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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.05.2014, RV/2100454/2014

Säumniszuschlag: Säumnis bei Entrichtung der ImmoESt

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2100454/2014-RS1
Den Beschwerdeführer selbst traf im Beschwerdefall weder eine Verpflichtung zur Entrichtung der Immobilienertragsteuer noch eine Verpflichtung zur Vorsorge für ein ausreichendes Guthaben am Abgabenkonto für eine Verwendung zwecks Tilgung der Immobilienertragsteuer. Daher war die Festsetzung des Säumniszuschlages gegenüber dem Beschwerdeführer unzulässig und kann auch nicht damit begründet werden, dass die fristgerechte Entrichtung der Immobilienertragsteuer allein durch die von ihm (aus welchen Motiven immer) angestrengte Rückzahlung verhindert wurde, weil dadurch das (aus der gutschriftsmäßigen Verbuchung der Zahlung entstandene) Guthaben zum Zeitpunkt der Belastung des Abgabenkontos mit der Immobilienertragsteuer nicht mehr zur Verwendung zwecks Tilgung (mit Wirkung einer fristgerechten Entrichtung) zur Verfügung stand.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter über die als Beschwerde zu erledigende Berufung des Beschwerdeführers , Straßenname , Ort , vom  gegen den Bescheid des Finanzamt Graz-Umgebung vom betreffend Festsetzung eines ersten Säumniszuschlages zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Im Zusammenhang mit der Veräußerung einer Liegenschaft durch den Beschwerdeführer wurde von Seiten des Notars am die Überweisung der Immobilienertragsteuer für den Zeitraum 08/2013 vom Konto des Beschwerdeführers bei der Notartreuhandbank AG an das Finanzamt veranlasst. Dem (mit Vorlageantragsschreiben vorgelegten) Beleg über den Überweisungsauftrag ist ua. folgender Text zu entnehmen:

Empfänger/Zahlungspflichtiger

Finanzamt Graz-Umgebung

8010 Adolf Kolping Gasse 7

Immo ESt

Textzeilen

[Name des Beschwerdeführers]

Erf.Nr. [Nummer]

St. Nr. [Nummer]

Der Überweisungsbetrag von 8.750 Euro wurde vom Finanzamt am als "bloße" Gutschrift verbucht, wodurch sich ein Guthaben in dieser Höhe als Tagessaldo ergab. Am beantragte der Beschwerdeführer die Rückzahlung des auf seinem Abgabenkonto bestehenden Guthabens in Höhe des genannten Betrages. Mit Buchungstag vom erfolgte die Rückzahlung dieses Guthabens durch das Finanzamt an den Beschwerdeführer. Am erfolgte unter der Bezeichnung der Abgabenart "IE" für den Zeitraum 08/2013 eine Belastung des Abgabenkontos des Beschwerdeführers mit 8.750 Euro.

Mit dem hier angefochtenen Bescheid vom setzte die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Immobilienertragsteuer einen ersten Säumniszuschlag mit dem Betrag von 175 Euro fest. Zur Begründung wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt:

Die Festsetzung war erforderlich, weil Sie die oben angeführte Abgabenschuldigkeit nicht bis entrichtet haben.

Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit Berufungsschreiben vom und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Zur Begründung bringt der Beschwerdeführer im Berufungsschreiben vor:

Laut Buchungsmitteilung 3/2013 wurde nur der vom Notar [Name des Notars] überwiesene Geldbetrag € 8.750,00 am gutgeschrieben. Die dieser Zahlung zu Grunde liegende Immobilienertragsteuer wurde am Abgabenkonto nicht belastet, obwohl eine entsprechende Verrechnung am Überweisungsbeleg vermerkt war.

Da mir kein Bescheid über die Immobilienertragsteuer in Höhe von € 8.750,00 zugestellt und auch mein Abgabenkonto damit nicht belastet wurde, bin ich davon ausgegangen, dass ich keine Immobilienertragsteuer schulde und dass aus diesem Grunde nur der einbezahlte Betrag € 8.750,00 auf meinem Abgabenkonto gutgeschrieben wurde.

Am habe ich deshalb die Rückzahlung des vom Notar [Name des Notars] am überwiesenen Geldbetrages beantragt und wurde meinem Antrag auch am entsprochen.

Durch die erst am erfolgte Belastung meines Abgabenkontos mit der Immobilienertragsteuer entstand nun ein Zahlungsversäumnis.

Ich beantrage daher höflich, den festgesetzten Säumniszuschlag aufzuheben, umso mehr ich heute den Betrag von € 8.750,00 wieder auf mein Abgabenkonto eingezahlt habe.

Die belangte Behörde wies die Berufung als Berufung zu erledigende Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Zur Begründung wird darin ausgeführt:

Gemäß § 217 Absatz 1 der Bundesabgabenordnung (BAO) ist ein Säumniszuschlag dann zu entrichten, wenn die Abgabenschuldigkeit nicht am Fälligkeitstag entrichtet wird.

Im vorliegenden Fall steht außer Streit, dass die am fällige Immobilienertragsteuer 08/13 erst am verspätet entrichtet wurde.

Mit Ihrem Rückzahlungsansuchen vom beantragen Sie die Rückzahlung des Guthabens in Höhe von € 8.750,-. Dieses Ansuchen wurde am erledigt (siehe auch die Buchungsmitteilung vom ).

Mit diesem Rückzahlungsantrag haben Sie klar zum Ausdruck gebracht, dass Sie die Rückzahlung des gesamten Guthabens wünschen. Der Rückzahlungsbetrag wurde von Ihnen nicht eingeschränkt, d.h. es wurde keine Verrechnung des bestehenden Guthabens mit fällig werdenden Abgabenschuldigkeiten begehrt.

Bei dieser Sachlage kann somit keine subjektive Rechtsverletzung angenommen werden, wenn das Finanzamt dem Rückzahlungsantrag in Ihrem Sinne vollinhaltlich entsprochen hat ().

Daher war Ihre Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Beschwerdeführer beantragte mit Vorlageantragsschreiben vom die Entscheidung über die Berufung durch das Verwaltungsgericht und bringt ergänzend vor:

Das Finanzamt begründet die Abweisung meiner Berufung damit, dass ich keine Verrechnung des bestehenden Guthabens mit fällig werdenden Abgabenschuldigkeiten begehrt habe und somit, mit dem Verweis auf das Erkenntnis des , keine subjektive Rechtsverletzung angenommen werden kann.

Diese Begründung ist unrichtig. Wie aus der Beilage entnehmbar ist, wurde am vom Notariat [Name des Notars] zugleich mit der Finanzamtsüberweisung von € 8.750,00 sehr wohl eine Verrechnung dieses eingezahlten Betrages mit Immo Est begehrt.

Diese Verrechnungsweisung wurde aber vom Finanzamt nicht durchgeführt! Eben so wenig hat das Finanzamt einen Bescheid erlassen, welcher die Abgabenschuld ImmoEst begründet und den einbezahlten Betrag antragsgemäß zurückgezahlt, obwohl eine Verrechnungsweisung vorlag.

Die ablehnende Beschwerdevorentscheidung des Finanzamtes ist auch nicht mit dem Rechtssatz des zitierten VwGH-Erkenntnisses begründet, da die Erledigungen von ImmoEst-Voranmeldungen keinesfalls mit dem Arbeitsquantum von Ust-Voranmeldungen zu vergleichen sind. Eine Verarbeitung der im Vergleich zu Ust-Voranmeldungen geringfügigen ImmoEst-Voranmeldungen sollte ohne Zeitverzögerungen zu erwarten sein und nicht, wie im gegenständlichem Fall, 78 Tage später.

Da die verspätete Entrichtung der ImmoEst. auch durch die Versäumnisse des Finanzamtes verursacht und die einbezahlte ImmoEst. trotz vorliegender Verrechnungsweisung wieder rückgezahlt wurde, beantrage ich höflich meiner Berufung stattzugeben und den Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages in Höhe von € 175,00 aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Berufung dem Bundesfinanzgericht im April 2014 zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht hat über die gemäß § 323 Abs. 38 BAO als Beschwerde zu erledigende Berufung erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten (§ 217 Abs. 1 BAO). Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 2 BAO).

Zur Fälligkeit und Entrichtung von Abgaben im Allgemeinen sehen die Bundesabgabenordnung und die Rechtsprechnung des Verwaltungsgerichtshofes allgemein vor:

Abgaben werden unbeschadet der in Abgabenvorschriften getroffenen besonderen Regelungen mit Ablauf eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des Abgabenbescheides fällig. Wenn bei mündlicher Verkündung eines Bescheides auch eine schriftliche Ausfertigung zuzustellen ist, wird die Monatsfrist erst mit der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung in Lauf gesetzt (§ 210 Abs. 1 BAO).

Dem der Abgabenbehörde auf dem Zahlungsbeleg bekannt gegebenen Verwendungszweck entsprechend zu verrechnen sind Zahlungen, soweit sie ua. Abgabenschuldigkeiten betreffen (§ 214 Abs. 4 lit. a BAO).

Um von einer fristgerechten Entrichtung sprechen zu können, muss dem Finanzamt die entsprechende Widmung der Zahlung im Sinne des § 214 Abs. 4 lit. a BAO spätestens bis zum Fälligkeitstag mitgeteilt werden ().

Zur Immobilienertragsteuer, insbesondere auch deren Fälligkeit und Entrichtung, sieht das Einkommensteuergesetz für Veräußerungen nach dem (vgl. § 124b Z 217 EStG 1988) im Besonderen vor:

Parteienvertreter, die eine Selbstberechnung gemäß § 11 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 vornehmen, haben gleichzeitig dem für den Steuerpflichtigen zuständigen Finanzamt mitzuteilen, wenn aus dem zugrundeliegenden Erwerbsvorgang Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 oder 7 erzielt werden (Z 1), und diesfalls die Immobilienertragsteuer gemäß § 30b Abs. 1 auf Grund der Angaben des Steuerpflichtigen selbst zu berechnen. (...)(Z 2). Die Mitteilung gemäß Z 1 hat die am Veräußerungsgeschäft beteiligten Parteien unter Angabe ihrer Steuernummer und die für die Selbstberechnung der Steuer notwendigen Daten zu enthalten (§ 30c Abs. 2 EStG 1988).

Für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen ist im Falle der Selbstberechnung gemäß § 30c Abs. 2 eine auf volle Euro abzurundende Steuer in Höhe von 25% der Bemessungsgrundlage zu entrichten (Immobilienertragsteuer). Die Immobilienertragsteuer ist spätestens am 15. Tag des auf den Kalendermonat des Zuflusses zweitfolgenden Kalendermonats zu leisten (§ 30b Abs. 1 EStG 1988).

Die Parteienvertreter haben die selbstberechnete Immobilienertragsteuer gemäß § 30b Abs. 1 zu entrichten und haften für deren Entrichtung (§ 30c Abs. 3 EStG 1988)

Mit der Entrichtung der selbstberechneten Immobilienertragsteuer durch Parteienvertreter gilt die Einkommensteuer für Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen gemäß § 30 als abgegolten. (...) (§ 30b Abs. 2 EStG 1988).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ergibt sich für den Beschwerdefall:

Unter den Voraussetzungen des § 30c Abs. 2 EStG 1988 trifft die Verpflichtung zur fristgerechten Entrichtung der Immobilienertragsteuer gemäß § 30b Abs. 1 EStG 1988 in Verbindung mit § 30c Abs. 3 EStG 1988 den Parteienvertreter. Daraus folgt für diesen Fall, dass bei Unterbleiben der fristgerechten Entrichtung der Immobilienertragsteuer die Festsetzung des Säumniszuschlages als objektive Säumnisfolge allenfalls beim Parteienvertreter zu erfolgen hat.

Dem Beleg über den Überweisungsauftrag des Parteienvertreters ist lediglich zu entnehmen, dass die Überweisung "Immo ESt" betrifft. Damit erfolgte mangels Bekanntgabe des Abgabenzeitraumes (durch den Parteienvertreter) keine ausreichende Widmung der Zahlung im Sinne des § 214 Abs. 4 lit. a BAO, um von einer fristgerechten Entrichtung (durch den Parteienvertreter) sprechen zu können (auf das oben zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 94/14/0094, wird verwiesen), weshalb von der belangten Behörde auch keine entsprechende Verbuchung der Abgabe, sondern bloß eine gutschriftsmäßige Verbuchung der Zahlung am Abgabenkonto des Beschwerdeführers vorgenommen wurde.

Den Beschwerdeführer selbst traf im Beschwerdefall weder eine Verpflichtung zur Entrichtung der Immobilienertragsteuer noch eine Verpflichtung zur Vorsorge für ein ausreichendes Guthaben am Abgabenkonto für eine Verwendung zwecks Tilgung der Immobilienertragsteuer. Daher war die Festsetzung des Säumniszuschlages gegenüber dem Beschwerdeführer unzulässig und kann auch nicht damit begründet werden, dass die fristgerechte Entrichtung der Immobilienertragsteuer allein durch die von ihm (aus welchen Motiven immer) angestrengte Rückzahlung verhindert wurde, weil dadurch das (aus der gutschriftsmäßigen Verbuchung der Zahlung entstandene) Guthaben zum Zeitpunkt der Belastung des Abgabenkontos mit der Immobilienertragsteuer nicht mehr zur Verwendung zwecks Tilgung (mit Wirkung einer fristgerechten Entrichtung) zur Verfügung stand.

Der angefochtene Bescheid war daher in der Berufung (Beschwerde) stattgebender Weise aufzuheben.

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist gemäß Art. 133 B-VG die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da diese Voraussetzungen im Beschwerdefall im Hinblick auf die Rechtsfrage, ob die Festsetzung eines Säumniszuschlages gegenüber dem Steuerpflichtigen (Grundstücksveräußerer) im Zusammenhang mit der nicht fristgerechten Entrichtung der Immobilienertragsteuer gemäß § 30b Abs. 1 EStG 1988 in Verbindung mit § 30c Abs. 3 EStG 1988 unzulässig ist, vorliegen, war auszusprechen, dass die Revision zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 217 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 210 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 214 Abs. 4 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 30b Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 30c Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 30c Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 30b Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.2100454.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at