Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.04.2014, RV/7102035/2013

Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung nur bei nachgewiesener Pflegebedürftigkeit der Gattin

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache des Bf., W. gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer 2008, 2010 und 2011 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbgründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (in der Folge Bf. genannt) beantragte am jeweils mit Erklärungen zur ArbeitnehmerInnenveranlagung für die Jahre 2008, 2010 und 2011 die Berücksichtigung von Aufwendungen für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten und zwar für 2008 in Höhe von insges. € 5.215,00, für 2010 € 4,215,00 und 2011 € 3.867,00.

Mit Ersuchen des Finanzamtes vom wurde der Bf. ersucht, seine Anträge bis zum zu ergänzen und zwar durch Vorlage

  • der Heiratsurkunde sowie der Familienstandsbescheinigung und eines Einkommensnachweises der Gattin in beglaubigter Übersetzung

  • einer genauen Aufstellung der einzelnen Heimfahrten mit Datum der Hin-und Rückreise und der verwendeten Verkehrsmitte (Fahrtenbuch; Kopie des Zulassungsscheines, Tankbelege bzw. Tickets)

  • des Mietvertrages der Wohnung in Wien und Zahlungsnachweise bezügl. Miete

Der Bf. wurde auf seine erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten hingewiesen.

Am langten beim Finanzamt folgende Unterlagen in Übersetzung ein:

  • eine Anmeldebestätigung über den ständigen Aufenthalt der Gattin des Bf.  sowie des Bf. an der nämlichen Adresse

  • eine Abschrift der Heiratsurkunde

  • eine Bescheinigung über den Bezug von Arbeitslosengeld durch die Gattin und zwar seit 1999 und soweit für den Berufungszeitraum von Bedeutung von bis und von 30.4.bis laufend (Datum der Bescheinigung )

  • weiters ein Kassaeingangsbeleg des Unterkunftsgebers in Wien für Miete für den Monat November 2012 in H. von € 170,00. (170x12 = 2040= Betrag der d.HH)

In den Einkommensteuerbescheiden vom wurden die geltend gemachten Werbungskosten mit der Begründung nicht berücksichtigt ,dass die für deren Anerkennung benötigten Unterlagen nicht vorgelegt worden seien.

Gegen diese Bescheid wurde mi t Schriftsatz vom fristgerecht Beschwerde erhoben (berufen)  und auf die Übermittlung der Unterlagen per durch Vorlage der Rechnung der Post AG verwiesen.

Mit Beschwerde-(Berufungs) vorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Als Begründung wurde darauf verwiesen, dass einem verheirateten Arbeitnehmer zumutbar sei, seinen Wohnsitz nach zwei Jahren an den Ort der Beschäftigung zu verlegen. Die Gattin sei seit 1999 arbeitslos. Gründe, warum die Wohnsitzverlegung unzumutbar sei, seien nicht dargelegt worden.

Daraufhin stellte der Bf. mit Schriftsatz vom einen Vorlageantrag und führte begründend aus, dass seine Gattin sehr krank sei und sich seit dem Jahr 2001 in ärztlicher Behandlung befinde.  Vorgelegt wurden das Original  die Übersetzung einer Bescheinigung versehen mit 3 Stempeln und zwar Datum: , ausgestellt von „Städtische Ambulanz „C.“ , Beratungsstelle für Erwachsene, in L., ausstellende Ärztin: M. mit Handzeichen. Inhaltlich wird bestätigt, dass sich die Gattin seit 2001 in der Ambulanz in ständiger ärztlicher Behandlung befindet.

Mit Schreiben des Finanzamtes vom wurde der Bf. ersucht, bis einen Nachweis über die Pflegebedürftigkeit  er Gattin mittels Vorlage eines ärztlichen Attestes, Spitals-Medikamentenrechnungen vorzulegen.

Mit Schreiben vom verwies der Bw. darauf, dass er die nötigen Unterlagen vorgelegt habe und legte die Kopie der Rechnung der Post AG vom neuerlich vor.

Mit Vorhalt des Bundesfinanzgerichtes vom  wurde der Bf. zur Nachreichnung von Unterlagen ersucht:

"Wird die Berücksichtigung von Werbungskosten geltend gemacht, so sind diese entsprechend nachzuweisen, wobei gem. § 115 BAO den Steuerpflichtigen bei Auslandssachverhalten eine erhöhte Mitwirkungspflicht trifft. Richtig ist, dass Sie, wie Sie auch in Ihrem neuerlichen Schreiben  an das Finanzamt vom mitteilen, am diverse Bescheinigungen übermittelt haben. Es handelt sich dabei um die Bescheinigung Ihres gemeinsamen Wohnsitzes in Polen, die Bescheinigung über den Bezug von Arbeitslosengeld durch Ihre Gattin, die Heiratsurkunde und die Zahlungsbestätigung für den Monat November 2012 für Ihre Unterkunft in Wien.

Wenn sich der Ort des Beschäftigung, hier Wien, in unüblich weiter Entfernung, vom Familienwohnsitz befindet, sodass die tägliche Heimkehr nicht möglich ist, so genügt diese Tatsache allein noch nicht für die Anerkennung von Werbungskosten .Es müssen darüber hinaus objektiv gewichtige Gründe vorliegen, die eine Beibehaltung des Familienwohnsitzes rechtfertigen, etwa eine Beschäftigung des Partners mit ins Gewicht fallenden Einkünften).  Dass die Gattin Arbeitlosengeld bezieht sprach aus Sicht des Finanzamtes zunächst dafür, dass kein gewichtiger Grund für die Beibehaltung vorlag.

Weiters wurde  im Zuge des Vorlageantrages im Jänner 2013 eine Bescheinigung vorgelegt, dass die Gattin seit 2001 in Polen in ärztlicher Behandlung sei.

Die Pflegebedürftigkeit eines Familienmitgliedes kann eine doppelte Haushaltsführung rechtfertigen, wenn die regelmäßigen Heimfahrten der Pflege dienen. Daher ist es notwendig diese Pflegebedürftigkeit der Gattin nachzuweisen, so wie Sie auch bereits im Schreiben des Finanzamtes vom ersucht wurden.

Darüber hinaus fehlt bis jetzt der Nachweis wie die Kosten für Familienheimfahrten, nämlich die tatsächlichen Fahrtkosten entstanden, sind. Dazu müssen Aufzeichnungen über die tatsächlichen Fahrten mit Datum und gefahrenen Kilometern Tankbelege bzw. Tickets bei Verwendung öffentlicher  Verkehrsmittel und zwar für jedes beantragte Jahr, vorgelegt werden.

Folgende weitere Unterlagen wurden in der Folge vom Bf. vorgelegt:

eine Bestätigung des Vermieters über eine monatliche Zahlung von € 150.- bzw. € 170.- ab

eine Bescheinigung der Facharzpraxis "m." in L., wonach die Gattin des Bf. dort seit in ständiger Behandlung sei wegen milder Aortenstenose, erhöhtem Lipoidspiegel und Übergewicht

eine Bescheinigung des städtischen Ambulatoriums "C." in L., wonch die Gattin dort seit 2001 in Behandlung sei und zwar wegen "nicht rheumatischer Funktionsstörung des Aortenklappe, idiopathischem Hochdruck, Störungen beim Lipidstoffwechsel sowie Regurgitation( Reflux-Ösophagitis)

eine Erklärung, wonach der Bf. 25 Mal im Jahr nach Polen fahre und dafür Kosten in Höhe von insgesamt € 2.175 entstünden.

Über die Beschwerde wurde erwogen

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, was nach § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a leg.cit. auch für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung gilt, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

Kosten der doppelten Haushaltsführung und Familienheimfahrten sind jedoch dann abzugsfähig, wenn diese beruflich veranlasst sind. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort seiner Beschäftigung nicht zuzumuten ist, wobei die Unzumutbarkeit verschiedene Ursachen haben kann (vgl. ).

Solche Ursachen müssen aus Umständen resultieren, die von erheblichem objektiven Gewicht sind. Momente bloß persönlicher Vorliebe für die Beibehaltung des Familienwohnsitzes reichen nicht aus (vgl. ).

Ob die Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten vorliegen, ist für jedes Veranlagungsjahr gesondert zu beurteilen. Zu prüfen ist daher im gegenständlichen Fall, ob dem Bw. in des Jahren 2008, 2010 und 2011 die Verlegung des Familienwohnsitzes  an den Beschäftigungsort in Wien zumutbar war.

Entscheidend ist die Zumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung (vgl. z.B unter Hinweis auf BFH vom , VI R 23/07).

Familienwohnsitz ist nach ständiger Rechtsprechung jener Wohnsitz, an dem der Stuerpflichtige mit seinem Ehegatten lebt.

Dass der Bf. mit seiner Gattin an einem gemeinsamen Wohnsitz in Polen lebt, steht außer Streit, weiter, dass auf Grund dieser Entfernung eine tägliche Rückkehr vom Beschäftigungsort in Wien an den Familienwohnsitz nicht möglich ist.

Im Beschwerdeverfahren verweist der Bf. darauf, dass seine Gattin krank und in ärztlicher Behandlung sei.

Den vorgelegten Unterlagen ist zu entnehmen, dass die Gattin an eienr leichten Aortenstenose bzw. einer Funktionsstörung der Aortenklappe, Bluthochdruck, Störungen des Lipidstoffwechsels und Reflux bzw. Ösophagitis leidet. Wegen dieser Krankheitsbilder ist sie in einer Facharztpraxis und in einem Ambulatorium der Stadt L. in Behandlung.

Dem Bundesfinanzgericht kommt nicht die Kompetenz zu an Hand dieser von Ärzten gestellten Diagnosen zu beurteilen in welchem Ausmaß die Gattin des Bf. in ihrer Gesundheit tatsächlich beeinträchtigt ist. Daher oblag es dem Bf., wie bereits aus dem Vorhalt des Finanzamtes vom und jenem des Bundesfinanzgerichtes vom unschwer zu entnehmen ist, die Pflegebedürftigkeit der Gattin nachzuweisen. Nur diese stellt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. Zl. 2006/14/0038) und des Unabhängigen Finanzsenates (vgl. z.B. ) einen Umstand von objektivem Gewicht, dar, der eine Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort und damit einen Werbungskostenabzug für Familienheimfahrten und doppelte Haushaltsführung rechtfertigen würde.

Diesen Nachweis hat der Bf. durch die Vorlage der ärztlichen Bescheinigungen für keines der beschwerdegegenständlichen Jahre in ausreichendem Umfang erbracht.

Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil sie nicht von der Lösung einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, abhängt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Familienheimfahrten
Doppelte Haushaltsführung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.7102035.2013

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at