Beschwerde gegen die Abweisung eines Ansuchens um Rückzahlung iVm. Aufrechnung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesfinanzgericht hat durch
den Richter
U
in der Beschwerdesache des A, in B, gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom betreffend die Abweisung eines Antrages auf Rückzahlung eines Guthabens gemäß § 239 iVm § 216 Bundesabgabenordnung (BAO) zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Mit Anbringen vom ersuchte der Beschwerdeführer (Bf) A um Überweisung seines Guthabens in Höhe von € 3.371,41 auf sein bestehendes Bankkonto.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass
1) es sich um keine Gutschrift zur Einkommensteuer, sondern um eine Gutschrift zur Arbeitnehmerveranlagung (Lohnsteuer) für die Jahre 2007 - 2009 handle.
2) Mit keinem Wort werde auf die Entscheidung des LG-Feldkirch eingegangen, welches ausdrücklich besage, sollte das Einkommen inkl. Steuerguthaben unter dem Existenzminimum liegen, dass Anspruch auf Auszahlung gegeben wäre.
3) Der § 215 Abs. 1 BAO besage, dass eine Gegenverrechnung nicht gelte, wenn die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
Auf die vorangegangen Anbringen betreffend Prüfung einer Rückzahlung und Urgenz dieser Prüfung vom und samt Antwort des Finanzamtes vom wird verwiesen.
Das Ansuchen um Rückzahlung vom wurde seitens des Finanzamtes mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass gem. § 200 Abs. 4 Insolvenzordnung (IO) das Schuldenregulierungsverfahren bereits nach rechtskräftiger Einleitung des Abschöpfungsverfahrens mit Restschuldbefreiung (§ 199 bis 216 IO) aufgehoben sei. Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch Rechtskraft des Beschlusses mit dem das Abschöpfungsverfahren eingeleitet wird, finde das Aufrechnungsverbot des § 20 Abs. 1 IO keine Anwendung mehr, weil diese Bestimmung nur im Insolvenzverfahren gelte.
Ab diesem Zeitpunkt sei daher eine auf § 215 Abs. 1 BAO gestützte Verrechnung einer Insolvenzforderung mit entstandenen Steuergutschriften zulässig.
Zu § 206 Abs. 3 IO führte das Finanzamt aus, dass angesichts des klaren Wortlautes dieser Bestimmung eine Ausdehnung eines Aufrechnungsgebotes zu Lasten aller Insolvenzgläubiger im Weg der Interpretation nicht vorgenommen werden könne. Eben so wenig könne ein allgemeines Aufrechnungsgebot für Insolvenzgläubiger während des Abschöpfungsverfahrens der Insolvenzordnung entnommen werden.
Bei der vom Finanzamt gegen andere Abgabenrückstände verrechneten Einkommensteuergutschrift (für 2007 und 2008 aus der Arbeitnehmerveranlagung) handle es sich um einen öffentlich rechtlichen Anspruch gegenüber dem Abgabengläubiger, der (unter Hinweis auf das VwGH-Erk. Vom , 2006/15/0155) daher aufrechenbar sei.
Auf die weiteren Ausführungen zu den Bestimmung der §§ 215 Abs. 1 und 213 BAO, sowie darauf dass eine Aussetzung der Einbringung gem. § 231 BAO und nicht gemäß § 212a BAO vorlag, wird verwiesen.
Darauf erhob der Bf mit Anbringen vom Einspruch, der als Beschwerde (aufgrund des Übergangs der Rechtssache auf das Bundesfinanzgericht) zu werten war.
Der Bf zeigt sich darüber verwundert, dass in der nunmehrigen Bescheidbegründung (gegenüber der vorhergehenden Auskunft) die §§ 212a und 231 BAO angeführt wurden.
Weiters führte der Bf aus, dass § 212a BAO habe mit der Gegenverrechnung, wie in seinem Fall, überhaupt nichts zu tun. Ebenfalls treffe der § 231 BAO nicht zu, da klar sei, dass bei einem Abschöpfungsverfahren eine Einbringung zu einem späteren Zeitpunkt zu keinem Erfolg führen könne.
Wie das Finanzamt darauf komme, dass sein Einkommen in den Jahren 2007 und 2008 jeweils über dem Existenzminimum gelegen sein soll, verstehe er nicht.
Im Jahr 2007 sei er netto fast immer unter dem Existenzminimum gelegen und im Jahr 2008 zumindest in drei Monaten.
Das Finanzamt legte daraufhin die Beschwerde (vormals Berufung) dem UFS (nunmehr zuständig das Bundesfinanzgericht-BFG) vor.
Aus dem Akteninhalt werden noch folgende Feststellungen getroffen:
Aus der Insolvenzdatei ist zu ersehen, dass mit Beschluss des zuständigen Bezirksgerichts vom YX das Schuldenregulierungsverfahren aufgehoben wurde.
Die auf dem Abgabenkonto des Bf zu Guthaben führenden Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2007 und 2008 sind am , somit nach Einstellung des Insolvenzverfahrens ergangen.
Rechtslage und Erwägungen
§ 239 Abs. 1 erster Satz BAO lautet:
Die Rückzahlung von Guthaben (§215 Abs. 4) kann auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen.
Gemäß § 215 Abs. 1 BAO ist ein aus der Gebarung gemäß § 213 unter Außerachtlassung von Abgaben deren Einhebung ausgesetzt ist, sich ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.
Nach § 215 Abs. 4 BAO sind Guthaben, soweit sie nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 zurückzuzahlen.
Gemäß § 213 Abs. 1 BAO ist bei den von derselben Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebenden Abgaben für jeden Abgabepflichtigen die Gebarung (Lastschriften, Zahlungen und alle sonstigen ohne Rücksicht aus welchem Anlass entstandenen Gutschriften) in laufender Rechnung zusammengefasst zu verbuchen.
Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob die Verrechnung der aus der Arbeitnehmerveranlagung entstandenen Gutschriften an Einkommensteuern mit rückständigen Insolvenzforderungen des Finanzamtes verrechnet werden durfte und damit das Rückzahlungsansuchen zu Recht abgewiesen wurde.
Mit der Frage der Rückzahlung ist somit untrennbar die Frage der Zulässigkeit der Aufrechnung, damit die Frage der Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto des Bf, verbunden. Da der Streit über die Gebarung mit Abrechnungsbescheides gem. § 216 BAO zu lösen ist, ist der gegenständlich angefochtene Bescheid auch als Abrechnungsbescheid im Sinne des § 216 BAO anzusehen (siehe dazu VwGH Erk. vom , 91/15/0103).
Wie bereits vom Finanzamt (ebenso vom Verwaltungsgerichtshof im Erk. vom , 2006/15/0155) ausgeführt wurde, findet nach Aufhebung des Schuldenregulierungsverfahrens (Insolvenzverfahrens) das Aufrechnungsverbot des § 20 IO keine Anwendung mehr. Da die Gutschriften aus den Einkommensteuerbescheiden lange nach Beendigung des Schuldenregierungsverfahrens ergangen sind, wurde eine Verrechnung im Sinne des § 215 Abs. 1 mit fälligen Abgabenschulden zu Recht vorgenommen.
Dem steht auch die Bestimmung des § 206 IO (laut Ausführungen des Finanzamtes, gestützt auf das oben zitierte VwGH-Erkenntnisses, auf die verwiesen wird) nicht entgegen.
Zum Vorbringend des Bf ist anzumerken dass es sich beim Rückforderungsanspruch des Bf aus der Arbeitnehmerveranlagung um eine Einkommensteuergutschrift und somit um eine Festsetzung von Einkommensteuer (siehe Bescheidbezeichnung und die dort festgesetzte Einkommensteuergutschrift = Abgabengutschrift) handelt.
Wie das Finanzamt – abgeleitet vom zitierten VwGH-Erkenntnis – ausführte, handelt es sich bei den Einkommensteuergutschriften im rechtlichen Sinn um einen öffentlich rechtlichen Anspruch gegenüber dem Abgabengläubiger (sogenannten negativen Abgabenanspruch) der aufrechenbar ist und der (lt. VwGH) keinem Pfändungsschutz – da es sich eben nicht um Arbeitseinkommen handelt -unterliegt.
Dazu ist festzustellen, dass im gegenständlichen Fall ohnedies nicht über eine Pfändungsmaßnahme des Finanzamt im Sinne der Abgabenexekutions- und somit auch der zivilrechtlichen Exekutionsordnung abgesprochen wird, sondern ob in Ausübung öffentlich-rechtlicher Bestimmungen nach der Bundesabgabenordnung eine Aufrechnung zulässig ist oder nicht.
Rechtliche Ausführungen in einem zivilrechtlichen Verfahren durch ein Zivilgericht, in dem sich Privatpersonen als Streitparteien gegenüberstehen, können somit keine Berücksichtigung finden. Da Streitigkeiten in Steuerangelegenheiten (hier privat Person gegen das Finanzamt) letztlich vor dem Verwaltungsgerichtshof ausgetragen werden, war die Rechtsprechung desselben anzuwenden.
Wie bereits oben ausgeführt wurde, handelt es sich hier um keine Pfändungsmaßnahme des Finanzamtes. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob der Bf mit seinem Einkommen, rückwirkend in den Jahren 2007 und 2008, über oder unter dem Existenzminimum gelegen war.
Auf § 212a BAO (Aussetzung der Einhebung) wurde seitens des Finanzamtes deshalb hingewiesen, da bei Vorliegen derselben eine Verrechnung nicht hätte stattfinden dürfen. Die vorliegenden Aussetzung der Einbringung von Abgaben (mehr als € 100.000,--) gemäß § 231 BAO (Aussetzung der Einbringung im Gegensatz zu Aussetzung der Einhebung) hindert eine Aufrechnung im Sinne des § 215 Abs. 1 BAO nicht.
Da die durch das Finanzamt vorgenommen Verrechnung der gegenständlichen Gutschriften zu recht erfolgt ist, kommt der Beschwerde keine Berechtigung zu.
Die Revision an den VwGH ist nicht zulässig, weil die im gegenständlichen Fall zu lösende Rechtsfrage der Zulässigkeit der Verrechnung durch die höchstgerichtliche Rechtsprechung des VwGH (siehe Erk. vom , 2006/15/0155) geklärt ist.
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 239 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.6100205.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at