Key Account Manager als Vertreter
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RV/1100455/2012-RS1 | Die völlig untergeordnete Tätigkeit als Leiter der lokalen Geschäfts (mit insgesamt 6 Mitarbeitern) ohne Mitarbeiterverantwortung steht der Einstufung als Vertreter nicht entgegen. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer die meisten, allerdings nicht alle ihm als Vertreter erwachsenden Aufwendungen von seinem Arbeitgeber ersetzt erhalten hat, ist eine Voraussetzung für die Gewährung des Pauschales. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesfinanzgericht hat durch Dr. Romuald Kopf als Senatsvorsitzender und die weiteren Senatsmitglieder Dr.in Gerhild Fellner, Mag. Tino Ricker und Mag. Michael Kühne im Beisein der Schriftführerin Jennifer Reinher in der Beschwerdesache des Bf , Adr1 gegen den Bescheid des FA Bregenz vom , betreffend Einkommensteuer 2011 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird Folge geleisteet.
Die Einkommensteuer 2011 wird mit 28.845,46 Euro festgesetzt.
Unter Bedachtnahme auf die anzurechnende Lohnsteuer ergibt sich eine Abgabengutschrift in der Höhe von -1.939 Euro.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
In der Erklärung zur Einkommensteuerveranlagung 2011 machte der Beschwerdeführer (nachfolgend Bf abgekürzt) das Berufsgruppenpauschale für Vertreter geltend.
Mit Vorhalt vom ersuchte die Abgabenbehörde (Terminologie auch in weiterer Folge gemäß der Verwaltungsgerichtsbarkeitsnovelle 2012) den Bf ohne Fristsetzung ua, eine Bestätigung des Arbeitgebers über die vorwiegende Betätigung als Vertreter im Außendienst vorzulegen.
Ohne die Beantwortung des Vorhalts abzuwarten oder einzumahnen, veranlagte die Abgabenbehörde den Bf mit Bescheid vom , wobei es das Berufsgruppenpauschale für Vertreter nicht berücksichtigte. Begründend führte das Finanzamt aus, da der Bf zu dem ihm übermittelten Bedenkenvorhalt keine stichhaltige Gegenäußerung abgegeben habe, sei die Veranlagung im Sinne des Vorhaltes vorgenommen worden.
In der fristgerecht eingebrachten Beschwerde vom begehrte der Bf ua (neuerlich) das Werbungskostenpauschale für Vertreter. Der Beschwerde angeschlossen war eine vom datierende für das Streitjahr gültige "Arbeitsplatzbeschreibung" seines Arbeitgebers mit folgendem Inhalt: "Hiermit bestätigen wir, dass Sie im oben genannten Zeitraum als Vertriebsleiter im Geschäftsbereich Informationstechnologie tätig waren. Diese Tätigkeit wird überwiegend im Außendienst und im direkten Kontakt mit unseren Kunden ausgeübt. Sie umfasst die Betreuung und Beratung der Kunden in allen Phasen der Verkaufstätigkeit, insbesondere der Geschäftsanbahnung, der Angebotserstellung, des Vertragsabschlusses und der nachfolgenden laufenden Betreuung zur Sicherung der Geschäftsbeziehungen.
Als Vertriebsleiter sind Sie vor allem für die kaufmännischen Aspekte (Preise, Verträge, Konditionen) der Verkaufsverhandlungen zuständig, während die EDV-spezifischen Belange der Beratung und Angebotserstellung von einem besonders ausgebildeten technischen Verkaufsrepräsentanten wahrgenommen werden.
Sie sind überwiegend im Außendienst als Vertreter tätig und beziehen bzw qualifizieren sich für erfolgsabhängige Gehaltsbestandteile. Ihr Tätigkeitsbereich umfasst das gesamte Bundesgebiet."
In der Beschwerdevorentscheidung vom folgte die Abgabenbehörde in dem allein strittig verbliebenen Punkt dem Begehren des Bf betreffend Vertreterpauschale mit folgender Begründung nicht: "Die berufliche Tätigkeit (Vertriebsleiter) ist in erheblichem, nicht vernachlässigbarem Ausmaß von Tätigkeiten geprägt, die die Leitung der Vertriebsniederlassung einerseits und die Führung von Mitarbeitern andererseits betreffen, die sohin über die Agenden eines Vertreters hinausgehen. Somit kann das Vertreterpauschale nicht gewährt werden."
Vom E-Mail-Account des Bf wurde der Abgabenbehörde mit Mail vom Folgendes mitgeteilt: "In der Arbeitsplatzbeschreibung von Hrn B wird von einer leitenden Position gesprochen (Vertriebsleiter). Da dieser Begriff missverständlich verstanden werden kann, möchten wir Sie hiermit noch einmal über den Sachbestand informieren: Herr B repräsentiert das Unternehmen AG im Bundesland W und trägt die Ergebnisverantwortung dieser Region.
Aufgrund unserer (Matrix)Organisation stellen wir klar, dass Herr B keine Mitarbeiterverantwortung trägt und sich seine Tätigkeit auf die Vertriebstätigkeit konzentriert.
Wie bereits in der Arbeitsplatzbeschreibung bestätigt, ist Herr B vorwiegend im Außendienst als Verkaufsrepräsentant tätig.
Mit freundlichen Grüßen / with kind regards, Bf Key Account Manager Leiter der Geschäftsstelle W"
Mit Vorhalt vom teilte die Abgabenbehörde dem Bf mit, bei Vorlage der Berufung bedürfe es weiterer konkreter Nachweise. So sei nachzuweisen, dass er überwiegend im Außendienst tätig sei. Hiefür eigneten sich Zeitnachweise, aus denen die Innen- und Außendienstzeiten ersichtlich seien. Des Weiteren stelle sich die Frage, ob es überhaupt Kosten gebe, die der Bf selber zu tragen habe. Es sei nämlich zu prüfen, ob und welche Kosten ihm im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit erwuchsen.
Mit Aktenvermerk vom hielt der Fachvorstand der Abgabenbehörde ein mit dem Bf geführtes Ferngespräch zusammenfassend dahingehend fest, dass dem Bf keine Kosten bekannt sind, die er nicht vom Arbeitgeber ersetzt erhalte.
Mit Vorlageantrag vom wandte sich der Bf gegen den Standpunkt der Abgabenbehörde. Begründend führte er sinngemäß Folgendes aus: Eine Einstufung als Vertreter sei auch dann noch möglich, wenn in völlig untergeordnetem Ausmaß zusätzlich auch noch eine andere Tätigkeit ausgeübt werde. Entsprechend der vorgelegten Bestätigung des Arbeitgebers werde er als Vertriebsleiter im Geschäftsbereich Informationstechnologie tätig. Die Tätigkeit werde überwiegend im Außendienst ausgeübt und umfasse Geschäftsanbahnung, Anbotserstellung, Vertragsabschluss und laufende Betreuung der gewonnenen Kunden. Er repräsentiere das arbeitgeberische Unternehmen im Bundesland W und trage die Ergebnisverantwortung für diese Region. Von einer Leitung der Niederlassung und von der Führung der Mitarbeiter könne nicht gesprochen werden, da dies von einer anderen Geschäftsstelle aus geschehe. In einem völlig untergeordneten Ausmaß im Sinne des VwGH-Erkenntnisses vom , 2003/15/0044, führe er neben den Außendiensttätigkeiten auch kaufmännische Agenden aus. Dies sei der Fall, wenn der Zeitaufwand aus der Nicht-Vertreter-Tätigkeit 25% der Gesamtarbeitszeit nicht übersteige. In der Anlage übersende er Zeitaufzeichnungen, in denen die von ihm geleisteten Arbeitsstunden erfasst und ausgewiesen seien. Eine Differenzierung, wann welche Tätigkeit (wo) ausgeübt werde, sei nicht vorgesehen. Aus den ebenfalls übermittelten "Reiseberichten" (Spesenabrechnungen) des Jahres 2011 könne aber abgeleitet werden, dass er überwiegend im Außendienst tätig war. Er habe im Streitjahr laut Lohnzettel steuerfreie Bezüge gemäß § 26 EStG in Höhe von 14.088,24 € erhalten. Damit seien seine Reise-, Hotel- und Flugkosten sowie Bewirtungs- und Geschäftsanbahnungsaufwendungen abgegolten worden. Darüber hinaus seien ihm – so führt die steuerliche Vertretung für den Bf aus - Aufwendungen erwachsen, die durch das beantragte Vertreterpauschale abgegolten würden. Diese Kosten umfassten "Mehraufwendungen für die Verpflegung (Tagesgelder), Ausgaben für im Wohnungsverband gelegene Räume, üblicherweise nicht belegbare Betriebsausgaben wie Trinkgelder, Kundenbewirtungen, bei denen eine Ausstellung eines ordnungsgemäßen Beleges nicht möglich ist (zB Einladung Punschstand Weihnachtsmarkt, etc."
Mit Vorlagebericht vom legte die Abgabenbehörde die Beschwerde dem inzwischen aufgelösten Unabhängigen Finanzsenat vor.
Das BFG als nunmehr zuständige Kontrollinstanz wandte sich mit folgender E-Mail vom an den Bf und seine steuerliche Vertretung: "Die Durchsicht der mir vom Finanzamt bzw der dem Finanzamt von Ihnen vorgelegten Unterlagen ergibt folgendes (vorläufiges) Bild (siehe auch die angeschlossene Beilage): Im Streitjahr hat Herr B an 217 Tagen gearbeitet. Laut vorgelegten Unterlagen hat er an 116 Tagen Außendienst verrichtet (gewährte Tagsätze + Hotelübernachtungen laut Unterlagen). Für den 6. und 16.6. wurden allerdings jeweils 2 Tagsätze gewährt. Weiters betrafen die für den 20., 21., 22. und gewährten Tagsätze nicht das Streitjahr. Schließlich können die weniger als 10 € betragenden Tagsätze schwerlich für Außendienste bezahlt worden sein, die mehr als die Hälfte der Tagesarbeitszeit betragen haben. Zieht man deshalb von den 116 bescheinigten Tagsätzen 17 ab, ergibt dies 99 Tagsätze. Eine grobe Verprobung (99/217) ergibt sohin, dass es äußerst zweifelhaft ist, ob Herr B mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit im Außendienst verbracht hat. Ich ersuche Sie daher, um Vorlage des im Streitjahr gültigen Dienstvertrages sowie des Spesenreglements binnen 14 Tagen. Weiters lade ich Sie zur Stellungnahme ein."
In der Vorhaltsbeantwortung vom , der der Arbeitsvertrag vom , das Handbuch zur Erstellung von Reisekostenabrechnungen, eine Arbeitsplatzbeschreibung vom und ein aktueller Fragebogen Vertreterpauschale" angeschlossen war, führte die steuerliche Vertretung des Bf aus: "Wir dürfen Ihnen mitteilen, dass Herr B auch Außendiensttätigkeiten im Bezirk Bregenz durchführt. Für diese Tätigkeiten, können laut Reisabrechnungsvorschriften der AG keine Tagesdiäten abgerechnet werden. Die gefahrenen Kilometer für diese Tätigkeit wird mit einer Pauschale abgegolten. Somit sind diese Außendiensttätigkeiten in den Reiseberichten nicht ersichtlich.
Wie in unserem Schreiben vom mitgeteilt, ist es bei der Firma AG nicht üblich, detaillierte tägliche Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen, welche Kunden, wann, wo und wie lange besucht wurden. In den Reisespesenabrechnungen werden nur jene Tagsätze angeführt, die im Ausland oder im Inland (außerhalb von Bregenz) absolviert wurden. Somit kann hier nicht angenommen werden, dass nur wann ein Tagsatz abgerechnet wurde, auch nur dann eine Außendiensttätigkeit vorliegt.
Zur Erläuterung warum manche Tagsätze mit sehr geringer Höhe (unter EUR 10,00) abgerechnet wurden. Aufgrund der Spesenrichtlinie der Firma AG wird folgendermaßen abgerechnet: Wird bei einem verrichteten Außendienst - bei dem eine Tagesdiät zusteht – ein Mittagessen mit einem Kunden abgehalten, werden die Diäten um die Zeiten des Mittagessens gekürzt, und nur die „Reststunden“ können als Tagesdiäten abgerechnet werden.
In der Anlage übersenden wir Ihnen auch eine Bestätigung der Firma AG indem bestätigt wird, dass die ausgeführte Tätigkeit überwiegend im Außendienst durchgeführt wurde. Die Firma AG GmbH würde nie eine solche Bestätigung ausstellen, wenn dies nicht der Realität entsprechen würde. Des weiteren dürfen wir auf unser Schreiben vom verweisen, indem angeführt wird, dass der Ansatz der Vertreterpauschale möglich ist, wenn die Tätigkeit dem im § 1 Abs. 1 HVertrG umschriebenen Berufsbild entspricht."
Mit E-Mail vom ersuchte das BFG die steuerliche Vertretung des Bf um Mitteilung, wieviele Mitarbeiter in welchen Funktionen in der lokalen Geschäftsstelle arbeiten. Mit E-Mail vom übermittelte die steuerliche Vertretung das Organigramm der Geschäftsstelle. Aus ihm wird ersichtlich, dass in der lokalen Geschäftsstelle sechs Mitarbeiter von AG beschäftigt sind. (Drei Mitarbeiter von ÖCS kooperieren eng.) Der Bf ist die einzige Person, die dem Bereich "Sales and Distribution" zugeordnet ist. Kein Mitarbeiter ist gegenüber dem Bf berichtspflichtig.
Die Korrespondenz des Gerichtes mit dem Bf wurde der Abgabenbehörde offengelegt, von dieser aber nicht kommentiert.
Strittig ist, ob der Bf Vertreter im Sinne von § 1 Z 9 der zu § 17 Abs. 6 EStG ergangenen Verordnung, BGBl II 382/2001, ist und ob er mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit im Außendienst verbracht hat.
Das Bundesfinanzgericht hat zu den Streitfragen erwogen:
Allgemein maßgebliche Rechtslage
Der Bundesminister für Finanzen hat eine erstmalig für die Veranlagung 2002 anwendbare Verordnung zu § 17 Abs. 6 EStG über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl II 382/2001 (im Folgenden "VO") erlassen. Auf Grund des § 1 dieser VO treten an die Stelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 für die Dauer eines aufrechten Dienstverhältnisses bestimmte Prozentsätze der jeweiligen Bemessungsgrundlage, deren Berechnung im § 2 der VO näher beschrieben ist.
Gemäß § 1 Z 9 der VO, welcher mit "Vertreter" übertitelt ist, muss der Arbeitnehmer, der die Pauschalierung auf Grund dieser VO in Anspruch nehmen möchte, ausschließlich eine "Vertretertätigkeit" ausüben, wozu sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst zählt. Weiteres Erfordernis für die Anwendbarkeit der VO für diese Berufsgruppe ist, dass von der Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht wird (vgl. § 1 Z 9 letzter Satz der VO).
Die VO setzt die für Vertreter zu berücksichtigenden pauschalen Werbungskosten mit 5% der Bemessungsgrundlage (Bruttolohn), höchstens aber 2.190 Euro fest, wobei nach ihren Intentionen für die Bemessung dieser Höhe auf "Erfahrungen in der Praxis" zurückgegriffen wird (§ 1 erster Satz) und daneben keine weiteren Werbungskosten geltend gemacht werden können (§ 5).
Durch den Verweis auf eine offenkundige - dem Bundesminister für Finanzen als Verordnungsgeber bekannte - Praxis sollen in typisierender Betrachtungsweise mit dem Vertreterpauschale geradezu eigentümliche Aufwendungen bzw. Werbungskosten von im Außendienst tätigen Dienstnehmern abgegolten werden und damit das Erfordernis des Führens entsprechender Aufzeichnungen sowie des Einzelnachweises durch den Steuerpflichtigen entfallen. Insoweit dient eine derartige Pauschalierung von Werbungskosten einer Verwaltungsvereinfachung ( B 319/7).
Der Beruf des "Vertreters" ist in der VO unklar definiert () und bedarf daher der Präzisierung bzw. Auslegung. Der VwGH hat den Vertreterbegriff dahingehend präzisiert, dass unter diese Tätigkeit etwa auch die Zustellung von Waren fällt, solange der "Kundenverkehr im Außendienst in Form des Abschlusses von Kaufgeschäften im Namen und für Rechnung seines Auftraggebers im Vordergrund steht" (). Bereits noch früher kam das Höchstgericht ( 2885, 2994/80) zum Schluss, dass es den Erfahrungen des täglichen Lebens und der Verkehrsauffassung widerspräche, wenn nur solche Personen als Vertreter angesehen werden könnten, die ausschließlich mit auswärtigem Kundenbesuch befasst seien. Vielmehr würde sich bei fast allen Vertretern, je nach ihrer Verwendung im Verkaufsapparat ihres Unternehmers und auch nach branchenbedingten Besonderheiten und der betriebsinternen Organisation in mehr oder weniger zeitaufwendigem Umfang die Notwendigkeit einer Tätigkeit im "Innendienst" ergeben. Abrechnungen mit Kunden, Nachweis des Arbeitseinsatzes, Einholung von Weisungen, Entgegennahme von Waren seien z.B. solche Tätigkeiten, die in den Geschäftsräumlichkeiten des Dienstgebers abgewickelt zu werden pflegten, ohne dass deshalb der grundsätzlich zum Kundenverkehr im Außendienst Angestellte seine Berufungseigenschaft als "Vertreter" verliere.
Vertreter sind nach übereinstimmender Lehre (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Tz 6 zu § 17 EStG), Verwaltungsübung (LStR Rz 406) und Entscheidungspraxis des Unabhängigen Finanzsenates (ua RV/0080-F/03) Personen, die regelmäßig im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Eine andere Tätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, zählt nicht als Vertretertätigkeit (zB Kontroll- oder Inkassotätigkeit).
Vorrangiges Ziel einer Vertretertätigkeit ist demnach die Akquisition, also die Erlangung und der Abschluss von Aufträgen. Ein Vertreter hat typischerweise einen großen potentiellen Kundenkreis, wobei er versucht, zahlreiche Geschäftsabschlüsse zu tätigen. Dies bedingt zahlreiche Kundenbesuche, Gespräche und Telefonate etc. Als Nebenprodukt ist auch die Kundenbetreuung zu nennen, denn die Zufriedenheit der Kunden führt potenziell zu Vertragsverlängerungen und weiteren Abschlüssen. Kundenbetreuung als Nebenprodukt ist deshalb unschädlich für die Qualifizierung einer Tätigkeit als Vertretertätigkeit. Die geschilderte. typische Art der Vertretertätigkeit bedingt kleinere Aufwendungen wie Einladungen der potentiellen Kunden, Geschenke, Telefongespräche von unterwegs etc., die durch das Werbungskostenpauschale abgegolten werden sollen (vgl. , und , RV/3581-W/07).
Aber auch einem Key-Account-Manager - wie dem Bf - wird schwerlich die Vertretereigenschaft grundsätzlich abgesprochen werden können, ist es doch seine Kernaufgabe, die Geschäftsbeziehungen mit den alten Großkunden langfristig zu sichern und auszubauen sowie neue Großkunden anzuwerben und die lokale Marktnähe zu garantieren (www.wikipedia.com). Auch eine solche Tätigkeit entspricht grundsätzlich der eines Vertreters (vgl. RV/0444-F/10). Sie wird im Berufungsfall freilich auf eher untypische Art ausgeübt. Der Bf betreut keinen großen Kundenkreis, sondern nur Schlüssel- bzw Großkunden. Dies ist aber nur ein gradueller und kein prinzipieller Unterschied, hat allerdings zur Folge, dass dem Bf manche der bei Betreuern mit einem großen Kundenkreis anfallenden Aufwendungen nicht erwachsen. Hinzu kommt, dass der Bf die Möglichkeit hatte und auch beanspruchte, Trinkgelder unter bestimmten Voraussetzungen ersetzt zu erhalten.
Wird aber der Vertreterberuf auf eher untypische Art ausgeübt und weichen deshalb die tatsächlichen außendienstbedingten Aufwendungen erheblich von den vom Verordnungsgeber angenommenen ab, stellt sich die Frage, ob die Pauscchalierungsverordnung noch anwendbar ist. Dies ist nach Überzeugung des Gerichts der Fall, wenn und solange Aufwendungen, die durch das Pauschale abgegolten werden, dem Grunde nach angefallen sind bzw anfallen können ( RV/0213-G/05). Erwachsen grundsätzlich nicht abgegoltene Werbungskosten, wenn auch nur in geringer Höhe, dann ist das Vertreterpauschale zuzuerkennen ( RV/0582-K/11). In diesem Zusammenhang wäre es allerdings rechtsirrig, auf diese Art (dem Vorbringen im Vorlageantrag folgend) Aufwendungen zum Abzug zuzulassen, die beispielsweise gem. § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähig sind.
Insoweit wird die in einer anderen Entscheidung () vertretene Auffassung nicht geteilt, wonach es für die Pauschale-Gewährung unschädlich sei, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer alle in Frage kommenden Aufwendungen ersetzt, der Arbeitnehmer also mit keinerlei Aufwendungen belastet ist bzw sein kann. Die vom erkennenden Gericht nicht geteilte Rechtsauffassung fußt im Wesentlichen auf dem Umstand, dass nach dem klaren und eindeutigen Verordnungswortlaut die Vertreter der einzigen Berufsgruppe angehören, bei der die Pauschbeträge nicht um Kostenersätze des Arbeitgebers gekürzt werden. Da in der Verordnung aber ausdrücklich nur vom (Nicht)Abzug bestimmter Kostenersätze (gemäß § 26 EStG) die Rede ist und da die genannten Kostenersätze limitiert sind, also letztlich auch grundsätzlich Abzugsfähiges vom Abzug ausschließen, erachtet das erkennende Gericht die in der zitierten Berufungsentscheidung vorgenommene ausdehnende Auslegung für unzulässig und überzogen.
Werbungskosten müssen wie Betriebsausgaben nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden (Doralt4, Einkommensteuergesetz Kommentar, Tz 47 zu § 16 EStG). Aus diesem Grundsatz ist abzuleiten, dass ein Steuerpflichtiger, der eine durch Verordnung eröffnete Möglichkeit zur Geltendmachung pauschaler Werbungskosten in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Pauschalierungsvoraussetzungen grundsätzlich nachzuweisen oder glaubhaft zu machen hat. Oder mit anderen Worten: Sieht das Gesetz oder eine Verordnung auch Pauschbeträge vor und wird die eingeräumte Pauschalierungsmöglichkeit beansprucht, dann ist die Nachweisführung bzw. Glaubhaftmachung (lediglich, aber jedenfalls) dem Grunde nach erforderlich (vgl. Hofstätter / Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, Tz. 4 zu § 16 EStG allgemein).
Dies umso mehr, als sich die Pauschalierungsinanspruchnahme steuermindernd auswirkt, somit in der Wirkung eine Begünstigung darstellt. Zu bedenken ist ferner, dass die Rechtfertigung für eine Pauschalierung nur in der Verwaltungsvereinfachung liegt und voraussetzt, dass die Pauschalierung den Erfahrungen des täglichen Lebens entspricht (Doralt4, Einkommensteuergesetz Kommentar, Tz 59 zu § 17 EStG; ). Durchschnittssätze dienen also der vereinfachten Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen. Sie stellen ein Angebot an den Abgabepflichtigen dar und hindern ihn nicht, die einzelnen Werbungskosten in Form des Einzelnachweises zu belegen (, und , B 4/80; RV/0171-F/03; RV/0546-F/07).
Folgender Sachverhalt wurde festgestellt:
Der Bf hat seine berufliche Tätigkeit überwiegend (nämlich zu erheblich mehr als der Hälfte seiner Gesamtarbeitszeit) im Außendienst als Verkaufsrepräsentant ausgeübt. Für mehr als die Hälfte der Arbeitstage erhielt er von seinem Arbeitgeber Tagessätze ausbezahlt. Zudem verrichtete er im Raum Bregenz Außendienst ohne Spesenersatz. Seine Hauptaufgabe war es dabei, Geschäfte mit Großkunden im Auftrag seines Arbeitgebers anzubahnen und abzuschließen, die (potenziellen, aber auch die Stamm)Kunden zu beraten und mit dem Ziele zu betreuen, die geschäftlichen Beziehungen zu pflegen und zu sichern. Diese Pflichten übte der Bf auch aus. Die in diesem Zusammenhang notwendigen Innendiensttätigkeiten fallen nicht ins Gewicht. Daneben war der Bf aber auch Leiter der Geschäftsstelle W bzw Vertriebsleiter. Dies bedeutet, dass er bei Verkaufsverhandlungen für die kaufmännischen Aspekte (Preise, Konditionen, Verträge) zuständig war. Er repräsentierte das arbeitgeberische Unternehmen in W und trug für die genannte Region Ergebnisverantwortung, was aber im Vergleich zu seinen Kernaufgaben von völlig untergeordnetem Gewicht war. Eine Mitarbeiterverantwortung trug der Bf nicht. In der lokalen Geschäftsstelle sind insgesamt ieS 6 bzw iwS 9 Mitarbeiter beschäftigt. Alle "berichten" an nicht in der lokalen Geschäftsstelle beschäftigte Mitarbeiter von AG, also auch nicht an den Beschwerdeführer.
Der Bf erhielt die meisten Aufwendungen, die ihm mit der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit als Vertreter im Außendienst erwachsen sind und die typischerweise mit einer solchen Tätigkeit in Zusammenhang stehen, von seinem Dienstgeber ersetzt. Im Einzelnen wurden dem Bf von seinem Arbeitgeber für die betrieblich veranlassten Fahrten das amtliche Kilometergeld im Gesamtbetrag von 6.026,33 €, entfallend auf ca 100 Teilbeträge, bezahlt. Ihm wurden ferner alle geltend gemachten Hotelkosten in der Gesamthöhe von 2.766 € ersetzt. Darüber hinaus erhielt er im Streitjahr ca 100 (zT anteilige) pauschalierte Tagessätze (in der Gesamthöhe von knapp 5.000 €). Alle vom Bf mit Beleg abgerechneten Aufwendungen für Bewirtung, nämlich sämtliche Kosten für Getränke und Verpflegung (Frühstücke, Mittagessen, Abendessen) wurden letztlich von seinem Arbeitgeber getragen. Der Arbeitgeber refundierte dem Bf im Streitjahr sogar Trinkgelder im Gesamtausmaß von € 308,90, wobei sich der Gesamtbetrag aus größeren und kleineren Teilbeträgen zusammensetzt. Darüber hinaus wurden dem Bf von seinem Arbeitgeber folgende Kosten bzw Aufwendungen über Vorlage von Belegen ersetzt: Parkgebühren, Werkzeugkosten (Kfz-Ladegerät), Zustelldienste, Mitgliedschaftsgebühren, Flugtickets, Taxifahrten, Mautgebühren (CH-Vignette), Frankiermaschine, öffentliche Verkehrsmittel, PC-Zubehör, Konferenzgebühr, Kuverts, Visagebühr und "sonstige Nebenkosten" (Postfachentgelt, Eintritt Disney Park). Der Arbeitgeber hat dem Bf ein mobiles Telefon zur freien Nutzung überlassen und sämtliche Kosten dafür getragen.
Der Bf erhielt aber nicht alle durch den Außendienst veranlassten Aufwendungen von seinem Arbeitgeber ersetzt. Nicht (voll) ersetzt wurden etwa durch den Außendienst veranlasste Aufwendungen, wenn der Dienstort (definiert als Arbeitsstätte plus 12 km) nicht verlassen wurde. Auch konnte für den Geltungsbereich des Wagenpauschales kein KM-Geld verrechnet werden. Weiters erfolgte bei Vergütung des Bahntarifs keine Vergütung für PKW-abhängige Spesen. Wurden die Spesen pauschal mit Tagsätzen abgerechnet, wurden Trinkgelder, Getränke und andere Nebenausgaben nicht zusätzlich ersetzt. Bei Verrechnung des höheren Kilometergeldes galten idR allfällige Unfallschäden als mitabgegolten, wurden also nicht eigens ersetzt. Die Vergütung erfolgte unabhängig von der Marke und Größe des verwendeten PKWs, also nicht auf Basis der tatsächlichen Gegebenheiten. Aufwendungen für Geschenke wurden nicht vergütet. Bei Auslagen, für die üblicherweise keine Belege erhältlich sind (Trinkgelder, Garderobe), konnte allerdings mit Eigenbelegen abgerechnet werden.
Die getroffenen Feststellungen gründen auf folgenden Beweisen und Überlegungen
Die getroffenen Einzelfeststellungen betreffend Kostenersatz basieren auf den vom Bf vorgelegten "Reiseberichten" unter Bedachtnahme auf die erläuternden Bemerkungen seiner steuerlichen Vertretung in der E-Mail vom . In ihnen wird – versehen mit entsprechenden Datumsangaben – über die vom Bf geltend gemachten Spesen detailliert abgerechnet. Aus ihnen wird ersichtlich, dass der Bf alle geltend gemachten Aufwendungen von seinem Arbeitgeber erstattet erhalten hat. Dies deckt sich mit seiner fernmündlichen Auskunft, wonach ihm keine Kosten bekannt sind, die er nicht vom Arbeitgeber ersetzt erhalten habe (AV vom , AS 47).
Hingegen brachte der Bf im Vorlageantrag vom vor, es seien ihm weiters vom Arbeitgeber nicht ersetzte Kosten angefallen, die durch das Vertreterpauschale abgegolten werden, nämlich Tagesgelder, weiters Ausgaben für im Wohnungsverband gelegene Räume sowie üblicherweise nicht belegbare Betriebsausgaben wie Trinkgelder, Kundenbewirtungen, bei denen eine Ausstellung eines ordnungsgemäßen Beleges nicht möglich gewesen sei (zB Einladung Punschstand Weihnachtsmarkt etc).
Dieses Vorbringen ist zum Teil berechtigt und hat sich insbesondere durch die Vorlage des Handbuchs betreffend Reisekostenabrechnung als zutreffend erwiesen. Mit der vorhergehenden Aussage wollte der Bf sohin nur aussagen, dass die wesentlichen Aufwendungen (zum Teil durch verschiedene Pauschalien, also der Höhe nach limitiert) vom Arbeitgeber abgegolten werden. Dies war umgangssprachlich korrekt, steuerrechtlich nicht präzise. Dem Vorbringen, üblicherweise nicht belegbare Trinkgelder seien angefallen und nicht ersetzt worden, wird kein Glauben geschenkt. Dagegen sprechen die dem Bf von seiner Arbeitgeberin tatsächlich vergüteten Trinkgelder und Punkt 7.1 des Spesenhandbuchs.
Die Feststellungen betreffend die vom Bf ausgeübte Tätigkeit und das Ausmaß, in welchem er Außendienst verrichtet hat, basieren auf dem Parteienvorbringen (Vorlageantrag, E-Mail vom ), dem mit E-Mail vom übermittelten Organigramm, den Recherchen im Internet (wikipedia.org), der Arbeitsplatzbeschreibung vom , dem arbeitgeberischen Fragebogen betreffend Vertreterpauschale, den Monatsberichten in Verbindung mit den detaillierten Reisekostenabrechnungen und dem schon erwähnten Handbuch. Der Arbeitsvertrag vom ist im gegebenen Zusammenhang nicht aussagekräftig und weder für die Verifizierung noch für die Falsifizierung des Parteienvorbringens geeignet. Die Abgabenbehörde hat keine tragfähigen Argumente vorgebracht, die gegen das Tatsachenvorbingen des Bf sprechen würden. Der finanzbehördlichen Annahme, der Bf habe (vertreterfremde) Führungsaufgaben wahrgenommen, ist durch die Aussage der Arbeitgeberin des Bf, letzterer habe keine Mitarbeiterverantwortung getragen, widerlegt. Im Hinblick auf die Größe der vom Bf repräsentierten Niederlassung (Geschäftsstelle W hat sechs Beschäftigte) deckt sich das Parteienvorbringen mit den Lebenserfahrungen, dass die vom Bf wahrgenommenen Leitungs- und Repräsentationsaufgaben im Verhältnis zu seiner Kernaufgabe als Vertreter von untergeordneter Bedeutung war. Ähnliches kann auch bei LeiterInnen lokaler Filialen bzw Außenstellen von Unternehmen bzw Firmen mit Sitz in Wien beobachtet werden.
Rechtliche Beurteilung des konkreten Sachverhalts
Im Sinne der oben zitierten übereinstimmender Lehre, Rechtsprechung und Verwaltungsübung war der Bf (praktisch) ausschließlich als Vertreter regelmäßig im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig. Dabei hat er mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit im Außendienst verbracht. Demzufolge war ihm das Vertreterpauschale zu gewähren.
Der Höhe nach beträgt das Vertreterpauschale 5% von den Bruttobezügen (abzüglich der Bezüge gemäß der Kennzahlen 215 und 220), höchstens 2.190 € jährlich. 5% der Bemessungsgrundlage ergeben 4.499,16. Dies hat zur Folge, dass dem Bf das Limit von 2.190 € (statt des allgemeinen Werbungskostenpauschales) zu gewähren war.
Revisionsberechtigung
Die Entscheidung basiert auf der in ihr zitierten, in den hier maßgeblichen Fragen eindeutigen und klaren Rechtsprechung. Über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wurde nicht abgesprochen.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.1100455.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at