Überwiegende Tragung der Unterhaltskosten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesfinanzgericht hat durch
den Richter
Ri.
in der Beschwerdesache Bf. gegen den Bescheid des Finanzamtes Baden Mödling vom , betreffend Abweisung eines Antrags auf Gewährung von Familienbeihilfe ab September 2012 zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer(Bw.), ein slowakischer Staatsbürger, ist seit Oktober 2011 in Österreich in einem landwirtschaftlichen Betrieb beschäftigt und in Österreich mit einem Hauptwohnsitz gemeldet. Er ist seit Juli 2012 geschieden. Die geschiedene Gattin und Tochter K., geboren im Februar 2007, wohnen in der Slowakei.
Der Bf. beantragte im Jänner 2013 die Gewährung der Familienbeihilfe ab 2012.
Das Finanzamt wies den Antrag nach Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen mit Bescheid vom unter Verweis auf die Bestimmungen des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 mit der Begründung ab, dass keine überwiegende Tragung der Unterhaltskosten des Kindes vorliege.
Der Bf. brachte dagegen Berufung ein und führte aus, dass er die Unterhaltskosten überwiegend trage, da seine Ex-Frau bis zur Scheidung nicht gearbeitet habe und auch danach nur ein geringfügiges (nicht steuerpflichtiges) Einkommen habe. Sein Kind lebe mehr als überwiegend von den Alimenten, die er laut Gerichtsbeschluss zahlen müsse und von weiteren Leistungen seinerseits. Seine Ex-Frau habe auch in der Slowakei keinen Anspruch auf Familienbeihilfe, weil sie dort keine Steuern zahle. Die slowakische Behörde sage, dass die Kinderbeihilfe vom sorgepflichtigen, in Österreich arbeitenden und dort steuerzahlenden Vater, kommen müsse. Im Akt liegt weiters eine Bestätigung der geschiedenen Gattin, wonach zwar in der Slowakei die "Preise für das Leben" etwas geringer seien, sie aber schätze, dass ihr ihr Kind monatlich ca. € 180 koste. Sie habe weiters monatlich vom Bf. durchschnittlich € 60 in bar erhalten.
Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom ab und führte begründend aus, dass der Bf. Banküberweisungen an die Kindesmutter für den Zeitraum 6/2012 – 12/2012 in der Höhe von monatlich durchschnittlich € 114 nachgewiesen habe. Im Wesentlichen handle es sich dabei um eine regelmäßige Leistung von € 80 monatlich und eine Einmalzahlung von € 400 im Dezember 2012. Dies sei für einen Nachweis der Leistung des überwiegenden Unterhaltes des Kindes nicht ausreichend. Auch die Bestätigungen der geschiedenen Gattin über den Erhalt von monatlich € 60 zusätzlich an Alimentationszahlungen könnten als Nachweis über die überwiegende Leistung der Unterhaltskosten des Kindes nicht anerkannt werden.
Weiters sei anzuführen, dass bei Vorliegen von Banküberweisungen eine zusätzliche Barleistung nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens entspreche und somit nicht glaubhaft sei. Somit liege kein Nachweis der Leistung des überwiegenden Unterhalts für die Tochter im betreffenden Zeitraum vor.
Der Bf. stellte einen Vorlageantrag und führte darin unter anderem aus, dass die Kindesmutter sehr verschuldet gewesen sei und schon ein halbes Jahr keine Kinderbeihilfe erhalten hätte. Wegen des Kindes gehe sie nur Gelegenheitsarbeiten nach. Der Winter sei vor der Tür gestanden und es hätte für Heizung und Kleidung gesorgt werden müssen. Da er von den Problemen für den Erhalt der Kinderbeihilfe nichts gewusst habe, hätte er außer den Bankbelegen leider keine anderen Belege aufgehoben. Die € 80 habe er auch deshalb überweisen, weil er gegenüber dem Gericht einen Nachweis benötige. Wenn er sein Kind besuche, kaufe er ihr immer einige notwendige Sachen um ihr seine Liebe auch zu zeigen. dies könne aber nur die Kindesmutter bestätigen, was sie auch tat. Er wisse jetzt, dass dies ein schlechter Beweis sei und werde dies besser machen. Für jetzt ersuche er ihm zu glauben, dass er die überwiegenden Kosten trage.
Hingewiesen wird darauf, dass die am beim Unabhängigen Finanzsenat anhängigen Berufungen gemäß § 323 Abs. 38 BAO vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen sind.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzunehmen:
Der Bf. ist seit Oktober 2011 in Österreich als landwirtschaftlicher Arbeiter beschäftigt und wohnt auch in Österreich. Die steuerpflichtigen Bezüge betrugen im Jahr 2012 rund € 17.000. Die geschiedene Gattin und Tochter K. wohnen in der Slowakei. Tochter K. besucht dort den Kindergarten.
Laut Angaben des Bf. übt die geschiedene Gattin in der Slowakei nur gelegentlich eine berufliche Tätigkeit aus. Dies entspricht den Angaben der slowakischen für Familienleistungen zuständigen Behörde im Formular E 411 vom , wonach die Gattin während der Zeit vom "bis jetzt" keine berufliche Tätigkeit ausgeübt und in der Slowakei keine Familienleistungen bezogen hat.
Der Bf. leistete im Jahr 2012 pro Monat nachweislich Alimentationszahlungen von € 80 und erbrachte weiters einen Nachweis über € 400, die er an die geschiedene Gattin zahlte. Auch das Finanzamt geht vom Sachverhalt aus, dass Unterhaltsleistungen im Zeitraum 6/2012 – 12/2012 monatlich durchschnittlich € 114 betragen haben, bezweifelt aber offensichtlich, dass die tatsächlichen Kosten des Unterhalts nur € 180 monatlich betragen haben.
Das Bundesfinanzgericht kann diese Ansicht nicht teilen. Die österreichischen Regelbedarfsätze für Unterhaltsleistungen haben im Kalenderjahr 2012 für Kinder zwischen drei und sechs Jahren € 238 betragen. Die durchschnittlichen Unterhaltsleistungen des Bf. haben die Hälfte dieses Betrages annähernd erreicht. Geht man von den niedrigeren Lebenshaltungskosten in der Slowakei aus, kann bedenkenlos angenommen werden, dass seine Unterhaltsleistungen die halben Kosten des Unterhalts überstiegen haben.
Gesetzliche Bestimmungen:
Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört, Anspruch auf Familienbeihilfe. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist. Gemäß Abs. 5 dieser Bestimmung gehört ein Kind dann zum Haushalt einer Person, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt.
Gemäß § 53 Abs. 1 FLAG 1967 sind "Staatsbürger von Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ..., soweit es sich aus dem genannten Übereinkommen ergibt, in diesem Bundesgesetz österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Hiebei ist der ständige Aufenthalt eines Kindes in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums nach Maßgabe der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen dem ständigen Aufenthalt eines Kindes in Österreich gleichzuhalten."
Rechtliche Würdigung:
Das Gesetz räumt den Anspruch auf Familienbeihilfe somit primär demjenigen ein, zu dessen Haushalt das Kind gehört. Voraussetzung für eine solche Haushaltszugehörigkeit ist eine Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft.
Unbestritten ist, dass die Tochter des Bf. nicht bei ihm, sondern bei seiner geschiedenen Gattin haushaltszugehörig ist, die weder in der Slowakei noch in Österreich einen Anspruch auf Familienleistungen hat.
Der Bf. hat somit einen Anspruch auf Familienbeihilfe unter der Voraussetzung, dass er überwiegend die Unterhaltskosten für seine Tochter K. getragen hat.
Aus dem klaren Wortlaut des § 2 Abs. 2 FLAG ergibt sich, dass es sich hierbei um tatsächliche Unterhaltsleistungen handeln muss.
Das Tatbestandsmerkmal der überwiegenden Tragung der Unterhaltskosten in § 2 Abs. 2 FLAG stellt sohin auf die materiellen Leistungen ab, also in der Regel auf den Geldunterhalt (vgl. ; , 2004/15/0049).
Ist als erwiesen anzunehmen, dass die monatlichen Unterhaltsleistungen im Schnitt jedenfalls monatlich 114 € betragen haben, hat der Bf. schon mit diesem Betrag überwiegend den Unterhalt seiner Tochter bestritten, ohne dass entscheidend wäre, ob er noch weitere Zahlungen in bar geleistet hat. Somit ist ein Familienbeihilfenanspruch gegeben.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzung liegt im Beschwerdefall nicht vor, da keine Rechtsfrage strittig ist, sondern der vorliegende Sachverhalt in freier Beweiswürdigung beurteilt wurde. Gegen dieses Erkenntnis ist daher eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 53 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2014:RV.7102877.2013 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at