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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 02.09.2014, RV/1100263/2014

1) Anspruchsvoraussetzung für den Alleinverdienerabsetzbetrag 2) Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Topf-Sonderausgaben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache des XY gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2013 zu Recht erkannt:
 


Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlage und die für das Jahr 2013 festgesetzte Einkommensteuer betragen:
 


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Einkommen
Einkommensteuer (Gutschrift)
35.339,41 €
-1.014,00 €
 Berechnung der Einkommensteuer:
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit
Pauschbetrag für Werbungskosten
39.426,37
-132,00
Gesamtbetrag der Einkünfte
39.294,37
Sonderausgaben (§ 18 EStG 1988):  Freiwillige Pensionsversicherung
  Topf-Sonderausgaben
  Spenden
  Kirchenbeitrag
 -2.302,56
-1.288,30
-120,00
-244,10
Außergewöhnliche Belastungen:  Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes
  Selbstbehalt
 - 366,90
366,90
Einkommen
35.339,41
Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988:(35.339,41 - 25.000) * 15.125 / 35.000 + 5.110
 
9.578,10
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
9.578,10
Verkehrsabsetzbetrag
Arbeitnehmerabsetzbetrag
-291,00
-54,00
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
9.233,10
Steuer sonstige Bezüge
370,03
Einkommensteuer
9.603,13
Anrechenbare Lohnsteuer
-10.617,32
0,19
Festgesetzte Einkommensteuer (Gutschrift)
-1.014,00

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer hat in der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2013 Beiträge zu Personenversicherungen (512,61 Euro), Aufwendungen zur Schaffung oder Sanierung von Wohnraum (15.487,15 Euro), freiwillige Beiträge zur Pensionsversicherung (2.302,56 Euro), Kirchenbeiträge (244,10 Euro) sowie Geldspenden (120 Euro) als Sonderausgaben geltend gemacht.

Das Finanzamt berücksichtigte die Beiträge zur Pensionsversicherung, die Kirchenbeiträge sowie die Spenden im Einkommensteuerbescheid 2013 mit den erklärten Beträgen, die Aufwendungen für Personenversicherungen sowie Wohnraumschaffung und –sanierung wurden mit einem Viertel des Höchstbetrages von 2.920 Euro (d.s. 730 Euro) und unter Berücksichtigung der Einschleifregelung des § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 mit 647,83 Euro in Abzug gebracht.

Mit vom Finanzamt als Beschwerde gewertetem Schreiben vom hat der Beschwerdeführer um wohlwollende Prüfung ersucht, ob nicht der Alleinverdienerabsetzbetrag berücksichtigt werden könne. Er sehe sich als Alleinverdiener der aus ihm, seiner Gattin (keine Einkünfte) und seiner Tochter bestehenden Familie. Die Tochter habe Mitte Juni 2013 maturiert und sich anschließend für ein freiwilliges Auslandsjahr beworben. Zur Überbrückung und zum Aufbringen der Reisekosten habe sie einen Ferialjob und einen weiteren Job angenommen. Aufgrund verschiedener Verzögerungen habe es mit der Ausreise erst Anfang März 2014 geklappt. Eine Verlängerung der Familienbeihilfe über die 6 Monate hinaus sei begründet abgelehnt worden, er habe daher den Unterhalt für die Tochter neben der geringfügigen Beschäftigung aus der eigenen Tasche getragen. Weiters bezahle er für seine Gattin eine beim Jahresausgleich zu berücksichtigende freiwillige Pensionsversicherung.

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung wies das Finanzamt darauf hin, dass die freiwillige Pensionsversicherung für die Ehegattin im angefochtenen Bescheid bereits in Abzug gebracht worden sei und der Alleinverdienerabsetzbetrag nicht berücksichtigt werden hätte können, weil der Beschwerdeführer bzw. seine Gattin für die Tochter nicht mindestens sieben Monate die Familienbeihilfe bezogen habe.

In dem als Vorlageantrag gewerteten Schreiben vom ersuchte der Beschwerdeführer hinweisend auch darauf, dass nicht begründet worden sei, weshalb die Aufwendungen für die Sanierung der Heizung nicht angerechnet worden seien, um nochmalige Überprüfung der Berechnung, da er diese als fehlerhaft ansehe. Auch wenn die Aufwendungen zur Sanierung nicht angerechnet werden könnten, sei mit 647,83 Euro nicht ein Viertel der Aufwendungen für Personenversicherungen und Wohnraumschaffung abgegolten.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
 

1. Alleinverdienerabsetzbetrag

Der verheiratete Beschwerdeführer hat für seine im Dezember 1994 geborene Tochter bis Juni 2013 Familienbeihilfe bezogen; ein Antrag auf Familienbeihilfe ab Juli 2013 wurde mit (rechtskräftigem) Bescheid vom mit der Begründung, dass Familienbeihilfe nur zustehe, wenn sich das Kind in Ausbildung befinde, abgewiesen. Die Gattin des Beschwerdeführers hat nach den in Einklang mit der Aktenlage stehenden Angaben in der Beschwerde keine Einkünfte erzielt.

Die maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen lauten (auszugsweise):

§ 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 idF BudBG 2011, BGBl. I Nr.111/2010:

"Alleinverdienenden steht ein Alleinverdienerabsetzbetrag zu. Dieser beträgt jährlich
- bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 494 Euro,
- bei zwei Kindern (§ 106 Abs. 1) 669 Euro.

Dieser Betrag erhöht sich für das dritte und jedes weitere Kind (§ 106 Abs. 1) um jeweils 220 Euro jährlich.

Alleinverdienende sind Steuerpflichtige mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1), die mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragene Partner sind und von ihren unbeschränkt steuerpflichtigen Ehegatten oder eingetragenen Partnern nicht dauernd getrennt leben oder die mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer Lebensgemeinschaft leben. …"

§ 106 Abs. 1 EStG 1988:

"Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht."

§ 33 Abs. 3 EStG 1988:

"Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, steht im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu. …"

Gesetzliche Anspruchsvoraussetzung für den Alleinverdienerabsetzbetrag ist ua. ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 EStG 1988. Dies wiederum setzt nach den dargelegten Bestimmungen den tatsächlichen Bezug von Familienbeihilfe durch den Beschwerdeführer selbst oder seine (Ehe)Partnerin voraus (vgl. , mwN) und zwar, wie der Gesetzgeber unmissverständlich verlangt, über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten im Kalenderjahr.

Nach der unstrittigen Sachlage hat der Beschwerdeführer die Familienbeihilfe und daran gekoppelt den Kinderabsetzbetrag im Jahr 2013 nur für sechs Monate bezogen und sind die Anspruchsvoraussetzungen für den Alleinverdienerabsetzbetrag folglich nicht erfüllt (vgl. Wanke/Wiesner in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 106 Anm. 3, Stand , rdb.at, mit Hinweis auf ). Nicht maßgeblich ist dabei, ob der Beschwerdeführer in wirtschaftlicher Betrachtungsweise "Alleinverdiener" in seiner Familie war. Für ein Entgegenkommen des Finanzamtes im Sinne der Ausführungen des Beschwerdeführers bietet das Gesetz damit keinen Raum und konnte der Beschwerde diesbezüglich daher kein Erfolg beschieden sein.
 

2. Sonderausgaben

Der Beschwerdeführer hat die eingangs angeführten, dem Grunde und der Höhe nach nicht strittigen Aufwendungen als Sonderausgaben geltend gemacht. Strittig ist einzig, in welchem Ausmaß die Beiträge zu Personenversicherungen (512,61 Euro) sowie die Aufwendungen zur Schaffung oder Sanierung von Wohnraum (15.487,15 Euro) steuerlich zu berücksichtigen sind.

Gemäß § 18 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens ua. bestimmte Beiträge und Versicherungsprämien (Z 2) sowie Ausgaben zur Wohnraumschaffung oder Wohnraumsanierung (Z 3) unter den dort näher geregelten Voraussetzungen als Sonderausgaben abzuziehen, soweit sie nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind.

In Ergänzung des Abs. 1 wird in § 18 Abs. 3 EStG 1988 idF BudBG 2012, BGBl. I Nr. 112/2011, bestimmt:

"1. Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2, 3 und 5 kann der Steuerpflichtige auch dann absetzen, wenn er sie für seinen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe)Partner (§ 106 Abs. 3) und für seine Kinder (§ 106) leistet.

2. Für Ausgaben im Sinne des Abs. 1 Z 2 bis 4 mit Ausnahme der Beiträge für eine freiwillige Weiterversicherung einschließlich des Nachkaufs von Versicherungszeiten in der gesetzlichen Pensionsversicherung und vergleichbarer Beiträge an Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen besteht ein einheitlicher Höchstbetrag von 2.920 Euro jährlich. Dieser Betrag erhöht sich

- um 2.920 Euro, wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdiener- oder der 
  Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht und/oder

- um 2.920 Euro, wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder
  Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr
  verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt
  lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6.000
  Euro jährlich erzielt und/oder

- um 1.460 Euro bei mindestens drei Kindern (§ 106 Abs. 1 und 2). Ein Kind kann nur bei
  der Anzahl der Kinder eines Steuerpflichtigen berücksichtigt werden. Kinder, die selbst
  unter das Sonderausgabenviertel fallende Sonderausgaben geltend machen, zählen
  nicht zur Anzahl der den Erhöhungsbetrag vermittelnden Kinder.

Sind diese Ausgaben insgesamt

- niedriger als der jeweils maßgebende Höchstbetrag, so ist ein Viertel der Ausgaben,
  mindestens aber der Pauschbetrag nach Abs. 2, als Sonderausgaben abzusetzen,

- gleich hoch oder höher als der jeweils maßgebende Höchstbetrag, so ist ein Viertel des
  Höchstbetrags als Sonderausgaben abzusetzen (Sonderausgabenviertel).

Beträgt der Gesamtbetrag der Einkünfte mehr als 36.400 Euro, vermindert sich das Sonderausgabenviertel gleichmäßig in einem solchen Ausmaß, dass sich bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 60.000 Euro ein absetzbarer Betrag in Höhe des Pauschbetrages nach Abs. 2 ergibt."

Die Abzugsfähigkeit der sogenannten Topf-Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 bis 4 EStG 1988 (Beiträge und Versicherungsprämien, Ausgaben für Wohnraumschaffung und Wohnraumsanierung sowie für Genussscheine und junge Aktien) ist nach § 18 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 mehrfach begrenzt. Zum einen besteht für diese Ausgaben ein gemeinsamer Höchstbetrag von 2.920 Euro jährlich (gegebenfalls zuzüglich der angeführten Erhöhungsbeträge von 2.920 Euro und/oder 1.460 Euro), zum anderen ist lediglich ein Viertel der tatsächlich angefallenen Ausgaben, maximal aber ein Viertel des Höchstbetrages in Ansatz zu bringen. Zudem kommt bei zwischen 36.400 Euro und 60.000 Euro liegenden Einkünften die Einschleifregelung nach § 18 Abs. 3 Z 2 letzter Satz EStG 1988 zur Anwendung, durch die bewirkt wird, dass sich das Sonderausgabenviertel gleichmäßig in einem solchen Ausmaß vermindert, dass ab einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 60.000 Euro nur mehr ein absetzbarer Betrag in Höhe des Pauschbetrages nach Abs. 2 in Höhe von 60 Euro verbleibt.

Das Finanzamt hat die steuerlich wirksamen Topfsonderausgaben, nachdem die Erklärung, dass die jährlichen Einkünfte der Ehegattin 6.000 Euro nicht überschritten haben, nicht angekreuzt war, ausgehend von einem Viertel des Höchstbetrages von 2.920 Euro (d.s. 730 Euro) unter Anwendung der Einschleifregelung des § 18 Abs. 3 Z 2 letzter Satz EStG 1988 mit 647,83 Euro ermittelt. Nach den im Einklang mit der Aktenlage stehenden Angaben des Beschwerdeführers hat seine Ehegattin im Jahr 2013 keine Einkünfte erzielt und war der heranzuziehende Höchstbetrag daher gemäß § 18 Abs. 3 Z 2 2. Teilstrich EStG 1988 idF BudBG 2012, BGBl. I Nr. 112/2011, um 2.920 Euro zu erhöhen. Ausgehend von einem Viertel des Höchstbetrages von 5.840 Euro ergeben sich unter Berücksichtigung der Einschleifregelung nach § 18 Abs. 3 Z 2 letzter Satz EStG 1988 daher steuerlich wirksame Topf-Sonderausgaben in Höhe von 1.288,30 Euro [(60.000 - 39.294,37) * (1.460 - 60) / 23.600 + 60]. Das der Einkommensteuerermittlung zugrundezulegende Einkommen vermindert sich somit auf 35.339,41 Euro. Der Beschwerde war daher insoweit Folge zu geben, im Übrigen war sie als unbegründet abzuweisen.

Zulässigkeit der Revision

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes uneinheitlich beantwortet wird.

Die Nichtgewährung des Alleinverdienerabsetzbetrages bei nicht mehr als sechsmonatigem Bezug der Familienbeihilfe ist ebenso wie die Begrenzung der Abzugsfähigkeit der Topf-Sonderausgaben eine sich aus dem Gesetz unmittelbar ergebende Rechtsfolge. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung werden dadurch nicht berührt. Eine (ordentliche) Revision ist daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.1100263.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at