Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.08.2014, RV/7102816/2011

Fehlanweisung von Familienbeihilfe

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7102816/2011-RS1
Die Gefahr einer Fehlanweisung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag trägt das Finanzamt als Geldschuldnerin. Ist der Geldbetrag bei der Empfängerin als Gläubigerin nicht eingegangen, trifft das Finanzamt als Geldschuldnerin das Verlustrisiko (vgl. 3 Ob2 405/96i m.w.N.). Eine Geldschuld reist auf Gefahr des Schuldners (vgl. ).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde der A C, PLZ2 F 26/2, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Waldviertel, 3950 Gmünd, Albrechtserstraße 4, vom , mit dem zu Unrecht bezogene Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für B+ C (im Bescheid als B C bezeichnet) für den Zeitraum Jänner bis März 2011 zurückgefordert wird, Gesamtbetrag Euro 567,90, Sozialversicherungsnummer X, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) in dem durch den Vorlageantrag eingeschränkten Umfang Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird insoweit abgeändert, als Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für B+ C für die Monate Februar und März 2011 zurückgefordert werden (Familienbeihilfe Euro 261,80, Kinderabsetzbetrag Euro 116,80, zusammen Euro 378,60).

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt Waldviertel gewährte der Berufungswerberin (Bw) und späteren Beschwerdeführerin (Bf), A C, für ihre Tochter B+  im Zeitraum Jänner bis März 2011 Familienbeihilfe (Euro 392,70) und Kinderabsetzbetrag (Euro 175,20) im Gesamtbetrag von Euro 567,90.

Am beantragte der Vater, D C, für B+ Familienbeihilfe, da ihm gemäß Beschluss des Bezirksgerichts Gmünd vom die alleinige Obsorge für B+ zukomme.

Aus diesem Beschluss ergibt sich zur Frage, ob von der Bw zu Recht Familienbeihilfe bezogen wurde, Folgendes:

... Am stellte der Kindesvater den Antrag, der Kindesmutter A C die Obsorge für die mj. B+ zu entziehen und ihm alleine zu übertragen und brachte vor, dass die KM im Mai 2009 den gemeinsamen Wohnsitz in E 2 verlassen habe und nach F gezogen sei. Er selbst habe seither zur KM keinen Kontakt mehr, auch B+ habe Besuchskontakte abgelehnt. B+ habe ihre Mutter das letzte Mal im Sommer 2010 gesehen. Ihre Mutter kümmere sich nicht mehr um sie. Er wolle nun, dass die alleinige Obsorge auf ihn übertragen werde, um die rechtliche Situation dem Istzustand anzugleichen. Er sei in der Lage, B+ ordnungsgemäß zu betreuen. Er lebe mit seiner Tochter im Verein G, wenn er beruflich manchmal im Ausland unterwegs sei, werde B+ ständig betreut. Die mj. B+ sprach sich ebenfalls für eine Übertragung der Obsorge an ihren Vater aus, da sie zu ihrer Mutter fast keinen Kontakt mehr habe.

Die KM A C brachte hiezu vor, dass richtig sei, dass ihre Lebensgemeinschaft mit dem KV seit Mai 2009 aufgehoben sei. Eigentlich sei diese schon früher beendet worden, es hätten aber beide Elternteile weiter im Verbund des Vereins G gelebt. B+ habe sich entschieden, in E zu bleiben, wo sie aufgewachsen sei und die Schule besuche. Sie habe versucht mit ihrer Tochter Kontakt zu halten, diese habe ihr jedoch, von den Vereinsmitgliedern beeinflusst, erklärt, dass sie keinen Besuchskontakt mehr wolle, da nur SGnungen entstehen. Sie wünsche, dass die gemeinsame Obsorge aufrecht bleibe und sehe keinen Grund, ihr die Obsorge zu entziehen, da sie das Wohl des Kindes nicht gefährdet habe. Der KV sei auch nicht in der Lage, die alleinige Obsorge für B+ zu übernehmen. Dieser lebe im Verbund des Vereines G. Auch B+ lebe dort in einem fast geschlossenen System und befürchte sie, dass B+ außerhalb dieses Systems nicht zurecht kommen würde. Unter einem stellte sie den Antrag, ihr die alleinige Obsorge für B+ zu übertragen und brachte vor, dass sie früher zu ihrer Tochter immer eine gute Beziehung gehabt habe und sich auch durchaus in der Lage sehe, die Obsorge verantwortungsbewusst auszuüben.

Die Jugendabteilung Gmünd sprach sich in ihrer Stellungnahme vom , ON 4, für die Übertragung der alleinigen Obsorge an den KV aus und führte hiezu aus, dass der letzte persönliche Kontakt zwischen B+ und ihrer Mutter im Sommer 2010 stattgefunden habe. B+ wohne gemeinsam mit ihrem Vater in der Lebensgemeinschaft G und werde während der berufsbedingten Abwesenheit des Vaters von der väterlichen Großmutter und Tante bzw. Taufpatin betreut. Die Minderjährige sei glücklich bei ihrem Vater und erhalte dort die benötigte Unterstützung und Förderung. Sie wolle auf jeden Fall beim Vater leben bleiben, da sie dort ihre Bezugspersonen habe. Es gebe keine Gründe, die Mj. aus ihrem gewohnten Umfeld zu reißen bzw. sich gegen den Wunsch der bereits 14.Jahre alten Mj. auszusprechen...

Das Finanzamt Waldviertel forderte hierauf mit Bescheid vom von der Bw für den Zeitraum Jänner bis März 2011 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für B+ (im Bescheid als B bezeichnet) gemäß § 26 FLAG 1967 zurück und begründete dies wie folgt:

Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Berufung der Bw vom mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides:

Bezugnehmend auf die Familienbeihilfe sowie den Kinderabsetzbetrag für B+ C (Versicherungsnummer ...) für den Zeitraum von Jänner 2011- März 2011, teile ich Ihnen mit, dass ich die Auszahlung der betreffenden Beträge durch die Post NICHT entgegengenommen habe, da erstens für diesen Zeitraum bereits Herr D C (Vater von B+ C) die Obsorge alleinig innehat und die obgenannten Beträge an die Adresse PLZ1 E 2 ausbezahlt wurden (wahrscheinlich noch auf meinen Namen). ln dem angeführten Zeitraum habe ich bereits in PLZ2 F 26/2 gewohnt, aus diesem Grund konnte ich die Auszahlung gar nicht persönlich in E entgegennehmen. Aus Ihrem Bescheid entnehme ich, dass die Auszahlung zwar erfolgt und daher auch unterschrieben worden sein muss, jedoch entzieht es sich meiner Kenntnis, wer den Auszahlungsbeleg unterschrieben hat.

Das Finanzamt erhob in weiterer Folge, dass die Bw bis an der Adresse PLZ1 E 2 bzw 2/1 gemeldet war und am ihren Hauptwohnsitz nach PLZ2 F 26/2 verlegt hat.

Darüberhinaus ermittelte das Finanzamt bei der BAWAG P.S.K. AG, dass ein Betrag von Euro 378,60, der an die Bw an die Adresse PLZ1 E 31 überwiesen wurde, am von einer Mitbewohnerin H C übernommen wurde. Ein Betrag von Euro 378,60 wurde an die Bw an die Adresse PLZ2 F 26/2 überwiesen und am von I J als Mitbewohnerin übernommen.

Ohne Vorhalt dieses Ermittlungsergebnisses erließ das Finanzamt mit Datum eine abweisende Berufungsvorentscheidung:

Gem. § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört.

Laut Beschluss des Bezirksgerichts Gmünd sind Sie bereits im Jahr 2010 aus dem gemeinsamen Haushalt in PLZ1 ausgezogen.

Personen, denen Familienbeihilfe gewährt wird, sind gem. § 25 FLAG verpflichtet Tatsachen, die bewirken das der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder Kinder, für die Familienbeihilfe gewährt wird zu melden.

Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache bei dem nach § 13 zuständigen Finanzamtes zu erfolgen.

Diese Meldung wurde Ihrerseits nicht getätigt und kann als Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe bestraft werden.

Wer die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag für Jänner bis März 2011 für Ihre Tochter B wurden, wie in den Zeiträumen zuvor, mittels Postanweisung überwiesen.

Die Nachforschungen bei der Post haben ergeben, dass der Betrag von Eur 378,60 am von Frau H C und am von Frau J I übernommen wurde.

Aus § 26 Abs. 1 FLAG ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht für denjenigen der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat. Die Rückzahlungspflicht gern. § 26 Abs. 1 FLAG trifft ausschließlich den Bezieher der Familienbeihilfe. Die Verpflichtung der Rückzahlung ist von subjektiven Momenten unabhängig, beispielsweise ob die Familienbeihilfe gutgläubig empfangen worden ist, wie sie verwendet worden ist oder ob die Rückzahlung eine Härte bedeutet (vgl. VwgH vom , 2002/13/0079-5). Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (; , 85/14/0130, , 96/15/0001).

Aufgrund der oben angeführten Ausführungen ist die Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbetrag für die Monate Jänner bis März 2011 für Ihre Tochter B zurückzufordern.

Am überwies die Bw einen Betrag von Euro 378,60 mit dem Vermerk "Rückzahlung Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag Februar und März 2011 Vers.Nr. X auf das Konto des Finanzamts bei der BAWAG P.S.K. AG.

Ebenfalls am stellte die Bw Vorlageantrag:

Gegen die Berufungsvorentscheidung, zugestellt am , betreffend die Berufung vom meinerseits gegen den Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge vom , wird

Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde 2. Instanz

erhoben.

Es handelt sich um folgende Beträge:

- Familienbeihilfe für Jänner 2011 EUR 130,90

- Kinderabsetzbetrag für Jänner 2011 EUR 58,40

ln Bezug auf Ihren Bescheid über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge und Ihre Berufungsvorentscheidung teile ich Ihnen mit, dass der Betrag von EUR 378,60, welcher von Frau J I mit Adresse PLZ2 F26/1 am übernommen und an mich weitergegeben wurde, von mir nicht als reguläre Auszahlung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für Februar und März 2011 registriert wurde, da ich diese Auszahlungen seit Änderung meines Wohnsitzes im Juli 2009 nie persönlich erhalten hatte, da sie immer auf die Adresse PLZ1 E 2, erfolgten (wo meine Tochter B+ C im "Internat" untergebracht ist) und auf der PSK-Anweisung der Wortlaut "Rückzahlung" vermerkt ist (siehe beiliegende Kopie); aus diesem Grunde dachte ich, es handle sich um eine Rückerstattung vom Finanzamt. Doch da es sich lt. Ihrem Schreiben um die reguläre Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag handelt, habe ich diesen Betrag nun mit heutigem Datum bereits an das Finanzamt rücküberwiesen (siehe Beilage).

Was die oben angeführten Beträge für Jänner 2011 betrifft, so habe ich diese nicht übernommen und auch nicht erhalten, da diese Beträge in der Postanweisung vom enthalten waren, welche von Frau H C mit Auszahlungsadresse PLZ1 E 2 übernommen wurde.

Grundsätzlich möchte ich noch anmerken, dass es mir nicht bekannt war, dass ich die Änderung meiner Anschrift beim Finanzamt betreffend die Auszahlung der Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag zu melden hatte. Vor allem auch deshalb nicht, da diese Auszahlungen immer in die Kassa der Treuhänderin der K L GesnbR transferiert wurden und ich persönlich diese Beträge nie zur Verfügung hatte - insofern hatte sich für mich nichts geändert, da die Beträge ja über die Verwaltung durch die Treuhänderin meiner Tochter zugute kommen sollten, die nach wie vor im Gemeinschaftsprojekt "G" mit Adresse PLZ1 E 2 lebt und deren Obsorge nun seit Dezember 2010 der Kindesvater über hat.

Gemäß Ihrer Berufungsvorentscheidung betrifft die Rückzahlungspflicht ausschließlich den Bezieher der Familienbeihilfe (sprich: die namentlich vermerkte Person am Auszahlungsbeleg)- wie kann das sein, wenn dieser aber die Familienbeihilfe nicht erhalten hat- was aufgrund der Unterschrift auf der Postanweisung bzw. aufgrund der abweichenden Adresse nachvollziehbar und beweisbar ist? Wie kann es sein, dass ich von Gesetzes wegen Beträge zurückzahlen muss, welche ich aber gar nicht erhalten habe? Weiters stellt sich mir diesbezüglich auch die Frage, wieso die Post Beträge an jemanden auszahlen kann, der sich nicht als Bezieher dieser Auszahlung legitimiert- auch dafür muss es doch wohl gesetzliche Regelungen geben.

Falls der von mir geschilderte Sachverhalt vielleicht noch Fragen aufwirft, stehe ich Ihnen dafür natürlich jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Berufung dem damaligen Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz vor.

Eine Erledigung der Berufung durch den Unabhängigen Finanzsenat erfolgte nicht.

Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind am beim Unabhängigen Finanzsenat anhängig gewesenen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen .

Am erfolgte auf Grund langanhaltender Erkrankung der zunächst zuständig gewesenen Richterin des BFG ein Wechsel der Richterin gemäß § 9 Abs. 9 BFGG.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Unstrittig ist, dass die Bf im Zeitraum Jänner bis März 2011 mit ihrer Tochter B+ weder im gemeinsamen Haushalt gelebt noch für den Unterhalt von B+ überwiegend aufgekommen ist.

Desweiteren steht fest, dass die Bf bis an der Adresse PLZ1 E 2 bzw 2/1 gemeldet war und am ihren Hauptwohnsitz nach PLZ2 F 26/2 verlegt hat.

Schlußendlich ist unstrittig, dass das Finanzamt einen Betrag von Euro 378,60 der Bf an die Adresse PLZ2 F 26/2 überwiesen hat, welcher am von I J als Mitbewohnerin übernommen wurde. Dieser Betrag wurde der Bf von ihrer Mitbewohnerin auch ausgefolgt.

Nach der Aktenlage hat das Finanzamt ferner einen Betrag von Euro 378,60, der Bf an die Empfängeradresse PLZ1 E 31 überwiesen, am H C als "Mitbewohnerin" übernommen wurde.

Die Adressänderung der Bf wurde von dieser dem Finanzamt nicht mitgeteilt.

Es ist nicht  feststellbar, dass die Bf am in PLZ1 E, ob in Haus Nr. 31 oder in Haus Nr. 2, gewohnt hat, und H C zu diesem Zeitpunkt "Mitbewohnerin" der Bf war.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Bf der an die Empfängeradresse PLZ1 E 31 überwiesene Betrag vom Euro 378,60 jemals zukam.

Rechtsgrundlagen

§ 2 FLAG 1967 lautet auszugsweise:

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.

(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c) sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

§ 11 FLAG 1967 lautet:

§ 11. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 4, für jeweils zwei Monate innerhalb des ersten Monats durch das Wohnsitzfinanzamt automationsunterstützt ausgezahlt.

(2) Die Auszahlung erfolgt durch Überweisung auf ein Girokonto bei einer inländischen oder ausländischen Kreditunternehmung. Bei berücksichtigungswürdigen Umständen erfolgt die Auszahlung mit Baranweisung.

(3) Die Gebühren für die Auszahlung der Familienbeihilfe im Inland sind aus allgemeinen Haushaltsmitteln zu tragen.

§ 25 FLAG 1967 lautet:

§ 25. Personen, denen Familienbeihilfe gewährt oder an Stelle der anspruchsberechtigten Person ausgezahlt (§ 12) wird, sind verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, daß der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt wird, zu melden. Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache, bei dem nach § 13 zuständigen Finanzamt zu erfolgen.

§ 26 FLAG 1967 lautet:

§ 26. (1) Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

(2) Zurückzuzahlende Beträge nach Abs. 1 können auf fällige oder fällig werdende Familienbeihilfen angerechnet werden.

(3) Für die Rückzahlung eines zu Unrecht bezogenen Betrages an Familienbeihilfe haftet auch derjenige Elternteil des Kindes, der mit dem Rückzahlungspflichtigen in der Zeit, in der die Familienbeihilfe für das Kind zu Unrecht bezogen worden ist, im gemeinsamen Haushalt gelebt hat.

(4) Die Oberbehörden sind ermächtigt, in Ausübung des Aufsichtsrechtes die nachgeordneten Abgabenbehörden anzuweisen, von der Rückforderung des unrechtmäßigen Bezuges abzusehen, wenn die Rückforderung unbillig wäre.

Im Abkommen zu den Postzahlungsdiensten BGBl. III Nr. 53/2008 wird die Postanweisung (entspricht der Baranweisung i.S.d § 11 FLAG 1967) wie folgt beschrieben:

1. Gewöhnliche Postanweisung

1.1. Der Auftraggeber zahlt einen Betrag am Schalter der Post ein bzw. veranlasst dessen Abhebung von seinem Konto und verlangt die Barauszahlung des Gesamtbetrages ohne Abzüge an den Empfänger.

2. Verrechnungsanweisung

2.1. Der Auftraggeber zahlt einen Betrag am Schalter der Post ein und verlangt, dass dieser zur Gänze und ohne Abzüge auf das von einer Postverwaltung oder anderen Geldinstituten geführtes Konto der Empfängers überwiesen wird.

3. Nachnahmeanweisung

3.1. Der Empfänger einer „Nachnahmesendung“ übergibt Gelder oder ordnet deren Abbuchung von seinem Konto an und verlangt die Auszahlung des gesamten Betrags ohne Abzüge an den Absender der „Nachnahmesendung“.

Auf Postanweisungen in Papierform im Sinne der Definition des Weltpostvereins ist das Zahlungsdienstegesetz BGBl. I Nr. 66/2009 nicht anzuwenden.

Eine Postanweisung ist eine Geldsendung, die dem Empfänger durch den Briefträger in bar zugestellt wird.

Gemäß § 255 Postordnung BGBl. Nr. 110/1957, aufgehoben durch BGBl. Nr. 765/1996, war die Post verpflichtet, von einem Absender bei einem Postamt eingezahlte Geldbeträge an einen Empfänger auszuzahlen, wenn der Auftrag hiezu mit einer Postanweisung erteilt wird. Gemäß § 259 leg. cit. galten die postordnungsmäßigen Bestimmungen über die Aufgabe von Postsendungen sinngemäß für die Einzahlung von Geldbeträgen.

Nach den Geschäftsbedingungen der BAWAG P.S.K. AG (https://www.bawagpsk.com/linkableblob/BAWAG/13156/data/Baranweisungen_Geschaeftsbedingungen_Jan2011-data.pdf) ist die Zustellung von Geldbeträgen wie folgt geregelt:

Grundsätzlich erfolgt ein Zustellversuch des Geldbetrages an die angegebene Empfängeradresse bis zur Betragsgrenze von € 3.000,-- pro P.S.K.Anweisung. In folgenden Fällen erfolgt eine schriftliche Benachrichtigung des Empfängers, dass die Abholung des Geldbetrages grundsätzlich in jeder Postfiliale in Österreich bis zum Ende der Gültigkeit möglich ist:

• Wenn der Zustellversuch des Geldbetrages an den Empfänger erfolglos ist.

• Bei Beträgen über € 3.000,- pro PSK Anweisung.

• Wenn die Zustellung der Geldbeträge für die Post AG mit einem erhöhten Sicherheitsrisiko

verbunden ist.

Die Zustellung bis zu einer Höhe von € 1.500,- (= Ersatzzustellgrenze) ist ordnungsgemäß, wenn der Geldbetrag statt an den Empfänger oder den Übernahmsberechtigten an eine andere, an der Empfängeradresse anwesende, geschäftsfähige Person ausbezahlt wird (= Ersatzempfänger).

Die BAWAG P.S.K. behält sich vor, die Auszahlung in der Post-Geschäftsstelle an den Ersatzempfänger nur gegen zusätzliche Vorlage (gemäß den sonstigen Voraussetzungen nach diesen Bedingungen und den AGB Brief National der Österreichischen Post AG) eines amtlichen Lichtbildausweises des Empfängers oder der Geburtsurkunde des Empfängers (gegebenenfalls samt beglaubigter Übersetzung), vorzunehmen.

Rechtliche Würdigung

Nicht mehr strittig ist, das die Bf den Betrag von Euro 378,60, am  von I J als Mitbewohnerin übernommen wurde, erhalten hat, und dass der Bf dieser Betrag zu Unrecht überwiesen wurde.

Die Bw hat diesen Betrag dem Finanzamt auch rücküberwiesen.

Die unzutreffende Schreibweise des Namens der Tochter mit B statt mit B+ im angefochtenen Bescheid ist unbeachtlich, da den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens klar ist, wer mit "B" gemeint ist.

Die Beschwerde erweist sich daher hinsichtlich der Monate Februar und März 2011 als unbegründet, diesbezüglich wurde das Begehren im Vorlageantrag auch nicht mehr aufrecht erhalten.

Streitgegenständlich ist daher nur noch die Zahlung für Jänner 2011.

Das Finanzamt hat die Familienbeihilfe (und den Kinderabsetzbetrag) für Dezember 2011 und für Jänner 2011, insgesamt Euro 378,60, der Bf an die Empfängeradresse PLZ1 E 31 überwiesen.

Das die Bf jemals an der Adresse PLZ1 E 31 gewohnt hätte, lässt sich dem vom Finanzamt vorgelegten Akt nicht entnehmen.

Der Bf ist daher in Bezug auf den Erhalt der Familienbeihilfe für Jänner 2011 nicht vorzuwerfen, dass sie ihre Adressänderung dem Finanzamt nicht bekanntgegeben hat, da ihre vorherige Adresse PLZ1 E 2 und nicht PLZ1 E 31 war.

Das Finanzamt hat den Betrag von Euro 378,60 an eine unrichtige Empfängeradresse überwiesen.

Der am  von H C an der Adresse PLZ1 E 31 übernommene Betrag kam nach dem unwidersprochenen Vorbringen der Bf dieser niemals zu.

Die Gefahr einer Fehlanweisung trägt das Finanzamt als Geldschuldnerin. Ist der Geldbetrag bei der Bw als Gläubigerin nicht eingegangen, trifft das Finanzamt als Geldschuldnerin das Verlustrisiko (vgl. 3 Ob2 405/96i m.w.N.). Eine Geldschuld reist auf Gefahr des Schuldners (vgl. ).

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher hinsichtlich der Rückforderung für den Monat Jänner 2011 als rechtswidrig (Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG), er ist in diesem Umfang gemäß § 279 BAO ersatzlos aufzuheben. Hinsichtlich der Monate Februar und März 2011 ist der angefochtene Bescheid - wie von der Bf nicht mehr bestritten - mit der Maßgabe zu bestätigen, dass die Rückforderung Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für B+ (und nicht für "B") betrifft.

Nichtzulassung der Revision

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig, da es sich um keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung handelt, sondern diese in der in der Entscheidung dargestellten Rechtsprechung der Höchstgerichte geklärt ist.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Schlagworte
Familienbeihilfe
Kinderabsetzbetrag
Rückforderung
Barauszahlung
Baranweisung
Gefahrtragung
Verweise
3 Ob2 405/96i
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7102816.2011

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at