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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.02.2025, RV/7103072/2022

Kein Anspruch auf Indexierung der Familienbeihilfe

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Helga Hochrieser in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerden vom und vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom und vom betreffend (indexierte) Familienbeihilfe 02.2019-06.2019 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit am eingelangtem Schreiben beantragte der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) die bescheidmäßige Feststellung der Höhe der Familienbeihilfe, weil er die Auszahlung der erhöhten, indexierten Familienbeihilfebeträge aufgrund des gewöhnlichen Aufenthaltes seines Sohnes in der Schweiz begehrte.

Da eine bescheidmäßige Feststellung der Höhe der Familienbeihilfe gesetzmäßig nicht vorgesehen sei, wurde der Antrag mit Bescheid vom zurückgewiesen.

In dem diesbezüglichen Beschwerdeverfahren vor dem Bundesfinanzgericht zu GZ. RV/7101144/2021 hob das Gericht den Zurückweisungsbescheid auf und erkannte, dass aufgrund des Rechtsschutzgedankens ein Bescheid zu erlassen und das Schreiben vom als Antrag auf Zuerkennung der indexierten Familienbeihilfe zu werten sei.

Im weiteren Verfahren erging der nun beschwerdegegenständliche Abweisungsbescheid betreffend den Zeitraum Februar 2019 - Juni 2019, in dem das Begehren auf Auszahlung der indexierten, erhöhten Beträge abgewiesen wurde. Begründend wurde ausgeführt, dass die Indexierung gemäß § 8a FLAG hier nicht zur Anwendung käme, weil der Sohn des Bf keinen ständigen Aufenthalt in der Schweiz habe und sich aufgrund der fiktiven Haushaltszugehörigkeit auch sein Wohnsitz weiterhin in Österreich befinde.

In seiner dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde brachte der Bf vor, dass der ständige Aufenthalt seines Sohnes im beschwerdegegenständlichen Zeitraum in der Schweiz gewesen sei und deswegen § 8a FLAG Anwendung finde.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung aus dem Grund abgewiesen, dass § 8a FLAG rückwirkend ab aufgehoben wurde und daher nicht zur Anwendung gelangen könne.

Im fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag berief sich der Bf auf die Bestimmungen Art 1, Punkt 6 sowie Art 2 Punkt 11 des BGBl. 135/2022, wonach die Familienbeihilfe sowie Kinderabsetzbeträge für Kinder, die sich ständig in der Schweiz aufhalten, bis zum in Bezug auf die Höhe als rechtmäßig zuerkannt gelten.

Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorgelegt, die Abweisung der Beschwerde beantragt und darauf hingewiesen, dass der Sohn des Bf im Jahr 2019 die Einkommensgrenze von EUR 10.000,- überschritt und daher nach Ansicht der Abgabenbehörde gar kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag des Bf.- auf Familienbeihilfe für den Zeitraum Juli 2019 bis September 2019 abgewiesen. Gegen diesen Bescheid hat der Bf. am eine Beschwerde eingebracht. Diese Bescheidbeschwerde wurde mit dem Antrag verbunden, sie dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzuleben und keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf bezog für das gesamte Jahr 2019 nicht indexierte Familienbeihilfe für seinen im Dezember 1994 geborenen Sohn S,.

Laut Einkommensteuerbescheid vom bezog der Sohn des Bf im Jahr 2019 ein zu versteuerndes Einkommen in der Höhe von EUR 12.777,18.

Der Sohn des Bf hielt sich im beschwerdegegenständlichen Zeitraum aufgrund eines Auslandssemesters als Teil seines Studiums der Rechtswissenschaften an der Universität Wien in der Schweiz auf. Im Anschluss daran absolvierte der Sohn von Juli 2019 bis Anfang September 2019 im Zusammenhang mit seinem Studium ein bankenrechtliches Praktikum bei der Schweizer Bank ***. Anfang September 2019 kehrte der Sohn wieder zurück nach Österreich.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den dem Bundesfinanzgericht vorgelegten Unterlagen und ist zwischen den Parteien unstrittig. Das Bundesfinanzgericht schließt sich somit den Angaben der Parteien an.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

§ 8a Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) idF BGBl. I Nr. 83/2018 lautete:

(1) Die Beträge an Familienbeihilfe (§ 8) für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhalten, sind auf Basis der vom Statistischen Amt der Europäischen Union veröffentlichten vergleichenden Preisniveaus für jeden einzelnen Mitgliedstaat der EU, jede Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes und die Schweiz im Verhältnis zu Österreich zu bestimmen.

(2) Die Beträge an Familienbeihilfe nach Abs 1 gelten erstmals ab auf Basis der zum Stichtag zuletzt veröffentlichten Werte nach Abs 1. Die Beträge sind in der Folge jedes zweite Jahr auf Basis der zum Stichtag 1. Juni des Vorjahres zuletzt veröffentlichten Werte anzupassen.

(3) Die Bundesministerin für Frauen, Familien und Jugend oder der Bundesminister für Frauen, Familien und Jugend hat gemeinsam mit der Bundesministerin für Finanzen oder dem Bundesminister für Finanzen die Berechnungsgrundlagen und die Beträge nach Abs 1 und 2 sowie die Beträge nach § 33 Abs 3 Z 2 EStG 1988 mit Verordnung kundzumachen.

Es wurde somit vom Gesetzgeber beschlossen, dass ab Jänner 2019 die Familienbeihilfenbeträge für Kinder, die sich ständig in einem anderen Mitgliedstaat der EU, Vertragspartei des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, an die Lebenserhaltungskosten des jeweiligen Wohnortstaates der Kinder anzupassen waren. Für Kinder, die sich in der Schweiz aufhielten, war der Familienbeihilfebetrag höher als jener Betrag, der für Kinder, die sich in Österreich aufhielten, herangezogen wurde.

Mit seinem Urteil vom , C-328/20, hat der EuGH entschieden, dass die Indexierung der Familienbeihilfe, des Kinderabsetzbetrages und weiterer steuerrechtlicher Begünstigungen nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

Die Republik Österreich ist ihren sich aus dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes ergebenden Verpflichtungen mit der vom Parlament beschlossenen Novelle des FLAG 1967 sowie des Einkommensteuergesetzes 1988 (BGBl. I Nr. 135/2022), mit welcher die Indexierungsbestimmungen aufgehoben wurden, nachgekommen.

Die Bestimmung des § 8a FLAG wurde rückwirkend mit aufgehoben.

Zudem wurde folgende Maßnahmen normiert:

"1. Die Nachzahlungen an Familienbeihilfe für Kinder, die sich ständig in Bulgarien, Deutschland, Estland, Griechenland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn oder Zypern aufgehalten haben oder aufhalten, erfolgen automationsunterstützt, soweit auf Grund der im Familienbeihilfenverfahren vorhandenen Daten eine Auszahlung durchführbar ist. Ist mangels Vorliegen von Daten keine Auszahlung durchführbar, ist ein Antrag zu stellen, wobei § 10 Abs. 3 keine Anwendung findet.

2. Familienbeihilfenbeträge für Kinder, die sich ständig in Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, Island, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz oder dem Vereinigten Königreich aufgehalten haben oder aufhalten, gelten bis zum in Bezug auf die Höhe als rechtmäßig zuerkannt."

Der Bf stützt sich darauf, dass mit diesen Maßnahmen bestimmt wurde, dass Familienbeihilfebeträge bis zum in Bezug auf die Höhe als rechtmäßig zuerkannt gelten.

Diese Maßnahme wurde mit dem Zweck, dass durch die rückwirkende Aufhebung keine im Vergleich zur österreichischen Familienbeihilfe höheren Beträge zurückgefordert werden müssen, beschlossen.

Der Wortlaut "rechtmäßig zuerkannt" zielt jedoch unstrittig auf bereits ausgezahlte - und somit rechtmäßig zuerkannte - Beträge ab. Dass oben genannte Maßnahme auch für jene Fälle gelten soll, in welchen die höheren Beträge noch nicht zuerkannt wurden, lässt sich aus dem Wortlaut und auch dem Zweck - die Vermeidung von Rückforderungen - nicht schließen.

Auch im Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend vom über den Antrag 470/A betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz vom betreffend den Familienlastenausgleich durch Beihilfen (Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und das Bundesgesetz vom über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988) geändert wird (1633 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. GP), wird auf Seite 3 und 4 ausgeführt:

"Beträge, die "nach oben" indexiert wurden, gelten im Hinblick auf den in ständiger Rechtsprechung des VfGH entwickelten Grundsatzes des Vertrauensschutzes, der bis inklusive Juni 2022 wirkt, als in dieser Höhe rechtmäßig zuerkannt und die Differenz auf die niedrigere Familienbeihilfe ist nicht zurückzuzuzahlen."

Somit verdeutlicht auch der Ausschussbericht den Zweck der Maßnahmen, nämlich die Vermeidung von Rückforderungen.

Da sich somit die Bestimmung des § 8a FLAG, auf die sich der Bf in seinen Beschwerdebegehren beruft, unstrittig rückwirkend mit nicht in Geltung befindet, kann diese auch nicht angewendet werden.

Die Beschwerden waren daher abzuweisen.

Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes im Jahr 2019 gar kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht:

§ 5 FLAG in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung lautet:

"1) Ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes führt bis zu einem Betrag von 10.000 € in einem Kalenderjahr nicht zum Wegfall der Familienbeihilfe. Übersteigt das zu versteuernde Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) eines Kindes in einem Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 19. Lebensjahr vollendet hat, den Betrag von 10.000 €, so verringert sich die Familienbeihilfe, die für dieses Kind nach § 8 Abs. 2 einschließlich § 8 Abs. 4 gewährt wird, für dieses Kalenderjahr um den 10.000 € übersteigenden Betrag. § 10 Abs. 2 ist nicht anzuwenden. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) des Kindes bleiben außer Betracht:

a) das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht,

b) Entschädigungen aus einem anerkannten Lehrverhältnis,

c) Waisenpensionen und Waisenversorgungsgenüsse."

Der Bf bezog für seinen Sohn im Kalenderjahr 2019 ganzjährig Familienbeihilfe. Das zu versteuernde Einkommen des Sohnes im Jahr 2019 beträgt laut Einkommensteuerbescheid vom EUR 12.777,18.

Da somit das zu versteuernde Einkommen auch unter Berücksichtigung der Einschleifregelung (über EUR 11.981,20) familienbeihilfeschädlich ist, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe für das Jahr 2019.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Keine Zulassung einer Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da der hier zu lösenden Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7103072.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
RAAAF-48447