Fahrtkosten im Zusammenhang mit dem Besuch der pflegebedürftigen, altersdementen Mutter als außergewöhnliche Belastung?
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/1100309/2014-RS1 | Eine Belastung ist nur dann außergewöhnlich, wenn die Aufwendungen nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die typischen Aufwendungen der Lebensführung sind aus dem Anwendungsbereich des § 34 EStG 1988 ungeachtet ihrer Höhe im Einzelfall ausgeschlossen. |
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. FF in der Beschwerdesache des Bf., X-Weg xx, Gde X, gegen den Bescheid des Finanzamtes AB vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2012 zu Recht erkannt:
1) Der Beschwerde wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage und der Höhe der Abgabe wird auf die Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.
Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
2) Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) bezog im streitgegenständlichen Jahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus seiner Beschäftigung beim XY Sein Wohnsitz befand sich im Beschwerdejahr in Gde X, X-Weg xx.
In seiner elektronisch eingebrachten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2012 machte der Bf. folgende Kosten als Abzugsposten geltend:
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Sonderausgaben: | Summe aller Versicherungsprämien und -beiträge, Pensionskassenbeiträge, freiwillige Höherversicherung im Rahmen der gesetzlichen Pensionsversicherung: Geldspenden an mildtätige Organisationen, begünstigte Spendensammelvereine u.a.: Steuerberatungskosten: | 3.258,62 € 50,00 € 19,99 € |
Werbungskosten: | Gewerkschaftsbeiträge, sonstige Beiträge zu Berufsverbänden und Interessensvertretungen und selbst eingezahlte SV-Beiträge, ausgenommen Betriebsratsumlage: | 256,17 € |
Außergewöhnliche Belastungen (mit Selbstbehalt): | Krankheitskosten: Sonstige außergewöhnliche Belastungen, die nicht unter die Kennzahlen 730, 731 und 734 fallen: | 7.214,42 € 3.710,50 € |
Nach einem entsprechenden Vorhalteverfahren (vgl. Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom und entsprechende Belegvorlage durch den Bf.) wurde der Bf. mit Einkommensteuerbescheid vom für das Jahr 2012 veranlagt; dabei führte die Abgabenbehörde begründend Folgendes aus:
"Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen, von denen ein Selbstbehalt abzuziehen ist, konnten nicht berücksichtigt werden, da sie den Selbstbehalt in Höhe von 8.136,35 € nicht übersteigen.
Die Topf-Sonderausgaben werden ab 1996 nur zu einem Viertel berücksichtigt und bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von mehr als 36.400,00 € überdies nach der oben angeführten Formel eingeschliffen.
Die vom Arbeitgeber einbehaltenen Beträge für die freiwillige Mitgliedschaft bei Berufsverbänden und Interessenvertretungen (zB Gewerkschaftsbeiträge) werden bereits bei der laufenden Lohnverrechnung berücksichtigt (§ 62 Abs. 2 Z 1 EStG 1988). Ein nochmaliger Abzug im Rahmen des Veranlagungsverfahrens ist daher nicht möglich.
Die YZ Lebensversicherung wurde nicht nachgereicht, konnte daher nicht berücksichtigt werden.
Fachbücher stellen keine Steuerberatungskosten dar.
Die Besuchsfahrten (Altersheim) stellen Kosten der privaten Lebensführung dar, können daher nicht berücksichtigt werden."
Mit Schreiben vom erhob der Bf. gegen diesen Einkommensteuerbescheid 2012 Berufung [an dieser Stelle sei erwähnt, dass gemäß § 323 Abs. 38 der Bundesabgabenordnung (BAO) idF BGBl. I Nr. 70/2013 die am beim Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind]; der Bf. ersuchte um erklärungsgemäße Veranlagung und gab begründend an, dass der bekämpfte Bescheid ohne ausreichende Begründung und insbesondere, ohne ihm die Ergebnisse eines allfälligen Ermittlungsverfahrens (§ 161 BAO) mitzuteilen, von der eingereichten Steuererklärung abweiche. Die Bescheidbegründung sei für ihn weder ausreichend noch verständlich.
Beim beantragten Betrag von 256,17 € handle es sich nicht um Gewerkschaftsbeiträge, sondern um Betriebsratsumlagen, welche vom Arbeitgeber noch nicht berücksichtigt worden
seien. Die YZ-Versicherung sei - gemeinsam mit allen anderen geforderten Nachweisen - per Einschreiben vom nachgewiesen worden. Die Besuchsfahrten zu seiner Mutter würden deshalb zu Recht angeführt, da er nach dem Tod seines Vaters als einziges Kind den sozialen Kontakt zu seiner Mutter pflegen müsse und wolle. Außerdem habe er seine doppelte Haushaltsführung nur deshalb nicht mehr weiter beansprucht, da er keine sonstigen Aufwendungen aus dem Titel "Doppelte Haushaltsführung" gehabt habe.
Im Rahmen eines weiteren Vorhalteverfahrens (vgl. Ergänzungsersuchen vom , wonach der Bf. ersucht wurde, eine Finanzamtsbestätigung betreffend die YZ Personenversicherung nachzureichen, einen belegmäßigen Nachweis betreffend die geltend gemachten Betriebsratsumlagen zu erbringen und zu den rechtlichen Ausführungen des Finanzamtes betreffend die Besuchsfahrten zur Mutter Stellung zu nehmen) legte der Bf. eine Bestätigung der YZ vom Jänner 2013 betreffend Prämienvorschreibungen zu Personenversicherungsverträgen sowie monatliche Lohn-/Gehaltszettel jeweils für das Beschwerdejahr vor und nahm mit Schreiben vom hinsichtlich der "Besuchsfahrten zu seiner Mutter" wie folgt Stellung:
""Grundsätzlich ist anzumerken, dass meine Mutter seit 2006 im Alten- und Pflegeheim T der GdeY zur dauernden Pflege untergebracht ist. Ich besuche meine Mutter im Durchschnitt wöchentlich. Das sind 52 Besuchsfahrten von meinem Wohnort zum Heim meiner Mutter. Eine Strecke von meinem Wohnort zum Pflegeheim ist 181 km lang (hin u. retour also 362 km). Ich habe nicht alle Fahrten mit meinem Pkw zurückgelegt, sondern auch hin und wieder die Bahn benutzt.
Nun zu meiner Begründung, warum ich einen Teil meiner Kosten als außergewöhnliche Belastung bei meinem Wohnsitzfinanzamt geltend gemacht habe:
Da ich beruflich von L nach B übersiedeln musste, habe ich zwangsläufig eine höhere Belastung als die Mehrzahl der mit meiner Situation vergleichbaren Steuerpflichtigen, da diese im Normalfall eher in der Nähe ihrer Mutter wohnen. Weiters gehe ich davon aus, dass im Normalfall eine Besuchsfrequenz von ein bis max. zwei Besuchen pro Monat bei der Mutter ausreichend ist, um sowohl den sozialen Kontakt als auch eine gewisse "sittliche" Verpflichtung zu erfüllen. Meine Mutter ist jedoch an Demenz erkrankt und bezieht Pflegestufe 3. Der Krankheitsverlauf meiner Mutter bringt es mit sich, dass ich sie in sehr kurzen Abständen Besuchen muss, um ihr keine unnötigen "Schübe" aufgrund zu langer Abwesenheit und keine damit verbundene, zwangsläufig zu erwartende Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes zuzufügen. Es ist daher von einer atypischen Belastung von normalerweise zu erwartenden Kosten in meiner Lebenshaltung auszugehen. Ich habe deshalb auch nicht alle Besuchsfahrten zu meiner Mutter als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht, sondern durchschnittlich nur jede Zweite (also nur 50%), da ich die restlichen Fahrten als sogenannter "braver Sohn" typischerweise sowieso gemacht hätte. Die Hälfte meiner Besuchsfahrten stellt eine Ausnahme dar, weil diese ausschließlich zum Zweck der Linderung des Leidens meiner Mutter (Demenz) gedient haben.
Auf Grund dieser außergewöhnlichen Belastung bin ich in meiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im Vergleich mit jemandem mit gleichen Vermögensverhältnissen wesentlich beeinträchtigt, da ich diese weiten Fahrten von B nach L in relativ häufiger Frequenz zu leisten habe.
Zur leichteren Bewertung meiner finanziellen Belastung habe ich 25 Besuchsfahrten zu je 362 km multipliziert mit einem km-Geld von 0,41 € pauschal herangezogen, weshalb sich eine finanzielle außergewöhnliche Belastung von 3.710,50 € für mich ergibt.""
Mit Einkommensteuerbescheid 2012 (Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 BAO) vom gab das Finanzamt der Beschwerde teilweise statt und änderte den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2012 vom ab; dabei anerkannte es die geltend gemachten Betriebsratsumlagen iHv 257,17 € (unter Anrechnung auf das Werbungskostenpauschale) als Werbungskosten, berücksichtigte die geltend gemachten Personenversicherungsprämien (einschließlich der von der YZ bestätigten Prämien im Betrage von 1.187,26 €) iHv 3.200,02 € nach Maßgabe der einschränkenden Vorgaben des § 18 EStG 1988 als Sonderausgaben und ließ die als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Fahrtkosten betreffend die Besuche der Mutter mangels Außergewöhnlichkeit unberücksichtigt [an dieser Stelle wird auf die ausführlichen Überlegungen des Finanzamtes in der zusätzlichen Bescheidbegründung (Verf67) vom verwiesen].
Mit Schriftsatz vom stellte der Bf. einen nicht näher begründeten Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, womit die Beschwerde wiederum als unerledigt galt.
Das Finanzamt AB legte in der Folge - wie auch dem Bf. mitgeteilt wurde - die im Spruch genannte Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.
Das Bundesfinanzgericht (BFG) hat über die Beschwerde erwogen:
1) Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2012:
Streit besteht im konkreten Fall (noch) darüber, ob die geltend gemachten Fahrtkosten im Zusammenhang mit dem wöchentlichen Besuch der Mutter im Alten- und Pflegeheim (Wohnheim T der GdeY) in Höhe von 3.710,50 € als außergewöhnliche Belastungen (mit Selbstbehalt) Berücksichtigung finden können.
Vorweg sei erwähnt, dass sich das Bundesfinanzgericht diesbezüglich den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, der Beweiswürdigung sowie der rechtlichen Würdigung der Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung vom vollinhaltlich anschließt und diese zu einem Teil der Begründung erhebt.
Der Abzug außergewöhnlicher Belastungen im Sinne des § 34 Abs. 1 EStG 1988 setzt grundsätzlich voraus:
Unbeschränkte Steuerpflicht sowie
eine Belastung des Einkommens.
Die Belastung
darf nicht Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben darstellen,
muss außergewöhnlich sein (Abs. 2),
muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3) und
muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Alle Voraussetzungen müssen zugleich gegeben sein. Liegt daher beispielsweise das Merkmal der Zwangsläufigkeit nicht vor, so erübrigt sich eine Prüfung der Außergewöhnlichkeit (vgl. zB Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 34 Anm 1; Jakom/Baldauf EStG, 2014, § 34 Rz 5).
Nach § 34 Abs. 2 EStG 1988 ist die Belastung außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Die Definition der Außergewöhnlichkeit ist typisierend dahingehend zu verstehen, dass es sich nicht um eine im täglichen Leben übliche Erscheinung handeln darf. Das Tatbestandsmerkmal der Außergewöhnlichkeit dient der Abgrenzung atypischer, außerhalb der normalen Lebensführung gelegener Belastungen von den typischerweise wiederkehrenden Kosten der Lebenshaltung (vgl. Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, § 34 Abs. 2 bis 5 EStG 1988, Rz 2, und die dort angeführten Rechtsprechungs- bzw. Literaturnachweise).
Eine Belastung ist damit nur dann außergewöhnlich, wenn die Aufwendungen nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die typischen Aufwendungen der Lebensführung sind folgedessen aus dem Anwendungsbereich des § 34 EStG 1988 ungeachtet ihrer Höhe im Einzelfall ausgeschlossen.
Besteht die Betreuung eines Elternteiles des Abgabepflichtigen durch diesen somit nicht in einer typischen Krankenbetreuung, sondern beispielsweise darin, mit dem Elternteil spazieren und gemeinsam auswärts Essen zu gehen, ihn bei fallweisen Arztbesuchen und häufigen Friedhofsbesuchen zu begleiten und für ihn Behördengänge zu erledigen, stellen diese Hilfeleistungen zwischen Vater bzw. Mutter und Sohn nichts Ungewöhnliches dar. Einer Vielzahl von Abgabepflichtigen erwachsen dadurch Fahrtkosten, dass sie sich um ihre nächsten Angehörigen kümmern, sie besuchen und mit ihnen ausgehen. Dies gilt im Besonderen auch für die Betreuung altersbedingt behinderter Personen. Aufwendungen für Besuche zwischen nahen Angehörigen sind damit regelmäßig nicht als außergewöhnlich anzusehen. Dies gilt auch, wenn der besuchte Angehörige erkrankt oder pflegebedürftig ist und Fahrten in kürzeren zeitlichen Abständen oder über größere Entfernungen durchgeführt werden, zumal es üblich und jedenfalls nicht außergewöhnlich ist, wenn ein erkrankter oder pflegebedürftiger Angehöriger häufiger und auch über größere Entfernungen besucht wird als ein gesunder.
Eine Ausnahme vom Grundsatz, dass Aufwendungen für Besuche zwischen Angehörigen nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können, auch wenn sie im Einzelfall hoch sind, bestünde darin, wenn Besuchsfahrten ausschließlich zum Zweck der Heilung bzw. der Linderung einer Krankheit oder eines Leidens getätigt werden, sodass die Kosten zu den unmittelbaren Krankheitskosten zu zählen sind [vgl. dazu ; BFH (III R 265/94), BStBl. 1997 II S. 558; BFH (III R 129/86), BStBl. 1990 II S. 418; ; -K/09; -K/09; ; -K/11; Jakom/Baldauf EStG, 2014, § 34 Rz 90 Stichworte: "Besuchsfahrten/-reisen" bzw. "Altersheim (Pflegeheim)"; Doralt, EStG11, § 34 Tz 78 Stichwort: "Alters- und Pflegeheim"; Hofstätter/Reichel, a.a.O., § 34 EStG 1988 Anhang II - ABC Tz 4 "Alters(Pflege-) heim"].
Die geltend gemachten Fahrtkosten, welche - wie im konkreten Fall - durch regelmäßige Besuche der pflegebedürftigen, altersdementen Mutter dem Bf. erwachsen sind (die einzelnen Fahrten wären im Übrigen auch zB durch Vorlage von einem Fahrtenbuch entsprechend nachzuweisen gewesen), können entsprechend den obigen rechtlichen Ausführungen unabhängig von der Anzahl der Besuche, der zurückgelegten Strecke und der Pflegebedürftigkeit der Mutter bereits ihrer Art bzw. dem Grunde nach nicht als außergewöhnlich bezeichnet werden.
Wenn der Bf. in Erwiderung auf die Ausführungen des Finanzamtes im Ergänzungsersuchen vom vorbringt, dass er die Mutter bedingt durch ihren Krankheitsverlauf in sehr kurzen Abständen besuchen müsse, um ihr keine unnötigen "Schübe" aufgrund zu langer Abwesenheit und keine damit verbundene, zwangsläufig zu erwartende Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes zuzufügen, er auch nicht alle Besuchsfahrten zu seiner Mutter als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht habe, sondern durchschnittlich nur jede Zweite, da er die restlichen Fahrten als sogenannter "braver Sohn" sowieso gemacht hätte, und die Hälfte seiner Besuchsfahrten eine Ausnahme darstelle, weil diese ausschließlich zum Zweck der Linderung des Leidens seiner Mutter (Demenz) gedient hätten, so ist diesem Vorbringen zu erwidern, dass der Bf. noch im Beschwerdeschriftsatz vom selbst angegeben hat, dass er nach dem Tod seines Vaters als einziges Kind den sozialen Kontakt zu seiner Mutter pflegen muss und will. Nach Ansicht des Finanzgerichtes war - gerade auch aufgrund seiner Erstaussage im Beschwerdeschriftsatz (nach der allgemeinen Lebenserfahrung kommt einem früher und zeitnäher getätigten Vorbringen in der Regel höherer Wahrheitsgehalt zu als einem späteren, abweichenden Vorbringen; das spätere Vorbringen ist als Zweckbehauptung zu werten) und dem Umstand, dass die tägliche Pflege und Betreuung der Mutter wohl hinreichend durch den Heimbetreiber erbracht wurde - nicht davon auszugehen, dass die strittigen Ausgaben ausschließlich zum Zweck der Heilung oder Linderung der Krankheit bzw. des Leidens der Mutter getätigt wurden. Entsprechende Nachweise dafür, dass einzelne Besuchsfahrten des Bf. ausschließlich mit einer typischen Krankenbetreuung verbunden waren bzw. durch die Krankheit, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit der Mutter veranlasst (medizinisch notwendig) waren, hat der Bf. jedenfalls - wie auch von der Abgabenbehörde in der gegenständlichen Beschwerdevorentscheidung (zusätzliche Bescheidbegründung) ausgeführt (es wird in diesem Zusammenhang auch auf die Vorhaltewirkung der Beschwerdevorentscheidung verwiesen) - nicht vorgelegt. Im Übrigen sind Aufwendungen für die Erhaltung der Gesundheit bzw. zur Vorbeugung sowie Ausgaben, die nur mittelbar mit einer Krankheit im Zusammenhang stehen, auch wenn sie sich auf den Krankheitsverlauf positiv auswirken, nicht (als Krankheitskosten) abzugsfähig (vgl. dazu Jakom/Baldauf EStG, 2014, § 34 Rz 90 Stichwort "Krankheitskosten").
Nachdem schon das Fehlen einer der oben angeführten Voraussetzungen (hier: Außergewöhnlichkeit) die Anerkennung der geltend gemachten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen ausschließt, war auf die Frage, ob die von der Abgabenbehörde bejahte Zwangsläufigkeit der Aufwendungen wie auch die übrigen Voraussetzungen gegeben sind, im Beschwerdefall nicht mehr weiter einzugehen. Dem strittigen Beschwerdebegehren war daher - gerade auch im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung aller Steuerpflichtigen - ein Erfolg zu versagen.
Vollständigkeitshalber sei noch erwähnt, dass ein Teil der strittigen Fahrtkosten (neben den geltend gemachten Krankheitskosten iHv 7.214,42 €) auch mangels wesentlicher Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit keine Berücksichtigung finden könnte (nur die den Selbstbehalt in Höhe von 8.136,35 € übersteigenden Kosten wären bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen).
Im Übrigen (die Betriebsratsumlage ist gemäß § 16 Abs. 1 Z 3 lit. a EStG 1988 als Werbungskosten abzugsfähig; sie ist im Wege der Veranlagung unter Anrechnung auf das allgemeine Werbungskostenpauschale geltend zu machen; siehe dazu unter Doralt, EStG13, § 16 Tz 73; für Ausgaben iSd § 18 Abs. 1 Z 2, 3 und 4 EStG 1988, nämlich Versicherungsbeiträge, Ausgaben zur Wohnraumschaffung und Wohnraumsanierung und Ausgaben für Genussscheine und junge Aktien, besteht ein einheitlicher Höchstbetrag von jährlich 2.920,00 €, welcher sich um 2.920,00 € erhöht, wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, und/oder um 1.460,00 € bei mindestens drei Kindern iSd § 106 EStG 1988; die unter den Höchstbetrag fallenden Sonderausgaben sind nur mit einem Viertel absetzbar; sind die Ausgaben insgesamt gleich hoch oder höher als der maßgebende Höchstbetrag, so ist ein Viertel des Höchstbetrages als Sonderausgaben anzusetzen; beträgt der Gesamtbetrag der Einkünfte mehr als 36.400,00 €, so vermindert sich das Sonderausgabenviertel gleichmäßig in einem solchen Ausmaß, dass sich bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 50.900,00 € kein absetzbarer Betrag mehr ergibt; vgl. dazu zB unter Doralt/Renner, EStG10, § 18 Tzen 260 ff) schließt sich das Bundesfinanzgericht der unbestritten gebliebenen Vorgehensweise der Abgabenbehörde in der Beschwerdevorentscheidung vom an (es wird in diesem Zusammenhang auch auf die Vorhaltewirkung der Beschwerdevorentscheidung verwiesen).
2) Zulässigkeit der Revision:
Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösende Rechtsfrage wird bereits in der bisherigen VwGH-Rechtsprechung beantwortet.
Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 34 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Zitiert/besprochen in | BFG-Newsletter 2014/02 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.1100309.2014 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at