Die Verlosung eines Grundstückes mit anschließender Eigentumsübertragung an den Gewinner ist ein Rechtsgeschäft, das der Grunderwerbsteuer unterliegt und daher nach der Rechtslage vor dem 1.1.2011 von der Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 15 Abs. 3 GebG befreit ist. (Stattgabe iS VwGH 29.8.2013, 2010/16/0101)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag.Dr. Hedwig Bavenek-Weber in der Beschwerdesache Bf. , vertreten durch KPMG Austria AG Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Porzellangasse 51, 1090 Wien gegen den Bescheid gemäß § 201 BAO des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern vom , ErfNr. x1, StNr. x2 betreffend Rechtsgebühren gemäß § 33 TP 17 Abs.1 Z. 7 lit.a GebG (Hausverlosung) zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird stattgegeben und der Bescheid wird aufgehoben.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist, ob die Verlosung eines Grundstückes mit anschließender Eigentumsübertragung an den Gewinner sowohl der Rechtsgeschäftsgebühr als auch der Grunderwerbsteuer unterliegt oder ob § 15 Abs. 3 GebG, der eine Kumulierung von Gebühren und Grunderwerbsteuer verhindern soll, zum Tragen kommt?
Ist die Rechtsgeschäftsgebühr trotzdem zu entrichten, obwohl die Ziehung des Gewinnloses entsprechend Punkt V./7 der Teilnahmebedingungen nicht statt fand (=Abbruch der Verlosung), weil nicht genug Lose verkauft wurden? Wird dadurch das Rechtsgeschäft aufschiebend bedingt iSd § 16 Abs. 7 GebG bzw. § 17 Abs. 4 GebG?
Bemerkt wird, dass das Verfahren der Beschwerdeführerin (Bf.) vom Unabhängigen Finanzsenat auf das Bundesfinanzgericht übergegangen ist. Die entsprechende Gesetzesstelle lautet:
„§ 323 Abs. 38 BAO: Die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge sind vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.....
„§ 323 Abs. 39 BAO: Soweit zum eine Befugnis zur geschäftsmäßigen Vertretung im Abgabenverfahren vor den Abgabenbehörden zweiter Instanz besteht, ist diese auch im Beschwerdeverfahren vor den Verwaltungsgerichten gegeben.“
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern erfuhr von der Hausverlosung des Bf. und ersuchte mit Schreiben vom um Ergänzung.
„Sie sind Veranstalter einer Haus/Objektverlosung: Haus/Objektverlosungen sind gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. a GebG gebührenpflichtig. Die Gebühr beträgt, wenn die Gewinne in Waren und geldwerten Leistungen bestehen, 12% vom Gesamtwert aller nach dem Spielplan bedungenen Einsätze. Darunter ist der Betrag zu verstehen, der sich aus der Gesamtzahl aller aufgelegten Lose multipliziert mit dem Lospreis ergibt. Die Gebührenschuld entsteht gemäß § 16 Abs. 5 lit. b GebG mit dem Zustandekommen des Rechtsgeschäftes, spätestens mit dem Zeitpunkt des Beginns des Losverkaufes. Das heißt mit dem Verkauf des ersten Loses. Die Gebührenschuld besteht in vollem Umfang auch dann, wenn nicht alle Lose verkauft werden oder wenn die Verlosung (Ziehung) abgesagt wird und nicht stattfindet.
Die Gebühren sind gemäß § 33 TP 17 Abs. 2 GebG iVm § 31 Abs. 3 GebG 1957 ohne Bemessung durch ein Finanzamt bis zum 20. des dem Entstehen der Gebührenschuld folgenden Kalendermonats selbst zu berechnen und zu entrichten. Bis zu diesem Zeitpunkt ist auch eine Abrechnung samt Unterlagen anzuschließen, die eine Überprüfung der Spieleinsätze sowie der Gewinste ermöglichen (zB Verlosungsbedingungen, aus denen die Anzahl der aufgelegten Lose und Lospreis(e) ersichtlich sind). Der zur Gebührenentrichtung Verpflichtete (Veranstalter) hat die Dauersteuernummer beim zuständigen Finanzamt zu beantragen.
Der Gebührenbetrag ist unter Angabe des Abrechnungszeitraumes = Monat des Entstehens der Gebührenschuld (MM/JJ), der Abgabenart (GMO) und der Steuernummer auf das PSK- Konto des zuständigen Finanzamtes einzuzahlen bzw. zu überweisen. Die entsprechende Kontonummer des zuständigen Finanzamtes ist der Homepage des BMF unter „Steuern/zu meinem Finanzamt“ zu entnehmen. Auf dem Einzahlungs- bzw. Überweisungsbeleg ist der Verwendungszweck „Hausverlosung“ oder „Objektverlosung“ anzuführen, sowie das zu verlosende Haus mit seiner Anschrift bzw. das Objekt mit einem Identifizierungsmerkmal (zB Fahrgestellnummer bei Autos) zu beschreiben. Zur Einhaltung der Fristen kann die selbstberechnete Gebühr vor Vergabe einer Steuernummer auf das Konto des zuständigen FA einbezahlt, bzw. die Abrechnungen vorab zu St.Nr. „neu“ vorgelegt werden. Auch hier sind die entsprechenden Bezüge und Betrefftexte anzugeben.
Es wird ersucht folgende Fragen zu beantworten und die geforderten Unterlagen vorzulegen:
1.) Wie erfolgte der Losverkauf?
2.) Wann bzw. wie erwirbt der Teilnehmer das Los?
3.) Wie erfolgte der Verlosungsablauf vom ersten Auftritt an die Öffentlichkeit bis zur Verlosung des Objekts?
4.) Wann findet die Verlosung statt?
5.) Gibt es Verlosungsbedingungen? Wenn ja, bitte legen Sie diese vor? Wenn nein, wie wird der Teilnehmer über den Verlosungsablauf, Losanzahl, Lospreis usw. informiert?
6.) Wer ist der Veranstalter der Verlosung?
7.) Was ist Gegenstand der Verlosung? (Einlagezahl, Grundbuch, Parzelle, Fahrgestellnummer, usw.)
8.) Wer ist Eigentümer des Verlosungsobjektes?
9.) Erfolgt die Verlosung über einen Treuhänder? Wenn ja, Name, Anschrift des Treuhänders!
10.) Erfolgt der Verkauf der Lose über ein Treuhandkonto?
11.) Wurden bereits Lose verkauft? (Nachweis mittels dafür geeigneter Unterlagen, Kontoauszug, Kontoauszug Treuhandkonto, usw.)
12.) Wann wurde das erste Los verkauft?
13.) Wie viele Lose wurden aufgelegt?
14.) Wie hoch ist der Lospreis?
15.) Wurde die Gebühr bereits entrichtet? Wenn ja, in welcher Höhe? (Vorlage des Überweisungsbelegs)
16.) Befindet sich das Verlosungsobjekt im Privatvermögen?
Falls Sie mittlerweile Ihre Haus/Objektverlosung abgesagt haben, sind die vorstehenden Fragen trotzdem zu beantworten!“
Der Bf. kam dem Ersuchen des Finanzamtes am nach und beantwortete die Fragen. Der Bf. teilte mit, dass insgesamt 5.700 Lose a 99 Euro aufgelegt wurden. Mit dem Losverkauf wurde am begonnen und wurde am eingestellt.
Dazu merkte er an:
„Die Vergabe der Lose erfolgt in der Form, dass nach entsprechender Registrierung über die Homepage xy für die Hausverlosung bekannt gegeben wurde. Danach erfolgt die Einzahlung auf das Treuhandkonto und wurde nach Einlangen des Betrages von 99 Euro je Los eine Losnummer durch den Veranstalter dem Teilnehmer bekannt gegeben. Mit der Bekanntgabe der Losnummer hat der/die TeilnehmerIn das Los erhalten.
Die Losvergabe hat mit begonnen und wurde mit eingestellt. Die Verlosung wird nicht stattfinden. Gemäß beiliegenden Verlosungsbedingungen war die Verlosung dadurch aufschiebend bedingt, dass zumindest 4.950 Lose bis zu verkauft werden…..Es wurden insgesamt 5.700 Lose aufgelegt und wurden bis zu dem in den Verlosungsbedingungen festgesetzten Zeitraum , 620 Lose vergeben. Die erste Losnummer wurde am vergeben…..Das Verlosungsobjekt befindet sich in meinem Privateigentum und wurde bisher eine Gebühr nicht entrichtet..
Abschließend darf ich festhalten, dass die Verlosung nicht erfolgte und auch die Ausgabe der Lose unter der aufschiebenden Bedingung erfolgte, dass zumindest 4.950 Lose bis zum verkauft werden. Die Bedingung ist nicht eingetreten. (Punkt 7 der Verlosungsbedingungen).“
Das Finanzamt setzte für diese Grundstücksverlosung („Hausverlosung“) mit Bescheid gemäß § 201 BAO vom von einer Bemessungsgrundlage von 564.300,00 Euro [=5.700x99] die Rechtsgeschäftsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. a GebG in Höhe von 12% = 67.716,00 Euro fest. Das Finanzamt begründete diese Vorschreibung unter anderem folgendermaßen:
„Im gegenständlichen Fall ist die Gebührenschuld mit (Vorhaltsbeantwortung) entstanden. Abgesehen davon, dass der gegenständliche Glücksvertrag nicht unter einer aufschiebenden Bedingung abgeschlossen wurde – die Formulierung in den Verlosungsbedingungen Punkt 7.: ‚Sollten bis zum weniger als 4.950 Lose verkauft worden sein, so findet die Verlosung nicht statt.’ Stellt keine aufschiebende Bedingung dar – ist es gemäß § 17 Abs. 4 GebG ohne Einfluss auf die Entstehung der Gebührenschuld, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt.“
Fristgerecht wurde dagegen Berufung erhoben. Einwendungen wurde:
- ad A) bei Waren iSd Gebührengesetzes handle es sich um bewegliche, leicht realisierbare Gegenstände und nicht um Immobilien. Dies ergäbe sich aus § 33 TP 8 Abs. 2 Z. 1 GebG, wonach Darlehensverträge gegen Verpfändung von Wertpapieren oder Waren (sog. Lombarddarlehen) keiner Gebühr unterlägen. Die Verpfändung von Liegenschaften unterliege nämlich § 33 TP 18 GebG. Diese ausdrückliche Gebührenpflicht von Hypotheken schlösse umgekehrt eine Subsumption von Liegenschaften unter dem Begriff Ware nach Sinn und Zweck des GebG aus.
- ad B) eine Subsumption von Liegenschaften unter den Begriff der „geldwerten Leistungen“ sei auf Basis einer reinen Wortinterpretation zwar nicht ausgeschlossen, dieser Interpretation jedoch nicht zu folgen. Die geldwerte Leistung des Gebührengesetzes decke sich nämlich nicht mit dem geldwerten Vorteil des § 15 EStG. Zu diesem Zweck sei auf die Abgrenzung von Lieferung und sonstiger Leistung iSd UStG zurückzugreifen. Lieferungen seien all jene Leistungen, bei denen jemandem die Verfügungsmacht über einen Gegenstand verschafft werde, weswegen Grundstücke und Bauwerke unter diesen Begriff zu subsumieren seien. Im Umkehrschluss sei die Verschaffung der Verfügungsmacht an Bauwerken und Grundstücken nicht vom Begriff der sonstigen Leistung umfasst.
Ad historische Interpretation: Außerdem ergäbe sich aus der historischen Entwicklung des Gesetzeswortlautes der TP 17, dass die derzeit geltende Fassung keine Liegenschaften erfassen solle. Nach der Negativformulierung der ursprünglichen Fassung der TP 17 seien auch Liegenschaften davon erfasst gewesen, die Gebühr hätte allerdings nur 2% aller nach dem Spielplan bedungenen Einsätze betragen. Mit dem Glücksspielgesetz 1960 sei auch § 33 TP 17 Abs. 1 Z. 7 GebG novelliert worden. Aus dieser Gesetzesänderung lasse sich der Wille des historischen Gesetzgebers ableiten: Einerseits sollte der Steuersatz für Verlosungen, bei denen der Gewinn nicht in Bargeld, Münzen oder Wertpapieren bestehe, von 2% auf 12% wesentlich erhöht werden, andererseits sollten Grundstücke grundsätzlich aus der Gebühr herausgenommen werden. Damit stelle aufgrund der historischen Interpretation die Immobilienverlosung eine gewollte Ausnahme von der Gebührenpflicht für Glücksverträge dar.
Ad GrESt und Gebührenpflicht: § 15 Abs. 3 GebG komme zu Tragen, da der Erwerb eines Grundstückes im Zuge einer Verlosung der Grunderwerbsteuer unterliege. Dies deshalb, weil alle Lose auf die Begründung eines Übereignungsanspruches iSd § 1 Abs. 1 Z. 1 GrEStG abzielten. Das Los entscheide lediglich, welcher Kaufinteressent die Liegenschaft tatsächlich erwerben könne. Dabei akzeptiere jeder Loskäufer, dass er seinen Einsatz zur Finanzierung der Immobilienübereignung an den Gewinner verliere und somit nicht zurückerhalte. Im Ergebnis falle die Hausverlosung unter das Grunderwerbsteuergesetz, obwohl in den Verlosungsbedingungen unter Punkt V./7. mit der Festlegung der Mindestanzahl von Losverkäufen eine die Grunderwerbsteuerschuld hinausschiebende aufschiebende Bedingung vereinbart worden sei. Im gegenständlichen Fall habe der Bf. nach Punkt V./12. der Verlosungsbedingungen bereits mit Beginn der Verlosung die Verpflichtung übernommen, sein Eigentum an der gegenständlichen Liegenschaft auf den Gewinner (unter bestimmten Bedingungen) zu übertragen. Bei Verlosung einer Liegenschaft erfolge die sachenrechtliche Übereignung der Liegenschaft zwar in einem eigenen Rechtsvorgang, jedoch sei dieser Rechtsvorgang ein integrierter und unverzichtbarer Bestandteil des abgeschlossenen Glücksvertrages.
Ad aufschiebende Bedingung: bei Punkt V./7. der Verlosungsbedingungen, der einen Verkauf einer Mindestanzahl von Losen vorsieht, ansonsten die Verlosung abgebrochen werde, handle es sich um eine Bedingung iSd § 16 Abs. 7 GebG und nicht iSd § 17 Abs. 4 GebG, da der Abschluss weiterer Glücksverträge nur von der „Marktlage für Immobilienverlosungen“ abhängig gewesen sei. Das Zustandekommen des Rechtsgeschäftes sei von Anfang an davon abhängig gewesen, wie andere Dritte, nämlich die potentiellen Loskäufer die Gewinnchance und das Verlustrisiko gegeneinander abgewogen hätten. Da der Eintritt äußerer Umstände von den Parteien zur Vertragsbedingung erhoben worden sei, sei nach § 16 Abs. 7 GebG die Gebührenschuld für das beurkundete Rechtsgeschäft bisher nicht entstanden.
Ad verfassungskonforme Vorgangsweise: es handle sich um eine exzessive Besteuerungsregelung, weil Gebühr für ein Rechtsgeschäft erhoben werde, obwohl dieses Rechtsgeschäft niemals wirksam geworden sei. Weiters erscheine die in den § 16 Abs. 7 GebG und § 17 Abs. 4 GebG gewählte Differenzierung gleichheitsrechtlich bedenklich. Das Rechtsgeschäft über die Hausverlosung sei mit ex-tunc-Wirkung nicht entstanden. Die gebührenrechtliche Beurteilung des rechtsgeschäftlichen Vorganges mithilfe von § 295a BAO sei rückwirkend zu berichtigen, weswegen die Gebührenpflicht für die mit Rückwirkung vernichtete Hausverlosung entfalle. Der Bf. äußerte erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, dass § 295a BAO aufgrund seines Zweckes dem § 17 Abs. 4 und 5 GebG vorgehen müsse und nicht § 295a BAO durch § 17 Abs. 4 GebG überlagert werde.
In der Begründung der Berufung stützte sich der Bf. ausdrücklich auf die in den Fußnoten angegebene Literatur und zwar insbesondere auf die Artikel Gregorich, Immobilienverlosungen und der Gebührenirrtum. Überlegungen zur Rechtsgeschäftsgebührenpflicht, SWK 11 vom , 576 (S 416), Beiser, Grundstücksverlosungen – Kumulation von Gebühren und Grunderwerbsteuer? Gebühren, Umsatzsteuer und Grunderwerbsteuer, SWK 2009, S 475, und Berger, Hausverlosungen sind gebührenfrei! Anknüpfung an die Gebührenbefreiung für Lombardgebühren und an das bürgerliche Recht. Begriff „Ware“, SWK 2009, S 634, sowie auf Arnold, Rechtsgeschäftsgebühren, Kommentar.
Das Finanzamt erließ keine Berufungsvorentscheidung und legte die Berufung vor.
Im Vorlagebericht, von welchem der Bf. mit Schreiben vom verständigt wurde, stellte das Finanzamt den Antrag, die Berufung als unbegründet abzuweisen. Das Finanzamt hielt entgegen,
- dass unter Bezug auf Gaier, GebG4, § 33 TP 17, Rz 46, der Begriff der geldwerten Leistung mit dem im § 15 Abs. 1 EStG normierten Begriff des geldwerten Vorteiles vergleichbar sei. Der Begriff geldwerter Vorteil umfasse alle Güter, also bewegliche und unbewegliche Sachen, Rechte und sonstige Vorteile, deren Wert sich in Geld ausdrücken lasse.
- dass § 15 Abs. 3 GebG auf Hausverlosungen nicht anzuwenden sei, da es sich bei der Verlosung einerseits und dem Erwerb des Grundstückes andererseits um zwei getrennte [nicht idente] Vorgänge handle. Zu einem grunderwerbsteuerbaren Vorgang komme es erst, nachdem das Gewinnlos gezogen worden sei und der Gewinner feststehe. Für den Grundstückserwerb sei ein Rechtsgeschäft zwischen dem Verloser und dem Gewinner erforderlich, ohne welches es keine Grundbuchseintragung gäbe. Auch im gegenständlichen Fall sei aus den vorgelegten Verlosungsbedingungen Punkt III und Punkt V./12 zu entnehmen:
[Zitat des Finanzamtes]: ‚III. Vertragserrichtung. Die Durchführung und Abwicklung der Verlosung, sowie die Vertragserrichtung mit dem Sieger der Verlosung, sowie…12.: innerhalb von 3 Wochen nach Kontaktaufnahme des Gewinners/der Gewinnerin mit dem Treuhänder wird durch den Vertragserrichter eine grundbuchfähige Urkunde mit dem Veräußerer und Erwerber errichtet, aufgrund welcher der Gewinner/die Gewinnerin grundbücherliches lastenfreies Eigentum erlangt.’
- dass die Gebührenschuld sofort in vollem Umfang entstehe, auch wenn nicht alle Lose verkauft würden oder die Ziehung aus welchen Gründen auch immer, nicht stattfinde. Gemäß § 17 Abs. 5 GebG könne eine einmal entstandene Gebührenschuld nicht rückgängig gemacht werden. Der gegenständliche Glücksvertrag sei nicht unter aufschiebender Bedingung abgeschlossen, da sich die Bedingung lediglich auf die Verlosung und den Losverkauf beziehe;
- dass die Anwendung des § 295a BAO wegen § 17 Abs. 5 GebG ausscheide. Dies deshalb, weil materiellgesetzlichen Regelungen gegenüber verfahrensrechtlichen im Vorrang stünden.
Der Unabhängige Finanzsenat hielt die beabsichtigte Entscheidung am sowohl dem Finanzamt, als auch dem Bf. vor.
Das Finanzamt nahm am dazu dahingehend Stellung, dass es schon bisher die Meinung vertreten habe, dass die Verlosung eines Grundstückes sowohl der Rechtsgeschäftsgebühr als auch der Grunderwerbsteuer unterliege, die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 3 GebG hier nicht zum Tragen komme und die Rechtsgeschäftsgebühr trotz Abbruch der Verlosung zu entrichten sei. Hinsichtlich der beabsichtigten Entscheidung bestünden seitens des Finanzamtes daher keine Einwendungen.
Mit Schreiben vom nahm der Bf. zum Vorhalt der beabsichtigten Entscheidung vom Stellung:
- Nach den Teilnahmebedingungen Punkt V./7 habe der Bf. das Recht, die Verlosung abzusagen, wenn weniger als 4.950 Lose verkauft werden sollten. Es entspräche nicht den zivilrechtlichen Grundlagen, diese Vertragsbedingung mit dem Untergang des Grundstückes gleichzusetzen. Im Fall der Hausverlosung liege kein Unmöglichwerden der Leistung vor, sondern eine aufschiebende Bedingung. Da der vertraglich festgelegte Verkauf von mindestens 4.950 Losen bis zum nicht erreicht worden sei, sei die aufschiebende Bedingung nicht erfüllt und die Hausverlosung nicht durchgeführt worden. Dies bedeute jedoch nicht, dass die Liegenschaft als Gegenstand der Hausverlosung untergegangen wäre.
- Weiters irre der UFS, wenn er das Vorliegen eines „Rücktrittsrechtes“ des Verlosers annehme, da kein Rücktrittsrecht vorläge, sondern eine aufschiebende Bedingung, vor deren Eintritt der Vertrag nicht wirksam zustande komme.
- Der gegenständliche Sachverhalt unterscheide sich wesentlich vom Sachverhalt der UFS- Entscheidung vom , RV/2078-W/09, da dort keine Mindestanzahl an verkauften Losen für die Durchführung der Verlosung vorgesehen gewesen sei.
- Es handle sich um keinen vorzeitigen Abbruch der Verlosung im Sinne von „Wegwerfen der Karten“ wie beim Poker, sondern um den Nichteintritt einer vertraglich festgelegten Bedingung. Mit der Vereinbarung einer Mindestanzahl zu verkaufender Lose wollten die Parteien bewusst und gewollt das Risiko eines Minderverkaufs an Losen ausschließen [FN 13: Anders ].
- Glücksverträge führten zwar zum Entstehen einer Naturalobligation doch ändere die Unmöglichkeit der klagsweisen Durchsetzung der Naturalobligation nichts daran, dass der Naturalschuldner tatsächlich schulde. Das Vorliegen einer Naturalobligation ändere nichts daran, dass tatsächlich ein rechtlicher Anspruch auf Übereignung der Liegenschaft zugunsten des Gewinners bestehe.
- Entgegen der Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates, dass Titel für den Eigentumserwerb am Grundstück nicht die Hausverlosung, sondern der Gewinn des Grundstückes sei, sei jedoch die logische Verknüpfung der beiden Vorgänge zu bedenken, der Eigentumserwerb einer Liegenschaft stehe am Ende der Kausalkette. Den Verloser treffe die wenn auch naturalobligatorisch schuldrechtliche Verpflichtung, dem Gewinner das Eigentum an der Liegenschaft zu übertragen und der Gewinner habe einen wenn auch nicht klagbaren rechtlich existenten Anspruch auf Übereignung des Grundstückes iSd § 1 Abs. 1 GrEStG 1987. Für die Entstehung der GrESt- Schuld sei es ohne Bedeutung, wenn die Durchführung des Erwerbsvorganges unterbleibe.
- Die vom UFS zitierte VwGH- Judikatur (VwGH 95/16/0195, , VwGH 88/15/0155, ) ändere nichts daran, dass eine Identität der Rechtsvorgänge gegeben sei.
- Dafür, dass unter Waren nur bewegliche körperliche Handelsgüter verstanden würden, spräche auch das Verbot der Ausspielung von Realitäten in § 28 Lottopatent 1813 mit der nachfolgenden historischen Entwicklung des Gebührengesetzes, dass § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 lit. a GebG dgF nur bewegliche Gegenstände und keine Liegenschaften erfasse und hinsichtlich der Vergebührung von Hausverlosungen effektiv in die Leere gehe. Schon vor 1960, als Hausverlosungen vom Wortlaut des Gebührengesetzes grundsätzlich erfasst gewesen seien, habe es effektiv zu keinem Anfall an Rechtsgeschäftsgebühren kommen können, weil Hausverlosungen nach § 28 Lottopatent 1813 verboten gewesen seien. Durch die Aufhebung dieses Verbotes durch das GSpG 1960 habe sich nach dem Willen des Gesetzgebers aber gebührenrechtlich nichts ändern sollen, daher die Änderung des Gebührengesetzes. Darüber hinaus sei schon vor 1957 niemals eine Gebührenpflicht für Immobilienverlosungen vorgesehen gewesen.
- Eine exzessive Besteuerung liege vor, weil der Gebührenpflichtige eine Rechtsgeschäftsgebühr in Höhe von 67.716,00 Euro zu entrichten habe, obwohl das Rechtsgeschäft (die Hausverlosung) niemals zustande gekommen sei, weshalb erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken bestünden.
Einsicht genommen wurde in die vom Bf. vorgelegten Verlosungsbedingungen.
Mit Bescheid vom wurde das Verfahren gemäß § 281 BAO aF [neu: § 271 BAO] bis zur Beendigung des beim Verwaltungsgerichtshof zur GZ 2010/16/0101 schwebenden Verfahrens ausgesetzt.
2. Erwägungen: Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ist nun ergangen, 2010/16/0101, und wird auszugsweise wiedergegeben:
„Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Beurteilung seiner "Grundstücksverlosung" als Glücksspiel iSd § 33 TP 17 Z 7 lit. a GebG zunächst mit dem Vorbringen, dass die Rechtsgeschäfte mit den "Losinteressenten" mangels Zuweisung konkreter Losnummern nicht zustande gekommen seien.
Diesem Vorbringen sind aber die Teilnahmebedingungen entgegenzuhalten, aus denen sich ergibt, dass für den Erwerb eines Loses und damit der Spiel- und Gewinnberechtigung im Wesentlichen die Registrierung sowie die Einzahlung eines entsprechendes Geldbetrages ausreicht (siehe Punkt 4. der Teilnahmebedingungen). Dass vor dem Verlosungstermin ("drei Wochen nach Ende des Losverkaufs") den jeweiligen Registriernummern jeweils eine oder mehrere Losnummern hätten zugeordnet werden sollen, steht der Beurteilung, dass bei Registrierung und Einzahlung des Lospreises der jeweilige Vertragsabschluss zustande gekommen ist, nicht entgegen.
Der Beschwerdeführer vertritt weiters die Auffassung, § 33 TP 17 Z 7 lit. a GebG gelange auch deswegen nicht zur Anwendung, weil im Beschwerdefall der Gewinn in einem Grundstück besteht. Ein solches falle aber nicht unter den Begriff einer "Ware". Z 7 leg. cit. sieht nach der Art der Treffer (Waren, geldwerte Leistungen, Geld) unterschiedliche Bemessungsgrundlagen (Gesamtwert der Einsätze, Wert des Gewinstes, vierfacher Wert des Gewinstes) vor. Dass mit dem Begriff der "Ware" ausschließlich bewegliche körperliche Gegenstände, nicht aber auch unbewegliches Vermögen erfasst werden sollte, kann dieser Bestimmung nicht entnommen werden.
Der Beschwerdeführer verweist - wie auch bereits im Abgabenverfahren – auf § 15 Abs. 3 GebG, wonach Rechtsgeschäfte, die u.a. unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, von der Gebührenpflicht ausgenommen sind. Damit ist der Beschwerdeführer jedoch im Recht.
Nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG unterliegen ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das Anspruch auf die Übereignung eines inländischen Grundstückes begründet, der Grunderwerbsteuer.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen. 2012/16/0159 und 0160, auf welches gem. § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, zur Grunderwerbsteuerbarkeit einer Liegenschaftsverlosung ausgeführt hat, ist bei den Verlosungsbedingungen, die dem dort entschiedenen Beschwerdefall zugrunde lagen, bereits bei der Auslobung vom Vorliegen eines Rechtsgeschäftes iSd § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG auszugehen. Auf das den Übereignungsanspruch des Gewinners begründende Rechtsgeschäft kommt es hingegen nicht an.
Gleiches gilt auch für die im Beschwerdefall vorliegenden "Teilnahmebedingungen". Auch in diesen wird die Gewinnermittlung und damit einhergehend der Abschluss eines einen Übereignungsanspruch begründenden Rechtsgeschäfts mit dem Gewinner ("Aufsandungserklärung zur Eigentumserlangung auf Grund einer Hausverlosung") im Ergebnis vom Verkauf der Lose abhängig gemacht. Die beiden Rechtsgeschäfte stehen demnach in einem derart engen inneren Zusammenhang, dass insofern von einem einheitlichen Vorgang auszugehen ist.
Dabei ist es auch nicht von Bedeutung, ob es bei der beschwerdegegenständlichen Veranstaltung mangels ausreichenden Losverkaufs nicht zur Ziehung (Ermittlung des Gewinners) gekommen ist, wie dies in der Beschwerde vorgebracht wird. Die Pflicht zur Entrichtung der Grunderwerbsteuer knüpft nämlich an das Verpflichtungsgeschäft und nicht erst an das Erfüllungsgeschäft an. Ob das Verpflichtungsgeschäft in der Folge erfüllt wird oder nicht, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Die einmal erwirkte Gebührenfreiheit fällt durch spätere Änderungen der Umstände nicht weg (vgl. Arnold, Rechtsgebühren9, § 17 Rz 30a).
Indem die belangte Behörde von zwei chronologisch nacheinander gereihten, nicht identen Rechtsvorgängen ausging, von denen der erste der Rechtsgebühren und der zweite der Grunderwerbsteuerpflicht unterliegt, hat sie die Rechtslage verkannt und den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.“
Daher war der Beschwerde stattzugeben und der Rechtsgeschäftsgebührenbescheid aufzuheben.
3. Nichtzulassung der Revision
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG i.V.m. § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig. Es handelt sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da das Bundesfinanzgericht in rechtlicher Hinsicht der in der Entscheidung dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes () folgt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 15 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 17 Abs. 1 Z 7 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.7103464.2009 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at