1. Verschulden des Geschäftsführers bei irreführenden bzw. unvollständigen Angaben im Zahlungserleichterungsansuchen. 2. Ermessen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch R. in der Beschwerdesache Ing. A.B., Adresse1 , vertreten durch BDO Austria GmbH Wirtschaftsprüfungs- u. Steuerberatungsgesellschaft, Kohlmarkt 8-10, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach vom , betreffend Haftung gemäß § 9 BAO für Abgabenschuldigkeiten der 1-GmbH zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und die Haftung auf nachstehende Abgaben in Höhe von insgesamt Euro 353,24 (anstatt bisher Euro 18.667,12) eingeschränkt:
Lohnsteuer 2011 Euro 249,07,
Dienstgeberbeitrag 2011 Euro 95,66,
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2011 Euro 8,51.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheid vom wurde Herr Ing. A.B. (im Folgenden kurz Bf. genannt) gemäß §§ 9 und 80 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Firma 1-GmbH in Höhe von insgesamt Euro 18.667,12, nämlich Umsatzsteuer 12/2011 in Höhe von Euro 17.456,74, Lohnsteuer 2011 in Höhe von Euro 355,81, Kammerumlage 10-12/2011 in Höhe von Euro 99,09, Dienstgeberbeitrag 2011 in Höhe von Euro 136,65, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2011 in Höhe von Euro 12,15 und Umsatzsteuer 2011 in Höhe von Euro 606,68 zur Haftung herangezogen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Bf. in der Zeit vom bis dato handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH und daher gemäß § 18 GmbHG zu deren Vertretung berufen sei.
Die im Haftungsbescheid enthaltenen Abgaben seien gemeldet, festgesetzt bzw. rechtskräftig veranlagt, jedoch nicht entrichtet worden. Der überwiegende Teil des aushaftenden Rückstandes resultiere aus Selbstbemessungsabgaben (diese seien vom Geschäftsführer treuhändisch einzubehalten und an die Republik Österreich abzuführen). Der Geschäftsführer habe gemäß § 21 Abs. 1 UStG 1994 die Umsatzsteuer spätestens am Fälligkeitstag zu erklären und zu entrichten. Ebenso habe der Geschäftsführer der Gesellschaft gemäß § 78 Abs. 1 EStG die lohnabhängigen Abgaben bei jeder Lohnzahlung einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Der Bf. sei der Pflicht für die zeitgerechte Abfuhr der lohnabhängigen Abgaben Sorge zu tragen, nicht nachgekommen.
Durch die Stellung des Ansuchens um Zahlungserleichterung sei das Finanzamt schlechter gestellt worden als die Lieferanten, daher sei die schuldhafte Pflichtverletzung dadurch entstanden, dass keine „Gleichbehaltung“ (Anm.: gemeint offenbar Gleichbehandlung) der Gläubiger gegeben und somit die Firma insolvent geworden sei.
Dagegen brachte der Bf. mit Eingabe vom das Rechtsmittel der Berufung ein, die nunmehr gemäß § 323 Abs. 38 BAO vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde zu erledigen ist.
In der nachgereichten Begründung führte der Bf. zum Sachverhalt aus (Anm: soweit der Bf. die Rechtsvorschriften zur Haftung und die maßgebliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie des Unabhängigen Finanzsenates zitiert, wird dies im Folgenden nicht wiedergegeben), dass der steuerliche Vertreter der Gesellschaften der B- Gruppe einem namentlich genannten Bediensteten des Finanzamtes in einer Besprechung im Zuge des bisherigen Verfahrens eine mit datierte Stellungnahme übergeben habe.
In dem genannten Schreiben sei der genaue Sachverhalt der wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaften der B- Gruppe im Frühjahr 2012 bereits ausführlich geschildert worden. Dieser Stellungnahme werde klarstellend hinzugefügt:
Ohne die von den Banken im Februar 2012 zur Verfügung gestellte Zwischenfinanzierung wären die Gesellschaften der B- Gruppe bereits Mitte Februar 2012 zahlungsunfähig gewesen. Diesfalls hätten die Abgaben mit Fälligkeit nicht mehr (zeitgerecht) beglichen werden können, ebensowenig wie die übrigen Schulden der Gesellschaften der B- Gruppe.
Die Durchführung der Stundungsanträge sowie der Kreditaufnahme (Zwischenfinanzierung) sei von den Banken gefordert worden, da im Zeitpunkt der Vereinbarung gute Aussichten auf eine erfolgreiche operative Sanierung der B- Gruppe bestanden habe.
Mit der Zwischenfinanzierung sei der laufende Fortbetrieb gewährleistet worden, somit nur Neuverpflichtungen getilgt und keine Altverbindlichkeiten beglichen worden. Diese Vorgehensweise habe für alle Gläubiger gleichermaßen gegolten. Die entsprechende Mittelverwendung sei unter der Aufsicht des Bankenkonsortiums gestanden.
Die erste Rate gemäß Stundungsvereinbarung sei am Fälligkeitstag, dem , ordnungsgemäß aus der von den Banken zur Verfügung gestellten Zwischenfinanzierung bezahlt worden.
Mit Beschlussfassung vom Datum2 sei der Sanierungsplan der GmbH angenommen und in der Folge rechtskräftig bestätigt worden. Das Sanierungsverfahren sei daher aufgehoben. Die Quote betrage 30%.
Am sei ein Haftungsbescheid gegenüber dem Bf. als Haftungspflichtiger für die Firma 1-GmbH in der Gesamthöhe von Euro 18.667,12 erlassen worden. Dieser Bescheid sei der steuerlichen Vertretung am zugestellt worden. Mit gleichem Datum sei auch ein Haftungsbescheid gegenüber Herrn C. als Haftungspflichtigen für die Firma 1-GmbH in Höhe von Euro 18.667,12 erlassen worden.
Haftungen seien Besicherungsinstitute und daher nachrangig im Verhältnis zur Inanspruchnahme des Hauptschuldners (Primärschuldners). Da im Rahmen des Insolvenzverfahrens seitens der Gläubiger eine Quote von 30% angenommen worden sei, seien dem Vertreter mittels Haftungsbescheid nur mehr jene 70% der Abgabenschuldigkeiten vorzuschreiben, welche vom Primärschuldner nicht einbringlich seien.
Für die Haftung sei nur die schuldhafte Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten von Bedeutung. Insbesondere die Entrichtung der Abgaben sei abgabenrechtliche Pflicht. Der Vertreter müsse zur Entrichtung fälliger Abgaben laut Rechtsprechung keine Kredite aufnehmen. Es könne zudem von der Rechtsprechung nicht verlangt werden, dass der Vertreter den Abgabengläubiger vor allen übrigen Gläubigern befriedige. Er habe die Schulden im gleichen Verhältnis zu befriedigen (Gleichbehandlungsgrundsatz).
Wie bereits im Sachverhalt dargelegt, sei Ende des Jahres 2011 die Liquiditätsprognose für den Frühling 2012 derart angespannt gewesen, dass mit den finanzierenden Banken Verhandlungen aufgenommen worden seien. In der Vereinbarung sei ein ausgewogenes Pflichten- und Maßnahmenpaket beschlossen worden, welches sämtliche Gläubiger in gleichem Maße belasten sollte. Eine Minimierung des kurzfristigen Liquiditätsbedarfs sollte herbeigeführt werden, indem die Tilgung sämtlicher Altschulden (nicht nur jene der Abgabenbehörden) aufgeschoben worden sei. Die Tilgung von Neuschulden sei demgegenüber bis Ende März 2012 jeweils rechtzeitig vorgenommen worden. Auch die ab fälligen Abgabenschulden einschließlich der am fälligen Raten für die bewilligte Zahlungserleichterung seien ohne Abzug bezahlt worden. Die Zwischenfinanzierung habe daher unter anderem der vollständigen Bezahlung von neuen Abgabenschulden gedient.
Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sei in der Vorgangsweise des Vertreters nicht zu erkennen. Folglich sei dem Vertreter (Haftungspflichtigen) keine Pflichtverletzung vorzuwerfen.
Überdies werde darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung dem Abgabepflichtigen nicht zumutbar sei, für die Tilgung fälliger Abgabenschulden einen Kredit aufzunehmen. Da ohne Zwischenfinanzierungsvereinbarung bereits im Februar 2012 keine liquiden Mittel mehr zur Verfügung gestanden hätten, wären die mit fälligen Abgaben gar nicht bezahlt worden. Werde jedoch eine Abgabe nicht entrichtet, weil der Vertreter überhaupt keine liquiden Mittel habe, so verletze der Vertreter dadurch keine abgabenrechtliche Pflicht.
Dem Argument der Abgabenbehörde, die Stellung eines Ansuchens um Zahlungserleichterung sei ein Grund für die schuldhafte Pflichtverletzung seitens des Vertreters, werde entgegengehalten:
Im Gegensatz zum Sachverhalt im Erkenntnis des , sei die Stundung der mit fälligen Abgaben zu einem Zeitpunkt und unter Umständen hoher Erfolgserwartungen hinsichtlich einer Sanierung der B- Gruppe und damit nicht unter Gefährdung der Einbringlichkeit, nicht unter Hintanstellung der Forderungen der Abgabenbehörden und auf ausdrückliches Verlangen der finanzierenden Kreditinstitute im Sinne der Sicherung des Fortbestandes der Firmengruppe erwirkt worden.
Demnach handle es sich im vorliegenden Fall um jene Konstellation, in welcher für eine später uneinbringlich gewordene Abgabe tatsächlich zu Recht eine Zahlungserleichterung in Anspruch genommen worden sei, und dies nach dem Erkenntnis des , eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 BAO ausschließe.
Die Ermessensübung sei unrichtig:
Zunächst werde darauf hingewiesen, dass im Haftungsbescheid mit keinem Wort auf die umfangreiche Stellungnahme der steuerlichen Vertretung vom betreffend die Haftungsinanspruchnahme der Geschäftsführer eingegangen worden sei.
Die völlige Nichtbeachtung eines Vorbringens des steuerlichen Vertreters des Haftungspflichtigen widerspreche der amtswegigen Ermittlungspflicht. Nach § 115 Abs. 1 BAO seien die tatsächlichen Verhältnisse, soweit sie abgabenrechtlich relevant seien, zu ermitteln. Zu erforschen sei die materielle Wahrheit. Die Grenzen der amtswegigen Ermittlungspflicht seien die Unmöglichkeit, Unzulässigkeit, Unzumutbarkeit und Unnötigkeit der Sachverhaltsermittlung. Die Behörde sei zur Verwertung des zugänglichen Aktenmaterials nach dem Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens verpflichtet.
Wie bereits in der beiliegenden Stellungnahme vom ausgeführt, habe gerade das pflichtgemäße rasche und zeitgerechte Handeln des Vertreters ein Sanierungsverfahren mit einer 30%-igen Quotenzahlung ermöglicht. Hierfür werde bereits teilweise eine Finanzierung seitens des Gesellschafter-Geschäftsführers aufgebracht.
Dieser Umstand berühre folgende zwei Punkte, welche im Rahmen der Ermessensentscheidung Beachtung finden müssten:
Zunächst den Grad des Verschuldens des Vertreters. Zumindest im Rahmen der betragsmäßigen Festsetzung der Haftungsinanspruchnahme hätte nach Ansicht des steuerlichen Vertreters aufgrund des raschen Handelns des Vertreters mit dem Ergebnis einer für alle Gläubiger und damit auch für die Abgabenbehörde zufriedenstellenden Quote ein minderer Grad des Verschuldens Berücksichtigung finden müssen. Es werde darauf hingewiesen, dass eine Verletzung der Gleichbehandlungspflicht seitens des Bf. entschieden bestritten werde und daher bereits das Tatbestandselement der Verletzung von Abgabenpflichten nicht vorliege. Zudem liege keinerlei Verschulden des Bf. vor.
Überdies sei nach Ansicht des steuerlichen Vertreters hinsichtlich der Inanspruchnahme des Vertreters die Berücksichtigung der persönlichen bzw. wirtschaftlichen Verhältnisse des Vertreters nicht ausreichend erfolgt, bzw. sogar gänzlich unterblieben, da in der Begründung der Ermessensentscheidung im Haftungsbescheid darauf nicht Bezug genommen worden sei. Die Aufbringung einer Finanzierung für die Erfüllung der Ausgleichsquote seitens der Gesellschafter-Geschäftsführer stelle jedoch unter Umständen einen empfindlichen Einschnitt in die finanzielle Lage des Haftungspflichtigen dar und dürfe nicht unberücksichtigt bleiben.
Schließlich handle es sich im vorliegenden Fall um eine gleichzeitige Inanspruchnahme von zwei in Frage kommenden Vertretern. Beide Vertreter seien unter gleichlautender Begründung mittels Haftungsbescheides für den Gesamtbetrag der in Frage kommenden Abgabenschuldigkeiten in Anspruch genommen worden. Diese Vorgangsweise sei nach Erachten des steuerlichen Vertreters unüblich und nach den Regeln der Ermessensübung unzulässig. Primär sei jener Vertreter, der mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut sei, zur Haftung heranzuziehen. Kommen mehrere Vertreter als Haftungspflichtige in Betracht, so ist die Ermessensentscheidung, wer von ihnen – allenfalls auch in welchem Ausmaß – in Anspruch genommen wird, im Haftungsbescheid entsprechend zu begründen. Ausführungen zu diesen Überlegungen der Abgabenbehörde würden in beiden Haftungsbescheiden fehlen.
Die erwähnte Stellungnahme vom lautet:
„Im November 2011 wurde seitens der B. Gruppe aufgrund der absehbaren Liquiditätssituation im Frühjahr 2012 mit der Bank1 über eine Anlauffinanzierung für das Frühjahr von TEUR 400 verhandelt.
Seitens der Bank1 wurde am ein besicherter Betriebsmittelkredit in Höhe von TEUR 350 eingeräumt.
Von diesem Betriebsmittelkredit wurden jedoch Beträge iHv TEUR 178,5 mit bestehenden Überziehungsrahmen und fälligen Kreditraten der Enkelgesellschaften kompensiert, sodass nur unzureichend neue Liquidität zur Verfügung gestellt wurde. Im Ergebnis ist dieser Betrag somit an die Konzerngesellschaften geflossen.
Am wurde die Bank1, die Bank2 und die Bank3 im Zuge der ersten Bankenrunde über einen absehbaren Liquiditätsengpass im Februar 2012 informiert.
In der Bankenrunde am wurden folgende Vereinbarungen getroffen:
Zur Sicherung des aktuellen Liquiditätsbedarfes in der KW 5 wird seitens der Bank1 ein zweckgewidmeter, nicht zur Gänze ausgeschöpfter Rahmen iHv TEUR 50 für die kurzfristige Finanzierung des operativen Liquiditätsbedarfes freigegeben.
Die Bank1 , Bank-2 und Bank-3 sagen zu, dass die am bestehenden Obligostände auf bestehenden Kredit- und Betriebsmittelkonten den Gesellschaften der B- Gruppe bis auf Widerruf zur Verfügung gestellt werden und keine Reduktion dieser Kreditrahmen erfolgt. Im Fall eines Absinkens des Obligos unter den Stand vom könnten die Gesellschaften der B- Gruppe über diesen Differenzbetrag zur Bezahlung von Verbindlichkeiten verfügen.
Bis wird seitens der B- Gruppe gemeinsam mit der BDO ein kurzfristiger Liquiditätsplan für Februar 2012 für die österreichischen Gesellschaften der B- Gruppe erstellt und den Vertretern der Bankinstitute übermittelt.
Bis wird ein Sicherheitenspiegel der bestehenden Finanzierungen der B- Gruppe den Vertretern der Bankinstitute übermittelt. In diesem Sicherheitenspiegel sind vor allem die vorhandenen Liegenschaften nach Einlagezahlen geordnet samt Wertschätzungen, Pfandrechten und anderen dinglichen Rechten im Detail anzuführen.
Ein Sanierungsmanager zur operativen Unterstützung der Geschäftsführung soll gesucht und kurzfristig eingesetzt werden.
Bis Ende März 2012 soll ein Entwurf eines Fortführungs- bzw. Zerschlagungskonzeptes seitens der Gesellschaft vorgelegt werden, um eine Entscheidung über weitere Restrukturierungsmaßnahmen gemeinsam treffen zu können.
Am wurde seitens der Firma B. in Zusammenarbeit mit BDO ein Liquiditätsplan für Februar 2012 übermittelt. Dieser hat einen weiteren Liquiditätsbedarf für Neuverpflichtungen für die nächsten sechs Wochen iHv TEUR 400 (exkl Finanzamt und Gebietskrankenkasse) ergeben und wurde am 3. Februar in dem vereinbarten Arbeitstreffen mit den Banken erläutert. Die Banken haben nochmals die Aufrechterhaltung der am zugesagten Kreditlinien und Überziehungen einschließlich des Obligos der I. ( Bank1 ) bis auf Widerruf bestätigt und gemeinsam mit der N die anstehenden Tilgungen für bestehende Kredite auszusetzen. Das Bankenkonsortium hat eine mögliche Zwischenfinanzierung in den Raum gestellt, wenn die Geschäftsführung der B- Gruppe sämtliche Möglichkeiten ausschöpft, um den kurzfristigen Liquiditätsbedarf zu minimieren.
Von den Banken wurde mehrmals konkret gefordert, dass der Liquiditätsbedarf des Konzerns bis zur endgültigen Entscheidung über die weitere Vorgehensweise zusätzlich zu der Bereitstellung von liquiden Mitteln (siehe oben) durch Tilgungsaufschübe und Stundung beim Finanzamt und der Gebietskrankenkasse gedeckt wird.
Es herrschte Konsens darüber, dass eine Fortführung von gesunden Betriebseinheiten und eine geordnete Schließung der defizitären Einheiten, auf Basis des verfügbaren Wissensstandes für alle Beteiligten die beste Lösung scheint.
Seitens der Geschäftsführung der B- Gruppe wurde zur Erarbeitung und Validierung des Sanierungskonzeptes geschätzt, dass bis zu diesem Zeitpunkt – spätestens Ende März 2012 – der geordnete Fortbetrieb der B- Gruppe unter Bezahlung von Neuverbindlichkeiten und unter Zuführung einer Zwischenfinanzierung in Höhe von TEUR 400 in geordneter Form aufrecht zu erhalten ist. Ohne diese Zwischenfinanzierung wäre jedoch eine Betriebseinstellung bereits im Februar 2012 nötig gewesen.
Die Bankenvertreter forderten eine Überwachung der Mittelverwendung der Zwischenfinanzierung, da die Banken verhindern wollten, dass mit der frischen Liquidität Altverbindlichkeiten bedient werden. Die seitens der Geschäftsführung an die Bank1 , die in diesem Zusammenhang als kontoführendes Institut bestimmt wurde, übermittelten Zahlungsvorschläge wurden durch die BDO und Herrn F. (Sanierungsmanager) hinsichtlich der Übereinstimmung überprüft, ob sie mit den im Grobkonzept dargestellten Maßnahmen und Liquiditätsbedürfnissen im Einklang stehen. Die Überweisung erfolgte durch die Bank1 erst nach Freigabe durch BDO und Herrn F. .
Aufgrund des Umstandes, dass die Umsatzsteuer 12/2011 sowie die Lohnabgaben für 1/2012 am fällig waren und seitens der Banken die Bereitschaft zur Weiterführung der redimensionierten Gruppe signalisiert wurde, erfüllten die Geschäftsführer der B- Gruppe die Forderungen der Banken und brachten am für die folgenden Firmen Ansuchen auf Zahlungserleichterungen ein:
2-GmbH
3-GmbH
1-GmbH
4-GmbH
5-GmbH
Betreffend der, für jede Gesellschaft beantragten sowie die laut Bescheid vom bewilligten Zahlungserleichterungen verweisen wir auf die Beilage 1 zu diesem Schreiben.
Mit der oben angeführten Zwischenfinanzierung über TEUR 400 wurden die am fälligen Raten (Beilage 1) beglichen.
Bis zur letzten Bankenrunde am wurde der bestehende Liquiditätsbedarf für laufende Verpflichtungen mit Hilfe dieser Konsortialfinanzierung gedeckt. Obwohl der Fortbestand der restrukturierten B. Gruppe unter temporärer Finanzierungsunterstützung in Höhe von TEUR 1.300 – mit voller Besicherung – möglich gewesen wäre und auch Herr F. hinsichtlich der operativen Sanierungsfähigkeit der Gruppe keine Bedenken äußerte, fiel am überraschend die Entscheidung durch das Bankenkonsortium, dass eine Fortführung der B. Gruppe nicht finanziert wird. Seitens der Geschäftsführung der B- Gruppe wurde daher mit auf Insolvenzgebarung umgestellt.
Aufgrund des oben dargestellten Sachverhaltes stellt der Stundungsantrag kein schuldhaftes Verhalten der Geschäftsführer dar, da dieser zur Erfüllung einer Bankenforderung zur Sicherung des Fortbestehens des Konzerns gestellt wurde und zu diesem Zeitpunkt hohe Erfolgserwartungen diesbezüglich bestanden. Des Weiteren ergibt sich daraus keine Benachteiligung des Finanzamtes gegenüber anderen Gläubigern, da mit der sich ergebenden freien Liquidität nur Neuverbindlichkeiten bezahlt wurden. Das rasche und zeitgerechte Handeln ermöglicht ein Sanierungsverfahren mit einer 30%-igen Quotenzahlung, bei der bereits teilweise eine Finanzierung von Seiten der Gesellschafter-Geschäftsführer aufgebracht werden muss.
Aus diesem Grund regen wir an, dass von einer Haftung der Geschäftsführer für die Abgabenverbindlichkeiten der Gesellschaften der B. -Gruppe abgesehen wird.“
Das Finanzamt verzichtete auf die Erlassung einer Berufungsvorentscheidung und legte die Berufung (nunmehr Beschwerde) mit Vorlagebericht vom dem damals zuständigen Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am beim unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Voraussetzung für die Haftung sind eine Abgabenschuld gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit.
1.) Vorliegen einer Abgabenforderung gegen den Vertretenen und Uneinbringlichkeit:
Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu in der Entscheidung eines verstärkten Senates vom , 96/15/0049, im Wesentlichen ausgeführt, dass die Haftung nach § 9 BAO einem zivilrechtlichen Schadenersatzanspruch nachgebildet sei, denn diese gesetzlich begründete Mitschuld habe ein pflichtwidriges Verhalten des Vertreters und einen dadurch bewirkten (zu befürchtenden) Einnahmenausfall der Finanzbehörde zur Voraussetzung. Durch die Normierung einer Mithaftung im Abgabenverfahren werde die Einbringung einer Schadenersatzklage entbehrlich. Unter diesem Gesichtspunkt erweise sich die Ansicht als gerechtfertigt, dass der Abschluss eines Ausgleichs (Zwangsausgleichs) keinen Einfluss auf die Haftung nach § 9 BAO habe und zum Einen die Kausalität zwischen dem Verhalten des Vertreters und dem eingetretenen Schaden zu beachten sei, zum Anderen der Abschluss eines Ausgleichs (Zwangsausgleichs) keinesfalls den (teilweisen) Untergang der Ersatzforderung bewirke. Der Gedanke der Akzessorietät könne nicht losgelöst von den ihn bestimmenden Gesichtspunkten insoweit verselbständigt werden, dass Vertreter von der im öffentlichen Recht wurzelnden Abgabenhaftung auch in Konstellationen freigestellt werden, die geradezu im Kernbereich der ratio legis lägen. Die Haftung sei nur insofern akzessorisch, als sie das Bestehen des Abgabenanspruchs zur Zeit der Verwirklichung des die Haftung auslösenden Sachverhalts voraussetze. Ob ein Erlöschen der Schuld auch dem Haftungspflichtigen zugutekomme, sei hingegen nach dem Zweck der den Schulderlöschensgrund beinhaltenden jeweiligen Vorschrift zu prüfen. Davon ausgehend stelle der Ausgleich (Zwangsausgleich) des Primärschuldners keinen Grund für die Befreiung des Haftungspflichtigen dar. Es wäre auch sachlich nicht zu rechtfertigen, dass es zur Haftungsfreistellung auf den grundsätzlich nicht vorhersehbaren Zeitpunkt der (letztinstanzlichen) Erlassung des Haftungsbescheides ankommen sollte; dies mit der Wirkung, dass bei einer Erledigung vor Bestätigung des Ausgleichs (Zwangsausgleichs) die Haftung des Geschäftsführers unausweichlich weiter bestünde, danach aber nicht mehr festgestellt werden dürfte. Es käme dabei vom Sicherungsgedanken des Abgabengläubigers durch die Haftungsbestimmungen her auch zu einer sachlich nicht begründbaren Differenzierung zu der jedenfalls in vollem Umfang gegebenen Haftung eines Geschäftsführers bei (bloßem) Konkurs des Primärschuldners.
Ab trat zwar die Insolvenzordnung in Kraft, die Rechtsprechung ist jedoch auch für das neu geschaffene Sanierungsverfahren zu beachten.
Das Sanierungsverfahren der Gesellschaft stand daher der Haftungsinanspruchnahme der Bf. nicht entgegen.
Mit Beschluss des Landesgerichtes K. vom Datum1 wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin das Sanierungsverfahren eröffnet. Die Schuldnerin hatte Eigenverwaltung. In der Folge wurde am Datum2 der Sanierungsplan angenommen, der vorsieht, dass die Gläubiger 30% ihrer Forderungen erhalten. Mit Beschluss vom Datum3 wurde das Sanierungsverfahren aufgehoben.
Daraus ergibt sich die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderungen im Ausmaß von 70 % bei der Primärschuldnerin.
Da die Quote im Haftungsbescheid bisher nicht berücksichtigt wurde, war der Berufung insoweit stattzugeben und die Haftungsschuldigkeiten jeweils um 30% zu vermindern.
Da diesem Erkenntnis die Sachlage im Zeitpunkt der Entscheidung zugrunde zu legen ist, war die Haftung auch der derzeit am Abgabenkonto aushaftende Betrag der jeweiligen Abgabe zu berücksichtigen.
Die Umsatzsteuer 12/2011 sowie die Umsatzsteuer 2011 sind gemäß Kontoabfrage bereits getilgt und haften am Abgabenkonto nicht mehr aus. Hinsichtlich dieser Abgabenschuldigkeiten ist der Beschwerde daher stattzugeben.
Die weiteren haftungsgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten, nämlich die Lohnsteuer 2011 in Höhe von Euro 355,81, die Kammerumlage 10-12/2011 in Höhe von Euro 99,09, der Dienstgeberbeitrag 2011 in Höhe von Euro 136,65 und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2011 in Höhe von Euro 12,15, haften in unveränderter Höhe aus.
Abzüglich der Quote von 30% reduziert sich die Haftung daher auf insgesamt Euro 422,60 (Lohnsteuer 2011 Euro 249,07, Kammerumlage 10-12/2011 Euro 69,36, Dienstgeberbeitrag 2011 Euro 95,66, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2011 Euro 8,51).
Die Haftung war daher unabhängig von den Ausführungen des Bf. zum Verschulden insoweit einzuschränken.
2.) Stellung des Bf. als Vertreter:
Gemäß Firmenbuchauszug fungiert der Bf. seit gemeinsam mit Herrn C. als handelsrechtlicher Geschäftsführer der GmbH und kann daher gemäß §§ 9 und 80 BAO zur Haftung herangezogen werden.
Bei einer Mehrheit von Geschäftsführern richtet sich die haftungsrechtliche Verantwortung danach, ob zwischen diesen eine Kompetenzabgrenzung bestand oder nicht. Bestand eine solche Abgrenzung nicht, trifft die Haftung sämtliche Vertreter gleichermaßen, außer der Einzelne hätte aus triftigen Gründen seine abgabenrechtlichen Pflichten nicht erfüllen können (vgl. ).
Dass eine Kompetenzaufteilung vorlag wurde nicht behauptet.
3.) schuldhafte Pflichtverletzung des Bf. als Vertreter:
Gemäß § 1298 ABGB obliegt dem, der vorgibt, dass er an der Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen ohne sein Verschulden verhindert war, der Beweis.
Daraus ist abzuleiten, dass der wirksam bestellte Vertreter einer juristischen Person, der die Abgaben der juristischen Person nicht entrichtet hat, für diese Abgaben haftet, wenn sie bei der juristischen Person nicht eingebracht werden können und er nicht beweist, dass die Abgaben ohne sein Verschulden nicht entrichtet werden konnten.
Entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom , 97/15/0115) ist es im Falle der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Gesellschaft Sache des Geschäftsführers darzutun, weshalb er nicht Sorge getragen hat, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung annehmen darf. In der Regel wird nämlich nur der Geschäftsführer jenen ausreichenden Einblick in die Gebarung der GmbH haben, der ihm entsprechende Behauptungen und Nachweise ermöglicht.
Hatte der Geschäftsführer Gesellschaftsmittel zur Verfügung, die zur Befriedigung sämtlicher Schulden der Gesellschaft nicht ausreichten, so ist er nur dann haftungsfrei, wenn er im Verwaltungsverfahren nachweist, dass er die vorhandenen Mittel zur anteiligen Befriedigung aller Verbindlichkeiten verwendet und somit die Abgabenschulden nicht schlechter behandelt hat. Wenn die Behauptung und Nachweisung des Ausmaßes der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel im Verwaltungsverfahren unterlassen wird, kommt eine Beschränkung der Haftung bloß auf einen Teil der uneinbringlichen Abgabenschulden nicht in Betracht.
Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, bestimmt sich danach, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (). Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Maßgebend ist daher der Zeitpunkt ihrer Fälligkeit, unabhängig davon, ob die Abgabe bescheidmäßig festgesetzt wird (vgl. Ritz, BAO5, Tz 10 zu § 9 und die dort angeführte Judikatur des VwGH).
Soweit der Bf. vorbringt, dass mit den Banken eine Vereinbarung dahingehend geschlossen worden sei, dass die Tilgung sämtlicher „Altschulden“ (nicht nur jener gegenüber den Abgabenbehörden) aufgeschoben und nur die „Neuschulden“ befriedigt werden, ist zunächst festzustellen, dass das Finanzamt in den Verhandlungen zur Sanierung der Unternehmen nicht involviert war.
Entgegen der Ansicht der Bf. stellt es eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes dar, wenn "die Neuverbindlichkeiten“ getilgt, die „Altschulden“ (zu denen der Bf. offenkundig auch die Abgabenverbindlichkeiten zählte) hintangestellt werden sollten. Die Bf. verkennt die Rechtslage, wenn er meint, er hätte die für die Aufrechterhaltung des Betriebes seiner Meinung nach notwendigen Zahlungen leisten und erst danach allfällig übrige Beträge für die Abgabenentrichtung verwenden dürfen. Damit benachteiligte er offenkundig bei der Verfügung über die vorhandenen Mittel bestimmte Gläubiger und verstieß gegen das Gleichbehandlungsgebot ().
Die Primärschuldnerin hat hinsichtlich der Umsatzsteuer 12/2011 und der Lohnabgaben 1/2012 in Summe von Euro 23.648,97 (dieser Betrag beinhaltet auch die Kammerumlage 10-12/2011 in Höhe von Euro 121,51) ein Zahlungserleichterungsansuchen eingebracht und dieses folgendermaßen begründet:
„Durch die schlechte Zahlungsmoral und schleppenden Zahlungseingänge der offenen Kundenforderungen sind wir nicht in der Lage, die Abgaben zum Fälligkeitstermin zu entrichten und ersuchen daher um Ratenvereinbarung“.
Mit Bescheid vom wurden für einen Rückstand in Höhe von Euro 23.648,97 3 Raten in Höhe von Euro 5.900,00 beginnend ab und einer Abschlusszahlung in Höhe von Euro 5.948,97 bewilligt.
Im Hinblick auf den nunmehrigen Abgabenrückstand ist vom Zahlungserleichterungsansuchen nur mehr für die Kammerumlage 10-12/2011 in Höhe von Euro 69,36 (nach Abzug der Quote) relevant. Die Lohnsteuer 2011, Dienstgeberbeitrag 2011 und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2011 waren von der Zahlungserleichterung nicht erfasst.
Zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 90/13/0087, erging folgender Rechtssatz:
„Bleiben Abgaben unbezahlt, weil ihre Bezahlung trotz gefährdeter Einbringlichkeit im Wege einer Zahlungserleichterung hinausgeschoben werden konnte, dann trifft den Geschäftsführer, der eine solche Gefährdung in Abrede gestellt hat, ein Verschulden am Abgabenausfall (hier: Vorhaben der Sanierung der GmbH in Form eines unsicheren Beteiligungsmodells und einer davon abhängig gemachten Fremdmittelfinanzierungszusage).“
Der Bf. vertritt die Ansicht, dass die Stundung (richtig wohl Ratenbewilligung) zu einem Zeitpunkt und unter Umständen hoher Erfolgserwartungen hinsichtlich der Sanierung der B. Gruppe und damit nicht unter Gefährdung der Einbringlichkeit erfolgt sei.
Abgesehen davon, dass im Ratenansuchen das tatsächliche Ausmaß der wirtschaftlichen Schwierigkeiten mit keinem Wort erwähnt wurde und diese der Abgabenbehörde offenbar auch nicht bekannt waren, zumal diese in die Verhandlungen nicht einbezogen war, mag es durchaus zutreffen, dass der Beschwerdeführer unter den gegebenen Umständen alles getan hat, um die Fortführung des Betriebes zu ermöglichen, er diesbezüglich auch nicht leichtsinnig vorgegangen ist und konkrete Finanzierungspläne gehabt hat. Solange die entsprechenden Pläne aber nicht verwirklicht und die Bemühungen noch nicht tatsächlich erfolgreich abgeschlossen (sondern nur erfolgversprechend) waren, lag eine Gefährdung der Einbringlichkeit vor und hätten zur Vermeidung eines zur Heranziehung zur Haftung relevanten Verschuldens die anfallenden Abgabenverbindlichkeiten zumindest anteilig entrichtet werden müssen und die Löhne gemäß § 78 Abs. 3 EStG 1988 nur in einem entsprechend geringeren Ausmaß ausgezahlt werden dürfen.
Ein Gleichbehandlungsnachweis wurde nicht vorgelegt, allerdings hat der Bf. dargetan, dass er bestimmte Gläubiger dadurch bevorzugt hat, dass er mit den jeweils vorhandenen Mitteln nur mehr neu eingegangene Verbindlichkeiten abgedeckt hat, während Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt nur teilweise (es wurde nur die erste Rate in Höhe von Euro 1.900,00 entrichtet) bedient wurden.
Dem Vorbringen, dass das Zahlungserleichterungsansuchen auf Verlangen der Kreditinstitute gestellt wurde, ist entgegenzuhalten, dass der Umstand, dass die Bank (Banken) über die Verwendung der liquiden Mittel der Gesellschaft, insbesondere der Zahlungen der Kunden der Gesellschaft, rechtlich zu bestimmen in der Lage ist, ohne dass die Entrichtung der Abgaben aus diesen Mitteln sichergestellt ist, ein Verschulden des Vertreters nicht ausschließt. Das Verschulden des Geschäftsführers liegt diesfalls im Abschluss einer derartigen Vereinbarung mit der Bank (vgl Ritz, BAO-Kommentar5, § 9 Tz 17).
Dem Einwand des Bf., dass der Vertreter nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH nicht verpflichtet ist, für die Tilgung fälliger Abgabenschulden einen Kredit aufzunehmen, ist prinzipiell zuzustimmen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trifft den Geschäftsführer lediglich die Pflicht, für die Abgabenentrichtung aus den vorhandenen Mitteln der Gesellschaft zu sorgen und die Mittel insbesondere nicht zur bevorzugten Befriedigung anderer Gesellschaftsschulden zu verwenden. Nimmt der Geschäftsführer jedoch (ohne dazu verpflichtet zu sein) einen Kredit auf, verfügt er zweifelsfrei über liquide Mittel.
Die Lohnabgaben 2011 waren nicht vom Zahlungserleichterungsansuchen umfasst. Der diesbezügliche Bescheid erging erst am , somit nach Eröffnung des Sanierungsverfahrens. Hinsichtlich dieser Abgabenschuldigkeiten wurde somit kein Vorbringen erstattet, weshalb auch hier von einer schuldhaften Pflichtverletzung auszugehen ist.
Da kein Gleichbehandlungsnachweis vorgelegt wurde, kommt eine Einschränkung der Haftung bloß auf einen Teil der uneinbringlichen Abgabenschulden nicht in Betracht.
Für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer gelten Ausnahmen vom Gleichheitsgrundsatz (), da nach § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat.
Daraus ergibt sich, dass jede vom Vertreter vorgenommene Zahlung voller vereinbarter Arbeitslöhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die darauf entfallende Lohnsteuer ausreichen, eine schuldhafte Verletzung seiner abgabenrechtlichen Pflichten mit den Rechtsfolgen des § 9 BAO darstellt (vgl etwa das Erkenntnis vom , 2004/13/0142).
5.) Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für den Abgabenausfall:
Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung betreffend die haftungsgegenständlichen Abgaben konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgabe war.
6.) Ermessen:
Die Heranziehung zur Haftung ist in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist. Dieses Ermessen umfasst auch das Ausmaß der Heranziehung zur Haftung innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens (vgl. ). Im Rechtsmittelverfahren hat die Rechtsmittelbehörde die Ermessensentscheidung im eigenen Namen und unter eigener Verantwortung zu treffen, von sich aus inhaltlich zu gestalten und zu vertreten (vgl. Stoll, BAO, 213).
Bei der Ermessensübung ist auch das Gebot der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung (Verwaltungsökonomie) zu beachten (vgl. Ritz, BAO5, § 20 Tz 9). Weiters kann die Unterscheidung nach Vorsatz und (grober oder leichter) Fahrlässigkeit bei Ausübung des Ermessens zu berücksichtigen sein (vgl. ).
Soweit sich die Ausführungen des Bf. auf die Berücksichtigung des Grades des Verschuldens beziehen, ist zwar festzustellen, dass dem Bf. insbesondere vorzuwerfen ist, dass im Zahlungserleichterungsansuchen das tatsächliche Ausmaß der wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht offengelegt und die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen nicht einmal ansatzweise erwähnt wurden, jedoch ist auch zu berücksichtigen, dass die Zahlungserleichterung Abgaben in der Höhe von Euro 23.648,97 umfasste, von denen nur noch die Kammerumlage 10-12/11 in Höhe von Euro 69,36 haftungsrelevant ist, die jedoch als geringfügig zu bezeichnen ist, weshalb der Beschwerde im Ermessen insoweit stattgegeben wird.
Dass die haftungsgegenständliche Lohnsteuer 2011, der Dienstgeberbeitrag 2011 und der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2011 nicht von der Zahlungserleichterung umfasst war, wurde bereits festgestellt. Da für diese Abgabenschuldigkeiten kein gesondetes Vorbringen erstattet wurde, lagen auch keine Argumente für eine Ermessensentscheidung zu Gunsten des Bf. vor.Im Übrigen kann kein Zusammenhang zwischen der Höhe der Quote und dem Verschulden des Bf. erkannt werden, sodass das nicht näher ausgeführte Vorbrinen des Bf. bei der Ermessensentscheidung keine Berücksichtigung finden kann.
Im Übrigen kann kein Zusammenhang zwischen der Höhe der Quote und dem Verschulden des Bf. erkannt werden, sodass das nicht näher ausgeführte Vorbringen des Bf. bei der Ermessensentscheidung keine Berücksichtigung finden kann.
Sind mehrere potenziell Haftende vorhanden, richtet sich die haftungsrechtliche Verantwortung danach, wer mit der Besorgung der Abgabenangelegenheiten betraut ist. Dass eine solche Aufteilung erfolgt ist, wurde im Beschwerdeverfahren weder behauptet noch nachgewiesen wurde, weshalb die Haftung sämtliche Vertreter gleichermaßen trifft.
Da der Bf. keine triftigen Gründe vorgebracht hat, die die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich machten und auch der weitere Geschäftsführer zur Haftung herangezogen wurde, kann in der Heranziehung des Bw. für die gesamte Haftungsschuld kein Ermessensmissbrauch erkannt werden, zumal es zum Wesen des Gesamtschuldverhältnisses gehört, dass jeder Schuldner für das Ganze haftet und es dem Gläubiger überlassen bleibt, von welchem Schuldner er die Leistung begehren will.
Die Behörde ist daher in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens nicht rechtswidrig vorgegangen, woran auch der Hinweis des Bf. auf seine schlechte wirtschaftliche Lage nichts zu ändern vermag. Diese Ansicht wird vom Verwaltungsgerichtshof in weiteren Erkenntnissen vertreten, indem er ausführt, dass der bloße Hinweis auf die Einkommenssituation des Haftenden keinen Ermessensfehler aufzuzeigen vermag (), es nicht zutrifft, dass die Haftung nur bis zur Höhe der aktuellen Einkünfte bzw. des aktuellen Vermögens des Haftungspflichtigen geltend gemacht werden dürfte (), die Behörde die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigen konnte () und die vom Haftenden geltend gemachten Billigkeitsgründe der Vermögenslosigkeit und Arbeitsunfähigkeit in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung stehen (). Auch schließt eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit nicht aus, dass künftig neu hervorgekommenes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können ().
Zulässigkeit einer ordentlichen Revision:
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.
Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab.
Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.7101901.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at