a.) Kosten einer Kurreise bzw. eines Kuraufenthaltes als außergewöhnliche Belastung b.) Unterhaltsabsetzbetrag bei einem volljährigen Kind
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. A in der Beschwerdesache des B, xxxx C in Tirol, gegen den Bescheid des Finanzamts D mit Ausfertigungsdatum , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2013
zu Recht erkannt:
I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe bleiben gegenüber der Beschwerdevorentscheidung (mit Ausfertigungsdatum ) unverändert.
II. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
1. Der Beschwerdeführer (kurz: Bf.) machte in seiner Erklärung zur "ArbeitnehmerInnenveranlagung 2013" Kurkosten von 2.267,31 € als außergewöhnliche Belastung geltend.
2. Im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 (mit Ausfertigungsdatum ) wurden die geltend gemachten Kosten mit der Begründung nicht anerkannt, dass die ärztliche Bestätigung nur eine "Empfehlung" und keine Verordnung zum Inhalt habe.
3. In der Beschwerde vom gegen diesen Bescheid wurde eingewendet, dass die beiden Ablehnungsschreiben der Pensionsversicherungsanstalt ohne Untersuchung ergangen seien. Wenn telefonisch mitgeteilt worden sei, dass Kuranwendungen aus budgetären Gründen primär nur mehr im Beruf stehenden Personen genehmigt würden, könne dies noch hingenommen werden. Der Bf. verstehe aber nicht, dass eine Kuranwendung, die auf Grund einer Empfehlung des behandelnden Arztes erfolgt sei, nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werde.
4. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der angefochtene Bescheid zu Lasten des Bf. abgeändert. Es wurden zwar die Thermalbehandlungskosten von 660,00 €, nicht aber die weiteren Kosten der Kur (von 1.607,31 €) anerkannt, womit der Selbstbehalt nach wie vor nicht überschritten wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass es für den Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Kuraufenthaltes der Vorlage eines vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugisses bedürfe. Eine "ärztliche Verordnung" sei nicht vorgelegt worden. Da für den Sohn E seit Jahresbeginn keine Familienbeihilfe mehr bezogen worden sei, sei auch der (bisher berücksichtigte) Unterhaltsabsetzbetrag nicht mehr zu gewähren.
5. Im Vorlageantrag vom wurde ausgeführt, dass das Gesetz unmissverständlich regle, dass Alimente bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes zu leisten seien. Die Heilbehandlungsanträge des Bf. seien von der Pensionsversicherungsanstalt sowohl im Jahr 2012 als auch im Beschwerdejahr abgelehnt worden. Der Leidensdruck des Bf. sei im Jahr 2013 aber bereits so groß gewesen, dass er die hohen Kosten einer Kur in Abano auf sich genommen habe. Die Begründung der Beschwerdevorentscheidung, dass eine "ärztliche Verordnung" notwendig sei, sei - wie der Hausarzt plausibel erklärt habe - nicht rechtskonform. Eine "solche Verordnung im Ausland" gebe es nur für das Tote Meer, das auf der Welt einzigartig sei. Eine Therapie im Ausland könne der Hausarzt nur "empfehlen", da der Patient selbst entscheiden müsse, ob er sich die Kosten leisten könne oder wolle. Eine schriftliche Empfehlung liege aber vor. Somit liege eine Anerkennung der Kurkosten als außergewöhnliche Belastung "im Ermessen des Finanzbeamten".
6. Die Beschwerde wurde dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt.
II. Kuraufenthalt
1. Rechtslage
a.) Gemäß § 34 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2 EStG 1988) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2). Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3). Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Zwangsläufig erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen nach § 34 Abs. 3 EStG 1988 dann, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
b.) Grundsätzlich können auch die Kosten einer Kurreise bzw. eines Kuraufenthaltes eine außergewöhnliche Belastung iSd § 34 EStG 1988 darstellen. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH müssen jedoch, um den zitierten Anforderungen des § 34 EStG 1988 genügen zu können, bestimmte Anforderungen erfüllt sein (zB ; ; ; ; je mit weiteren Nachweisen):
Nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte (Kur-)Reise führt zu einer außergewöhnlichen Belastung iSd § 34 EStG 1988. Da ein Erholungsurlaub der Gesundheit generell zuträglich ist, erweist sich eine Abgrenzung der für die Gesundheit und Erhaltung der Arbeitskraft förderlichen Erholungsreisen von den aus medizinischer Sicht notwendigen Reisen im engeren Sinn als erforderlich.
Eine Reise, die aus medizinischer Sicht notwendig ist, kann nur angenommen werden, wenn die Reise nach ihrem Gesamtcharakter eine Kurreise, insbesondere mit einer nachweislich kurgemäß geregelten Tages- und Freizeitgestaltung, darstellt und damit sichergestellt ist, dass nicht bloß eine Erholungsreise vorliegt, welche zwar ebenfalls der Gesundheit förderlich ist, aber nicht zu zwangsläufigen und außergewöhnlichen Aufwendungen iSd § 34 EStG 1988 führt.
Der Begriff der "Kur" erfordert ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren. Die Aufwendungen für den Kuraufenthalt müssen zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die der Behandlung dienende Reise zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig ist. Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Kuraufenthaltes ist die Vorlage eines vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnisses erforderlich, aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben. Einem ärztlichen Zeugnis kann es gleich gehalten werden, wenn zu einem Kuraufenthalt von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung oder auf Grund beihilfenrechtlicher Bestimmungen Zuschüsse geleistet werden, da zur Erlangung dieser Zuschüsse ebenfalls in der Regel ein ärztliches Gutachten vorgelegt werden muss.
c.) In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass ein Steuerpflichtiger, der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wissen will, selbst alle Umstände darzulegen hat, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (, mwN).
2. Sachverhalt
a.) Der Bf. hielt sich vom 7.4. bis zum zur Kur im Hotel "F" in Abano Terme auf. Die von ihm geltend gemachten Aufwendungen von 2.267,31 € entfallen auf Thermalbehandlungen (insbes. Fangokur, Ozonthermalbad, Massagen; 660,00 €), Aufenthaltskosten (840,00 €), Verpflegungsaufwendungen (Mittag- und Abendessen; 280,00 €), Kilometergelder (414,71 €) und Mautgebühren (72,60 €; Kurkostenaufstellung des Bf.).
b.) Die vom Arzt für Allgemeinmedizin in C, Dr. G, ausgestellte "Bestätigung" vom weist folgenden Wortlaut auf: "Aufgrund von chron. Lumbago bei degenerativen Veränderungen sowie Coxarthrose werden bei o.g. Patienten Naturfango, Massagen, Unterwassergymnastik sowie Thermalbäder medizinisch empfohlen".
c.) Mit dem - gleichfalls vom Bf. vorgelegten - Schreiben vom teilte die Pensionsversicherungsanstalt bedauernd mit, dass dem Heilverfahrensantrag des Bf. vom nach medizinischer Prüfung nicht stattgegeben werden konnte.
3. Rechtliche Würdigung
a.) Bei der vom Bf. vorgelegten Bestätigung vom handelt es sich um eine ärztliche Empfehlung und kein ärztliches Zeugnis. Eine ärztliche Bescheinigung, die den von der Rechtsprechung des VwGH geforderten Inhalt aufweist (und aus der sich die Notwendigkeit und die Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergäbe), liegt somit nicht vor, sodass die Beschwerde (in diesem Punkt) bereits aus diesem Grund abzuweisen war.
b.) Dass die Vorlage eines "vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnisses" erforderlich ist, hat das Finanzamt schon in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt. Soweit der Bf. im Vorlageantrag darauf verweist, dass die Ablehnung des Betrags von 1.607,31 € (2.267,31 € - 660,00 €) nicht "rechtskonform" sei, wie ihm sein Hausarzt erklärt habe, gilt es auf die vorzitierte Rechtsprechung des VwGH zu § 34 EStG 1988 zu verweisen, aus der sich im Übrigen einwandfrei ergibt, dass eine "Empfehlung" nicht ausreichend ist und die Entscheidung, ob eine außergewöhnliche Belastung anerkannt werden kann, nicht in das Ermessen (der Abgabenbehörde und des Bundesfinanzgerichts) gestellt ist. Sind die Voraussetzungen des § 34 EStG 1988 nicht erfüllt, ist der Antrag zwingend abzuweisen.
c.) Nur der Abrundung halber sei erwähnt, dass beispielsweise auch der Nachweis einer kurgemäß geregelten Tages- und Freizeitgestaltung nicht erbracht worden ist.
III. Unterhaltsabsetzbetrag
1. Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu, wenn sich das Kind in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes oder in der Schweiz aufhält und das Kind nicht ihrem Haushalt zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und für das Kind weder ihnen noch ihrem jeweils von ihnen nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird.
2. Die Inanspruchnahme des Unterhaltsabsetzbetrags setzt somit - dem Wortlaut der zitierten Bestimmung zufolge - zwar nur voraus, dass der Steuerpflichtige für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leistet, das nicht seinem Haushalt zugehört und für das weder ihm noch seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe gewährt wird. Dass die Familienbeihilfe einer nicht dem Haushalt des Unterhaltspflichtigen angehörigen Person zusteht, ist für volljährige Kinder aber dennoch Voraussetzung für den Unterhaltsabsetzbetrag. Nach der Verfassungsbestimmung des § 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988 sind nämlich Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, außer in den Fällen und im Ausmaß der Z 4 (zB Krankheitskosten) weder im Wege eines Kinder- oder Unterhaltsabsetzbetrages noch einer außergewöhnlichen Belastung zu berücksichtigen. Ein Unterhaltsabsetzbetrag steht somit für Unterhaltsleistungen an volljährige Kinder, für die – an sie selbst oder an Dritte – keine Familienbeihilfe ausbezahlt wird, nicht zu (; ; RV/0241-F/08; je mit weiteren Nachweisen).
3. Unbestritten ist (in sachverhaltsmäßiger Hinsicht), dass für den Sohn des Bf. seit dem keine Familienbeihilfe mehr bezogen wurde (Beschwerdevorentscheidung). Damit konnte aber für den Zeitraum "1.1 bis 30.6." (Beilage zur Erklärung) schon aus diesem Grund kein Unterhaltsabsetzbetrag gewährt werden. Dass "Alimente bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes" zu zahlen sind, mag zwar zutreffend sein, an der hier ausschlaggebenden steuerrechtlichen Beurteilung (auf Grund der Verfassungsbestimmung des § 34 Abs. 7 Z 5 EStG 1988) aber nichts zu ändern.
IV. Zulässigkeit einer Revision
Die Rechtsfragen, unter welchen Voraussetzungen Aufwendungen für eine Kurreise und für einen Kuraufenthalt als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind, bzw. ob ein Unterhaltsabsetzbetrag für ein volljähriges Kind, für die keine Familienbeihilfe mehr bezogen wird, gewährt werden kann, sind durch die zitierte Rechtsprechung des VwGH und die zitierte Spruchpraxis des Unabhängigen Finanzsenats geklärt. Die Voraussetzungen einer ordentlichen Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG) sind damit nicht erfüllt.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.3100684.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at