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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 17.02.2025, RV/7400008/2023

Ausgleichsabgabe gemäß Wiener Baumschutzgesetz: Bindung an die rechtskräftige Feststellung des Ausmaßes der nicht erfüllbaren Ersatzpflanzung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7400008/2023-RS1
Der Abgabenanspruch ist mit der Entfernung der Bäume abstrakt entstanden (§ 14 Abs 1 Wiener Baumschutzgesetz). § 9 Abs 4 Wiener Baumschutzgesetz regelt hingegen bloß die Festsetzung der Ausgleichsabgabe. Der Grundlagenbescheid, der über die nicht erfüllbare Ersatzpflanzung in geänderter Höhe abspricht, hat nur eine Bedeutung für die konkrete Abgabenfestsetzung bzw. in weiterer Folge für die Entrichtung der Abgabe, aber nicht für die Entstehung des abstrakten Abgabenanspruches.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. X in der Beschwerdesache XYZ GmbH, Beschwerdeführerstraße 1, 0000 Wien,, vertreten durch Mag. Bernhard Hofer GmbH, Rotenturmstraße 12/6, 1010 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 13./14. Bezirk, vom , GZ 123, betreffend die Vorschreibung einer Ausgleichsabgabe gemäß §§ 9 und 14 Wiener Baumschutzgesetz zu Recht:

I. Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben.

Der Bescheid wird abgeändert, sodass der erste Satz des Spruches zu lauten hat:

"Gemäß §§ 9 und 14 Wiener Baumschutzgesetz, LGBl für Wien Nr. 27/1974, wird der XYZ GmbH aufgrund der mit rechtskräftigem Bescheid vom , GZ 123, festgestellten nicht erfüllbaren Ersatzpflanzung auf der Liegenschaft 1140 Wien, Gasse 0, im Ausmaß von 33 Bäumen eine Ausgleichsabgabe von 35.970,00 € vorgeschrieben."

II. Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Bescheid vom , zugestellt am , wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 14 Abs 1 iVm § 6 Abs 2 bis 4 Wiener Baumschutzgesetz die Ersatzpflanzung von 70 Bäumen vorgeschrieben, wobei festgestellt wurde, dass das Ausmaß der nicht erfüllbaren Ersatzpflanzung 48 Bäume beträgt. Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel eingebracht.

Aus Anlass der mit rechtskräftigem Bescheid festgestellten nicht erfüllbaren Ersatzpflanzung wurde mit Bescheid vom , zugestellt am , gemäß §§ 9 und 15 Wiener Baumschutzgesetz eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 52.320,00 € vorgeschrieben.

Die Beschwerdeführerin legte dagegen Beschwerde vom , eingelangt am , ein. Ein Nachprüfungsverfahren hinsichtlich der erforderlichen Ersatzpflanzungen solle durchgeführt werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt am , wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Abgabenbehörde sei an die getroffene Feststellung des rechtskräftigen Feststellungsbescheides über die gänzliche oder teilweise Unmöglichkeit einer Ersatzpflanzung gebunden. Eine selbständige Beurteilung der Erfüllbarkeit sei ihr verwehrt.

Mit Vorlageantrag vom begehrte die Beschwerdeführerin die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht. Die Feststellung der nicht erfüllbaren Ersatzpflanzung mit 48 Bäumen ist nicht nachvollziehbar. Die konkrete Grundstücksfläche stelle einen "Wald" iSd Forstgesetzes (ForstG) dar. Das Wiener Baumschutzgesetz finde auf Wälder explizit keine Anwendung. Es liegen freie Fällungen iSd § 86 ForstG bzw. keine anmeldepflichtige Rodung gemäß § 17a ForstG vor.

Am fand am Bundesfinanzgericht eine mündliche Verhandlung statt, welche jedoch vertagt wurde, da bei der belangten Behörde in Folge eines Erkenntnisses des Verwaltungsgerichts Wien im Verwaltungsstrafverfahren ein Antrag auf Aufhebung des Bescheides vom gemäß § 68 Abs 2 AVG gestellt wurde.

Der Bescheid vom wurde mit Bescheid vom insoweit abgeändert, als eine Verpflichtung zur Durchführung einer Ersatzpflanzung von 50 Bäumen und eine nicht erfüllbare Ersatzpflanzung mit 33 Bäumen festgelegt wurde.

Eine dagegen erhobene Beschwerde vom wurde mit Beschlussdes Verwaltungsgerichts Wien vom als unzulässig zurückgewiesen, da die Beschwerdeführerin durch die Bescheidänderung ausschließlich begünstigt wurde und daher nicht in ihren Rechten verletzt sein kann. Eine ordentliche Revision wurde als nicht zulässig angesehen.

Die außerordentliche Revision vom wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom zurückgewiesen.

Mit Schriftstück vom stellte der neu bevollmächtigte Vertreter einen Antrag auf Unterbrechung bzw. Aussetzung des Verfahrens, da beabsichtigt ist, eine Amtshaftungsklage einzubringen.

Die mündliche Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht wurde am fortgesetzt. Der Vertreter des Beschwerdeführers verwies insbesondere darauf, dass der Bescheid vom unbekämpft blieb. In der Rechtsbelehrung habe es keinen Hinweis auf die Folgewirkungen, den dieser Bescheid hat, gegeben. Für den Beschwerdeführer war es nicht absehbar, dass er zu einer solch hohen Ersatzzahlung verurteilt werden würde, wenn er den Bescheid nicht bekämpft.

Hinsichtlich des gestellten Aussetzungsantrages bemängelt der Vertreter die unzureichende Rechtsbelehrung und kündigt eine Amtshaftungsklage an.

Das Bundesfinanzgericht hat durch den zuständigen Einzelrichter erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 14 Abs 1 iVm § 6 Abs 2 bis 4 Wiener Baumschutzgesetz die Ersatzpflanzung von 70 Bäumen vorgeschrieben, wobei festgestellt wurde, dass das Ausmaß der nicht erfüllbaren Ersatzpflanzung 48 Bäume beträgt. Gegen diesen Bescheid wurde kein Rechtsmittel eingebracht.

Daraufhin wurde mit Bescheid vom gemäß §§ 9 und 14 Wiener Baumschutzgesetz eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 52.320,00 € vorgeschrieben.

Der Bescheid vom wurde mit Bescheid vom insoweit abgeändert, als eine Verpflichtung zur Durchführung einer Ersatzpflanzung von 50 Bäumen und eine nicht erfüllbare Ersatzpflanzung mit 33 Bäumen festgelegt wurde.

Eine dagegen erhobene Beschwerde vom wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom als unzulässig zurückgewiesen, da die Beschwerdeführerin durch die Bescheidänderung ausschließlich begünstigt wurde und daher nicht in ihren Rechten verletzt sein kann. Eine ordentliche Revision wurde als nicht zulässig angesehen.

Die außerordentliche Revision vom wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom zurückgewiesen.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt wurde aufgrund des Inhalts des Verwaltungsakts festgestellt und ist unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung (Spruchpunkt I.)

Das Gesetz zum Schutze des Baumbestandes in Wien (Wiener Baumschutzgesetz), LGBI. für Wien Nr. 27/197 4 idF LGBl. Nr. 71/2018, lautet auszugsweise:

"Erhaltungspflicht

§ 2. (1) Jeder Grundeigentümer (Bau berechtigte) ist verpflichtet, den auf seinem Grundstück stockenden Baumbestand zu erhalte n.

(2) Im Falle der Bestandgabe oder sonstigen Überlassung zur Nutzung obliegt die Erhaltungspflicht dem Bestandnehmer oder sonstigen Nutzungsberechtigten.

Verbotene Eingriffe

§ 3. (1) Es ist verboten,

1. den in § 1 Abs. 1 bezeichneten pflanzlichen Lebensraum zum Nachteil des Baumbestandes für andere Zwecke zu verwenden;

2. Bäume zu fällen, auszugraben, auszuhauen, auszuziehen oder sonstwie zu entfernen, ausgenommen bei Vorliegen einer Bewilligung nach § 4;

3. Bäume durch chemische, mechanische oder andere Einwirkungen zu beschädigen, im Wuchs zu hemmen oder zum Absterben zu bringen.

(2) Nicht verboten ist das Schneiden (Stutzen) von Bäumen, welches ohne Gefährdung ihres Bestandes lediglich Verschönerungs-, Veredelungs- oder Pflegezwecken dient oder aus zwingenden öffentlichen Interessen notwendig ist. Ebenso bleiben die Befugnisse des Nachbarn nach § 422 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch unberührt.

Bewilligungspflicht

§ 4. (1) Das Entfernen von Bäumen bedarf einer behördlichen Bewilligung. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn

1. die Bäume die physiologische Altersgrenze nach Art und Standort erreicht oder überschritten haben oder sich in einem Zustand befinden, daß ihr Weiterbestand nicht mehr gesichert und daher die Entfernung geboten erscheint oder

2. ein Teil des auf einem Grundstück stockenden Baumbestandes im Interesse der Erhaltung des übrigen wertvolleren Bestandes entfernt werden muß (Pflegemaßnahmen) oder

3. die Bäume durch ihren Wuchs oder Zustand den Bestand von baulichen Anlagen, fremdes Eigentum oder die körperliche Sicherheit von Personen gefährden und keine andere zumutbare Möglichkeit der Gefahrenabwehr gegeben ist oder

4. bei Bauvorhaben ohne die Entfernung von Bäumen die Bebauung der im Bebauungsplan ausgewiesenen oder nach der festgesetzten Bauweise sich ergebenden unmittelbar bebaubaren Fläche eines der Bauordnung für Wien entsprechenden Bauplatzes nicht zur Gänze möglich ist, wobei jedoch in den Bauklassen I und II bei offener oder gekuppelter Bauweise, wenn keine Baufluchtlinien festgesetzt sind, die Gebäude und baulichen Anlagen so zu situieren sind, daß grundsätzlich höchstens 20 v. H. der durch dieses Gesetz geschützten Bäume entfernt werden müssen oder

5. bei anderen als in Z. 4 genannten Bauvorhaben, Straßen-, Verkehrs- oder sonstigen Projekten das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens oder Projektes das Interesse an der Erhaltung des Baumbestandes bedeutend überwiegt oder

6. der Grundeigentümer (Bauberechtigte) eine ihm auf Grund zwingender gesetzlicher Vorschriften unmittelbar obliegende Verpflichtung oder behördliche Anordnungen ohne die Entfernung von Bäumen nicht erfüllen könnte.

(2) Die Bewilligung ist in jedem Falle auf das unumgänglich notwendige Ausmaß zu beschränken.

(3) Müssen Bäume auf Grund von Maßnahmen nach dem Kulturpflanzenschutzgesetz, LGBl. für Wien Nr. 21/1949, in der jeweils geltenden Fassung, entfernt werden, so bedarf es hiezu keiner Bewilligung nach diesem Gesetz.

§ 5. (1) Antragsberechtigt für eine Bewilligung nach § 4 ist der Grundeigentümer (Bauberechtigte). Im Falle der Bestandgabe oder sonstigen Überlassung zur Nutzung ist unbeschadet allfälliger zivilrechtlicher Verpflichtungen auch der Bestandnehmer oder sonstige Nutzungsberechtigte zur Antragstellung berechtigt.

(2) Dem Ansuchen für eine Bewilligung nach § 4 sind neben den für die Beurteilung notwendigen Unterlagen wie Angaben über Zahl, Art und Stammumfang, gemessen in 1 m Höhe vom Beginn der Wurzelverzweigung, auch entsprechende Pläne oder Skizzen in vierfacher Ausfertigung anzuschließen, aus denen der gesamte Baumbestand und der Standort der zu entfernenden Bäume ersichtlich sind.

(3) Im Bewilligungsbescheid ist die Zahl, Art und der Stammumfang, gemessen in 1 m Höhe vom Beginn der Wurzelverzweigung der Bäume, deren Entfernung bewilligt wird, sowie deren Standort anzugeben. Die Bezeichnung des Standortes hat durch Vermerke des Magistrates auf den vom Bewilligungswerber beigebrachten Plänen oder Skizzen zu erfolgen, die dem Bewilligungsbescheid anzuschließen sind, wobei auf diesen Beilagen zu vermerken ist, daß sie einen Bestandteil dieses Bescheides bilden. In diesem Bescheid ist auch über die Ersatzpflanzung abzusprechen (§ 6).

(4) Die Bewilligungsbescheide haben dingliche Wirkung.

(5) Mit der Entfernung von Bäumen darf erst dann begonnen werden, wenn der Bescheid im Sinne des Abs. 3 in seinem vollen Umfang rechtskräftig geworden ist.

[…]

Ausgleichsabgabe

§ 9. (1) Wird eine Bewilligung zur Entfernung von Bäumen erteilt, ohne daß die Verpflichtung zur Ersatzpflanzung oder Umpflanzung voll erfüllt werden kann und ist dies mit Bescheid (§ 6 Abs. 5) festgestellt, so hat der Träger der Bewilligung nach Maßgabe der folgenden Absätze eine Ausgleichsabgabe zu entrichten.

(2) Die Erträgnisse der Ausgleichsabgabe sind ausschließlich zur Anpflanzung von Bäumen oder zur Beschaffung der hiefür geeigneten Grundflächen im verbauten Gebiet zu verwenden. Nach Maßgabe der Erträgnisse können auch Zuschüsse an Private für die Neupflanzung von Bäumen gewährt werden.

(3) Die Ausgleichsabgabe ergibt sich aus dem Produkt des Einheitssatzes und jener Zahl der Bäume, um die nach den bescheidmäßigen Feststellungen gemäß § 6 Abs. 5 die Zahl der Ersatzpflanzungen (Umpflanzungen) hinter der gesetzlich geforderten Zahl zurückbleibt. Der Einheitssatz beträgt 1 090 Euro.

(4) Die Ausgleichsabgabe wird nach Rechtskraft des Bescheides gemäß § 5 Abs. 3 und § 6 Abs. 5 mit gesondertem Abgabenbescheid bemessen.

(5) Erlischt die Bewilligung nach diesem Gesetz durch ausdrücklichen Verzicht, so steht ein Anspruch auf zinsenfreie Erstattung des entrichteten Abgabebetrages zu. Der Anspruch auf Erstattung geht unter, wenn er nicht spätestens bis zum Ablauf des Kalenderjahres geltend gemacht wird, das auf den Verzicht folgt. Anspruchsberechtigt ist, wer die Abgabe entrichtet hat. Andere Personen, die die Erstattung beantragen, müssen den Übergang des Anspruches auf sich nachweisen.

[…]

Nachträgliche Vorschreibung der Ersatzpflanzung oder Ausgleichsabgabe

§ 14. (1) Hat der Grundeigentümer (Bauberechtigte) oder mit dessen Wissen und Willen ein Dritter ohne behördliche Bewilligung einen Baum entfernt oder die Erhaltungspflicht nach § 2 verletzt, so ist unbeschadet der Strafbarkeit dem Grundeigentümer (Bauberechtigten) eine Ersatzpflanzung oder Ausgleichsabgabe vorzuschreiben.

(2) Die Bestimmungen des Abs. 1 gelten sinngemäß für Bestandnehmer oder sonstige Nutzungsberechtigte.

[…]

Vollziehung; Beschwerden

§ 17. (1) Die Vollziehung dieses Gesetzes, ausgenommen § 13 Abs. 1, obliegt dem Magistrat. Dieser ist auch Bemessungsbehörde hinsichtlich der Ausgleichsabgabe.

(2) Über Beschwerden in Angelegenheiten der Ausgleichsabgabe und der abgabenrechtlichen Verwaltungsübertretungen zu diesen Abgaben entscheidet das Bundesfinanzgericht. Über Beschwerden in allen übrigen Fällen entscheidet das Verwaltungsgericht Wien."

Gemäß § 14 Abs 1 Wiener Baumschutzgesetz ist dem Grundeigentümer (Bauberechtigten) eine Ersatzpflanzung oder Ausgleichsabgabe vorzuschreiben, sofern dieser oder mit dessen Wissen und Willen ein Dritter ohne behördliche Bewilligung einen Baum entfernt oder die Erhaltungspflicht nach § 2 verletzt hat.

Laut Bescheid vom hat die Beschwerdeführerin Bäume ohne Vorliegen einer behördlichen Bewilligung gefällt bzw. die Erhaltungspflicht nach § 2 Wiener Baumschutzgesetz verletzt und wurde festgestellt, dass sie zur Durchführung der Ersatzpflanzung von 70 Bäumen verpflichtet ist. Da jedoch gemäß § 6 Abs 5 Wiener Baumschutzgesetz einer Ersatzpflanzung teilweise nicht entsprochen werden kann, wurde das Ausmaß der nicht erfüllbaren Ersatzpflanzung mit 48 Bäumen festgelegt. Die Ersatzpflanzung von 22 Bäumen ist bis spätestens vorzunehmen. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Das Ausmaß der nicht erfüllbaren Ersatzpflanzung wurde mit abänderndem Bescheid vom auf 33 Bäume herabgesetzt. Die in weiterer Folge erhobenen Rechtsbehelfe blieben erfolglos, sodass das Ausmaß der nicht erfüllbaren Ersatzpflanzung nunmehr rechtskräftig festgestellt ist.

Die Abgabenbehörde ist an die getroffenen Feststellungen gebunden, eine selbständige Beurteilung der Erfüllbarkeit der Verpflichtung zur Ersatzpflanzung ist ihr verwehrt ().

Die Verfahrensrügen, mit denen die Beschwerdeführerin den angefochtenen Abgabenbescheid der Sache nach ausschließlich wegen behaupteter Mängel bei der Feststellung des Ausmaßes der nicht erfüllbaren Ersatzpflanzung bekämpft, vermögen daher eine Rechtswidrigkeit des (bindungsgemäß erlassenen) angefochtenen Bescheides nicht darzutun ().

Im gegenständlichen Fall hat dies also zur Folge, dass eine Bindung der belangten Behörde -und auch des Bundesfinanzgerichtes - an den Feststellungsbescheid vom , abgeändert durch den Bescheid vom , hinsichtlich der darin getroffenen Feststellungen besteht.

Die Beschwerdeführerin bringt in der verfahrensgegenständlichen Beschwerde, im Vorlageantrag und im weiteren Verfahren vor, dass die Fällungen bzw. Einzelbaumentnahmen nicht bewilligungspflichtig bzw. keine Genehmigungen erforderlich seien bzw. die konkrete Grundstücksfläche einen Wald im Sinne des ForstG darstelle und das Wiener Baumschutzgesetz gemäß § 1 Abs 2 Z 1 Wiener Baumschutzgesetz auf Wälder keine Anwendung findet. Damit werden lediglich Argumente gegen die im Bescheid vom , abgeändert durch den Bescheid vom , getroffenen Feststellungen angeführt.

Im Hinblick auf die grundsätzliche Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides vom kann dieses Vorbringen angesichts der Bindungswirkung des Feststellungsbescheides der Beschwerdeführerin somit nicht zum Erfolg verhelfen.

Höhe der Ausgleichsabgabe

Im Abgabenbescheid vom wurde der Abgabenbetrag auf Basis der im rechtskräftigen Feststellungsbescheid vom getroffenen Feststellung, dass einer Ersatzpflanzung teilweise nicht entsprochen werden könne und daher das Ausmaß der nicht erfüllbaren Ersatzpflanzung mit 48 Bäumen festgelegt würde, berechnet. Dabei multiplizierte die belangte Behörde die Anzahl der Bäume, um die nach den bescheidmäßigen Feststellungen gemäß § 6 Abs 5 Wiener Baumschutzgesetz die Zahl der Ersatzpflanzungen (Umpflanzungen) hinter der gesetzlich geforderten Zahl zurückbleibt, mit dem in gemäß § 9 Abs 3 Wiener Baumschutzgesetz festgelegten Einheitssatz von 1.090,00 Euro. Dies ergab - rechnerisch korrekt - einen Abgabenbetrag von 52.320,00 Euro.

Die Ausgleichsabgabe ist insbesondere nach § 9 Abs 1, 3 und 4 Wiener Baumschutzgesetz auf der Grundlage eines Bescheides gemäß § 5 Abs 3 bzw. § 6 Abs 5 leg cit mit gesondertem Abgabenbescheid zu bemessen und in weiterer Folge zu entrichten. Bei einer Änderung des Ausmaßes der Ersatzpflanzung, der nicht entsprochen werden kann, sieht § 6 Abs 7 iVm § 9a leg cit eine entsprechende Änderung des Bemessungsbescheides vor. Für eine gemäß § 68 Abs 2 AVG vorgenommene Änderung des Grundlagenbescheides kann in teleologischer Interpretation nichts Anderes gelten.

Der gemäß § 68 Abs 2 AVG abändernde Bescheid vom ersetzt den Bescheid vom mit Wirkung ex nunc (Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 89f [Stand , rdb.at]).

Der zeitlich vorgelagerte Bescheid kann keine Rechtwirkungen mehr entfalten. Aufgrund der zwischenzeitigen Abänderung des Ausmaßes der nicht erfüllbaren Ersatzpflanzung auf 33 Bäume ist die Ausgleichsabgabe daher auf dieser Grundlage festzustellen.

§ 9 Abs 3 Wiener Baumschutzgesetz wurde durch das Gesetz, mit dem das Gesetz zum Schutze des Baumbestandes in Wien geändert wird (Wiener Baumschutzgesetz - Klimaschutznovelle 2024), LGBl. Nr. 19/2024, kundgemacht am , insoweit geändert als der Einheitssatz auf 5.000,00 € erhöht wurde. Gemäß § 19 Abs 4 Wiener Baumschutzgesetz tritt diese Bestimmung rückwirkend am in Kraft.

Gemäß § 4 Abs 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

§ 14 Abs 1 Wiener Baumschutzgesetz regelt die nachträgliche Vorschreibung der Ersatzpflanzung oder Ausgleichsabgabe für den Fall, dass der Grundeigentümer (Bauberechtigte) oder mit dessen Wissen und Willen ein Dritter ohne behördliche Bewilligung einen Baum entfernt oder die Erhaltungspflicht nach § 2 verletzt. Demnach ist unbeschadet der Strafbarkeit dem Grundeigentümer (Bauberechtigten) eine Ersatzpflanzung gemäß den §§ 6 und 7 oder eine Ausgleichsabgabe gemäß § 9 vorzuschreiben.

Nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften ist - mangels entgegenstehender Vorschriften - von jener Sach- und Rechtslage auszugehen, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes gegeben war ().

Vom abstrakten Abgabenanspruch ist der aufgrund der bescheidmäßigen Festsetzung entstehende konkrete Abgabenzahlungsanspruch zu unterscheiden (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO § 4 Rz 2 (Stand , rdb.at).

Der Abgabenanspruch ist mit der Entfernung der Bäume abstrakt entstanden (§ 14 Abs 1 Wiener Baumschutzgesetz). § 9 Abs 4 Wiener Baumschutzgesetz regelt hingegen bloß die Festsetzung der Ausgleichsabgabe. Jener Grundlagenbescheid vom , der über die nicht erfüllbare Ersatzpflanzung in geänderter Höhe abspricht, hat demnach nur eine Bedeutung für die Abgabenfestsetzung bzw. in weiterer Folge für die Entrichtung der Abgabe.

Dass die rückwirkende Bestimmung in § 19 Abs 4 Wiener Baumschutzgesetz für Entfernungen von Bäumen vor deren Kundmachung wirken solle, lässt sich zum einen nicht eindeutig aus dem Gesetz ableiten bzw. würde dem Gesetz eine verfassungswidrige Bedeutung unterstellen, denn es würde dem Gleichheits- bzw. Sachlichkeitsgebot widersprechen, wenn Entfernungen von Bäumen, wie zB hier gegenständlich aus dem Jahr 2022, je nach Festsetzungszeitpunkt der Ausgleichsabgabe eine erheblich unterschiedliche Abgabenhöhe zur Folge hätte.

Der Abgabenanspruch orientiert sich an den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt seines Entstehens. Dadurch wird eine Gleichmäßigkeit der Besteuerung von Sachverhalten, die zu einem bestimmten Zeitpunkt verwirklicht wurden, gewährleistet."gleichgültig, wann sie erklärt, wann sie behördlich festgestellt und schließlich bescheidmäßig erfasst werden. Dadurch werden Komponenten der Ungewissheit, Unsicherheit und Zufälligkeiten, die sich aus dem Erklärungsverhalten des Abgabepflichtigen und aus der Arbeitsweise der Behörde ergeben, Säumnisse in Entscheidungen, Verzögerungen in der Bearbeitung, die Dauer eines Rechtsmittels und andere schuldrechtsfremde Umstände neutralisiert. Dadurch, dass die im Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse entscheidend sind und entscheidend bleiben, kann dem Gleichheitsgrundsatz sachgerecht entsprochen werden." (Tanzer/Unger in Rzeszut/Tanzer/Unger, BAO: Stoll Kommentar - Digital First, Onlineaktualisierung 2.09, März 2024, § 4 BAO Rz 14)

Es ist daher der Einheitssatz zum Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches, also zum Zeitpunkt der Entfernung der Bäume, und damit in Höhe von 1.090,00 €, anzuwenden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Antrag auf Aussetzung des Verfahrens

Dem Antrag auf Aussetzung des Verfahrens bis zur Beendigung eines - eventuellen - Amtshaftungsverfahrens wird nicht Folge gegeben. Der für die Vorschreibung der Ausgleichsabgabe gemäß §§ 9 und 14 Wiener Baumschutzgesetz grundlegende Bescheid vom , abgeändert mit Bescheid vom , mit dem eine nicht erfüllbare Ersatzpflanzung von 33 Bäumen festgelegt wurde, ist formell wie materiell rechtskräftig. Eine - angekündigte - Amtshaftungsklage ist kein geeigneter Rechtsbehelf für die Abänderung dieses Bescheides. Der Ausgang dieses Verfahrens ist daher nicht von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde. Vielmehr setzt § 1 Abs 1 Amtshaftungsgesetz unter anderem einen Schaden am Vermögen voraus, der denklogisch eine Abgabenfestsetzung und damit die Beendigung dieses Verfahrens voraussetzt.

4. Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision (Spruchpunkt II.)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der erkennende Richter folgt der unter 3. angeführten eindeutigen und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor, sodass eine ordentliche Revision nicht zuzulassen war.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 9 Wiener Baumschutzgesetz, LGBl. Nr. 27/1974
§ 14 Wiener Baumschutzgesetz, LGBl. Nr. 27/1974
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7400008.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
SAAAF-48490