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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.04.2014, RV/7100938/2014

Nachversteuerung § 11a EStG Berechnung des 7 Jahreszeitraumes

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7100938/2014-RS1
Nach § 11a EStG begünstigt besteuerte Gewinne können nach Ablauf von sieben Jahren nach deren Geltendmachung ohne Nachversteuerung entnommen werden. Eine Inanspruchnahme der Begünstigung in folgenden Veranlagungszeiträumen löst bezüglich der Vorjahre keinen Neubeginn der 7-Jahresfrist aus.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Gabriele Krafft in der Beschwerdesache Bf., Adresse, vertreten durch Stb. gegen den Bescheid des Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , betreffend Einkommensteuer 2012 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Einkommensteuer wird mit € 7.019,00 festgesetzt (Berechnung des Abgabenbetrages siehe Ende der folgenden Entscheidungsgründe).

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Bf (Beschwerdeführer, Bf.) übermittelte am seine Einkommensteuererklärung für 2012 auf elektronischem Wege an das Finanzamt (FA). In der Steuererklärung gab der Bf. einen Betrag in Höhe EUR 21.967,13 für die Nachversteuerung gemäß § 11a Abs. 3 EStG 1988 an. Mit Bescheid vom setzte das FA die Nachversteuerung für 2012 in Höhe von EUR 21.967,13 fest.

In der rechtzeitig eingebrachten Berufung (nunmehr Beschwerde) vom   beantragte der Bf. die erklärungsgemäße Veranlagung der Nachversteuerung mit der Bemessungsgrundlage von EUR 21.967,13 (abzüglich EUR 3.466,21) und nicht der Steuerbelastung in selber Höhe. Begründend wurde auf den , BMF-010203/0399-VI/6/2013 verwiesen.

Im Jahr 2004 seien EUR 3.466,21 mit einem damaligen Steuersatz von 20,73% und im Jahr 2005 EUR 18.500,92 mit dem damaligen Steuersatz von 20,25% der begünstigten Besteuerung des § 11a EStG 1988 in der damals geltenden Fassung unterzogen worden. Die in der Erklärung zur Nachversteuerung angegebene EUR 21.967,13 würden sich aus diesen beiden Beträgen zusammensetzen und seien lediglich als Bemessungsgrundlage für die Nachversteuerung zu verstehen.

Die Entnahmen noch fristverfangener begünstigter Gewinn in einem Folgejahre hätten jedoch keine Nachversteuerung jener Entnahme zur Folge, die nach Ablauf der 7-Jahres-Frist des § 11a Abs.3 EStG erfolgt seien. Der 2004 begünstigte Betrag in Höhe von EUR 3.466,21 unterliege nicht mehr der Nachversteuerung, da bereits mit dem Wirtschaftsjahr 2011 die Siebenjahresfrist gemäß § 11a Abs. 3 EStG 1988 ausgelaufen sei. Somit ergebe sich aufgrund der Begünstigung des Jahres 2005 für die Nachversteuerung 2012 lediglich eine Bemessungsgrundlage in Höhe von EUR 18.500,92. Diese sei dem begünstigten Steuersatz des Jahres 2005 von 20,25% zu unterwerfen.

Mit Berufungsvorentscheidung (BVE) vom wurde der Berufung insofern entsprochen, als der Betrag von EUR 21.967,13 nunmehr als Bemessungsgrundlage für die Nachversteuerung herangezogen wurde und unter Anwendung des Steuersatzes von 20,25% ein Betrag in Höhe von EUR 4.448,34 festgesetzt wurde. Die Abgabenbehörde war jedoch hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Bf. der Ansicht, dass die Inanspruchnahme des Hälftesteuersatzes im Jahr 2005 zusätzlich auch die Nachversteuerung der im Jahre 2004 begünstigten EUR 3.466,21 zur Folge habe. Dementsprechend wurde der Antrag auf die Herabsetzung der Bemessungsgrundlage von EUR 21.967,13 auf EUR 18.500,92 abgewiesen. Im Vorlageantrag vom brachte wiederholte der Bf. die Rechtsmittelausführungen.

Über die Beschwerde wurde erwogen

Aus dem Akteninhalt ergibt sich folgender unstrittiger Sachverhalt, welcher der Entscheidung zugrunde gelegt wird:

Der Bf. unterwarf im Jahr 2004 einen Gewinn in Höhe von EUR 3.466,21 einem gemäß § 11a EStG 1988 begünstigten Steuersatz von 20,73% und für das Jahr 2005 einen Gewinn von EUR 18.500,92 einem gem. § 11a EStG 1988 begünstigten Steuersatz von 20,25%. Im Jahr 2012 erfolgte laut den im Akt aufliegenden Unterlagen eine entnahmebedingte Reduzierung des Eigenkapitals in Höhe von EUR 21.967,13.

Nach § 11a Abs. 3 EStG 1988 ist eine Nachversteuerung vorzunehmen, wenn das Eigenkapital in einem folgenden Wirtschaftsjahr absinkt. Die Nachversteuerung hat mit dem Steuersatz gemäß § 37 Abs.1 des Jahres der jeweiligen Inanspruchnahme der Begünstigung zu erfolgen.

In der Literatur wurde dazu teilweise die Rechtsansicht vertreten, dass die 7 jährige Behaltedauer bei wiederholter Inanspruchnahme des § 11a EStG 1988 nach dem Gesetzeswortlaut zum jeweils neuen Beginn der 7-jährigen Kapitalbindungsfrist des § 11a Abs. 3 EStG unter Einbeziehung aller zuvor erfolgten Begünstigungen führen würde.( Andreaus/Sulz, RdW 2007/592; Jakom/Kanduth-Kirsten EStG, 2014, § 11a Rz 26; Doralt, Einkommensteuergesetz § 11a EStG). Diese Rechtsansicht würde aber zu einer wesentlich längeren als der geplanten 7 jährigen Kapitalbindung führen. § 11a EStG 1988 konnte aufgrund seiner Abschaffung durch das StRefG 2009 BGBl I 2009/26 letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2009 in Anspruch genommen werden, was nach der zitierten Rechtsansicht zu einer bis zu 13-jährigen Kapitalbindung führen würde.

Das Bundesministerium für Finanzen vertritt in seinem Erlass vom , BMF-010203/0399-VI/6/2013 (gültig ab ) jedoch die Auffassung, dass „[…] jeweils ab dem 8. Jahr eine Entnahme des jeweils betroffenen Gewinnes ohne Nachversteuerung möglich ist (zB 2012 Entnahme des begünstigt besteuerten Gewinnes 2004,  […]“.

§ 11a EStG beinhaltet keine ausdrückliche Regelung bezüglich einer 7-Jahres-Frist iS einer Kapitalbindungsfrist. § 11a Abs. 3 EStG bestimmt jedoch den Höchstbetrag zur Nachversteuerung: „Nachzuversteuern ist höchstens jener Betrag der in den vorangegangenen sieben Wirtschaftsjahren nach Abs. 1 begünstigt besteuert worden ist.“

Beachtet man zudem, dass § 11a EStG 1988 ohne zeitliche Befristung eingeführt wurde, hätte die oben zitierten Rechtsansicht dazu geführt, hinsichtlich einmal begünstigt besteuerter Gewinnanteile im Fall einer kontinuierlichen jährlichen Inanspruchnahme des § 11a EStG 1988 Überentnahmen niemals ohne Nachversteuerungssanktion möglich gewesen wären. Eine derartig weitgehende Bindung der unternehmerischen Gestion kann aus dem Gesetz nicht abgeleitet werden. Auch Andreaus/Sulz aao. kritsieren diese von Ihnen dargelegte Auslegung als nicht im Sinne des Gesetzgebers. Die Zielsetzung des § 11a EStG war auf die dauerhafte Förderung und Stärkung des Eigenkapitals von Unternehmen ausgerichtet. Die Regelung sah vor, den gewinnbedingten Anstieg des Eigenkapitals mit dem halben Durchschnittssteuersatz begünstigt zu besteuern. Der dadurch erzielte Steuervorteil muss jedoch bei einem nicht dauerhaften Kapitalanstieg durch Vornahme einer Nachversteuerung wieder rückgängig gemacht werden (Hirschler/Stückler ÖStZ 2014/233). Das Kriterium der Dauerhaftigkeit ist dabei erst bei einer mindestens siebenjährigen Thesaurierungsdauer der begünstigt besteuerten Gewinne erfüllt. Eine Nachversteuerung wird dabei durch einen entnahmebedingten Eigenkapitalabfall im siebenjährigen Nachversteuerungszeitraum ausgelöst.

Im Sinne der teleologischen Interpretation, versteht das Gericht diese Bestimmung nicht nur als eine betragliche, sondern auch als eine zeitliche Begrenzung hinsichtlich des Umfangs der Nachversteuerung und schließt sich diesbezüglich der in erlaßform publizierten Rechtsansicht des BMF an. Allgemein gliedert das Gesetz die begünstigten Beträge nach dem Jahr der Inanspruchnahme. Dies zeigt sich daran, dass sich der Steuersatz der Nachversteuerung nach dem Jahr der Inanspruchnahme bestimmt (§ 11a Abs.3 Satz 4 EStG). Im Sinne des Gesetzes unterliegen daher begünstige Beträge nach Ablauf einer Frist von sieben Jahren nicht mehr der Nachversteuerung gemäß § 11a Abs.3 EStG. Eine darüber hinausgehende, nicht auf den Zeitraum der Inanspruchnahme der Begünstigung abstellende Bindung von Kapital stellt nicht den Regelungszweck der Bestimmung dar.

Der gegenständlich 2004 begünstigte Betrag in Höhe von EUR 3.466,21 ist daher nicht mehr Bestandteil der Bemessungsgrundlage der Nachversteuerung 2012.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 B-VG eine Revision zulässig, wenn die Lösung von einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Zur hier entschiedenen Rechtsfrage besteht soweit erkennbar  noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, weshalb eine ordentliche Revision zuzulassen ist.

Berechnung des Steuerbetrages für 2012


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Einkommen §2 Abs. 2 EStG für 2012
€ 23.272,83
Einkommensteuer nach Absetzbeträgen
€ 4.134,58
anrechenbare Lohnsteuer lt. L 16
-€ 861,75
Nachversteuerung 18.500,92 * 20,25%
€ 3.746,44
Summe festgesetzte Est
€ 7.019,27
abzüglich Rundungsbetrag § 39 Abs. 3 EStG 1988
-€ 0,27
festgesetzte Steuer
€ 7.019,00

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
Bodis/Hammerl in RdW 2014/792
Kanduth-Kristen/Komarek in SWK 3/2015, 108
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7100938.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at