Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.06.2014, RV/7501074/2014

Vollstreckungsverfügung nach nicht rechtsgültigem Titelbescheid

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. R. in der Beschwerdesache gegen Bf., gegen die Vollstreckungsverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 - Rechnungs- und Abgabenwesen, Buchhaltungsabteilung 32, vom , Zahlungsreferenz 344135043099, erkannt:

Der Beschwerde wird Folge gegeben und die angefochtene Vollstreckungsverfügung aufgehoben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67- Parkraumüberwachung, vom , Zl.: MA 67-PA-574032/4/7, wurde die Beschwerdeführerin, frühereAnschr. der Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung schuldig erkannt und wurden über sie nach § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe verhängt und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt.

Diese Strafverfügung wurde nach einem Zustellversuch am beim zuständigen Postamt hinterlegt und ab dem erstmals zur Abholung bereitgehalten. Diese Strafverfügung wurde an die Behörde als nicht behoben zurückgesendet (und langte bei der Magistratsabteilung 67 am ein) und ist somit unbekämpft geblieben.

Mit Vollstreckungsverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 - Rechnungs- und Abgabenwesen, Buchhaltungsabteilung 32, vom , Zahlungsreferenz 344135043099, gerichtet an die Beschwerdeführerin, frühereAnschr.wurde die Zwangsvollstreckung zur Einbringung des Gesamtbetrages (in der Höhe von 91,00 Euro) gemäß § 3 und § 10 VVG verfügt:
Zahlungsreferenz: 344135043099
Zu zahlender Betrag: EUR 91,00
Zahlungsfrist:
IBAN: ... BIC: ...
Hinweis: Als Ende der Zahlungsfrist merken wir den vor.
...
Die rechtskräftige Strafe zu GZ MA 67-PA-574032/4/7 vom
wegen Verletzung folgender Rechtsvorschriften:
Übertretung(en) gem. § 4 Abs. 1 Parkometergesetz, Kfz: W-...
am
in: 9., XY
wurde bis heute nicht bezahlt.
...
Zu zahlender Gesamtbetrag: EUR 91,00
Wir müssen daher zur Einbringung des Gesamtbetrages gemäß §§ 3 und 10 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991 die Zwangsvollstreckung verfügen."

Gegen diese Vollstreckungsverfügung hat die Beschwerdeführerin (rechtzeitig) Beschwerde eingebracht und begründend ausgeführt:
Bitte um umgehende Überprüfung der Vollstreckung in der Höhe von 91 Euro.
Im Anhang finden Sie den Bescheid, der mich gestern erreichte.
Ich habe keine Mahnungen von Ihnen erhalten, da ich nicht unter obiger Adresse frühereAnschr. gemeldet bin.
Mein Fahrzeug mit dem Kennzeichen W ... ist ebenso nicht unter obiger Adresse gemeldet.
Meine Wohnadresse lt. ZMR lautet richtigeAnschr., bereits seit März 2013!
Ich habe durch Zufall gestern Ihr Schreiben erhalten, da meine Eltern im selben Bau wohnen.
Bitte um Klärung, warum bei Ihnen die alte Adresse gespeichert ist bzw. wo die Mahnungen geblieben sind, bzw. warum bei meinem Kfz die alte Adresse gespeichert  ist, laut Zulassungsschein (die neue Adresse) gespeichert ist.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

§ 3 Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013 (VVG) bestimmt:
(1) Die Verpflichtung zu einer Geldleistung ist in der Weise zu vollstrecken, daß die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlaßt. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein. Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintreibung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist.
(2) Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung). Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 der ExekutionsordnungEO, RGBl. Nr. 79/1896, sind bei der Stelle zu erheben, von der der Vollstreckungstitel ausgegangen ist.
(3) Natürliche Personen, juristische Personen des Privatrechts sowie der Bund, die Länder und die Gemeinden können die Eintreibung einer Geldleistung unmittelbar beim zuständigen Gericht beantragen. Andere juristische Personen des öffentlichen Rechts können dies nur, soweit ihnen zur Eintreibung einer Geldleistung die Einbringung im Verwaltungsweg (politische Exekution) gewährt ist.

In dem verwiesenen § 35 Abs. 1 erster Satz EO wird normiert, dass gegen den Anspruch, zu dessen Gunsten Exekution bewilligt wurde, im Zuge des Exekutionsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden können, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind.

Unzulässigkeit der Vollstreckung ist dann gegeben, wenn der Verpflichtete behauptet, dass die Voraussetzungen für eine Vollstreckung nicht gegeben sind. Voraussetzung für eine Vollstreckung ist, dass überhaupt ein entsprechender Titelbescheid vorliegt, dass dieser gegenüber dem Verpflichteten wirksam geworden ist und dass der Verpflichtete seiner Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen ist (vgl. ).

Der Titelbescheid ist die oben angeführte Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67- Parkraumüberwachung, vom .

Die Strafverfügung, ergangen an die Anschrift frühereAnschr. wurde laut Zustellnachweis nach einem Zustellversuch am  beim zuständigen Postamt hinterlegt, ab dem  erstmals zur Abholung bereitgehalten und wurde an die Behörde als nicht behoben zurückgesendet; sie ist somit unbekämpft geblieben.

Die Beschwerdeführerin hat seit dem ihren Hauptwohnsitz an der Anschrift richtigeAnschr.. Diese Feststellung beruht auf dem Ergebnis der Behördenabfrage aus dem Zentralen Melderegister. Im Übrigen verfügt die Beschwerdeführerin über einen niederösterreichischen Nebenwohnsitz (Ergebnis der genannten Abfrage).

Der oben angeführte Titelbescheid ist demgemäß gegenüber der Verpflichteten NICHT rechtswirksam geworden.

Die Beschwerdeführerin bekämpft somit mit Recht die Gesetzmäßigkeit der Vollstreckungsverfügung. Liegt der Vollstreckungsverfügung keine rechtskräftige Strafverfügung zugrunde, ist die Mangelhaftigkeit der Vollstreckungsverfügung gegeben.

Die Vollstreckung der mit dieser Strafverfügung verhängten Geldstrafe erweist sich somit als NICHT zulässig.

Das Vorbringen in der Beschwerdeschrift vermochte in Verbindung mit dem Ergebnis der Behördenanfrage die Vollstreckungsverfügung somit als gesetzwidrig darzutun.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Rechtsmittelbelehrung und Hinweise

Dem Beschwerdeführer steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss – abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abgefasst und eingebracht werden.

Den Parteien des Beschwerdeverfahrens steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einen bevollmächtigten Rechtsanwalt beim Bundesfinanzgericht eingebracht werden.

Die für eine Beschwerde oder Revision zu entrichtenden Eingabengebühren ergeben sich aus § 17a Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 und § 24a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 30 EO, Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896
Schlagworte
Vollstreckungsverfügung
Titelbescheid
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7501074.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at