Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.02.2014, RV/2300002/2014

Wiedereinsetzungsantrag wegen Schreibfehler im Familiennamen in der Strafverfügung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesfinanzgericht hat durch
Richter/in


über die Beschwerde des

S,

vertreten durch Siegl, Choc & Axmann Rechtsanwaltspartnerschaft, Kalchberggasse 10/I, 8010 Graz,

gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , Str.Nr. 001, wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 167 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG)

entschieden:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit der Strafverfügung vom erkannte das Finanzamt Graz-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz den Beschwerdeführer (Bf.) der Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG und der Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 1 lit. c FinStrG für schuldig und verhängte über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 3.500,00 €. Die Strafverfügung wurde am beim Postamt 002 hinterlegt.

In der Eingabe vom beantragte der Bf. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist wider die zitierte Strafverfügung mit der Begründung, ihm sei glaublich im September 2013 eine Strafverfügung zugestellt worden, wobei diese an O "Sr..." gerichtet war und auch in der Strafverfügung selbt immer der Name "Sr..." angeführt worden sei. Der Bf. sei von einer Verwechslung ausgegangen, zumal er zuvor einen Umsatzsteuerbescheid des Finanzamtes Graz-Stadt erhalten habe, gegen den er das Rechtsmittel der Berufung erhoben habe. Der Bf. habe daher angenommen, dass die nicht an ihn gerichtete Strafverfügung das Rechtsmittel gegen den Umsatzsteuerbescheid betreffe und der Strafverfügung keine weitere Beachtung geschenkt. Erst im Zuge einer Kontaktaufnahme mit seinen rechtsfreundlichen Vertretern am habe sich heraus gestellt, dass aus nicht nachvollziehbaren Gründen eine Strafverfügung gegen den Bf. erlassen worden war. Erst ab diesem Zeitpunkt sei der Bf. in der Lage gewesen, die tatsächliche Sach- und Rechtslage zu erkennen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies das Finanzamt Graz-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz den Antrag vom auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 167 FinStrG als unbegründet ab. Der vorgebrachte Sachverhalt stelle kein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis dar bzw. könne darin kein bloß minderer Grad des Versehens erblickt werden. Der Bf. habe durch die Verwechslung der nicht beachteten Strafverfügung mit dem Rechtsmittel gegen den Umsatzsteuerbescheid und der Rücksprache mit den rechtsfreundlichen Vertretern erst nach Ablauf der gesetzlichen Rechtsmittelfrist die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen. Da er ein nachweislich zur Kenntnis genommenes behördliches Schriftstück samt Rechtsbelehrung unbeachtet gelassen habe, liege nach Ansicht der Finanzstrafbehörde ein grober, die Bewilligung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließender Sorgfaltsverstoß vor.

Im Übrigen handle es sich bei dem in der Strafverfügung falsch angeführten Namen "Sr..." statt "S..." um einen gemäß § 170 Abs. 1 FinStrG berichtigungsfähigen Schreibfehler. Der Adressat der Strafverfügung stehe durch die richtige Angabe der Wohnadresse sowie des Geburtsdatums fest.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Gemäß § 167 Abs. 1 FinStrG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag des Beschuldigten eines anhängigen oder abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn der Antragsteller durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet und glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen. Dass dem Beschuldigten ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Notwendiges Inhaltserfordernis eines jeden Bescheides ist die Benennung jener Person, der gegenüber die Behörde die in Betracht kommende Angelegenheit des Verwaltungsrechtes in förmlicher Weise gestalten will. Eine Umdeutung des Bescheidadressaten ist jedoch in den Fällen möglich, in welchen der gesamte Bescheidinhalt die von der Behörde gewählte Personenumschreibung als ein – den wahren behördlichen Willen verfälschendes – Vergreifen im Ausdruck erkennen lässt. Der Verwaltungsgerichtshof hat daher Schreibfehler – auch bei Unrichtigkeiten im Vornamen oder Namen von Bescheidadressaten – schon wiederholt als unbeachtlich, d.h. dem richtigen Bescheidverständnis selbst dann nicht im Wege stehend angesehen, wenn noch kein Berichtigungsbescheid erlassen wurde (siehe und die dort zitierte Vorjudikatur).

Die an O "Sr..." erlassene und zu eigenen Handen des Bf. zugestellte Strafverfügung vom konnte von diesem im Hinblick auf die richtige Anführung seines Vornamens, seines Geburtsdatums und der Wohnadresse sowie im Hinblick auf die lediglich durch einen Buchstaben differierende und daher offensichtlich irrige Verwendung des Familiennamens "Sr..." statt "S..." nur als an ihn gerichtet verstanden werden.

Der vom Bf. in diesem Zusammenhang vorgebrachte Zustellmangel der Strafverfügung bildet keinen Wiedereinsetzungsgrund, weil bei – im vorliegenden Fall nicht vorliegender – mangelhafter Zustellung die Frist nicht zu laufen beginnt (Reger/Hacker/Kneidinger, Das Finanzstrafgesetz, 3. Aufl., § 167, Rz. 5).

Dass die gegenständliche Strafverfügung dem Bf. „irgendwann“ im September 2013 zugekommen ist, wird nicht bestritten. Die Zustellung erfolgte nach der Aktenlage durch Hinterlegung beim Postamt am .

Aus dem Schriftstück vom ergibt sich ohne Zweifel, dass es sich um eine Strafverfügung handelt, in welcher über den Bf. wegen der Begehung diverser Finanzvergehen eine Geldstrafe, in deren Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt wird. Eine Belehrung über das Einspruchsrecht ist der Begründung (die sich auf die objektive und subjektive Tatseite sowie die Höhe der Geldstrafe bezieht) angeschlossen. Auch wenn der Bf. nach seinem Vorbringen keine Kenntnisse in rechtlichen Dingen besitzt, ist in diesem Fall ein Zusammenhang mit einem seitens des Finanzamtes erlassenen Umsatzsteuerbescheides bzw. eines gegen diesen Bescheid eingebrachten Rechtsmittels nicht ersichtlich.

Einen Wiedereinsetzungswerber darf an der Versäumung der Frist kein Verschulden treffen. Ein minderer Grad des Versehens steht der Wiedereinsetzung nicht entgegen, wobei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein minderer Grad des Versehens mit leichter Fahrlässigkeit gleich zu setzen ist. Leichte Fahrlässigkeit liegt dann vor, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht. Keine leichte Fahrlässigkeit liegt hingegen vor, wenn jemand auffallend sorglos handelt. Auffallend sorglos handelt, wer die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht lässt (siehe dazu ).

Die Kontaktaufnahme mit dem rechtsfreundlichen Vertreter lange nach Ablauf der Einspruchsfrist kann nicht als minderer Grad des Versehens beurteilt werden.

Der Finanzstrafbehörde ist mit den diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid, auf die in der Beschwerde nicht eingegangen wird, keine Fehlbeurteilung unterlaufen, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

Zur Zulässigkeit der Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Rechtsmittelbelehrung und Hinweise

Dem Beschwerdeführer steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss – abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abgefasst und eingebracht werden.

Dem Beschwerdeführer und der Finanzstrafbehörde, vertreten durch die Amtsbeauftragte steht das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses eine außerordentliche (§ 28 Abs. 3 VwGG) Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Die Revision muss – abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer abgefasst und gemäß § 24 Abs. 1 VwGG beim Bundesfinanzgericht eingebracht werden.

Die für eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichtenden Eingabengebühren betragen gemäß § 17a Z. 1 VfGG bzw. § 24a Z. 1 VwGG je 240,00 Euro.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.2300002.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at