiträume 2001 bis 2003. Die hier bekämpften Bescheide sind ebenfalls erstinstanzliche Bescheide betreffend diesselben Abgabenarten, diesselben Zeiträume und den identen Bescheidadressaten. Der Begriff "res iudicata" ist eine Folge des Grundsatzes "ne bis in idem" und stellt ein Grundprinzip der österreichischen Verfahrensrechtsordnung dar, welches auch im Abgabenverfahrensrecht zur Anwendung gelangt (-K/08). Aufgrund dessen kann in einer Sache nicht zweimal entschieden werden.

Mit den hier strittigen Bescheiden hat das FA gegen diesen Grundsatz verstossen, weshalb die Bescheide als rechtswirdrig ersatzlos aufzuheben sind.

Ergänzend sei darauf verwiesen, dass laut Begründung der aufhebenden BVE die Bescheide vom gemäß § 300 Abs. 1 lit. BAO aufzuheben seien. § 300 Abs. 1 in der damals geltenden Fassung lautete: "Das Bundesministerium für Finanzen und die Abgabenbehörde zweiter Instanz können einen von ihnen selbst erlassenen, beim Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof mit Beschwerde angefochtenen Bescheid aufheben,
a) wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes ...

Wie dem eindeutigen Gesetzeswortlaut zu entnehmen ist, war die Abgabenbehörde erster Instanz nicht berechtigt, einen Bescheid gem.§ 300 BAO aufzuheben, hinzu tritt im gegenständlichen Fall, dass die Voraussetzung, dass die entsprechenden Bescheide mit Beschwerde an den VwGH oder VfGH angefochten waren, hier nicht gegeben war. Die Begründung der aufhebenden BVE war daher völlig unzutreffend. Das hindert aber nicht das Eintreten der Rechtswirkung der Aufhebung und die daraus resultierende "res iudicata", da lediglich der Spruch und nicht die Begründung eines Bescheides in Rechtskraft erwachsen.

Da die streitgegenständlichen Bescheide aus verfahrensrechtlichen Gründen als rechtswidrig aufzuheben sind, waren die inhaltlichen Ausführungen beider Parteien nicht zu prüfen.

Gemäß § 265 Abs. 6 BAO idgF sind beide Parteien im Beschwerdeverfahren verpflichtet das BFG über Änderungen der für die Beschwerdeerledigung maßgebenden tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse unverzüglich zu informieren. Diese Informationspflicht umfasst Namensänderungen ebenso wie Änderungen der Vollmachtsverhältnissen inklusive allfälliger Zustellvollmachten. Eine derartige Mitteilung erfolgte im gegenständlichen Verfahren nicht. Durch ein Telefonat der Richterin mit dem laut Vorlagebericht bevollmächtigten steuerlichen Vertreter stellte sich heraus, dass neben einem Vollmachtswechsel im Jahr 2013 auch eine Namensänderung der Bf. im Firmenbucht erfolgt war. Da der nunmehrige steuerliche Vertreter für die Richterin nicht erreichbar war und Rückrufersuchen nicht beantwortete, konnte nicht geklärt werden, ob nunmehr auch eine Zustellvollmacht für den neuen steuerlichen Vertreter besteht. Demgemäß ergeht das Erkenntnis an die Bf. selbst, allfällig bestehende Zustellvollmachten sind dem Gericht nicht bekannt und konnten auch nicht ermittelt werden.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zuzulassen, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf die oben zitierte Judikatur wird verwiesen.

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 22 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 276 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 289 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 300 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Zitiert/besprochen in
StExp 2014/285
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7103274.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at