Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.03.2014, RV/7101843/2013

In der Beschwerde gestellter Antrag gemäß § 205 Abs. 6 lit. b BAO auf Herabsetzung der Anspruchszinsen wegen eines im Verzinsungszeitraum bestehenden Guthabens auf dem Abgabenkonto.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat in der Beschwerdesache N.N., Adresse1 , vertreten durch Mag. Edeltraud Scherner-Tromayer, Steuerberaterin, Bezirksstraße 1b, 2500 Sooß, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom betreffend Anspruchszinsen (§ 205 BAO) zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Die Anspruchszinsen 2010 werden mit € 0,00 festgesetzt.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für den Zeitraum bis Anspruchszinsen 2010 in Höhe von € 61,03 von der Einkommensteuernachforderung 2010 in Höhe von € 1.506,22 fest.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung vom , welche nunmehr gemäß § 323 Abs. 38 BAO als vom Bundesfinanzgericht zu erledigende Beschwerde anzusehen ist, bringt die Beschwerdeführerin (im folgenden Bf. genannt) vor, die Steuererklärungen 2010 seien am elektronisch übermittelt worden. Die Bescheide seien jedoch erst über ein Jahr später – am  – ergangen. Die Vorschreibung der Zinsen sei durch diese extrem lange Bearbeitungsdauer (wohl auch wegen der ungeklärten Rechtslage) zustande gekommen und könne der Bf. nicht angelastet werden.

Zudem habe auf dem Abgabenkonto regelmäßig ein Guthaben bestanden, indem die Einkommensteuernachforderung 2012 gedeckt gewesen wäre.

Die Bf. beantragte daher, die Anspruchszinsen 2010 mit € 0,00 festzusetzen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen (Anspruchszinsen). Dies gilt sinngemäß für Differenzbeträge aus
a) Aufhebungen von Abgabenbescheiden,
b) Bescheiden, die aussprechen, dass eine Veranlagung unterbleibt,
c) auf Grund völkerrechtlicher Verträge oder gemäß § 240 Abs. 3 erlassenen Rückzahlungsbescheiden.

Gemäß § 205 Abs. 2 BAO betragen die Anspruchszinsen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Anspruchszinsen sind für einen Zeitraum von höchstens 48 Monaten festzusetzen.

Gemäß § 205 Abs. 6 BAO sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Nachforderungszinsen insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen,
a) als der Differenzbetrag (Abs. 1) Folge eines rückwirkenden Ereignisses (§ 295a) ist und die Zinsen die Zeit vor Eintritt des Ereignisses betreffen oder
b) als ein Guthaben (§ 215 Abs. 4) auf dem Abgabenkonto bestanden hat.

Gemäß § 323 Abs. 37 BAO tritt die Bestimmung des § 205 Abs. 6 BAO in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 14/2013, mit in Kraft und ist, soweit sie Beschwerden betrifft, auch auf alle an diesem Tag unerledigten Berufungen und Devolutionsanträge anzuwenden.

Die Anspruchszinsen sollen (mögliche) Zinsvorteile bzw. -nachteile ausgleichen, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben (vgl. ). Entscheidend ist die objektive Möglichkeit der Erzielung von Zinsvorteilen bzw. Zinsnachteilen. Für die Anwendung des § 205 BAO ist daher bedeutungslos, aus welchen Gründen die Abgabenfestsetzung früher oder später erfolgte (vgl. z.B. Ritz SWK 2001, Seite 27; ).

Die Verzinsung unterscheidet somit nicht, ob der Abgabepflichtige die Steuererklärung innerhalb der gesetzlichen Erklärungsfrist einreicht oder ob die Festsetzung der Einkommensteuer wegen Verletzung der Pflicht des Finanzamtes, die Abgabenerklärung ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden, relativ spät erfolgt (Ritz BAO5, § 205 BAO, Tz 3). Das Beschwerdevorbringen der Bf. in Bezug auf die lange Bearbeitungsdauer des Finanzamtes geht daher ins Leere.

Mit der gegenständlichen Beschwerde beantragt die Bf. die Herabsetzung der Anspruchszinsen 2010 auf € 0,00 mit der Begründung, auf dem Abgabenkonto habe regelmäßig ein Guthaben bestanden, in dem die Einkommensteuernachforderung 2010 gedeckt gewesen wäre.

Ein auf dem Abgabenkonto bestehendes Guthaben, dass während des zinsrelevanten Zeitraumes bestand, beeinflusst die Höhe der Nachforderungszinsen nicht (Ellinger u.a., BAO3, § 205 Anm. 30). Allerdings besteht ab ein Antragsrecht im § 205 Abs. 6 lit. b BAO auf Herabsetzung oder Nichtfestsetzung derartiger Nachforderungszinsen, wenn im zinsenrelevanten Zeitraum ein Guthaben (§ 215 Abs. 4 BAO) auf dem Abgabenkonto bestanden hat.

Der Antrag kann u.a. auch in der Bescheidbeschwerde gegen den Zinsenbescheid gestellt werden (Ritz BAO5, § 205 BAO, Tz 51a).

Gemäß § 323 Abs. 37 BAO ist dieses gemäß § 205 Abs. 6 BAO bestehende Antragsrecht für am offene Beschwerden anzuwenden.

Unter Berücksichtigung der auf dem Abgabenkonto der Bf. im zinsenrelevanten Zeitraum bestehenden Guthaben ergibt die Neuberechnung der Anspruchszinsen 2010 einen Betrag von € 10,68 laut folgender Berechnung:


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Zeitraum      
Differenz-betrag
Guthaben am Abgaben-konto
Bemessungs- grundlage
Anzahl
Tage
Tages- zinssatz
Zinsen
-
1.506,22
 
1.506,22
74
0,0079
8,81
-
1.506,22
 
1.506,22
6
0,0065
0,59
1.506,22
671,87
834,55
1
0,0065
0,05
1.506,22
963,57
542,65
35
0,0065
1,23
1.506,22
>2.677,33
0,00
 
 
0,00
Abgaben-schuld:
………………….
…...….….
………....….
………….
…………..
10,68

Gemäß § 205 Abs. 2 BAO sind Anspruchszinsen, die dem Betrag von € 50.00 nicht erreichen, nicht festzusetzen.

Der Beschwerde der Bf. war daher Folge zu geben.

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 205 Abs. 6 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 205 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7101843.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at