Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.05.2014, RV/3100731/2008

Zurechnung einer Einkunftsquelle strittig, Einkünftesplitting, Wiederaufnahme des Verfahrens, neu hervorgekommene Tatsachen bzw. Beweismittel

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Johann Edlinger in der Beschwerdesache des Bf.,vertreten durch die WT-Ges. , gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck vom bzw. , betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2002 bis 2005 sowie Einkommensteuer 2002 bis 2007 zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) unzulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheiden vom verfügte das Finanzamt Innsbruck gemäß § 303 Abs. 4 BAO die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Einkommensteuer 2002 bis 2005. Die Wiederaufnahmen wurden wie folgt begründet:

"Folgende Tatsachen sind durch die GPLA-Prüfung im März 2007 neu hervorgekommen:

Beim Ehegatten wurde ein Einkommenssplitting zugunsten der Ehegattin durchgeführt. Bei diesen Zahlungen handelt es sich um Rechtsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen und die Zurechnung hat ausschließlich bei den Mitarbeitern der Fa. A-KG zu erfolgen weil,

- die Ehegattin diese Option nur über den Ehemann, welcher Mitarbeiter und Beteiligter der A-KG ist, ausüben kann,
- die Höhe der Ausschüttung von den persönlichen Faktoren des Ehegatten (Funktionsfaktor, Bewertungsfaktor, Beschäftigungsfaktor, Anwesenheitsfaktor) abhängt,
- die Auszahlung der Beteiligung an den Ehemann erfolgt und dieser leitet den "Anteil" der Gattin an diese weiter,
- dieser zur Wiederaufnahme führende Sachverhalt nicht von der Großbetriebs
prüfung 2001 geprüft wurde. Zudem führte die Betriebsprüfung 2001 zu keiner Wiederaufnahme des Verfahrens."

Weiters wurden (geänderte) ESt- Bescheide 2002 bis 2005 erlassen (Ausfertigungsdatum ebenfalls ), wobei die (nicht endbesteuerungsfähigen) Einkünfte aus Kapitalvermögen gegenüber den Erstbescheiden wie folgt erhöht wurden :


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Jahr
KV- Eink. lt. EB
KV-Eink. lt. den angefochtenen Bescheiden
2002
6.587
16.030
2003
9.944
11.975
2004
10.049
13.649
2005
7.117
12.468

Dies wurde von der Abgabenbehörde wie folgt begründet:

"Die Kapitaleinkünfte der Ehegattin wurden zusätzlich angesetzt, da diese ausschließlich dem Ehepartner (Anm: dem Bf.) zuzurechnen sind.
Beim Einkommenssplitting der Fa. A-KG zugunsten der Ehegattin der Mitarbeiter und Beteiligten handelt es sich um Rechtsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen und die Zurechnung hat ausschließlich bei den Mitarbeitern der Fa. A-KG zu erfolgen."

Das Finanzamt erließ weiters Einkommensteuerbescheide betreffend die Jahre 2006 und 2007 (Ausfertigungsdatum bzw. ), wobei die (nicht endbesteuerungsfähigen) Einkünfte aus Kapitalvermögen gegenüber den Abgabenerklärungen wie folgt erhöht wurden:


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Jahr
KV- Eink. lt. Erklärung
KV-Eink. lt. den angefochtenen Bescheiden
2006
9.158
14.452
2007
10.542
15.619

Die ESt- Bescheide 2006 und 2007 wurden vom Finanzamt gleich wie jene für die Jahre 2002 bis 2005 begründet.

Mit Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer (Bf.) gegen die Wiederaufnahmsbescheide und ESt- Bescheide 2002 bis 2005 form- und fristgerecht Berufung. In der Berufungsschrift, die in den Antrag auf "ersatzlose Aufhebung" der angefochtenen Bescheide mündet, bringt der Bf. begründend vor:

"Vorauszuschicken ist, dass die Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2005 samt Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2003 bis 2005 und die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen in diesen Zeiträumen bereits einem Rechtsmittelverfahren mit Berufung vom unterworfen waren. Der Unabhängige Finanzsenat hat in der Berufungsentscheidung vom wie folgt entschieden:

"Der Berufung gegen die Bescheide betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2003 bis 2005 wird Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.
Die Berufung gegen die Einkommensteuerbescheide 2003 bis 2005 wird als unzulässig geworden zurückgewiesen."

Mit den oben bezeichneten Bescheiden für die Jahre 2003 bis 2005 nunmehr erweitert um den Einkommensteuerbescheid 2002 samt Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2002 und Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen für 2002 wird das Verfahren neuerlich einer Wiederaufnahme unterzogen.

Die oben bezeichneten Bescheide sind rechtswidrig wegen:

A) Rechtswidrigkeit im Allgemeinen

Die in der Berufung vom angeführten Gründe werden neuerlich wiederholt:

1. Verletzung von Verfahrensvorschriften

Die Abgabenbehörde hat mit den oben bezeichneten Bescheiden elementare Verfahrensvorschriften nach BAO verletzt. So wurden die Bestimmungen der § 147 ff BAO missachtet. Für GPLA sind alle Bestimmungen der Bundesabgabenordnung, die für Prüfungen nach § 147 BAO relevant sind, anwendbar - demzufolge sind die Bestimmungen nach § 149 betreffend Schlussbesprechung und nach § 150 betreffend Bericht in vollem Umfang zu beachten. Durch die Überleitung des § 151 BAO in § 147 BAO durch das AbgÄG 2003 werden alle Regelungen betreffend Außenprüfungen für GPLAs anwendbar. Den oben bezeichneten Bescheiden fehlt eine Begründung, offensichtlich resultiert die Wiederaufnahme des Verfahrens sowie die Bescheiderlassung auf Grundlage einer GPLA bei der Firma "A-KG" mit dem Sitz in 6020 Innsbruck. Das Ergebnis dieser GPLA wurde unserem Klienten nicht mitgeteilt, ebenso wenig wurde unserem Klienten die Möglichkeit einer Stellungnahme gegeben. Ein schriftlicher Bericht fehlt, ebenso wenig wurde eine Schlußbesprechung abgehalten.
Die Abgabenbehörde hat daher ihre Ermittlungspflichten verletzt, gegen den Grundsatz des Parteiengehörs verstoßen und die Begründungspflicht verletzt.

2. Rechtswidrigkeit des Inhaltes

Die oben bezeichneten Bescheide missachten das Ergebnis der Betriebsprüfung vom , mit welchem der offensichtlich zugrunde liegende Sachverhalt bereits seitens der Abgabenbehörde eindeutig geprüft und gewürdigt wurde. Wir verweisen dazu auf die Ausführungen von TZ 16a des Berichtes: "Das Beteiligungsausmaß von Ehepartnern im Wege des Mitunternehmermodells wird von 50 % auf 33,33 % beginnend ab reduziert." Diese Feststellungen wurden in der im vergangenen Jahr durchgeführten Betriebsprüfung beibehalten. Entsprechend dieser Prüfungsfeststellung wurden die Ehepartnerbeteiligungen berechnet, insofern die oben bezeichneten Bescheide das Gebot von Treu und Glauben verletzen.

B) Rechtswidrige Begründung im neuerlichen Wiederaufnahmeverfahren

In den Bescheiden über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend der Einkommensteuer 2002 bis 2005 vom werden Tatsachen, welche offensichtlich durch die GPLA-Prüfung im März 2007 neu hervorgekommen sein sollten, angeführt. Alle in den Bescheiden über die Wiederaufnahme des Verfahrens genannten Punkte wurden ausführlich in den bisherigen bereits abgeschlossenen Verfahren behandelt und entsprechend gewürdigt. Wir verweisen auf die durchgeführten Lohnsteuerprüfungen, die Prüfung der TGKK und die GPLA-Prüfungen.
Es hat sich diesbezüglich in keinster Weise eine Änderung des Sachverhaltes ergeben. Dieser Sachverhalt reicht bis ins das Jahr der Einführung des "Mitunternehmermodelles" im Jahr 1993 zurück und wird seither unverändert gehandhabt. Die Ansicht der Finanzbehörde, es wären neue Tatsachen hervorgekommen ist falsch.

Ausdrücklich darauf hinzuweisen ist, dass die Ehegattin von A.A., Frau B.B. Mitarbeiterin der Fa. "A-KG" gewesen ist. Dieser Umstand wurde von der Behörde offensichtlich nicht geprüft, wenngleich die Anmeldung zur TGKK der Finanzbehörde bekannt gewesen ist. Insofern liegt eine weitere schwere Verletzung von Verfahrensvorschriften vor. Der von der Finanzbehörde angeführte Grund, dass "diese Option nur über den Ehemann, welcher Mitarbeiter und Beteiligter der A-KG ist, ausüben kann," ist völlig falsch. Ebenso ist die Begründung über die Auszahlung der Beteiligung unzutreffend, da der Zahlungsstrom der Beteiligungsauszahlung nicht geprüft wurde.
Weiters wird - wiederholt - angeführt, dass diese Punkte ausführlich mit dem Prüfer anlässlich der Großbetriebsprüfung im Jahr 2001 besprochen und alle Unterlagen offen gelegt wurden.
Der wiederholte Versuch der Finanzbehörden, die bereits rechtskräftigen Bescheide wieder aufzunehmen stellt einen elementaren Verstoß der Rechtssicherheit und der Rechtsrichtigkeit dar."

Auch der ESt- Bescheid 2006 vom wurde mit Berufung bekämpft (Berufungsschrift vom ). In der Berufungsschrift, die in den Antrag auf Bescheidaufhebung mündet, wird begründend vorgebracht:
"Mit dem oben bezeichneten Bescheid wird unter anderem folgende Begründung angeführt:
"Die Kapitaleinkünfte werden nicht mehr angesetzt, da diese ausschließlich dem Ehepartner zuzurechnen sind."
Dazu ist festzuhalten, dass sehr wohl Kapitaleinkünfte angesetzt werden. Eine ausschließliche Zurechnung der Ehepartnerin, also Frau B.B. ist nicht erfolgt, da im Einkommensteuerbescheid 2006 von Frau B.B. keine Kapitaleinkünfte angegeben sind.
Dem Bescheid liegt also die Rechtswidrigkeit zugrunde, dass die Begründung nicht mit dem Bescheid übereinstimmt.
Zum von der Finanzbehörde bezeichneten Einkommenssplitting ist anzuführen, dass eine ausreichende Begründung fehlt. Der schlichte Hinweis, dass es sich "um Rechtsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen und die Zurechnung ausschließlich bei den Mitarbeitern der Firma A-KG zu erfolgen hat", ist zu wenig.
Sämtliche Voraussetzungen, welche die Rechtsbeziehungen zwischen nahen Angehörigen regeln, wurden streng eingehalten.
Die belangte Behörde hat sich also in keinster Weise ausführlich mit den vorliegenden Sachverhalt auseinandergesetzt und deshalb Verfahrensvorschriften verletzt.
Der oben bezeichnete Bescheid missachtet das Ergebnis der Betriebsprüfung vom , mit welchem der offensichtlich zugrunde liegende Sachverhalt bereits seitens der Abgabenbehörde eindeutig geprüft und gewürdigt wurde. Wir verweisen dazu auf die Ausführungen von TZ 16a des Berichtes: "Das Beteiligungsausmaß von Ehepartnern im Wege des Mitunternehmermodells wird von 50 % auf 33,33 % beginnend ab reduziert." Diese Feststellungen wurden in der im vergangenen Jahr durchgeführten Betriebsprüfung beibehalten. Entsprechend dieser Prüfungsfeststellung wurden die Ehepartnerbeteiligungen berechnet, insofern die oben bezeichneten Bescheide das Gebot von Treu und Glauben verletzen.
Dem Bescheid liegt ein Sachverhalt zugrunde, welcher neben der zitierten Betriebsprüfung in anderen abgeschlossenen Verfahren behandelt und entsprechend gewürdigt wurde. Wir verweisen auf die durchgeführten Lohnsteuerprüfungen, die Prüfung der TGKK und die GPLA-Prüfungen.
Es hat sich diesbezüglich in keinster Weise eine Änderung des Sachverhaltes ergeben. Dieser Sachverhalt reicht bis ins das Jahr der Einführung des "Mitunternehmermodelles" im Jahr 1993 zurück und wird seither unverändert gehandhabt.
Insofern wurde ebenfalls das Gebot von Treu und Glauben verletzt. Ausdrücklich darauf hinzuweisen ist, dass die Ehegattin von A.A., Frau B.B. Mitarbeiterin der Fa. "A-KG" gewesen ist. Dieser Umstand wurde von der Behörde offensichtlich nicht geprüft, wenngleich die Anmeldung zur TGKK der Finanzbehörde bekannt gewesen ist. Insofern liegt eine schwere Verletzung von Verfahrensvorschriften vor. Weiters wird - wiederholt - angeführt, dass der zugrunde liegende Sachverhalt ausführlich mit dem Prüfer anlässlich der Großbetriebsprüfung im Jahr 2001 besprochen und alle Unterlagen offen gelegt wurden."

Mit Schreiben vom erhob der Bf. gegen den ESt- Bescheid 2007 (vom ) Berufung und beantragte die ersatzlose Bescheidaufhebung. Die Berufungsbegründung deckt sich inhaltlich mit der oben dargestellten Begründung der Berufung gegen den ESt- Bescheid 2006.

Das Finanzamt legte die Akten ohne vorherige Erlassung einer Berufungsvorentscheidung unmittelbar an den Unabhängigen Finanzsenat (UFS) vor (Vorlagebericht vom ).

Da die Berufungsverfahren vom UFS bis Ende 2013 nicht abgeschlossen wurde, sind die Berufungen gemäß § 323 Abs. 38 BAO vom Bundesfinanzgericht als Bescheidbeschwerden im Sinne des § 323 Abs. 38 BAO zu erledigen.

Über die Beschwerden wurde erwogen:

1.) Abgabenrechtliche Beurteilung des Sachverhaltes

Die steuerrechtliche Frage, wem das Einkommen bzw. Einkünfte oder Einnahmen zuzurechnen sind (§ 2 Abs. 1 EStG 1988), ist in erster Linie nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden. Für die Zurechnung der Einkünfte ist nicht allein maßgeblich, aus welchem Rechtsgrund sie der Steuerpflichtige bezieht (vgl. das zur Auszahlung einer Pensionshälfte an die Ehefrau ergangene Erkenntnis des ).
Das bloße Zufließen von Einnahmen erfüllt keinen Einkunftstatbestand ().
Nach § 25 Abs. 1 lit. a EStG 1988 zählen Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Die Einkünfte müssen ihre Wurzel im Dienstverhältnis haben (). Arbeitslohn liegt dann nicht vor, wenn eine Zuwendung wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bewirkt wird. Auch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer können neben dem Dienstverhältnis gesonderte Rechtsbeziehungen bestehen. Sie sind dann steuerlich grundsätzlich getrennt zu beurteilen. Einkünfte, die auf diesen Rechtsbeziehungen beruhen, sind der in Betracht kommenden Einkunftsart (§ 2 Abs. 3 EStG 1988) zuzurechnen. Voraussetzung hiezu ist allerdings, dass zu gleichen Bedingungen, unabhängig davon, ob ein Dienstverhältnis besteht, auch mit Dritten ein derartiges Vertragsverhältnis zu Stande kommt ().

Dem angefochtenen Bescheid liegt der Sachverhalt zu Grunde, dass die von der Fa. A-KG an ihre eigenen Dienstnehmer im Rahmen des Beteiligungsmodells geleisteten Zahlungen durch das jeweilige Dienstverhältnis veranlasst waren. Gegen diese Beurteilung wenden sich die Berufungen zu Recht nicht.
Diesbezüglich genügt es daher auf die Ausführungen des VwGH im Erkenntnis vom , 2003/08/0131, (betreffend die Fa. A-KG) zu verweisen.
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind dem zuzurechnen, der sie erzielt hat. Die Arbeitskraft ist als Einkunftsquelle aus der Natur der Sache nicht übertragbar. Verfügt der Dienstnehmer über seinen Arbeitslohn, ergibt sich daraus keine Änderung der Zurechnung; der Arbeitslohn ist ihm auch dann zuzurechnen, wenn er den Anspruch einem Dritten abtritt ().
Im Beschwerdefall ist in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon auszugehen, dass die Teilhabe der Ehegattin des Bf. an den Gewinnen der Fa. A-KG einen Verzicht des Bf. auf einen Teil der ihm zustehenden Beteiligung zur Voraussetzung hat. Das Beteiligungsverhältnis der Ehegattin des Bf. kann nach dem Vertrag vom nicht nur von der A-KG, sondern auch vom Bf. gekündigt werden. Die Einnahmen der Ehegattin des Bf. aus der Beteiligung an der Fa. A-KG sind vom Bestand des Dienstverhältnisses des Bf. zur Fa. A-KG abhängig. Insbesondere trifft es auch nicht zu, dass die Ehegattin des Bf. durch die Leistung einer Einlage, wie dies für eine Beteiligung als stiller Gesellschafter essentiell ist, einen Anspruch auf Ausschüttung von Gewinnanteilen erworben hätte. Der Anspruch der Ehegattin des Bf. auf Gewinnausschüttung hängt nicht nur davon ab, dass die Fa. A-KG (Basisbeträge übersteigende) Gewinne erzielt, sondern auch davon, dass der Bf. bestimmte im Dienstverhältnis gegründete Voraussetzungen erfüllt (beispielsweise führen entsprechende Fehlzeiten zu einer Verminderung der Gewinnbeteiligung).
Bei dieser Sachlage ist daher davon auszugehen, dass die Beteiligung der Ehegattin des Bf. an den Gewinnausschüttungen der Fa. A-KG keine eigenständige Einkunftsquelle der Ehegattin des Bf. darstellt, sondern Einnahmen vorliegen, die ihre Wurzel im Dienstverhältnis des Bf. zur Fa. A-KG haben und daher diesem als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zuzurechnen sind (siehe hiezu betr. die Ehegattin des Bf.).
Der Umstand, dass die Vorinstanz die strittigen Einkünfte nicht als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern als Einkünfte aus Kapitalvermögen angesetzt hat, hat auf die Höhe des Einkommens und der Einkommensteuer keine Auswirkung, weshalb den Beschwerden ein Erfolg versagt bleiben muss.

Bei den ESt- Bescheiden betreffend die Jahre 2006 und 2007 handelt es sich um Erstbescheide (ohne vorherige Wiederaufnahme des Verfahrens), deren Erlassung nicht im Ermessen der Abgabenbehörde liegt. Das Vorbringen betreffend "Treu und Glauben" geht daher hinsichtlich dieser Erstbescheide jedenfalls ins Leere (siehe hiezu z.B. Ritz, BAO5, § 114 Tz 12).
Auch die Frage, ob der Sachverhalt der Abgabenbehörde aufgrund früherer Verfahren allenfalls bekannt war, ist für den Ausgang des gegenständlichen Verfahrens betreffend ESt 2006 und 2007 irrelevant, da Erstbescheide (ohne Wiederaufnahme des Verfahrens) erlassen wurden.

2.) Wiederaufnahme des ESt- Verfahrens (2002 bis 2005)

Gemäß § 303 Abs. 4 BAO idF vor dem FVwGG 2012 ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen u.a. in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln nur aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wieder aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Das "Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln" bezieht sich damit auf den Wissensstand (insbesondere auf Grund der Abgabenerklärungen und der Beilagen) des jeweiligen Veranlagungsjahres. Entscheidend ist, ob der abgabenfestsetzenden Stelle alle rechtserheblichen Sachverhaltselemente bekannt waren (vgl. für viele das hg. Erkenntnis des ).

Nach der Aktenlage sind in den Abgabenerklärungen der strittigen Jahre (2002 bis 2005) bzw. den angeschlossenen Beilagen die zur rechtlichen Beurteilung der erklärten Einkünfte notwendigen Erläuterungen nicht gegeben worden.
Der Wiederaufnahme steht nicht entgegen, dass Prüfer in Abgabenverfahren eines anderen Steuerpflichtigen (Fa. A-KG) von den maßgeblichen Tatsachen allenfalls Kenntnis hatten. Das diesbezügliche Rechtsmittelvorbringen ist daher nicht geeignet, das Fehlen eines Wiederaufnahmegrundes aufzuzeigen.

Die Entscheidung über die amtswegige Wiederaufnahme ist eine Ermessensentscheidung (vgl. nochmals ). Dass in den Wiederaufnahmen eine unrichtige Ermessensausübung gelegen sei, ist im vorliegenden Fall - auch bei Bedachtnahme auf das Rechtsmittelvorbringen nicht erkennbar. Insbesondere liegt auch kein Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vor.

Der Grundsatz von Treu und Glauben schützt nämlich nicht ganz allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung in der Vergangenheit. Vielmehr müssten besondere Umstände vorliegen, die ein Abgehen von der bisherigen Auffassung durch die Finanzverwaltung unbillig erscheinen ließen, wie dies z. B. der Fall sein kann, wenn ein Abgabepflichtiger von der Abgabenbehörde ausdrücklich zu einer bestimmten Vorgangsweise aufgefordert wurde und sich nachträglich die Unrichtigkeit dieser Vorgangsweise herausstellt (vgl. ). Die Verletzung dieses Grundsatzes setzt weiters voraus, dass der Abgabepflichtige im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft Dispositionen getroffen hat, die er ohne die unrichtige Auskunft nicht getroffen hätte (vgl. ).

Das Vorbringen des Bf. bezieht sich ausschließlich auf Vorgänge im Abgabenverfahren eines anderen Steuerpflichtigen (Fa. A-KG). Die vom Bf. ins Treffen geführte Passage des Prüfungsberichtes betr. die Fa. A-KG beurteilt demgemäß auch nicht die steuerrechtliche Behandlung der Ausschüttungen auf Seiten des Bf. bzw. seiner Ehegattin. Im gegenständlichen Fall fehlt es daher schon an einer entsprechenden Auskunft der zuständigen Abgabenbehörde, auf die der Bf. hätte vertrauen können. Überdies legt der Bf. aber auch nicht dar, welche nachteiligen Dispositionen er im Vertrauen auf den Inhalt des Prüfungsberichtes der A-KG getroffen hat.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens im korrespondierenden Verfahren betreffend die Ehegattin des Bf. als rechtmäßig beurteilt hat ().

3.) Zulässigkeit einer Revision

Eine Revision gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung im Hinblick auf die in der Begründung zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
ECLI
ECLI:AT:BFG:2014:RV.3100731.2008

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at