Kein Anspruch auf Familienbonus Plus und Alleinerzieherabsetzbetrag bei Eigenanspruch auf Familienbeihilfe und KAB
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Mag. R. *** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) hat am die Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für 2023 beim Finanzamt Österreich (im Folgenden: Finanzamt) elektronisch via Finanzonline eingereicht. Er machte in dieser Erklärung den Alleinerzieherabsetzbetrag für ein Kind, ein Pendlerpauschale in Höhe von € 465,00 und einen Pendlereuro in Höhe von € 24,00 geltend.
Mit Bescheid vom wurde der Bf. zur Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für 2023 veranlagt, wobei in diesem Bescheid ein Pendlerpauschale in Höhe von € 465,00 und ein Pendlereuro in Höhe von € 24,00 berücksichtigt wurden. Ein Alleinerzieherabsetzbetrag wurde hingegen nicht berücksichtigt.
Mit elektronisch eingebrachter Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2023 vom begehrte der Bf. die Anerkennung eines Alleinerzieherabsetzbetrages sowie nunmehr auch des ganzen Familienbonus Plus für ein Kind und gab unter den Daten für das Kind seinen Namen und seine Sozialversicherungsnummer an, wobei er vorbrachte, dass er die Familienbeihilfe beziehen würde.
Diese Beschwerde wurde wie folgt begründet:
Er würde dem Finanzamt schreiben, um eine Änderung seines Steuerbescheides zu beantragen. Er hätte festgestellt, dass der Kindermehrbetrag oder der Familienbonus Plus nicht berücksichtigt worden wären. Er hätte diese Beträge wieder eingetragen und bitte das Finanzamt daher, den Bescheid entsprechend zu ändern.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2023 vom als unbegründet ab und begründete diese Beschwerdevorentscheidung wie folgt:
Es wäre der Alleinerzieherabsetzbetrag nicht berücksichtigt worden. Dieser Absetzbetrag würde nur dann zustehen, wenn Alleinerziehende im Kalenderjahr für mehr als sechs Monate Anspruch auf den Kinderabsetzbetrag haben. Dieser werde mit der Familienbeihilfe ausbezahlt. Aus diesem Grund könne auch kein Familienbonus Plus bzw. kein allfälliger Kindermehrbetrag berücksichtigt werden.
Mit Schreiben vom brachte der Bf. eine Beschwerde gegen die Beschwerdevorentscheidung vom mit derselben Begründung und demselben Begehren wie in der Beschwerde vom ein, wobei diese Beschwerde als Vorlageantrag zu werten ist.
Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2023 vom vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Bf. hat im Jahr 2023 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von € ***1*** bezogen (Einnahmen € ***2*** minus Pendlerpauschale in Höhe von € 465,00 und Pauschbetrag für Werbungskosten in Höhe von € 132,00).
Dem Beschwerdeführer stand im Jahr 2023 ein Eigenanspruch an Familienbeihilfe gemäß § 6 Abs. 5 FLAG 1967 zu und wurde ihm für Jänner bis Dezember 2023 Familienbeihilfe in Gesamthöhe von € 2.096,40 und ein Kinderabsetzbetrag von € 741,60 gewährt.
Der Bf. hat keine eigenen Kinder.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem mit Vorlagebericht des Finanzamtes vom vorgelegten Unterlagen und ist auch zwischen den Parteien nicht strittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag für das Jahr 2023 von monatlich 61,80 Euro für jedes Kind zu.
Gemäß § 33 Abs. 3a EStG 1988 steht für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, auf Antrag ein Familienbonus Plus zu.
§ 33 Abs. 3a Z 3 EStG 1988 regelt, welche Personen einen Anspruch auf Berücksichtigung des Familienbonus Plus haben können (Anspruchsberechtigte): Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:
a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.
Nach § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 steht Alleinerziehenden ein Alleinerzieherabsetzbetrag zu. Dieser beträgt im Jahr 2023 jährlich bei einem Kind (§ 106 Abs. 1) 520 Euro. (…) Alleinerziehende sind Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) im Kalenderjahr nicht in einer Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner leben.
§ 33 Abs. 7 EStG 1988 bestimmt hinsichtlich des Kindermehrbetrages folgendes:
Ergibt sich bei Steuerpflichtigen, die
- zumindest an 30 Tagen im Kalenderjahr steuerpflichtige Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 erzielen, oder
- im gesamten Kalenderjahr nur Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz (KBGG),
BGBl. I Nr. 103/2001, Wochengeld oder Pflegekarenzgeld bezogen haben,
nach Abs. 1 eine Einkommensteuer unter 700 Euro, gilt bei Vorhandensein eines Kindes (§ 106 Abs. 1) Folgendes:
Die Differenz zwischen 700 Euro und der Einkommensteuer nach Abs. 1 ist als Kindermehrbetrag zu erstatten, wenn
a) der Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht oder
b) sich auch beim (Ehe)Partner gemäß § 106 Abs. 3, der Einkünfte gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 erzielt, eine Einkommensteuer nach Abs. 1 unter 700 Euro Euro ergibt; in diesem Fall hat nur der Familienbeihilfeberechtigte Anspruch auf den Kindermehrbetrag.
§ 106 Abs. 1 EStG 1988 definiert den Kindesbegriff wie folgt:
Als Kinder im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten Kinder, für die dem Steuerpflichtigen oder seinem (Ehe)Partner (Abs. 3) mehr als sechs Monate im Kalenderjahr ein Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 zusteht.
Der Familienbonus Plus steht nach § 33 Abs. 3a EStG 1988 für Kinder zu, für die Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird. Voraussetzung für das Zustehen des Familienbonus Plus ist demnach - anders als beim Kinderabsetzbetrag nach § 33 Abs. 3 -, dass die Familienbeihilfe "für das Kind" gewährt wird (vgl. Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2024, § 33 Rz 31), woraus folgt, dass kein Anspruch auf den Familienbonus Plus besteht, wenn der Familienbeihilfeberechtigte selbst für sich als Eigenanspruch Familienbeihilfe bezieht, weil das den Anspruch auf den Familienbonus vermittelnde Kind von der Person des Familienbeihilfeberechtigten im Sinn des § 33 Abs. 3a Z 3 lit. a und lit. b EStG 1988 verschieden sein muss (vgl. ; ; , RV/6100330/2022; ). Daher steht dem Bf. aufgrund seines Eigenanspruches auf Familienbeihilfe kein Familienbonus Plus zu und kommt daher der Beschwerde in diesem Punkt keine Berechtigung zu.
Alleinerziehende sind nach dem Wortlaut des § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 "Steuerpflichtige, die mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1)" mehr als sechs Monate lang zusammenleben, ohne dass eine Gemeinschaft mit einem (Ehe)Partner vorliegt. Ein Anspruch auf den Alleinerzieherabsetzbetrag setzt daher ein Zusammenleben des Alleinerziehers mit mindestens einem Kind voraus und kann daher der "Alleinerzieher" nicht mit dem Kind iS des § 106 Abs. 1 EStG 1988 ident sein. Voraussetzung für den Bezug des Alleinerzieherabsetzbetrages ist demnach, dass "Steuerpflichtige" und "Kind" zwei verschiedene Personen sind (vgl. ; Wanke/Wiesner in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 106 Anm. 3 (Stand , rdb.at)).
Wie sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt bezieht der Bf. die Familienbeihilfe und den Kinderabsetzbetrag für sich selbst. Er lebte im Jahr 2023 demnach nicht mit mindestens einem Kind (§ 106 Abs. 1) zusammen und ist daher kein Alleinerziehender im Sinne des Gesetzes. Ein Anspruch auf den Alleinerzieherabsetzbetrag besteht daher nicht, sodass die Beschwerde auch in diesem Punkt abzuweisen war. Auch ein Kindermehrbetrag steht mangels Zustehens eines Alleinerzieherabsetzbetrages nicht zu.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vor, wenn die vom erkennenden Verwaltungsgericht anzuwendenden Normen klar und eindeutig sind und zwar selbst dann nicht, wenn zu einer dieser maßgebenden Normen noch keine Rechtsprechung ergangen wäre (vgl. zB , mwN). Es ist daher gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 Abs. 3a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 4 Z 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 106 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100615.2025 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
BAAAF-46987