Arbeitszimmer eines FH-Lektors
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache Bf gegen den Bescheid des FA Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , betreffend Einkommensteuer 2011 zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird - wie in der Berufungsvorentscheidung - abgeändert.
Die Einkommensteuer wird für das Jahr 2011 (für ein Einkommen von 35.503,94 Euro) mit 1.573,00 Euro festgesetzt.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist Pensionist. Er bezieht neben seiner Pension Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Lektor an einer Fachhochschule.
Die aus der Tätigkeit an der Fachhochschule bezogenen Einkünfte des Beschwerdeführers betrugen im Zeitraum 1. Jänner bis 2.557,80 Euro und im Zeitraum 1. September bis 5.956,72 Euro (Kennzahl 245 der Lohnzettel).
Der Beschwerdeführer machte in seiner Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2011 folgende Aufwendungen als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus der Tätigkeit als Lektor geltend:
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Euro | |
Fachliteratur: | 160,50 |
Arbeitsmittel: | |
Telefon- und Internetkosten (60 % der Gesamtkosten) | 396,32 |
Lehrmittelbedarf | 151,81 |
EDV Lehrmittelbedarf | 413,01 |
Notebook (Anschaffungskosten 680,04 Euro, davon 58 %) | 394,42 |
Miete, Raumkosten | 1.106,76 |
Honorar für die Umstellung auf ein neues Betriebssystem | 690,00 |
Honorar für Skriptunterlagen und Aktualisierung | 650,00 |
Honorar für Konzepterstellung und Vertretung | 578,00 |
Summe: | 4.540,82 |
Im Einkommensteuerbescheid 2011 wurde die Position Miete, Raumkosten (1.106,76 Euro) nicht anerkannt. Die Positionen Lehrmittelbedarf (151,81 Euro), EDV Lehrmittelbedarf (413,01 Euro) und die Kosten für das Notebook (394,42 Euro) wurden jeweils gekürzt als Werbungskosten berücksichtigt. Das Finanzamt führte in der Begründung Folgendes aus:
Werbungskosten für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung lägen nur dann vor, wenn dieses den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Antragstellers bilde. Da diese Voraussetzung im Fall des Beschwerdeführers nicht gegeben sei, hätten die diesbezüglichen Aufwendungen nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden können.
Bei dem beantragten Lehrmittelbedarf und EDV Lehrmittelbedarf könne nach den Erfahrungen des täglichen Lebens eine ausschließlich berufliche Nutzung nicht angenommen werden. Die betreffenden Kosten seien daher um geschätzte Privatanteile in Höhe von 40 % gekürzt worden. Die Anschaffungskosten für den Laptop (680,04 Euro) seien um den vom Beschwerdeführer angegebenen Privatanteil in Höhe von 58 % gekürzt und der Restbetrag auf eine Nutzungsdauer von drei Jahren aufgeteilt worden. Die AfA (Halbjahres - AfA) für 2011 und 2014 betrage daher je 47,60 Euro, die AfA für 2012 und 2013 je 95,21 Euro.
Gegen den Einkommensteuerbescheid 2011 erhob der Beschwerdeführer Berufung mit folgender Begründung:
Er sei in Pension und seine Tätigkeit als Lektor basiere auf einem freien Dienstvertrag ohne Anspruch auf Räumlichkeiten. Sein Arbeitszimmer sei Mittelpunkt seiner gesamten Tätigkeit und werde auch nahezu ausschließlich dafür genutzt. Es sei nachvollziehbar, dass die administrative Ausübung der Tätigkeit und die notwendige Kommunikation über Intranet bei 187 Studenten einen solchen Raum erforderlich mache. Er bitte daher, seine dafür geltend gemachten Werbungskosten zu berücksichtigen. Persönlich klargelegt habe er, dass seine Arbeitsmittel ausschließlich seiner Tätigkeit zuzuordnen seien. Er besitze noch einen Laptop und verwende privat zu 90 % ein I-Pad. Ausschließlich die Erfordernisse der Fachhochschule hätten diese Ankäufe notwendig gemacht. Bei der Neuanschaffung des Laptops um 680,04 Euro sei er irrtümlich davon ausgegangen, dass er bei 58 % beruflicher Nutzung unter die 400 Euro - Grenze falle. Er ersuche um Richtigstellung ohne Kürzung. Weiters habe er die Position Fahrtkosten (1.010,77 Euro) vergessen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung teilweise statt und änderte den Einkommensteuerbescheid 2011 folgendermaßen ab:
Die Aufwendungen für Lehrmittel (151,81 Euro) und EDV Lehrmittel (413,01 Euro) wurden ungekürzt als Werbungskosten anerkannt. Die erstmals in der Berufung geltend gemachten Fahrtkosten (1.010,77 Euro) wurden ebenfalls antragsgemäß berücksichtigt. Die AfA für den Laptop wurde für 2011 mit 102,00 Euro angesetzt. Nicht anerkannt wurden jedoch weiterhin die Aufwendungen für das Arbeitszimmer. Das Finanzamt führte in der Begründung Folgendes aus:
Die Beurteilung, ob ein Arbeitszimmer den Tätigkeitsmittelpunkt darstelle, habe nach dem Maßstab der Verkehrsauffassung, sohin nach dem typischen Berufsbild zu erfolgen. Bei Lehr- und Vortragstätigkeit bzw. Lektortätigkeit präge die außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübte Tätigkeitskomponente das Berufsbild entscheidend. Die Kosten für das Arbeitszimmer hätten daher steuerlich nicht anerkannt werden können.
Gegen die Berufungsvorentscheidung stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, in welchem er Folgendes ausführte:
Dass die außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübte Tätigkeitskomponente das Berufsbild entscheidend prägt, sagt meines Erachtens etwas über das Berufsbild aus, nicht aber über die Notwendigkeit eines Arbeitszimmers. Die außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübte Tätigkeitskomponente als Lektor in der heutigen Praxis beträgt maximal 20 %. Es ist leicht nachvollziehbar, dass die administrative Ausübung der Tätigkeit und die notwendige Kommunikation über Intranet mit 187 Studenten (Erstellen von Lehrunterlagen, Prüfungen, Übungen, Lehrpläne und Abläufe, Vorbereitungs- und Verbesserungsarbeiten sowie die verpflichtende Archivierung dazu) einen solchen Raum auch unbedingt erforderlich macht. Da ich wie bekannt seit Jahren in Pension bin und keinerlei Zugang zu anderen Büroräumlichkeiten habe (bei aktivem Büroarbeitsprozess war es auch nie Thema), ist mein Arbeitszimmer zentraler Mittelpunkt für die Ausübung meiner Tätigkeit und daher absolut notwendig. Es ist dem Zweck entsprechend eingerichtet und wird ausschließlich dafür genutzt.
Rechtslage
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung nicht abgezogen werden. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig.
Erwägungen
Die Besonderheit des häuslichen Arbeitszimmers liegt darin, dass seine (Mit)Nutzung im Rahmen der Lebensführung vielfach nahe liegt, von der Behörde aber der Nachweis seiner Nutzung für die Lebensführung, zumal ein solcher Ermittlungen im Privatbereich des Steuerpflichtigen erfordert, nur schwer zu erbringen ist. Aus diesem Grund bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Gesetzgeber die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer davon abhängig macht, dass es den Mittelpunkt der entsprechenden Betätigung des Steuerpflichtigen darstellt (vgl. ; ; ).
Der Mittelpunkt einer Tätigkeit ist nach ihrem materiellen Schwerpunkt zu beurteilen. Im Zweifel ist darauf abzustellen, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird (vgl. ; ).
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach zu Vortragstätigkeiten ausgesprochen, dass der Mittelpunkt dieser Tätigkeiten - auch ungeachtet der zeitlichen Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers - vom materiellen Gehalt her nach der Verkehrsauffassung nicht im häuslichen Arbeitszimmer liegt, sondern an jenem Ort, an dem die Vermittlung von Wissen und technischem Können selbst erfolgt. Liegt nach dem typischen Berufsbild einer Tätigkeit deren materieller Schwerpunkt zweifellos nicht im häuslichen Arbeitszimmer, kommt es nicht darauf an, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht zu mehr als der Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird. Nur bei Tätigkeiten mit nicht eindeutig festlegbaren materiellem Schwerpunkt ist im Zweifel auf eine überwiegende zeitliche Nutzung des Arbeitszimmers abzustellen (vgl. ; ; ).
Auch wenn für die gegenständliche Tätigkeit als Lektor nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers umfangreiche administrative Arbeiten (Erstellen von Lehrunterlagen, Prüfungen, Übungen, Lehrpläne und Abläufe, Vorbereitungs- und Verbesserungsarbeiten sowie die verpflichtende Archivierung dazu) im häuslichen Arbeitszimmer erforderlich waren, ändert dies nichts daran, dass diese Arbeiten nicht den Mittelpunkt der Lektorentätigkeit – die Vermittlung von Wissen und Können – darstellen. Liegt, wie im vorliegenden Fall, der materielle Schwerpunkt der Tätigkeit schon auf Grund des typischen Berufsbildes nicht im Arbeitszimmer, so wird die Abzugsfähigkeit der betreffenden Aufwendungen auch nicht durch die überwiegende zeitliche Nutzung begründet, unabhängig davon, wie geringfügig die zeitliche Komponente außerhalb des Arbeitszimmers ist. Dies gilt nach der Rechtsprechung selbst dann, wenn – wie in dem dem VwGH-Erkenntnis vom , 2002/13/0202, zugrunde liegenden Beschwerdefall – die Vorbereitungszeit das Zehn- bis Zwanzigfache der Vortragszeit ausgemacht hat (vgl. auch , betreffend eine Lehrbeauftragte an der Universität Wien).
Die Kosten für das Arbeitszimmer sind daher nicht als Werbungskosten abzugsfähig.
Die Aufwendungen für Lehrmittel (151,81 Euro) und EDV Lehrmittel (413,01 Euro) sowie die Fahrtkosten (1.010,77 Euro) werden im vorliegenden BFG-Erkenntnis – wie bereits in der Berufungsvorentscheidung – antragsgemäß berücksichtigt. Ebenso wird die AfA für den Laptop für das Jahr 2011 mit 102,00 Euro angesetzt.
Der angefochtene Bescheid wird daher – wie in der Berufungsvorentscheidung – abgeändert.
Zulässigkeit einer Revision
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof wird nicht zugelassen, weil der Gerichtshof bereits mehrfach zu Lehrtätigkeiten (; ; , 0077; ; ) und Vortragstätigkeiten (; ; ) ausgesprochen hat, dass der Mittelpunkt dieser Tätigkeiten - auch ungeachtet der zeitlichen Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers - vom materiellen Gehalt her nach der Verkehrsauffassung nicht im häuslichen Arbeitszimmer liegt, sondern an jenem Ort, an dem die Vermittlung von Wissen und technischem Können selbst erfolgt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.7102375.2012 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at