Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 15.05.2014, RV/7101935/2009

Entschädigung von Wiederbeschaffungskosten bei freiwilliger Veräußerung zur Vermeidung einer Enteignung

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/7101935/2009-RS2
hier: nachträgliche Leistung auf Grund einer Meistbegünstigungsklausel.
Folgerechtssätze
RV/7101935/2009-RS1
wie RV/3878-W/08-RS1
Werden bei einer freiwilligen Veräußerung zur Vermeidung einer Enteignung Wiederbeschaffungskosten (Kosten für die Grundbuchseintragung, Grunderwerbsteuer, Kosten der Vertragserrichtung etc. für eine allfällige Beschaffung von Ersatzgrund) im Vorhinein entschädigt, so sind diese als Teil der Gegenleistung in die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage einzubeziehen. Es handelt sich dabei nicht um eine besondere Entschädigung für eine Wertminderung der nicht enteigneten Grundstücke.
RV/7101935/2009-RS2
wie RV/0036-I/03-RS1
Ist der Erwerber (Übernehmer) eines Grundstückes eine aufschiebend bedingte Verpflichtung zur Bezahlung von Entfertigungszahlungen an die Geschwister bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses eingegangen und erfüllte diese Verpflichtung infolge der unbestritten vorliegenden kausalen Verknüpfung mit der Grundstücksübernahme die allgemeinen Kriterien einer Gegenleistung, so wird diese Verpflichtung mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung zur nachträglichen zusätzlichen Gegenleistung im Sinne des § 5 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987. Mit Eintritt der Bedingung entsteht insoweit eine neue Grunderwerbsteuer(schuld). Diese ist durch einen zusätzlichen (selbständigen) Grunderwerbsteuerbescheid festzusetzen. Mangels Eintrittes der aufschiebenden Bedingung erfolgte die Einbeziehung der streitgegenständlichen Entfertigungszahlungen in die Gegenleistung rechtswidrig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in den Beschwerdesachen Bf. über die Beschwerde gegen die Bescheide des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vom , ErfNr., betreffend Grunderwerbsteuer zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und die angefochtenen Bescheide werden abgeändert wie folgt:

Erwerb von H.:

Die Grunderwerbsteuer wird festgesetzt mit € 632,33
(Gemäß § 7 Z 3 GrEStG 1987 3,5% von der Gegenleistung in Höhe von € 18.066,57)

Der Spruchteil "Die Festsetzung erfolgt gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig" entfällt.

Erwerb von S.:

Die Grunderwerbsteuer wird festgesetzt mit € 632,33
(Gemäß § 7 Z 3 GrEStG 1987 3,5% von der Gegenleistung in Höhe von € 18.066,57)

Der Spruchteil "Die Festsetzung erfolgt gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig" entfällt.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensablauf

Mit elektronischer Abgabenerklärung vom erklärte die Bf. durch ihren Bevollmächtigten gegenüber dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (FAG) einen der Grunderwerbsteuer unterliegenden Erwerb von H. und von S. jeweils um einen Kaufpreis von € 16.913,38.
Als Vertragsdatum und Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld wurde der erklärt.

In der im Bemessungsakt in Kopie einliegenden, lt. Vermerk des Bevollmächtigten vom der oa. Abgabenerklärung zu Grunde liegenden Urkunde wurde auszugweise Folgendes beurkundet:

ÜBEREINKOMMEN
abgeschlossen zwischen H., .....und S., ..... im Folgenden kurz Verkäufer/in genannt einerseits
und der
Bf ,......
im Folgenden kurz Käuferin genannt andererseits.

I. Gegenstand


Gegenstand dieses Übereinkommens ist die Grundeinlöse.
Der/die Verkäufer/in ist bücherliche/r Eigentümer/in der nachstehend angeführten Liegenschaft, von der das/die im Punkt II. aufgelistete Grundstück/e durch die Käuferin voraussichtlich wie folgt beansprucht und zu den ebenfalls nachstehend vereinbarten Entschädigungsbeträgen, gemäß Gutachten von DIinkl. Grundeinlöseplanauszug, eingelöst werden:

II. Beanspruchung und Ablöse

<....>

Der/die Verkäufer/in überträgt die nach Punkt II. eingelösten Grundflächen und die Käuferin übernimmt diese in dem für die Durchführung des Bauvorhabens notwendigen Ausmaß um die sich nach der tatsächlichen Inanspruchnahme rechnerisch sich ergebende Ablösesumme in das Eigentum der Käuferin. Die Abwicklung des Rechtsgeschäftes erfolgt über die Käuferin.
Mit der Bezahlung der nach Endabrechnung berechneten Entschädigung sind sämtliche wie immer gearteten Ansprüche gegenüber der Käuferin abgegolten.

III. Mehrbeanspruchung

Sollte die Käuferin zur Durchführung des Bauvorhabens noch weitere geringfügige Grundflächen (im Ausmaß von nicht mehr als jeweils 10 % plus 100 m2 der im Punkt II. angeführten Flächen) benötigen, so können diese zum vereinbarten m2-Preis und zu denselben Bedingungen ohne weitere Verhandlung zusätzlich in Anspruch genommen werden. Dasselbe gilt für eine Mehrbeanspruchung bis zu 20 m2, wenn die im Punkt II. angegebene Grundbeanspruchung weniger als 200 m2 beträgt.

Es wird zugesichert, dass eine zum Zeitpunkt der Vertragserrichtung stehende Frucht abgeerntet werden kann oder Entschädigung geleistet wird.

IV. Lastenfreiheit
.........................

V. Benützung und Genehmigungen

Die Käuferin sowie die von ihr beauftragten bauausführenden Unternehmen und deren Organe sind berechtigt, die gemäß Punkt II. voraussichtlich benötigten Grundflächen sofort mit Beginn des Straßenbaues oder bei vorausgehenden notwendigen Vorarbeiten in Besitz zu nehmen.
…………………………

VI. Zahlungsmodalitäten

Die Käuferin ist verpflichtet, innerhalb von 6 Wochen nach eventueller Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung und nach Vorlage eventueller LastenfreisteIlungsurkunden auf den im Punkt II. vereinbarten Ablösebetrag eine Anzahlung in Höhe von 90 % zu leisten.

Die sich nach Vermessung und Feststellung der tatsächlichen Inanspruchnahme rechnerisch ergebende Restablösesumme ist von der Käuferin binnen 6 Wochen nach Vorliegen des durch das zuständige Vermessungsamt bestätigten Vermessungsergebnisses zuzüglich 4 % p.a. (linear) ab dem Zeitpunkt der Anzahlung, aber nicht vor grundbuchsfähiger Unterfertigung der für die Herstellung der Grundbuchsordnung erforderlichen Urkunden, an den/die Verkäufer zu leisten.

Ergibt die Abrechnung jedoch eine solche Minderbeanspruchung, dass sich daraus eine geringere Ablösesumme als der vorgenannten ausgezahlte Betrag errechnet, hat der/die Verkäufer/in oder dessen/deren Rechtsnachfolger den Überzahlungsbetrag unverzinst binnen 6 Wochen nach Aufforderung an die Käuferin zurückzuzahlen. Ab dem Tag des Ablaufes dieser sechswöchigen Frist ist die Käuferin berechtigt, Verzugszinsen in der Höhe von 3 % p.a. über dem Basiszinssatz in Rechnung zu stellen.

VII. Grundbuchsangelegenheiten

Die Herstellung der Grundbuchsordnung einschließlich der von der Käuferin für erforderlich gehaltenen Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung wird durch die Käuferin auf deren Kosten veranlasst.

Sollte die Herstellung der Grundbuchsordnung vor Ablauf der Rechtswirksamkeit der angemerkten Rangordnung nicht möglich sein, verpflichte/t/n sich der/die Verkäufer/in, auf Verlangen der Käuferin spätestens ein Monat vor Ablauf der Rangordnung ein neuerliches Anmerkungsgesuch zu unterfertigen.

Der/die Verkäufer/in verpflichte/t/n sich ausdrücklich, sämtliche für die Verbücherung notwendigen Urkunden den Erfordernissen des Grundbuchsgesetzes entsprechend gegen Kostenersatz zu unterfertigen.

………………………….

XIV. Meistbegünstigungsklausel

Zum Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsabschlusses gleichwertige Grundflächen werden den Eigentümern für das gegenständliche Straßenbauprojekt und dessen Nebenanlagen zu gleichen Preisen abgegolten. Sollte ein Eigentümer für eine zum Zeitpunkt des jeweiligen Vertragsabschlusses gleichwertige Grundfläche einen höheren Kaufpreis pro Quadratmeter erzielen, als in diesem Vertrag vereinbart, so erhöht sich der Kaufpreis pro Quadratmeter aus diesem Vertrag entsprechend. In gleicher Weise verpflichtet sich der Käufer zur Gleichbehandlung in Bezug auf die Vertragsbedingungen. Diese Meistbegünstigungsklausel ist nur bei Rechtsgeschäften wie dem vorliegenden Vertrag vor Einleitung eines behördlichen Verfahrens anwendbar.
………………………….

D., am <Unterschriften Verkäufer>
………….am       <Unterschrift Bf.>

Auf Grund der Erklärungen der Bf. und des vorliegenden Übereinkommens setzte das FAG unter Hinzurechnung der Wiederbeschaffungskosten zu den erklärten Beträgen gegenüber der Bf. mit gesonderten Grunderwerbsteuerbescheiden vom je Erwerbsvorgang Grunderwerbsteuer von einem anteiligen Kaufpreis von € 18.181,89 in Höhe von € 636,36 gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig fest.

In der gegen diese Bescheide rechtzeitig eingebrachten Berufung wendete die Bf. ein, dass die Berechnung nicht nachvollziehbar sei. Selbst unter der Annahme, dass die unter dem Titel Wiederbeschaffungskosten gewährte Entschädigung grunderwerbsteuerpflichtig wäre, sei die vom Finanzamt ermittelte Gegenleistung unrichtig.

Dem entsprechend beantragte die Bf. die Grunderwerbsteuer jeweils ausgehend von der erklärten Gegenleistung von € 16.913,38 festzusetzen.

Mit Berufungsvorentscheidungen vom wies das FAG die Berufung mit der Begründung ab, dass Entschädigungen, die der Erwerber dem Veräußerer dafür gewähre, dass der Veräußerer der Grundstücke durch den Verkauf wirtschaftliche Nachteile erleide, grundsätzlich als Teil der Gegenleistung anzusehen seien, weil sie mit dem Erwerb des Grundstückes in einem inneren Zusammenhang stünden. Nicht zur Gegenleistung gehörten aber die besondere Entschädigung für eine Wertminderung der nicht enteigneten Grundstücke ( § 5 Abs. 1 Z 7 GrEStG 1987. z.B. Feldverkürzung).

Dagegen brachte die Bf. einen Vorlageantrag ein.

Ausdrücklich erklärte die Bf. im Vorlageantrag, die Wiederbeschaffungskosten würden gewährt, um dem Verkäufer die Möglichkeit zu geben um den gewährten Entschädigungsbetrag wieder Grundstücke ankaufen zu können und es sollten die Wiederbeschaffungskosten ausschließlich dazu dienen, die mit dem Liegenschaftsanteil verbundenen Steuern, Gebühren und Kosten abzudecken.

In der Folge erklärte die Bf. gegenüber dem FAG unter Hinweis auf die vertragliche Verpflichtung, im Falle einer Preiserhöhung eine Nachzahlung leisten zu müssen, eine Erhöhung des Gesamtablösebetrages und übermittelte weiters ein Zusatzabkommen über die Ablösung einer Restfläche.
Mit Schreiben vom leitete das FAG diese Eingabe samt bezughabenden Bemessungsakt an den unabhängigen Finanzsenat weiter.

Da die gegenständliche Berufung am beim unabhängigen Finanzsenat anhängig war, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung gemäß § 323 Abs. 38 BAO auf das Bundesfinanzgericht übergegangen und ist die Rechtssache als Beschwerde im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Sachverhalt und Beweiswürdigung

Fest steht, dass die Bf. wie von ihr erklärt, am das oben dargestellte Übereinkommen mit H. und S. wie beurkundet abgeschlossen hat.

Bei den Wiederbeschaffungskosten handelt es sich tatsächlich um einen Ersatz der Kosten für eine Wiederbeschaffung der von der Bf. beanspruchten Grundstücke. Dass es sich dabei um eine Entschädigung für eine Wertminderung der Restgrundstücke handeln würde, wurde weder behauptet noch kann dies vermutet werden.

Der Sachverhalt ergibt sich aus den Erklärungen der Bf. und den vorgelegten Urkunden.

Rechtslage

Auf Grund des § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1987 unterliegen Kaufverträge und andere Rechtsgeschäfte, die einen Anspruch auf Übereignung begründen, der Grunderwerbsteuer soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen.

Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG 1987 ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Gegenleistung ist nach § 5 Abs. 1 GrEStG 1987 bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen (Z 1) und bei der Enteignung die Entschädigung. Wird ein Grundstück enteignet, das zusammen mit anderen Grundstücken eine wirtschaftliche Einheit bildet, so gehört die besondere Entschädigung für eine Wertminderung der nicht enteigneten Grundstücke nicht zur Gegenleistung; dies gilt auch dann, wenn ein Grundstück zur Vermeidung der Enteignung freiwillig veräußert wird (Z 7).

Auf Grund des § 5 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987 gehören zur Gegenleistung auch Leistungen, die der Erwerber des Grundstückes dem Veräußerer neben der beim Erwerbsvorgang vereinbarten Gegenleistung zusätzlich gewährt.

Nach § 8 Abs. 1 GrEStG 1987 entsteht die Steuerschuld, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist.
Ist die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung oder von der Genehmigung einer Behörde abhängig, so entsteht die Steuerschuld gemäß § 8 Abs. 2 GrEStG 1987 erst mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung.

Auf Grund des § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987 wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird.

Nach § 1 Abs. 1 BewG 1955 gelten die Bestimmungen des ersten Teiles dieses Bundesgesetzes (§§ 2 bis 17), soweit sich nicht aus den abgabenrechtlichen Vorschriften oder aus dem zweiten Teil dieses Gesetzes etwas anderes ergibt, für die bundesrechtlich geregelten Abgaben (damit auch für die Grunderwerbsteuer) sowie für die bundesrechtlich geregelten Beiträge an sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechtes und an Fonds.

Die somit nach Maßgabe des § 1 Abs. 1 BewG 1955 grundsätzlich auch für die Grunderwerbsteuer geltenden §§ 4 bis 8 BewG 1955 lauten wie folgt:

"§ 4. Aufschiebend bedingter Erwerb
Wirtschaftsgüter, deren Erwerb vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, werden erst berücksichtigt, wenn die Bedingung eingetreten ist.
§ 5. Auflösend bedingter Erwerb.
(1) Wirtschaftsgüter, die unter einer auflösenden Bedingung erworben sind, werden wie unbedingt erworbene behandelt. Die Vorschriften über die Berechnung des Kapitalwertes der Nutzungen von unbestimmter Dauer (§ 15 Abs. 2 und 3, § 16, § 17 Abs. 3) bleiben unberührt.
(2) Tritt die Bedingung ein, so ist die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern auf Antrag nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbes zu berichtigen. Der Antrag ist bis zum Ablauf des Jahres zu stellen, das auf den Eintritt der Bedingung folgt. Die Antragsfrist ist eine Ausschlußfrist.
§ 6. Aufschiebend bedingte Lasten.
(1) Lasten, deren Entstehung vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, werden nicht berücksichtigt. (2) Für den Fall des Eintrittes der Bedingung gilt § 5 Abs. 2 entsprechend. § 7. Auflösend bedingte Lasten.
(1) Lasten, deren Fortdauer auflösend bedingt ist, werden, soweit nicht ihr Kapitalwert nach § 15 Abs. 2 und 3, § 16, § 17 Abs. 3 zu berechnen ist, wie unbedingte abgezogen.
(2) Tritt die Bedingung ein, so ist die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern entsprechend zu berichtigen.
§ 8. Befristung auf einen unbestimmten Zeitpunkt.
Die §§ 4 bis 7 gelten auch, wenn der Erwerb des Wirtschaftsgutes oder die Entstehung oder der Wegfall der Last von einem Ereignis abhängt, bei dem nur der Zeitpunkt ungewiß ist."

Erwägungen

Der Begriff der Gegenleistung im Sinne der §§ 4 und 5 GrEStG 1987 ist ein dem Grunderwerbsteuergesetz eigentümlicher Begriff, der über den bürgerlich-rechtlichen Begriff der Gegenleistung hinausgeht. Jede denkbare Leistung, die für den Erwerb des Grundstückes vom Erwerber versprochen wird, bildet einen Teil der Bemessungsgrundlage (vgl. ).

Der Begriff der Gegenleistung im Grunderwerbsteuergesetz ist im wirtschaftlichen Sinn (§ 21 BAO) zu verstehen. Für die Beurteilung der Gegenleistung kommt es nicht auf die äußere Form der Verträge, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt an, der nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu ermitteln ist. Unter einer Gegenleistung ist daher jede geldwerte entgeltliche Leistung zu verstehen, die für den Erwerb des Grundstückes zu entrichten ist (vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 5 zu § 5, samt angeführter Rechtsprechung).

Steht die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen oder "inneren" Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes anzusehen. Für die Frage nach der finalen Verknüpfung zwischen Erwerbsvorgang und Gegenleistung ist es unerheblich, ob mehrere abgeschlossene Verträge nach dem Willen der jeweils vertragschließenden Parteien zivilrechtlich ihren Bestand nach voneinander abhängig sein sollen (Fellner aaO, Rz 9 zu § 5, samt angeführter Rechtsprechung).

Gegenleistung ist die Summe dessen, was der Käufer an wirtschaftlichen Werten dagegen zu leisten verspricht, dass er das Grundstück erhält. Leistungen, die der Erwerber nicht für den Erwerb des Grundstückes, sondern für andere Leistungen des Veräußerers erbringt, gehören nicht zur Bemessungsgrundlage, dies allerdings nur dann, wenn solche Gegenleistungen mit dem Grundstück in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Steht hingegen die Leistung des Erwerbers in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen oder "inneren" Zusammenhang mit der Erwerbung des Grundstückes, dann ist sie als Gegenleistung im Sinne des Gesetzes anzusehen. Bei der Beurteilung dieses Zusammenhanges ist vom wahren wirtschaftlichen Gehalt des Erwerbsvorganges auszugehen.

Die Wiederbeschaffungskosten stehen in einem unmittelbaren, tatsächlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Erwerb des Grundstückes (vgl. ; ) und waren daher als Gegenleistung im Sinne des § 5 GrEStG 1987 in die Grunderwerbsteuerbemessungsgrundlage miteinzubeziehen.

Es war jedoch die Grunderwerbsteuer insoweit zu berichtigen, als das FAG der Bemessungsgrundlage (Grundwert + Wiederbeschaffungskosten + 10%iger Akzeptanzzuschlag vom Grundwert) ohne dass dies im Übereinkommen Deckung fände, einen Betrag, der 10% der Entschädigung der Wiederbeschaffungskosten entspricht, zugeschlagen hat.

Die Gegenleistung ermittelt sich wie folgt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
GrundwertEntschädigung Wiederbeschaffungskosten
Akzeptanzzuschlag 10% vom GrundwertGesamtgegenleistungdavon je ½ pro Erwerbsvorgang
€€€€€
30.751,602.306,373.075,1736.133,1418.066,57

Der vom FAG in den angefochtenen Bescheiden ohne weitere Begründung getroffene Ausspruch über die Vorläufigkeit gemäß § 200 Abs. 1 BAO hatte zu entfallen, da nach dieser Bestimmung eine Abgabe nur dann vorläufig festgesetzt werden kann, wenn die Abgabepflicht oder der Umfang der Abgabepflicht nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens noch ungewiss ist.
Eine Ungewissheit nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens liegt hier jedoch nicht vor.

Mit dem gegenständlichen Übereinkommen vom hat die Bf. einen Übereignungsanspruch an den vertragsgegenständlichen Liegenschaften um einen bestimmten Preis erworben.
Dem entsprechend wurde von der Bf. erklärt, dass die Steuerschuld am entstanden sei.

Da der Umfang des Erwerbsgegenstandes von dem sich erst künftig ergebenden, mehr oder weniger notwendigen Ausmaß für die Durchführung des Bauvorhabens abhängig gemacht wurde, unterliegt der Erwerb seinem Umfang nach einer aufschiebenden bzw. auflösenden Bedingung.
Mit der Vereinbarung im Falle einer Preiserhöhung Nachzahlungen zu leisten (Meistbegünstigungsklausel) wurde eine weitere, aufschiebend bedingte Gegenleistung vereinbart.

Eine auflösende Bedingung ist jedenfalls solange unbeachtlich, als das maßgebliche Ereignis nicht eintritt und wäre im Falle des Eintrittes des ausbedungenen Ereignisses nach Maßgabe des § 17 GrEStG 1987 (allenfalls nach Maßgabe der Bestimmungen des Bewertungsgesetzes) lediglich auf Antrag zu berücksichtigen (vgl. Steiner, Die Bedingung im Recht der Gebühren und Verkehrsteuern, JBl. 1999 sowie Ruppe, Bedingungen und Befristungen, ÖStZ 1985, 80, Fußnote 36).
Ein entsprechender Antrag liegt jedoch nicht vor.

Der Judikatur des unabhängigen Finanzsenates folgend (vgl. -I/03; , RV/0017-K/06; ; unter Hinweis auf Fellner, Rz 10a zu § 5 GrEStG 1987 sowie BFH , II R 26/92 BStBl II 1996, 162 ff) ist die aufschiebend bedingte Gegenleistung genauso zu beurteilen wie eine nachträglich vereinbarte Gegenleistung im Sinne von § 5 Abs. 2 Z 1 GrEStG 1987 und es berührt die auf Grund des Eintritts der Bedingung schlagend gewordene zusätzliche Gegenleistung die Tatbestandsmäßigkeit des ursprünglichen Erwerbsvorganges nicht.
Mit Eintritt der Bedingung entsteht somit eine neue Grunderwerbsteuerpflicht, die durch einen zusätzlichen (selbständigen) Grunderwerbsteuerbescheid festzusetzen ist.

Es ist daher die Nachzahlung auf Grund der Preiserhöhung (Meistbegünstigungsklausel) ebenso wenig Sache der angefochtenen Bescheide wie die nachträgliche Vereinbarung über die Einlösung einer Restfläche und es konnte daher über diese Vorgänge hier nicht abgesprochen werden.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da zur Ansicht,
dass eine aufschiebend bedingte Gegenleistung genauso zu beurteilen ist, wie eine nachträglich vereinbarte Gegenleistung und die auf Grund des Eintritts der Bedingung schlagend gewordene zusätzliche Gegenleistung die Tatbestandsmäßigkeit des ursprünglichen Erwerbsvorganges nicht berührt, somit die in Folge des Eintrittes der Bedingung nachträgliche Gegenleistung nicht Sache im Beschwerdeverfahren betreffend den ursprünglichen Erwerbsvorgang sein kann,
keine bestätigende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht,
war die Revision spruchgemäß zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
UFS, RV/3878-W/08
Steiner, Die Bedingung im Recht der Gebühren und Verkehrsteuern, JBl. 1999
UFS, RV/2369-W/06
UFS, RV/0036-I/03
UFS, RV/0017-K/06
UFS, RV/0379-W/08
UFS, RV/3225-W/08
Ruppe, Bedingungen und Befristungen, ÖStZ 1985, 80
Zitiert/besprochen in
Bavenek-Weber in BFG in BFGjournal 2015, 300
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7101935.2009

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at