Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.05.2014, RV/7101270/2013

Zuerkennung des Alleinerzieherabsetzbetrages bei beruflicher Abwesenheit des (Ehe)partners?

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf., Adr. gegen die Bescheide des Finanzamts Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom und vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezieht Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (2007: 14.944,93 Euro, 2008: 4.390,55 Euro, 2009: 907,67 Euro, 2010: Null Euro, 2011: 10.421,16 Euro).

Sie begehrte in den Erklärungen zur ArbeitnehmerInnenverlagung für die Streitjahre den Alleinerzieherabsetzbetrag, da ihr Ehemann in Ungarn lebt. In den Einkommensteuerbescheiden der Bf. für die betreffenden Jahre wurde weder der Alleinerzieher- noch der Alleinverdienerabsetzbetrag berücksichtigt.

In der Beschwerde/Berufung gegen die angefochtenen Bescheide führte die Bf. aus, dass es nicht richtig sei, dass sie in den Veranlagungsjahren mehr als sechs Monate in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe-)Partner gelebt habe. Dies deshalb, da ihr Mann in Ungarn arbeite und auch dort wohnhaft sei (siehe Beilage). Alleine bei einer 5 Tages Arbeitswoche könne man sich ausrechnen, dass der Ehemann weit mehr als sechs Monate in Ungarn wohne und arbeite und manchmal in Wien auf Besuch sei, um seine Kinder zu besuchen. Sie sei also als Alleinerzieherin gem. dem Einkommensteuergesetz anzusehen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 in der für den Berufungszeitraum geltenden Fassung steht einem Alleinerzieher ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494,00 Euro. Ein Alleinerzieher ist ein Steuerpflichtiger, der mit mindestens einem Kind mehr als sechs Monate im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe-)Partner lebt.

Als Alleinerzieher gilt daher zunächst jede unverheiratete Person. Unverheiratet sind Ledige, Verwitwete und Geschiedene.

Eine aufrechte Ehe spricht grundsätzlich gegen eine getrennte Lebensführung (vgl. ).

Verheirateten Personen steht der in Streit stehende Absetzbetrag nur dann zu, wenn sie von ihrem Ehegatten dauernd getrennt leben. Dauernd getrennt bedeutet nicht nur vorübergehend getrennt. Dieser Begriff birgt also eine Endgültigkeit in sich. Eine dauernde Trennung wird etwa dann vorliegen, wenn ein Ehegatte die Wohnung verlässt und auf Dauer in einer anderen Wohnung lebt. Den meisten Fällen einer dauernden Trennung wird der Zerrüttungsgedanke zugrunde liegen, der aber mangels einer entsprechenden Initiative der Beteiligten nicht zur Auflösung der Ehe führt (vgl. Quantschnigg/Schuch, ESt-Handbuch EStG 1988, Ausführungen zu § 33). In diesen Fällen besteht kein Wille mehr zur, eine eheliche Gemeinschaft kennzeichnenden, gemeinsamen Lebensführung.

Nach der Aktenlage behauptet die Bf. nicht, dass sie von ihrem Ehemann dauernd getrennt lebt. Sie beruft sich lediglich auf den Wohnsitz und die Berufstätigkeit des Ehemanns in Ungarn.

Für das Bundesfinanzgericht stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar: Die Bw. lebt in aufrechter Ehe mit ihrem Gatten, der in Ungarn berufstätig ist. In freier Beweiswürdigung geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass die Trennung keine endgültige ist, sondern aus beruflichen Gründen erfolgt ist und die eheliche Lebensgemeinschaft durch Abwesenheit aufgrund der im Ausland ausgeübten Erwerbstätigkeit geprägt ist. Insgesamt ist es der Bf. nicht gelungen, die Vermutung zu widerlegen, dass sie sich von ihrem Gatten nicht endgültig getrennt hat.

Wie bereits ausgeführt, ist mit "vom Ehepartner dauernd getrennt" lebend nämlich nicht eine "bloß vorübergehende" Trennung in der von der Bf. und ihrem Ehepartner praktizierten Form, sondern eine dauernde und unabänderbare Trennung bzw. das Fehlen des Willens zu einer ehelichen Gemeinschaft gemeint. Wenn die Bf. einwendet, dass auf Grund der getrennten Aufenthalte in Österreich bzw. in Ungarn die Voraussetzungen für den Alleinerzieherabsetzbetrag vorliegen würden, ist ihr entgegen zu halten, dass sich die Ehegatten durch die Eheschließung zur umfassenden wechselseitigen Beistandspflicht bereit erklärt haben. Maßgebend für das Tatbestandsmerkmal "nicht dauernd getrennt zu leben" sind nicht die Wohnsitze der beiden Ehegatten, sondern ist ausschließlich die Sachverhaltsfrage, ob die Antragstellerin tatsächlich in Gemeinschaft mit ihrem Ehegatten lebt oder nicht. Wobei die für ein Leben in Gemeinschaft zu fordernde "Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft" durchaus unterschiedlich ausgeprägt sein kann (vgl. ; , 92/15/0212) bzw. das eine oder andere Merkmal auch fehlen kann, weil die Ehegatten ihre eheliche Lebensgemeinschaft unter Rücksichtnahme aufeinander einvernehmlich gestalten sollen (vgl. ). In diesem Zusammenhang wird angemerkt, dass der Gesetzgeber dem Umstand allein, dass Ehegatten (zB auch aus beruflichen Gründen) genötigt sein können, getrennte Wohnungen benützen zu müssen und dadurch einer finanziellen Mehrbelastung ausgesetzt sind, im Rahmen der Vorschriften betreffend die Zuerkennung des Alleinverdienerabsetzbetrages bzw. Alleinerzieherabsetzbetrages keine tatbestandsmäßige Bedeutung zumisst (vgl. ). Eine berufliche Abwesenheit gilt noch nicht als dauerndes Getrenntleben.

Überdies ist im vorliegenden Fall offensichtlich, dass die Bf. und ihre 3 Kinder aufgrund ihres sehr geringen Erwerbseinkommens in den Streitjahren alleine gar nicht für ihren Lebensunterhalt und den ihrer Kinder aufkommen kann. Der Allverdienerabsetzbetrag wurde jedoch für jene Fälle geschafften, in denen eine Person Alleinerzieher ist und alleine für den Lebensunterhalt einer Familie sorgen muss. Der Alleinerzieherabsetzbetrag trägt der Einschränkung des Alleinerziehers im Erwerbsleben Rechnung (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2014, § 33 Rz 33).

Außerdem unterscheidet sich der Fall der Bf. nicht von der Vielzahl der Lebensrealität von einer Vielzahl von Pendlern in Österreich, die aus beruflichen Gründen auch unter der Woche getrennt leben. Auch diesen steht kein Alleinerzieherabsetzbetrag zu.

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7101270.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at