Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 06.03.2014, RV/7101240/2013

Schadensleistungen und Schadensgutmachung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Helga Preyer in der Beschwerdesache BF, 1140 Wien gemäß § 323 Abs. 38 BAO als Beschwerde iSd Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigende Berufung vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf vom , betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2010 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer (Bf.) hat als Angestellter der Fa. G.  (= G.) Gutscheine und Sachleistungen einer Fa. S. GmbH (= S.GmbH) im Wert von € 49.795,35 erhalten, welche im Rahmen einer Selbstanzeige beim LKA Wien, Wasagasse (= LKA W.) dargelegt wurden.

Auf Grund dieser Sacherhaltsermittlung einer abgabenbehördlichen Prüfung bei der Fa. S. GmbH wurden vom Finanzamt dem Bf. die Gutscheine und Sachleistungen in den Jahren 2005 bis 2009 insgesamt € 50.130,44 als Zuflüsse den Einkünften zugerechnet. Der Bf. hatte diese nicht in seinen Steuererklärungen erfasst.

Anlässlich der Außenprüfung wurde diesbezüglich weiters festgestellt, dass

"am  der Bf. beim LKA W. Selbstanzeige erstattet und lt. Aktenlage eines Schadensgutmachung in Höhe von € 30.000,- (teilweise in Form von Gutscheinen) hinterlegt hat."

Im Rahmen der Veranlagung für das Streitjahr 2010 wurde vom Bf. in der Folge zur Schadensgutmachung ein geleisteter Betrag von € 30.000,- als Werbungskosten geltend gemacht. Das Finanzamt wies diesen Antrag mit folgender Begründung ab: "Aus dem Bericht der zitierten Betriebsprüfung geht hervor, dass Sie Gutscheine und Sachleistungen, die Sie als Angestellter von einem Geschäftspartner Ihres damaligen Dienstgebers Gutscheine und Sachleistungen erhalten haben und sich diese ohne Willensübereinstimmung mit dem Arbeitgeber angeeignet haben. Im Zusammenhang mit einer Selbstanzeige bei der Sicherheitsbehörde haben Sie eine Schadensgutmachung iHv 30.000,00 € geleistet, die als Werbungskosten geltend gemacht werden. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (zuletzt: , 97/14/0071) sind Schadensersatzleistungen dann als Werbungskosten abzugsfähig, wenn das zu Grunde liegende Fehlverhalten der beruflichen Sphäre zuzuordnen war. Dies ist dann der Fall, wenn der Schaden aus Versehen oder ungewolltem Verhalten verursacht worden ist. Nicht abzugsfähig sind diese dann, wenn der Schaden die Folge eines bewusst pflichtwidrigen Verhaltens ist. Das Finanzamt ist der Ansicht, dass die Aneignung von Gutscheinen/Sachleistungen ohne Zustimmung des Arbeitgebers bei einem Industriekaufmann ein bewusst pflichtwidriges Verhalten darstellt und der Schadenersatz keine Werbungskosten darstellen."

In der Beschwerde gegen die abweisende Erledigung wurde eingewendet:

"Laut Begründung zu genanntem Bescheid wurde die Schadenersatzleistung iHv 30.000,00 nicht als Werbungskosten anerkannt, da nach Ansicht des Finanzamtes die Aneignung von Sachleistungen bei einem Industriekaufmann ein bewusst pflichtwidriges Verhalten, und der Ersatz demnach keine Werbungskosten darstelle. Dabei stützt sich das Finanzamt auf die Judikatur des VwGH, insbesondere auf das Erkenntnis 97/14/0071 vom .

In dem seitens des Finanzamtes zitierten Erkenntnis entschied der VwGH über Schadenersatzleistungen, zu welchen ein Arbeitnehmer wegen eines verursachten Verkehrsunfalls verurteilt wurde, und welche er auf eigene Kosten zu tragen hatte. Daraus wird abgeleitet, dass die Anerkennung nur dann gegeben ist, wenn das zu Grunde liegende Fehlverhalten der beruflichen Sphäre zuzuordnen ist.

Tatsache ist im konkreten Fall vielmehr, dass der Bf., in Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Einzelkäufer, von Lieferanten seines Dienstgebers Zuwendungen erhalten hat. Diese wurden als geldwerte Vorteile in den Jahren 2005 bis 2009 entsprechend berücksichtigt und als Einkäufe ohne inländischen Steuerabzug der Bemessungsgrundlage hinzugerechnet.

Es kann wohl nicht im Sinne des Gesetzgebers gelegen haben, das einerseits der Zufluß der Einkommensteuer unterzogen wird, die Rückgabe jedoch unberücksichtigt bleibt. Besonders absurd stellt sich demnach die Situation im Jahr 2010 dar. Demnach wird der Erhalt von € 2.700,00 versteuert, die Rückgabe nach einigen Monaten bleibt unberücksichtigt.

Auch ob die Annahme durch den Bf. ein pflichtwidriges Verhalten darstellt oder nicht ist belanglos. Dies stellt der VwGH in seiner Entscheidung 2008/15/0259 vom klar: Wenn sich ein Dienstnehmer auf Grund seiner Dienstnehmerstellung rechtswidrig Vermögensvorteile seines Arbeitgebers aneignet so sind darin steuerpflichtige Einnahmen im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erblicken. Die nach Aufdeckung der rechtswidrigen Handlung vom Dienstnehmer zu leistenden Schadenersatzleistungen sind als Werbungskosten zu berücksichtigen."

Ergänzend wurde des Weiteren auf den Rechtssatz des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichthofes Zl 2008/15/0259 verwiesen, welcher lautet: Wenn sich ein Dienstnehmer rechtswidrig Vermögensgegenstände seiner Arbeitgeberin aneignet, sind dies steuerpflichtige Einnahmen. Zu leistende Schadenersätze sind als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Der Bf. hätte in den Geschenkannahmen ursprünglich kein pflichtwidriges Verhalten gesehen, da es als allgemein üblich angesehen werden könne, in gehobeneren Positionen infolge positiver Geschäftskontakte mit Vorteilen Bedacht zu werden. Weitere genauere Ausführungen seinen den beigelegten Protokollen vom 28.8. und zu entnehmen.

Rechtslage

Schadenersatzleistungen können dann als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten angesehen werden, wenn das ihnen zu Grunde liegende Fehlverhalten des Steuerpflichtigen der betrieblichen/beruflichen Sphäre zuzuordnen war (). Das ist idR dann der Fall, wenn der Betriebsinhaber in Ausübung seiner betrieblichen Tätigkeit als Versehen oder einem sonstigen ungewolllten Verhalten einen Schaden verursacht (vgl. Jakom, EStG, 6. Auflg., § 4).

Hat ein unrechtmäßiges Verhalten zu einer Erhöhung eigener Einnahmen geführt, bestünde ein Zusammenhang zwischen diesem unrechtmäßigen Verhalten und den Einkünften. Daher führen die durch dieses Verhalten ausgelösten Ersatzzahlungen zu Erwerbsaufwendungen ().

Beweiswürdigung

Der Bf. legte über Vorhalt des Finanzamtes zwei Beschuldigenteneinvernahmen vom (Selbstanzeige) und vor dem LKA W. vor, woraus hervorgeht, dass im Zeitraum 2004 bis 2010 Gutscheine, Bargeld, Kamera, Notebook in Höhe von € 43.663,52  erhalten wurden und auch die Wohnung des Bf. im Jahr 2005 renoviert wurde ohne eine Rechnung erhalten zu haben. Nach Meinung des Bf. wären die Vereinbarungen privat gewesen und hätten die Fa. G. nicht betroffen und auch nicht geschädigt. Dem Bf. wäre nicht bewußt gewesen, dass die gesamte Verbuchung auf die Firma G. erfolgt sei.

Erwägungen

Unstrittig ist, dass der Bf. als Angestellter der Firma G. Gutscheine und Sachleistungen erhalten hat, welche auf Grund einer Selbstanzeige des Bf. beim LKA W. offengelegt und bekannt wurden. Der Bf. bestreitet nicht deren Erhalt und wurden diese vom Finanzamt in den Jahren 2005 bis 2009 und auch Streitjahr 2010 den nichtselbständigen Einkünften zugerechnet.

Strittig sind die vom Bf. in Form von Bargeld und Gutscheinen zurückgegebene bzw. beim LKA W. hinterlegte und als Schadensgutmachung geltend gemachten Beträge in Höhe von insgesamt € 30.000,-.

Die im Rahmen der Selbstanzeige bekannt gegebenen Gutschriften und Sachleistungen wurden vom Finanzamt im Rahmen des Prüfungsverfahrens den Einkünften des Bf. für die Jahre 2005 bis 2009 zugerechnet und erfasst.

Es besteht daher ein Zusammenhang zwischen dem unrechtmäßigen Verhalten des Bf. und seinen Einkünften. Das Fehlverhalten und die daraus resultierenden Folgen der Erhöhung der Einnahmen des Bf. als nichtselbständige Einkünfte sind somit der beruflichen Sphäre zuzurechnen.

Unter Verweis auf die Rechtsprechung des  führen im Falle eines Zusammenhanges zwischen dem unrechtmäßigen Verhalten und den erhöhten Einkünften und die durch dieses Verhalten ausgelösten Ersatzzahlungen zu Erwerbsaufwendungen.

Die im Rahmen der Selbstanzeige hinterlegten Ersatzzahlungen als Schadensgutmachung stellen somit Aufwendungen im Zusammenhang mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit dar.

Zulässigkeit einer Revision

Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig, da sich unter Verweis auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine strittige Rechtsfrage ergibt.

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7101240.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at