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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.06.2014, RV/7200001/2013

Einreihung von unelastischen Tapes in den Zolltarif

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R1 in Vertretung des Richters R2 in der Beschwerdesache Bf., gegen die Verbindliche Zolltarifauskunft (VZTA) des Zollamtes Wien vom , VZTA-Nr. AT 2012/000433, betreffend Einreihung eines Sport-Tapes in den Zolltarif nach der am in 1030 Wien durchgeführten mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Die angefochtene VZTA wird dahingehend abgeändert, dass die betreffende Ware in die Unterposition 3005 1000 00 der Kombinierten Nomenklatur einzureihen ist.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

Über schriftlichen Antrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin (Bf.), der Bf., vom hat das Zollamt Wien am für eine Ware mit der Handelsbezeichnung "Sport-Tape (NN), unelastische Klebebinde, 3,8 cm x 10 m“ die Verbindliche Zolltarifauskunft (VZTA), VZTA-Nummer AT 2012/000433, erteilt:

Abweichend vom Ansuchen der Bf., die eine Einreihung als „Heftpflaster und andere Waren mit Klebeschicht“ (KN-Code 300510) begehrt hatte, wies das Zollamt Wien die Ware mit dieser VZTA der Unterposition 59039091 der Kombinierten Nomenklatur (Gewebe, mit Kunststoff getränkt, bestrichen, überzogen oder mit Lagen aus Kunststoff versehen, andere als solche der Position 5902) zu.

Die gegenständliche Ware wird in dieser VZTA wie folgt beschrieben:

„Rohweißes Band, auf der Schauseite bestehend aus einem Gewebe in Leinwandbindung aus Baumwollgarnen, einseitig mit einer gelblichweißen Klebeschicht auf Kunststoffbasis, versetzt mit Naturharzen und mit Zinkoxid pigmentiert, bestrichen; das Tape wird zur Stabilisierung und Komprimierung von Sehnen, Muskeln und Bändern verwendet; aufgemacht in Rollen in einem bunt bedruckten Karton; aufgrund der Aufmachung keine Ware der Position HS 3005.“

Die Ware liegt auch dem BFG vor. Es handelt sich um ein ca. 3,8 cm breites Band, das auf einer Kunststoffspule (äußerer Durchmesser ca. 3,1 cm, Breite ca. 4,5 cm) aufgerollt ist. Jede Rolle ist einem einzelnen bunt bedruckten Karton verpackt. Auf dem Karton finden sich folgende Angaben:

das Firmenlogo der Bf.,

die Bezeichnung „Sport-Tape“,

der Hinweis „unelastische Klebebinde“,

der Hinweis auf den Packungsinhalt: „1 Rolle“,

die Größenangabe „3,8 cm x 10 m“,

die Kontaktdaten der Bf.,

der Hinweis „GB Non-elastic adhesive tape“,

der Hinweis „F Bande adhésive non élastique“,

der Hinweis „I Cerotto non elastico“,

der Hinweis „NL Starre tape“.

Die Klebebinde wird laut Angaben der Bf. über Apotheken vertrieben und ist dort auch entsprechend gelistet.

Gegen diese VZTA erhob die Bf. mit Schreiben vom das Rechtsmittel der Berufung.

Das Zollamt Wien wies diese Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom , GZ. zzz, als unbegründet ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich der vorliegende form- und fristgerecht eingebrachte Rechtsbehelf der Beschwerde vom .

Dieses Rechtsmittel ist gemäß § 85e ZollR-DG iVm § 323 Abs. 38 BAO vom Bundesfinanzgericht als Beschwerde im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen.

Mit Eingabe vom zog die Bf. den Antrag auf Entscheidung durch den Senat zurück.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Artikel 20 Zollkodex (ZK) bestimmt u.a.:

(1) Die bei Entstehen einer Zollschuld gesetzlich geschuldeten Abgaben stützen sich auf den Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften.

(2) Die sonstigen durch besondere Gemeinschaftsvorschriften erlassenen Maßnahmen im Warenverkehr werden gegebenenfalls auf der Grundlage der zolltariflichen Einreihung der betreffenden Waren angewendet.

(3) Der Zolltarif der Europäischen Gemeinschaften umfasst:

a) die Kombinierte Nomenklatur;

b) jede andere Nomenklatur, die ganz oder teilweise auf der Kombinierten Nomenklatur - gegebenenfalls auch mit weiteren Unterteilungen - beruht und die durch besondere Gemeinschaftsvorschriften zur Durchführung zolltariflicher Maßnahmen im Warenverkehr erstellt worden ist;

c) die Regelzollsätze und die anderen Abgaben, die für die in der Kombinierten Nomenklatur erfassten Waren gelten, und zwar

- die Zölle und

- die Abschöpfungen und sonstigen bei der Einfuhr erhobenen Abgaben, die im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik oder aufgrund der für bestimmte landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse geltenden Sonderregelungen eingeführt worden sind;

d) die Zollpräferenzmaßnahmen aufgrund von Abkommen zwischen der Gemeinschaft und bestimmten Ländern oder Ländergruppen, in denen eine Zollpräferenzbehandlung vorgesehen ist;

e) die Zollpräferenzmaßnahmen, die von der Gemeinschaft einseitig zugunsten bestimmter Länder, Ländergruppen oder Gebiete erlassen worden sind;

f) die autonomen Aussetzungsmaßnahmen, mit denen die bei der Einfuhr bestimmter Waren geltenden Zollsätze herabgesetzt oder ausgesetzt werden;

g) die sonstigen in anderen Gemeinschaftsregelungen vorgesehenen zolltariflichen Maßnahmen.

(6) Die zolltarifliche Einreihung einer Ware ist die nach dem geltenden Recht getroffene Feststellung der für die betreffende Ware maßgeblichen

a) Unterposition der Kombinierten Nomenklatur oder Unterposition einer anderen Nomenklatur im Sinne des Absatzes 3 Buchstabe b) oder

b) Unterposition jeder anderen Nomenklatur, die ganz oder teilweise auf der Kombinierten Nomenklatur - gegebenenfalls auch mit weiteren Unterteilungen - beruht und die durch besondere Gemeinschaftsvorschriften zur Durchführung anderer als zolltariflicher Maßnahmen im Warenverkehr erstellt worden ist.

Nach den Bestimmungen des Artikels 1 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den gemeinsamen Zolltarif wird von der Kommission eine Warennomenklatur - nachstehend "Kombinierte Nomenklatur" oder abgekürzt "KN" genannt - eingeführt, die den Erfordernissen sowohl des Gemeinsamen Zolltarifs, der Statistik des Außenhandels der Gemeinschaft sowie anderer Gemeinschaftspolitiken auf dem Gebiet der Wareneinfuhr oder -ausfuhr genügt.

Jede Unterposition KN hat gemäß Artikel 3 Absatz 1 der vorzitierten Verordnung eine achtstellige Codenummer:

a) die ersten sechs Stellen sind die Codenummern der Positionen und Unterpositionen des Harmonisierten Systems;

b) die siebte und die achte Stelle kennzeichnen die Unterpositionen KN. Ist eine Position oder Unterposition des Harmonisierten Systems nicht für Gemeinschaftszwecke weiter unterteilt, so sind die siebte und achte Stelle 00.

Die Unterpositionen des TARIC (Tarif intégré des Communautées Européennes - integrierter Tarif der Europäischen Gemeinschaften) werden gemäß Artikel 3 Absatz 2 der vorzitierten Verordnung durch eine neunte und zehnte Stelle gekennzeichnet, die zusammen mit den in Absatz 1 genannten Codenummern die TARIC-Codenummern bilden. Sind keine gemeinschaftlichen Unterteilungen vorhanden, so sind die neunte und zehnte Stelle 00.

Für die Einreihung von Waren in die KN gelten nach den Einführenden Vorschriften der KN, Titel I, Buchstabe A (Allgemeine Vorschriften für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur), folgende Grundsätze:

1. Die Überschriften der Abschnitte, Kapitel und Teilkapitel sind nur Hinweise. Maßgebend für die Einreihung sind der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln und - soweit in den Positionen oder in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln nichts anderes bestimmt ist - die nachstehenden Allgemeinen Vorschriften.

2. a) Jede Anführung einer Ware in einer Position gilt auch für die unvollständige oder unfertige Ware, wenn sie im vorliegenden Zustand die wesentlichen Beschaffenheitsmerkmale der vollständigen oder fertigen Ware hat. Sie gilt auch für eine vollständige oder fertige oder nach den vorstehenden Bestimmungen dieser Vorschrift als solche geltende Ware, wenn diese zerlegt oder noch nicht zusammengesetzt gestellt wird.

b) Jede Anführung eines Stoffes in einer Position gilt für diesen Stoff sowohl in reinem Zustand als auch gemischt oder in Verbindung mit anderen Stoffen. Jede Anführung von Waren aus einem bestimmten Stoff gilt für Waren, die ganz oder teilweise aus diesem Stoff bestehen. Solche Mischungen oder aus mehr als einem Stoff bestehende Waren werden nach den Grundsätzen der Allgemeinen Vorschrift 3 eingereiht.

3. Kommen für die Einreihung von Waren bei Anwendung der Allgemeinen Vorschrift 2 b) oder in irgendeinem anderen Fall zwei oder mehr Positionen in Betracht, so wird wie folgt verfahren:

a) Die Position mit der genaueren Warenbezeichnung geht den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vor. Zwei oder mehr Positionen, von denen sich jede nur auf einen Teil der in einer gemischten oder zusammengesetzten Ware enthaltenen Stoffe oder nur auf einen oder mehrere Bestandteile einer für den Einzelverkauf aufgemachten Warenzusammenstellung bezieht, werden im Hinblick auf diese Waren als gleich genau betrachtet, selbst wenn eine von ihnen eine genauere oder vollständigere Warenbezeichnung enthält.

b) Mischungen, Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, und für den Einzelverkauf aufgemachte Warenzusammenstellungen, die nach der Allgemeinen Vorschrift 3 a) nicht eingereiht werden können, werden nach dem Stoff oder Bestandteil eingereiht, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann.

c) Ist die Einreihung nach den Allgemeinen Vorschriften 3 a) und 3 b) nicht möglich, wird die Ware der von den gleichermaßen in Betracht kommenden Positionen in dieser Nomenklatur zuletzt genannten Position zugewiesen.

4. Waren, die nach den vorstehenden Allgemeinen Vorschriften nicht eingereiht werden können, werden in die Position der Waren eingereiht, denen sie am ähnlichsten sind.

5. Zusätzlich zu den vorstehenden Allgemeinen Vorschriften gilt für die nachstehend aufgeführten Waren Folgendes:

a) Behältnisse für Fotoapparate, Musikinstrumente, Waffen, Zeichengeräte, Schmuck und ähnliche Behältnisse, die zur Aufnahme einer bestimmten Ware oder Warenzusammenstellung besonders gestaltet oder hergerichtet und zum dauernden Gebrauch geeignet sind, werden wie die Waren eingereiht, für die sie bestimmt sind, wenn sie mit diesen Waren gestellt und üblicherweise zusammen mit ihnen verkauft werden. Diese Allgemeine Vorschrift wird nicht angewendet auf Behältnisse, die dem Ganzen seinen wesentlichen Charakter verleihen.

b) Vorbehaltlich der vorstehenden Allgemeinen Vorschrift 5 a) werden Verpackungen wie die darin enthaltenen Waren eingereiht, wenn sie zur Verpackung dieser Waren üblich sind. Diese Allgemeine Vorschrift gilt nicht verbindlich für Verpackungen, die eindeutig zur mehrfachen Verwendung geeignet sind.

6. Maßgebend für die Einreihung von Waren in die Unterpositionen einer Position sind der Wortlaut dieser Unterpositionen, die Anmerkungen zu den Unterpositionen und - sinngemäß - die vorstehenden Allgemeinen Vorschriften. Einander vergleichbar sind dabei nur Unterpositionen der gleichen Gliederungsstufe. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten bei Anwendung dieser Allgemeinen Vorschrift auch die Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln.

Gemäß Artikel 12 Abs. 1 ZK erteilen die Zollbehörden nach Modalitäten, die im Wege des Ausschussverfahrens festgelegt werden, verbindliche Zolltarifauskünfte oder verbindliche Ursprungsauskünfte.

Gemäß § 40 Absatz 1 ZollR-DG ist die zuständige Zollbehörde zur Erteilung verbindlicher Auskünfte nach Artikel 12 ZK der Bundesminister für Finanzen. Nach den Bestimmungen des § 40 Absatz 2 ZollR-DG kann der Bundesminister für Finanzen diese Zuständigkeit mit Verordnung ganz oder teilweise einer in seinem Wirkungsbereich gelegenen Zollbehörde übertragen.

Zuständige Behörde zur Erteilung von verbindlichen Zolltarifauskünften (VZTA) und von Bescheiden gemäß § 119 Absatz 1 ZollR-DG ist gemäß § 6 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Durchführung des Zollrechts (Zollrechts-Durchführungsverordnung - ZollR-DV) in der ab rechtswirksamen Fassung des BGBl. II 2004/184, das Zollamt Wien.

Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen der KN und der Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind (vgl. u. a. , Rn. 8 und die dort angeführte Rechtsprechung sowie , Rn. 30).

Strittig ist, ob die vorliegende Ware in die Position 590330 der KN oder in die Position 300510 der KN einzureihen ist.

Die maßgebenden Positionen der KN lauten:

3005:

Watte, Gaze, Binden und ähnliche Erzeugnisse (z.B. Verbandzeug, Pflaster zum Heilgebrauch, Senfpflaster), mit medikamentösen Stoffen getränkt oder überzogen oder in Aufmachung für den Einzelverkauf zu medizinischen, chirurgischen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Zwecken:

- 300510: Heftpflaster und andere Waren mit Klebeschicht

5903:

Gewebe, mit Kunststoff getränkt, bestrichen, überzogen oder mit Lagen aus Kunststoff versehen, andere als solche der Position 5902

- 590310: mit Poly(vinylchlorid):

- 590320: mit Polyurethan

- 590390: andere

- - 59039010: getränkt

- - - 59039091: bestrichen, überzogen oder mit Lagen versehen: mit Cellulosederivaten oder anderem Kunststoff, mit Schauseite aus Spinnstoffen

Die Bf. begehrt eine Einreihung unter Position 300510 der KN.

Voraussetzung für eine Einreihung unter diese Position ist, dass dieses Erzeugnis entweder mit medikamentösen Stoffen getränkt bzw. überzogen ist oder dass es für den Einzelverkauf zu medizinischen, chirurgischen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Zwecken aufgemacht ist.

Außer Streit steht, dass die in Rede stehende Ware nicht mit medikamentösen Stoffen getränkt oder überzogen ist. Zu prüfen bleibt daher, ob es sich um ein Erzeugnis in Aufmachung für den Einzelverkauf zu medizinischen, chirurgischen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Zwecken handelt.

Mangels entsprechender näherer Bestimmungen in der KN selbst hat das BFG zur Auslegung der erwähnten maßgeblichen Einreihungskriterien die Erläuterungen zum Harmonisierten System herangezogen.

Diesen kommen zwar keine normative Kraft zu, sie können aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () dennoch zur Interpretation des Gesetzeswortlautes der KN herangezogen werden.

Auch der EuGH bezeichnet die von der Kommission erstellten Erläuterungen zur KN und die im Rahmen der Weltzollorganisation ausgearbeiteten Erläuterungen zum Harmonisierten System (HS) zur Bezeichnung und Kodierung der Waren als wichtiges, wenn auch nicht rechtsverbindliches Hilfsmittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen (vgl. , Krings, Randnummer 28).

Die Erläuterungen zum HS zu Position 3005 enthalten unter Absatz 3 folgenden Hinweis:

„Hierher gehören ferner Watte und Verbandsgaze (meist aus hydrophiler Baumwolle), Binden usw., die nicht mit medikamentösen Stoffen getränkt oder überzogen, aber nach ihrer Aufmachung (Etikett, besondere Faltung usw.) erkennbar ausschließlich für den unmittelbaren Verkauf (ohne weiteres Umpacken) an die Verbraucher (Privatleute, Krankenhäuser usw.) zu medizinischen, chirurgischen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Zwecken bestimmt sind.“

Das vorliegende Erzeugnis stellt sich – wie oben festgestellt – als jeweils einzeln verpacktes Klebeband dar und erfüllt aus diesem Grund und wegen der auf der Verpackung angebrachten o.a. Hinweise die Voraussetzungen, um als für den unmittelbaren Verkauf an die Verbraucher im Sinne der vorstehenden Ausführungen geeignet zu erscheinen. Durch die Bezeichnung „Sport-Tape“ ist objektiv erkennbar, dass das Band dazu bestimmt ist, als Tapeverband eingesetzt zu werden.

Da es das BFG somit als erwiesen erachtet, dass die fragliche Ware „als für den Einzelverkauf aufgemacht“ angesehen werden kann, reduziert sich die weitere Fragestellung darauf, ob eine in der beschriebenen Weise dargebotene Ware als „zu medizinischen, chirurgischen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Zwecken bestimmt und aufgemacht“ zu betrachten ist.

Nach dem Antrag der Bf. vom auf Erteilung der gegenständlichen VZTA soll das vorliegende Sport-Tape zu sportmedizinischen Zwecken bestimmt sein.

Nach Brockhaus, Enzyklopädie in 24 Bänden, ist unter Sportmedizin ein Teilgebiet der Medizin zu verstehen, das sich mit den Auswirkungen von körperlichem Training und Sport sowie auch des Bewegungsmangels auf den gesunden und kranken Organismus befasst. Die Ergebnisse der Sportmedizin finden sowohl im Rahmen der Präventivmedizin als auch in der Rehabilitation Anwendung.

In der medizinischen Fachliteratur wird dem Taping (abgeleitet aus dem englischen Wort „tape“ für Band bzw. Klebeband) breiter Raum gewidmet.

Taping im medizinischen Bereich ist einer der wichtigsten Trends der letzten Jahre. In der täglichen Praxis werden unelastische und elastische Tape-Variationen als therapeutisches Medium verwendet. Damit lassen sich viele Dysfunktionen am Bewegungssystem beeinflussen (Metzger, T., Gerstlauer, P., Mett, E., Medizinische Taping Conception, Verlag Sport und Historie, Aalen, 2013, Annotation auf dem Cover). Hauptanwendungsgebiete liegen in den Bereichen Prävention und Prophylaxe, bei Akutverletzungen (als Erstversorgung) und posttraumatisch z.B. in der Therapie und Rehabilitation (Metzger, T., Gerstlauer, P., Mett, E., a.a.O, S. 18).

Unter „Taping“ versteht man das Anlegen von selbstklebenden Bändern auf die menschliche Haut. Die Wirkungen und Arbeitsweisen sind unterschiedlich, je nachdem ob starre bzw. elastische Tapes zum Einsatz kommen. Im Gegensatz zum starren schuldmedizinischen Tape, das über Ruhigstellung wirkt, wirkt das aus der Kinesiologie bekannte dehnbare Tape über die Bewegung (Hecker, H. / Liebchen, K., Aku-Taping, Trias Verlag, Stuttgart, 2012, S. 11).

Tapeverbände eignen sich z.B. zur partiellen Immobilisierung (Ruhigstellung) von schmerzhaften Gelenken (Schur, A., Taping: Einsatz im Sport, Meyer & Meyer Verlag, Aachen, 2008, S. 18).

In Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis werden das Komprimieren und/oder Ruhigstellen (Tapes) als wichtigste Indikationsgebiete von Pflaster bezeichnet (Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, 5. Auflage, Springer Verlag, Berlin Heidelberg, 1990, S. 35).

Die üblichsten Einsatzbereiche von rigidem, also nicht elastischem Taping zur Stabilisation sind Finger, Daumen, Handgelenk, Zehen, Fuß und Sprunggelenk (Langendoen, J., Taping im Sport, Soforthilfe bei Schmerzen und Verletzungen,  Trias Verlag, Stuttgart, 2014, S. 43).

Bei dem in Rede stehenden Erzeugnis handelt es sich unstrittig um eine unelastische Klebebinde. In der angefochtenen VZTA wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieses Tape zur Stabilisierung und Komprimierung von Sehnen, Muskeln und Bändern verwendet wird.

Angesichts all dieser Umstände kann kein Zweifel daran bestehen, dass diese Ware als Tape für den Einsatz in der Sportmedizin, also zu medizinischen Zwecken, bestimmt ist.

Der Verwendungszweck der Ware kann ein objektives Tarifierungskriterium sein, sofern er der Ware innewohnt, was anhand der Eigenschaften und objektiven Merkmale der Ware zu beurteilen ist (vgl. u. a. , Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung). Dem Verwendungszweck kommt daher entgegen der vom Zollamt im Rahmen der mündlichen Verhandlung geäußerten Ansicht sehr wohl Einreihungsrelevanz zu. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann ein Erzeugnis, das aufgrund seiner objektiven Merkmale und Eigenschaften naturgemäß zur medizinischen Verwendung bestimmt ist, in Kapitel 30 der KN eingereiht werden (vgl. , Rn. 14, und , Rn. 41).

Der Rechtsprechung des EuGH ist außerdem zu entnehmen, dass bei der Prüfung der Erfüllung des für die Einreihung entscheidenden Kriteriums der „Aufmachung zu medizinischen Zwecken“ auf die Etikettierung, Faltung und Verpackung der betreffenden Ware Bedacht zu nehmen ist ().

Dieser Anforderung wird im vorliegenden Fall schon durch die auf der Verpackung angebrachte Bezeichnung als „Sport-Tape“ entsprochen. Wenn auch die Ware weder über eine Etikettierung noch über eine Faltung verfügt, ist durch diese Produktbezeichnung und durch die gesamte oben beschriebene Aufmachung doch unzweifelhaft zu erkennen, dass sie zum Aufkleben auf die Haut zu sportmedizinischen Zwecken bestimmt ist. Auch die Bezeichnung als "Klebebinde" und nicht etwa als "Klebeband" spricht unmissverständlich für diese Zweckbestimmung.

Das Zollamt bezeichnet das vorliegende Tape als Ware, „bei der auf der Aufmachung nicht deklariert wird, dass das Erzeugnis zu medizinischen, chirurgischen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Zwecken dient“.

Soweit diese Feststellung dahingehend zu verstehen sei sollte, dass das Zollamt die Anbringung eines ausdrücklichen Vermerkes wie etwa: „dient zu medizinischen Zwecken“ auf der Ware bzw. auf einem Etikett als einreihungsrelevant erachtet, kann ihm nicht gefolgt werden.

Entscheidungsmaßgeblich ist vielmehr, dass die Ware einerseits für den Einzelverkauf aufgemacht ist und andererseits erkennbar medizinischen Zwecken dient. Die Erfüllung dieser Kriterien steht aber – wie oben ausgeführt – unzweifelhaft fest. Dass es zusätzlich dazu eines speziellen Hinweises bzw. einer „Deklaration“ im Sinne der vom Zollamt offensichtlich vertretenen Ansicht bedarf, ist hingegen weder dem Wortlaut der KN noch den Erläuterungen zu entnehmen.

Einer Einreihung unter Position 3005 der KN steht daher nichts entgegen.

Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass nach dem der Wortlaut der Position 5903 der KN auch eine Einreihung in diese Position nicht ausgeschlossen erscheint. Denn nach Anmerkung 2 zu Abschnitt VI der KN sind Waren, die wegen ihrer Dosierung oder wegen ihrer Aufmachung für den Einzelverkauf zur Position 3005 gehören können, dieser Position zuzuweisen, auch wenn andere Positionen der Nomenklatur in Betracht kommen. Dem Begehren der Bf. war daher auch auf Grund dieser "Vorrangregel" statt zu geben.

Für die Einreihung in die Position 3005 spricht darüber hinaus ein Blick in die Datenbank European Binding Tariff Information (EBIT) der Europäischen Kommission, in der alle aktuellen VZTA der Mitgliedstaaten abrufbar sind. Im Zuge einer Abfrage mit Stichwort "tape" konnten zwei VZTA gefunden werden, die am ehesten mit der verfahrensgegenständlichen Ware vergleichbare Erzeugnisse betreffen:

Es handelt sich dabei einerseits um die VZTA-Nummer GB117210320 der Zollverwaltung des Vereinigten Königreichs vom . Die Ware wird dabei wie folgt beschrieben: "Zinc oxide adhesive cotton woven tape, used for preventative/remedial taping or for fixation of dressings. Packaged in a blister pack for retail sale. 3.8 cm wide, x 10 m length".

Andererseits ist die VZTA-Nummer DE25276/11-1 des Hauptzollamtes Hannover vom zu nennen. Deren Warenbeschreibung lautet wie folgt: "Ware mit Klebeschicht zu medizinischen Zwecken. Bei der Ware handelt es sich um ein unelastisches Tape, das mit einem Zinkoxid-Kautschuk-Kleber beschichtet ist und auf einer Rolle mit 10 m Länge in einer bunt bedruckten Original-Faltschachtel vorliegt. Die Ware wird auf Grund ihres hohen Seidenanteils für funktionelle Tapeverbände zu chirurgischen und orthopädischen Zwecken verwendet. Das Erzeugnis wird in drei verschiedenen Breiten und in fünf unterschiedlichen Farben gehandelt. Zolltariflich handelt es sich um eine andere Ware mit Klebeschicht, in Aufmachung für den Einzelverkauf zu medizinischen Zwecken."

Beide VZTA ordnen die Waren der Position 3005 1000 der KN zu.

Unter Berücksichtigung der Allgemeinen Vorschriften 1 und 6 für die Auslegung der KN und dem Wortlaut der KN-Codes 3005 und 3005 1000 00 und der Anmerkung 2 zu Abschnitt VI der KN sowie unter Bedachtnahme auf die Erläuterungen zum HS zu Position 3005, Abs. 2, ist die vorliegende Ware daher als andere Ware mit Klebeschicht in Aufmachung für den Einzelverkauf zu medizinischen Zwecken wie von der Bf. begehrt in die Unterposition 3005 1000 00 der KN einzureihen.

Da eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Einreihung von Tapes in den Zolltarif fehlt, war spruchgemäß eine ordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
Art. 20 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
§ 6 ZollR-DV 2004, Durchführung des Zollrechts, BGBl. II Nr. 184/2004
§ 40 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
Art. 12 Abs. 1 ZK, VO 2913/92, ABl. Nr. L 302 vom S. 1
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7200001.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at