Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.03.2014, RV/7101506/2012

1. Sicherstellung 2. Abgabennachforderung nach Abschluss der Prüfung wesentlich geringer 3. Einbringlichkeit gegeben

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin in der Beschwerdesache I.GmbH (Bf.), vertreten durch Heinz Neuböck, Bauernmarkt 24, 1010 Wien über die Berufung vom  gegen den Sicherstellungsauftrag des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg vom , zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird stattgegeben und der Bescheid-Sicherstellungsauftrag aufgehoben.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt Wien 9/18/19 Klosterneuburg hat am einen Bescheid- Sicherstellungsauftrag erlassen und die Sicherstellung folgender Abgabenansprüche angeordnet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
voraussichtliche Höhe in €
Umsatzsteuer
2003
78.628,73
Umsatzsteuer
2004
26.762,00
Umsatzsteuer
2005
35.321,68
Umsatzsteuer
2006
54.628,80
Umsatzsteuer
2007
21.678,00
Umsatzsteuer
2008
41.980,67
Umsatzsteuer
2009
63.530,00
Umsatzsteuer
2010
18.298,45
Körperschaftsteuer
2003
79.224,91
Körperschaftsteuer
2004
13.917,75
Körperschaftsteuer
2005
70.536,35
Körperschaftsteuer
2007
51.880,00
Körperschaftsteuer
2008
21.567,08
Körperschaftsteuer
2009
74.218,00
Kapitalertragsteuer
2003
131.047,88
Kapitalertragsteuer
2004
44.603,33
Kapitalertragsteuer
2005
58.719,47
Kapitalertragsteuer
2006
91.048,00
Kapitalertragsteuer
2007
36.130,00
Kapitalertragsteuer
2008
69.967,78
Kapitalertragsteuer
2009
105.883,33
Kapitalertragsteuer
2010
30.497,41

 Es wurde festgehalten, dass die Sicherstellung der Abgabenansprüche sofort vollzogen werden könne und die Hinterlegung eines Betrages in der Höhe von € 1.219.979,62 bei der oben bezeichneten Abgabenbehörde bewirke, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterblieben und diesbezüglich bereits vollzogene Sicherstellungsmaßnahmen aufgehoben würden.

Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrags sei geboten, da eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung nach Abschluss des anhängigen Betriebsprüfungsverfahrens zu erwarten sei.

Dies ergebe sich insbesondere aus dem dringenden Verdacht von Abgabenhinterziehungen, die die Geschäftsführerin der Bf., Frau R.Ü. , in Ausübung ihrer Geschäftsführerfunktion begangen habe, und die bereits gerichtsanhängig seien.

Auch im Hinblick auf die vermögensrechtliche Situation der Bf. erscheine ein rascher Zugriff der Abgabenbehörde zwecks Sicherung der Abgabeneinbringung erforderlich. Neben einem Gesamtschuldenstand in der Höhe von € 1.895,225,42 und einem Barvermögen in der Höhe von € 3.310,66 besitze die Bf. zwei unbelastete Liegenschaften, bei denen anzunehmen sei, dass diese nach Abschluss des Betriebsprüfungsverfahrens dem Zugriff der Finanzverwaltung (durch Veräußerung) bereits entzogen sein werden.

Die voraussichtliche Höhe der sichergestellten Abgaben resultiere aus den Ergebnissen der Hausdurchsuchung vom , insbesondere der Streichung aller Vorsteuern und Betriebsausgaben für den gesamten Prüfungszeitraum infolge des Vorfindens von Scheinrechnungen und Blanko-Rechnungsformularen der (angeblich) beauftragten Firmen.

Dem öffentlichen Interesse auf Einbringung der gegenständlichen Abgaben sei durch den Sicherstellungsauftrag Rechnung zu tragen. Dem stünden keine berechtigten Interessen des Abgabepflichtigen gegenüber.

Dagegen richtet sich die Berufung vom , die damit begründet wurde, dass gegen die Höhe der Sicherstellung vorgegangen werde, da die Streichung aller Vorsteuern unzulässig sei, weil in den gestrichenen Vorsteuern auch jene für Mieten, Wasser- und Abwassergebühren, Rauchfangkehrer, Unratentsorgung ect. enthalten seien, welche auf keinen Fall zu Belastung herangezogen werden dürften.

Die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom abgewiesen und dazu ausgeführt, dass nur die aus den Scheinrechnungen resultierenden und daher unberechtigten Vorsteuern dem Sicherstellungsauftrag zugrunde gelegt worden seien. Alle sonstigen Vorsteuern (für laufende Kosten, ect.) seien durch den Betriebsprüfer anerkannt und daher nicht in die sichergestellten Abgaben einbezogen worden.

Nach Fristverlängerung wurde am ein Vorlageantrag eingebracht und ergänzend ausgeführt, dass die Abgabenansprüche betreffend Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer für die Jahre 2003 bis 2010 schätzungsweise festgesetzt worden seien. Wie auch bereits mit der Betriebsprüfung erörtert worden sei, habe sich ergeben, dass die im Sicherstellungsauftrag enthaltenen Beträge unrichtig seien.

Allgemein sei dazu vorerst festzuhalten, dass die Berechnung von Vorsteuern, welche nicht gewährt werden, und die Belastung am Konto offensichtlich so erfolgt sei, dass die schon bisher am Abgabenkonto erfolgten anderen Umsatzsteuerbuchungen teilweise nicht berücksichtigt worden seien.

So sei im Jahr 2005 am Konto eine Zahllast von € 31.000,00 verbucht, laut Umsatzsteuererklärung (mit den gekürzten Vorsteuern) ergebe sich ein Guthaben von etwas € 35.000,00, was im Wesentlichen den jetzt vom Prüfer (vorläufig) nicht anerkannten Vorsteuern entspreche. Richtigerweise hätte sich sohin für das Jahr 2005 keine zusätzliche Belastung von über € 35.000,00 ergeben, sondern eine Gutschrift von etwa € 31.000,00 erfolgen müssen.

Gleiches gelte für das Jahr 2006: Sofern alle Vorsteuern anerkannt würden, hätte sich Guthaben von über € 68.000,00 ergeben, welches am Konto noch nicht verbucht sei. Die laut Prüfung nicht mehr anzuerkennenden Vorsteuern betrögen etwa € 53.000,00, sodass sich insoweit ein zu verbuchendes Guthaben ergebe von € 15.000,00 und nicht eine zusätzliche Zahllast von € 54.628,80.

Für das Jahr 2007 sei insoweit ersichtlich am Abgabenkonto der steuerpflichtigen Gesellschaft ebenfalls derzeit 0,00 verbucht, wobei sich bei Berücksichtigung aller Vorsteuern aus Fakturen ein Guthaben von knapp € 24.000,00 ergeben hätte. Die nicht anzuerkennenden Vorsteuern aus Sicht der Betriebsprüfung betrögen etwa € 15.000,00, sodass noch ein Guthaben von € 9.000,00 einzubuchen wäre.

Betreffend 2008 sei derzeit am Konto Null verbucht, laut Umsatzsteuerberechnung würde sich jedoch ein Guthaben von € 49.468,23 ergeben, folglich komme eine zusätzliche Kontobelastung in dieser Höhe nicht in Betracht, sondern bleibe es im Wesentlichen bei der derzeitigen Buchung - am Abgabenkonto ergebe sich keine zusätzliche Belastung.

Hinsichtlich des Jahres 2009 sei ebenfalls am Steuerkonto noch nichts verbucht, die Belastung von derzeit € 63.530,00 sei um das sich aus den Erklärungen ergebende Guthaben von € 59.000,00 zu kürzen, sodass eine Belastung von etwa € 4.000,00 an Umsatzsteuer verbleibe.

Auch im Jahr 2010 ergebe sich eine erhebliche Differenz, dies im Hinblick darauf, dass zwischenzeitig Umsatzsteuervoranmeldungen verbucht worden seien und aus der gesamten Umsatzsteuerberechnung Guthaben resultierten, die sich bei Nichtanerkennung von Vorsteuern zwar reduzierten, aber nicht zu einer zusätzlichen Belastung am Abgabenkonto führten.

Im Vergleich zu den derzeit "sichergestellten Beträgen" ergebe sich sohin, dass lediglich ein relativ geringer Betrag im Vergleich zu den bisherigen Umsatzsteueranlastungen laut Bescheid verbleibe, sohin die Umsatzsteuern laut Sicherstellungsauftrag - selbst bei Nichtanerkennung der Vorsteuer von gegenständlichen Rechnungen - weitaus zu hoch seien.

Hinsichtlich der Körperschaftsteuer sei darauf zu verweisen, dass die Verluste laut Bilanz und die sich aus den Bescheiden ergebenden Verlustvorträge offensichtlich nicht berücksichtigt worden seien.

Dazu komme, dass in den jeweiligen Jahresabschlüssen Zehntelabsetzungen erfolgt seien. Eine Hinzurechnung der gesamten Rechnungsbeträge komme daher schon aus diesem Grund insoweit nicht in Betracht.

Weiters sei zu berücksichtigen, dass zweifellos Investitionen erfolgt seien und dafür auch erheblicher Sanierungsaufwand entstanden sei, welcher ertragsteuerlich jedenfalls zu berücksichtigen sein werde.

Bei der Kapitalertragsteuer gehe die Finanzverwaltung offensichtlich davon aus, dass sämtliche Rechnungsbeträge von Frau R.Ü. aus der Gesellschaft entnommen worden seien, was schon mangels entsprechender Liquidität der Gesellschaft garnicht möglich gewesen wäre. Wie bereits oben ertragsteuerlich ausgeführt, seien jedenfalls umfangreichste Sanierungsarbeiten in den einzelnen Objekten auch tatsächlich durchgeführt worden, wofür Gutachten bestünden. Diese seien naturgemäß zu finanzieren und bezahlen gewesen, sodass eine diesbezügliche Kürzung, wenn überhaupt, nur teilweise habe erfolgen können.

Damit ergebe sich zusammengefasst, dass auch die Körperschaftsteuern und Kapitalertragsteuern laut Sicherstellungsauftrag weitaus überhöht angesetzt worden seien und eine entsprechende Berichtigung zu erfolgen habe. Dies sei dem Finanzamt auch bereits telefonisch dargelegt worden, wobei sich ergeben habe, dass man bei den schätzungsweise ermittelten Abgabenbeträgen vorerst nur von den allenfalls zu berichtigenden Rechnungs- und Vorsteuerbeträgen ausgegangen sei, ohne einerseits schon erfolgte oder nicht erfolgte Buchungen am Konto selbst zu Grunde zu legen und andererseits zu berücksichtigen, dass Zurechnungen nur im Ausmaß von tatsächlich erfolgten Aufwendungen erfolgen könnten, wobei Auszahlungen an den Gesellschafter zudem nur im Ausmaß tatsächlich vorhandener Geldmittel in Betracht kämen.

Vorgenannte Ausführungen würden naturgemäß bei den Sicherstellungsbeträgen entsprechend zu berücksichtigen sein, sodass beantragt werde, die gegenständlich angefochtenen Abgabenbeträge auszusetzen, jedenfalls bis zur Erledigung des Vorlageantrages, im Hinblick auf die jedenfalls gegebenen Erfolgsaussichten des Rechtsmittels zu stunden.

Es werde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

Die Ergebnisse der abgabenbehördlichen Prüfung für die Jahre 2003 bis 2009 wurden im Betriebsprüfungsbericht vom dargestellt. Demnach ergab die Betriebsprüfung eine Abgabennachforderung von € 297.952,12.

Die Bf. wurde mit Vorhalt vom zur einer ergänzenden Stellungnahme hinsichtlich der Frage einer Gefährdung bzw. wesentlichen Erschwerung der Einbringung aufgefordert und ihr folgende Tabelle zu den nach Abschluss der Betriebsprüfung relevanten Abgabenbeträgen übermittelt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
 Höhe in € nach Bp
Umsatzsteuer
2003
82.492,00
Umsatzsteuer
2004
25.062,00
Umsatzsteuer
2005
-33.383,11
Umsatzsteuer
2006
-23.496,60
Umsatzsteuer
2007
-3,282,69
Umsatzsteuer
2008
-784,23
Umsatzsteuer
2009
2.434,55
Umsatzsteuer
2010
-7.655,27
Körperschaftsteuer
2003
0
Körperschaftsteuer
2004
0
Körperschaftsteuer
2005
15.574,20
Körperschaftsteuer
2007
4.932,07
Körperschaftsteuer
2008
-3,72
Körperschaftsteuer
2009
-6,33
Kapitalertragsteuer
2003
61.869,00
Kapitalertragsteuer
2004
18.796,50
Kapitalertragsteuer
2005
24.514,50
Kapitalertragsteuer
2006
36.652,50
Kapitalertragsteuer
2007
15.435,00
Kapitalertragsteuer
2008
30.513,00
Kapitalertragsteuer
2009
46.378,75
Kapitalertragsteuer
2010
12.000,00

Am ging dazu eine Stellungnahme ein, in der vorgebracht wurde, dass das Abgabenkonto bereits ein Guthaben aufweise und somit die im Gegensatz zum Sicherstellungsauftrag weitaus niedrigere Abgabennachforderung umgehend beglichen worden sei.

Eine Gefährdung der Abgabeneinbringung habe nicht bestanden. Wie amtsbekannt sei, besitze die Bf. mehrere Liegenschaften, welche einen weitaus höheren Wert darstellten, nicht nur als die nunmehrige Abgabenachforderung darstelle, sondern auch die ursprünglich angenommene unrichtige Abgabennachforderung laut Bescheid- Sicherstellungsauftrag.

Dass es diese Liegenschaften gebe, habe sich schon aus dem Akt der Betriebsprüfung ergeben, die mehrere Jahre gedauert habe. Es sei sohin in keiner Weise nachvollziehbar und auch nicht erforderlich gewesen, die getroffenen Sicherstellungsmaßnahmen anzuordnen und durchzuführen. Die von der Behörde offenbar angenommene und allenfalls mögliche Veräußerung sämtlicher Liegenschaften wäre zwar theoretisch denkbar gewesen, hätte jedoch weitaus höhere Kosten schon alleine durch die erforderlichen Transaktionen im Grundbuch erfordert und sei es nach der Lebenserfahrung schlicht ausgeschlossen, dass für alle Liegenschaften sofort kurzfristig Käufer gefunden werden könnten, dies unabhängig davon, dass es auch aus ökonomischen Gründen im Vergleich zu der zu erwartenden Abgabennachforderung in keiner Weise zweckmäßig gewesen wäre, in dieser Form vorzugehen.

Zum Beweis für diese Tatsache werde erforderlichenfalls auch die Einholgun eines Gutachtens eines Immobiliensachverständigen beantragt.

Der Antrag auf Abhaltung der mündlichen Verhandlung vor dem BFG werde zurückgezogen und beantragt den Sicherstellungsauftrag aufzuheben, da keine Gefährdung der Einbringung vorgelegen sei.

Der Amtspartei wurde die Stellungnahme vom zur Kenntnis gebracht. Sie hat bestätigt, dass die Bescheide nach der Betriebsprüfung bereits in Rechtskraft erwachsen sind und die Abgabenschuldigkeiten umgehend beglichen wurden.

Über die Beschwerde wurde erwogen

Gemäß § 323 Abs. 38 BAO sind die am bei dem unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz anhängigen Berufungen und Devolutionsanträge vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Solche Verfahren betreffende Anbringen wirken mit auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

Gemäß § 232 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§  226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Der Abgabepflichtige kann durch Erlag eines von der Abgabenbehörde zu bestimmenden Betrages erwirken, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.

Abs. 2 Der Sicherstellungsauftrag (Abs. 1) hat zu enthalten: a) die voraussichtliche Höhe der Abgabenschuld; b) die Gründe, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe ergibt; c) den Vermerk, dass die Anordnung der Sicherstellung sofort in Vollzug gesetzt werden kann; d) die Bestimmung des Betrages, durch dessen Hinterlegung der Abgabepflichtige erwirken kann, dass Maßnahmen zur Vollziehung des Sicherstellungsauftrages unterbleiben und bereits vollzogene Maßnahmen aufgehoben werden.

Das Verfahren über eine Berufung (jetzt Beschwerde) gegen einen Sicherstellungsauftrag hat sich auf die Überprüfung der Frage zu beschränken, ob die im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides, mit dem die Sicherstellung angeordnet wurde, dafür erforderlichen Voraussetzungen gegeben waren oder nicht.

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht außer in den Fällen des § 278 immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Betriebsprüfung, die Anlass für die verfahrensgegenständliche Sicherstellung geboten hat, wurde nunmehr abgeschlossen und die Ergebnisse im Bericht vom festgehalten:

Unter Tz 1 wird unter der Überschrift „Scheinrechnungen“ ausgeführt, dass die Bf. bereits am erstmals aufgefordert worden sei, die tatsächlichen Leistungserbringer bekannt zu geben und den Zahlungsfluss nachzuweisen.

Die Vorhaltsbeantwortung sei unzureichend gewesen, erst im Zuge der im April 2011 abgehaltenen Hausdurchsuchung seien Blankorechnungen, Stempel und Zahlungsbestätigungen zu den verdächtigen Scheinrechnungen vorgefunden worden,

Dem steuerlichen Vertreter seien mehrmals (zuletzt am ) die Namen der beanstandeten Baufirmen und die entsprechenden Beträge zur Kenntnis gebracht worden, eine Stellungnahme dazu sei unterblieben.

Zur Begründung des Vorliegens von Scheinrechnungen wird in der Folge ausgeführt, dass eine Firma B.GmbH niemals existiert habe.

Auch bei den anderen Baufirmen seien Blankorechnungsformulare, bereits unterschriebene Zahlungsbestätigungen und Firmenstempel aufgefunden worden. Die Rechnungen seien demnach alle Tage vor der Konkurseröffnung der jeweiligen Firma ausgestellt und laut vorgelegten Unterlagen am selben Tag bar bezahlt worden. Bei keiner einzigen Rechnung habe es Beanstandungen, Preiskorrekturen, Skonti oder Haftungsrücklässe und ausnahmslos Barzahlungen gegeben, was alles fremdunüblich sei.

Die Unterschriften der Zahlungsempfänger stimmten nicht mit den Unterschriftenproben laut Firmenbuch überein. Es sei weder nachvollziehbar wie die Kontakte zu den Firmen zustande gekommen seien, noch wer tatsächlich die Geldbeträge kassiert habe bzw. dass überhaupt Bargeld in der behaupteten Größenordnung geflossen sei.

Es werde davon ausgegangen, dass die Ausgangsrechnungen selbst angefertigt worden seien. Die aus den Scheinrechnungen resultierenden Vorsteuern seien demnach nicht abzugsfähig (2003 € 82.492,00, 2004 € 25.062,00, 2005 € 32.686,01, 2006 € 48.750,00, 2007 € 20.580,00, 2008 € 40.684,00, 2009 € 61.705,00).

Zudem werde nur die Hälfte des Bruttobetrages der Scheinrechnungen als Betriebsausgabe anerkannt und die andere Hälfte als verdeckte Gewinnausschüttung an R.Ü. gewertet.

Das Gleiche gelte auch für den Nachschauzeitraum 2010. Da ergebe sich ein nicht anerkannter Vorsteuerabzug von € 16.000,00 und verdeckte Gewinnausschüttungen in der Höhe von € 48.000,00 (Kest € 12.000,00).

Mittlerweile steht infolge Erlassung der Wiederaufnahme- und Sachbescheide das Ausmaß der tatsächlichen Abgabenschuld fest:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart
Zeitraum
(voraussichtliche) Höhe in Euro
Höhe laut Bp
Umsatzsteuer
2003
78.628,73
82.492,00
Umsatzsteuer
2004
26.762,00
25.062,00
Umsatzsteuer
2005
35.321,68
-33.383,11
Umsatzsteuer
2006
54.628,80
-23.496,60
Umsatzsteuer
2007
21.678,00
-3.282,69
Umsatzsteuer
2008
41.980,67
-784,23
Umsatzsteuer
2009
63.530,00
2.434.55
Umsatzsteuer
2010
18.298,45
-7.655,27
Körperschaftsteuer
2003
79.224,91
0
Körperschaftsteuer
2004
13.917,75
0
Körperschaftsteuer
2005
70.536,35
15.574,20
Körperschaftsteuer
2007
51.880,00
4.932,07
Körperschaftsteuer
2008
21.567.08
-3,72
Körperschaftsteuer
2009
74.218,00
- 6,33
Kapitalertragsteuer
2003
131.047,88
61.869.00
Kapitalertragsteuer
2004
44.603,33
18.796,50
Kapitalertragsteuer
2005
58.719,47
24.514,50
Kapitalertragsteuer
2006
91.048,00
36.562,50
Kapitalertragsteuer
2007
36.130,00
15.435,00
Kapitalertragsteuer
2008
69.967,78
30.513,00
Kapitalertragsteuer
2009
105.883,33
46.378,75
Kapitalertragsteuer
2010
30.497,41
12.000,00

Summe: € 1.219.979,62 laut HB, Summe: € 297.952,12 laut Bp

Eine Sicherstellung ist kein abschließender Sachbescheid, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende " Sofortmaßnahme", die dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre. Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern dass es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach mit der Verwirklichung des abgabenrechtlich relevanten Sachverhaltes entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind ().

Dass Abgabenansprüche entstanden sind, wurde bereits in der Berufug nicht in Abrede gestellt, jedoch stets die Höhe der im Sicherstellungsauftrag erfassten Beträge bestritten.

Gemäß § 19 Abs. 2 UStG entsteht der Abgabenanspruch bei der Umsatzsteuer mit Ablauf des Monats, in dem die sonstige Leistung erbracht bzw. das Entgelt vereinnahmt worden ist, sowie gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 BAO bei der veranlagten Körperschaftsteuer mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird.

Gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z 3 BAO entsteht der Abgabenanspruch bei der Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens der steuerabzugspflichtigen Einkünfte. Steuerschuldner ist gemäß § 95 Abs. 1 EStG 1988 der Empfänger der Kapitalerträge, abzugsverpflichtet ist gemäß § 95 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 der Schuldner der Kapitalerträge. Gemäß § 95 Abs. 3 EStG 1988 hat der Abzugsverpflichtete die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen.

Zudem ist die mit Bescheiden vom  erfolgte Festsetzung der dem Sicherstellungsauftrag zu Grunde liegenden Abgaben ein Indiz für die Entstehung des Abgabenanspruches, obwohl dieser grundsätzlich unabhängig von einer behördlichen Tätigkeit entsteht, er demnach keine diesbezügliche Bescheiderlassung voraussetzt ().

Auf die Rechtskraft der Abgabenbescheide kommt es dabei nicht an, da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in einem Sicherstellungsverfahren nicht zu entscheiden ist, ob der Abgabenanspruch tatsächlich entstanden ist ().

Da mittlerweile infolge Erlassung der Wiederaufnahme- und Sachbescheide das Ausmaß der Abgabenschuld feststeht, wäre die Sicherstellung auf die tatsächlichen Abgabenverkürzungen einzuschränken gewesen, weil durch die genannten Bescheide (teilweise) Minderungen des Abgabenanspruches eingetreten sind. Unberücksichtigt bleiben hätte dabei die  bescheidmäßige Vorschreibung der höhere Umsatzsteuer 2003 als im Sicherstellungsauftrag angeführt bleiben müssen.

Zur Frage der Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der betreffenden Abgaben ist zunächst allgemein auszuführen:

Von einer Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung von Abgaben im Sinne der Bestimmung des § 232 BAO ist im Wesentlichen dann zu sprechen, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint ().

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ()) sind derartige Gefährdungen oder Erschwerungen u.a. bei drohendem Konkurs- oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte oder bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben. Auch schwer wiegende Mängel in den Büchern und Aufzeichnungen, welche die Annahme begründen, dass sich der Abgabenpflichtige auch der Vollstreckung der noch festzusetzenden Abgaben zu entziehen trachten wird, rechtfertigen ebenso wie eine erhebliche Verschuldung des Abgabenpflichtigen, die einen Zugriff anderer Gläubiger auf sein Vermögen befürchten lässt, eine Maßnahme nach § 232 BAO.

Ob eine solche Gefährdung vorliegt, ist auf Grund der Gegenüberstellung der Abgabenforderung und des zur Begleichung der Forderung zur Verfügung stehenden Einkommens und Vermögens zu beurteilen. Es reicht, wenn das Aufkommen in Gefahr gerät ().

Aus dem Wissensstand der prüfenden Abgabenbehörde erster Instanz zum Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages hat sich ein dringender Tatverdacht des Vorliegens einer Abgabenhinterziehung durch ungerechtfertigte Geltendmachung von Vorsteuerbeträgen ergeben, jedoch ist selbst beim Vorliegen einer Abgabenhinterziehung in bedeutender Höhe nicht automatisch davon auszugehen, dass eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabenschuldigkeiten besteht.

Wie nunmehr die nach der Prüfung ergangenen Bescheide zeigen, liegt die tatsächliche Abgabennachforderung bei ca. einem Viertel der im Sicherstellungsauftrag angeführten Beträge, womit sich der diesbezügliche Einwand der Bf. als zutreffend erwiesen hat.

Die Abgabenschuldigkeiten wurden auch umgehend entrichtet. Das Abgabenkonto ist ausgeglichen und die Abgabenbehörde hat dem Vorbringen der Bf., dass die Einbringung (dieser verminderten Beträge) auch bei Erlassung des Sicherstellungauftrages nicht gefährdet gewesen sei, nichts entgegengestellt.

Das BFG ist daher zu dem Schluss gekommen, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages magels Gefährdung der Einbringung nicht gegeben waren.

Der Sicherstellungsauftrag war somit spruchgemäß aufzuheben.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Einer Rechtsfrage kommt grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das Erkenntnis von vorhandener Rechtsprechung des VwGH abweicht, diese uneinheitlich ist oder fehlt.

Da die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erfüllt sind (siehe die in der Begründung zitierten Entscheidungen), ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 232 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 Abs. 2 Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 95 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 95 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 95 Abs. 2 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 4 Abs. 2 lit. a Z 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7101506.2012

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at