Familienbonus Plus und Unterhaltsabsetzbetrag
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Strittig ist, in welchem Ausmaß der halbe Familienbonus Plus und der Unterhaltsabsetzbetrag als Steuerabsetzbeträge iSd. § 33 EStG 1988 zu berücksichtigen sind.
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer erzielte im Jahr 2022 unselbständige Einkünfte.
Nachdem der Beschwerdeführer trotz Aufforderung der belangten Behörde vom keine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung eingereicht hat, erließ die belangte Behörde am einen Einkommensteuerbescheid und setzte die Einkommensteuer iHv. € 113,-- fest.
Fristgerecht brachte der Beschwerdeführer am elektronisch Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid ein, beantragte den halben Familienbonus Plus für seine Tochter ***T1***, führte aus, dass er im Jahr 2022 Unterhaltszahlungen iHv. € 3.700,-- bei einer monatlichen Unterhaltsverpflichtung iHv. € 308,33 geleistet habe, und legte Nachweise über Unterhaltszahlungen vor.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Bescheid vom geändert und der halbe Familienbonus Plus und der Unterhaltsabsetzbetrag bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2022 berücksichtigt. Die Einkommensteuer wurde mit - € 900,-- festgesetzt.
Im am fristgerecht eingelangten Vorlageantrag brachte der Beschwerdeführer vor, dass er richterweise im Jahr 2022 für ***T1*** Unterhaltszahlungen iHv. € 4.912,-- bei einer monatlichen Unterhaltsverpflichtung iHv. € 409,33 und für ***T2*** Unterhaltszahlungen iHv. € 2.385,-- bei einer monatlichen Unterhaltsverpflichtung iHv. € 198,75 geleistet habe. Er beantragte für beide Kinder den Familienbonus Plus in halber Höhe.
Mit Vorhalt vom ersuchte die belangte Behörde um Vorlage eines Gerichtsbeschlusses, eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Scheidungsvergleiches oder einer Unterhaltsvereinbarung mit der Kindesmutter, oder falls all dies nicht vorhanden ist, um Bestätigung der Kindesmutter, dass die Unterhaltszahlungen im Jahr 2022 für beide Kinder in der geschuldeten Höhe geleistet wurden.
Mit Eingabe vom , datiert mit , führte der Beschwerdeführer lediglich aus, dass er für seine Tochter ***T2*** von Jänner bis September monatlich € 265,-- (somit im Jahr 2022 insgesamt € 2.385,--) an Unterhaltszahlungen geleistet habe. Ab Oktober sei das Lehrverhältnis der Tochter in eine Vollbeschäftigung übergegangen und seien die Unterhaltszahlungen eingestellt worden.
Für seine Tochter ***T1*** habe er für den Zeitraum Jänner bis August monatlich € 449,-- und ab September monatlich € 330,-- an Unterhaltszahlungen (somit im Jahr 2022 insgesamt € 4.912,--) geleistet. Sie sei in einem Lehrverhältnis gestanden und ab September habe das zweite Lehrjahr begonnen.
Am legte die belangte Behörde die Beschwerde betreffend Einkommensteuerbescheid vom zur Entscheidung dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte die teilweise Stattgabe.
Der Beschwerdeführer habe im Jahr 2022 für ***T2*** nachweislich € 2.385,-- gezahlt, der geschuldete Unterhalt sei daher nur für zwei Monate zur Gänze geleistet worden. Für ***T1*** habe der Beschwerdeführer im streitgegenständlichen Jahr insgesamt € 4.912,-- geleistet und sei damit seiner Unterhaltsverpflichtung für acht Monate nachgekommen. Somit sei für die Tochter ***T2*** der Familienbonus Plus in halber Höhe und der Unterhaltsabsetzbetrag für je zwei Monate zu berücksichtigen, im Rahmen der Unterhaltszahlungen an ***T1*** sei der Unterhaltsabsetzbetrag und der Familienbonus Plus (ebenfalls zur Hälfte) insgesamt für acht Monate zu berücksichtigen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer hat zwei Kinder, ***T2*** (geb. tt.7.2002) und ***T1*** (geb. tt..6.2004). Die Kinder wohnen in einem anderen Haushalt als der Beschwerdeführer.
Die Kindesmutter bezog für das jüngere Kind das gesamte Jahr 2022 und für das ältere Kind bis August 2022 Familienbeihilfe.
Laut behördlicher Unterhaltsvereinbarung (Bezirkshauptmannschaft ***X*** vom ) ist der Beschwerdeführer verpflichtet ab bis auf weiteres, längstens bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit für ***T2*** € 800,-- und für ***T1*** monatlich € 600,-- zu deren Unterhalt zu bezahlen.
Für das jüngere Kind leistete der Beschwerdeführer im streitgegenständlichen Jahr gesamt € 4.912,-- und für das ältere Kind gesamt € 2.385,-- an Unterhaltszahlungen.
2. Beweiswürdigung
Die Familien- und Wohnsituation des Beschwerdeführers sowie seiner Kinder ergibt sich einerseits aus der Niederschrift vom der Bezirkshauptmannschaft ***X*** und andererseits durch die Einsichtnahme des Bundesfinanzgerichts in das Zentrale Melderegister.
Die Feststellungen hinsichtlich des Familienbeihilfeanspruches gründen sich auf der aktenkundigen Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom .
Die Höhe der Unterhaltsverpflichtung des Beschwerdeführers basiert auf der Unterhalts-vereinbarung gem. § 214 Abs. 2 ABGB, welche vor der Bezirkshauptmannschaft ***X*** am sowohl für das ältere als auch für das jüngere Kind zwischen der Bezirkshaupt-mannschaft ***X*** als Vertreter der Kinder und dem Beschwerdeführer abgeschlossen wurde. Trotz Vorhalts der belangten Behörde vom wurden vom Beschwerdeführer keine Unterlagen vorgelegt, welche für eine geringere Unterhaltsverpflichtung als der am vereinbarten sprechen würden.
Die Höhe der tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeträge ergibt sich aus den vorgelegten Bankauszügen und ist überdies unstrittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, die für ein Kind den gesetzlichen Unterhalt leisten, ein Unterhaltsabsetzbetrag von 29,20 Euro monatlich zu. Dabei gilt:
a) Der Unterhaltsabsetzbetrag steht zu, wenn das Kind nicht dem Haushalt des Steuerpflichtigen zugehört (§ 2 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967) und weder ihm noch seinem von ihm nicht dauernd getrennt lebenden (Ehe-)Partner Familienbeihilfe für das Kind gewährt wird.
b) Leistet ein Steuerpflichtiger für mehr als ein nicht haushaltszugehöriges Kind den gesetzlichen Unterhalt, steht für das zweite Kind ein Absetzbetrag von 43,80 Euro und für jedes weitere Kind ein Absetzbetrag von jeweils 58,40 Euro monatlich zu. […]
§ 33 Abs. 4 Z 3 lit. d EStG 1988 normiert:
"Wird die Unterhaltsverpflichtung im Kalenderjahr nicht zur Gänze erfüllt, steht der Unterhaltsabsetzbetrag nur für jene Monate zu, für die rechnerisch die volle Unterhaltsleistung erfüllt wurde, wobei vorrangig die zeitlich am weitesten zurückliegende Unterhaltsverpflichtung getilgt wird."
Gemäß § 33 Abs. 3a Z 1 lit. a EStG 1988 beträgt der Familienbonus Plus bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 166,68 Euro.
§ 33 Abs. 3a Z 3 EStG 1988 lautet auszugsweise:
"Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:
a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
- Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
- beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.
c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.[…]"
3.1.1 Unterhaltsabsetzbetrag
Der Unterhaltsabsetzbetrag soll gesetzliche Unterhaltspflichten gegenüber nicht haushaltszugehörigen Kindern steuerlich begünstigen.
Voraussetzung für die Berücksichtigung des Unterhaltabsetzbetrages ist jedoch, dass der gesetzliche Unterhalt geleistet wird. Grundlage für die Frage der Erfüllung der Unterhaltspflicht ist ein Unterhaltsvergleich oder ein richterlich festgesetztes Unterhaltsausmaß (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum FamilienbesteuerungsG 1992, BGBl. Nr. 312, 463 BlgNR 18. GP 9).
Die Höhe der Unterhaltsverpflichtung ergibt sich entweder aus dem in einem Gerichtsurteil oder in einem gerichtlichen oder behördlichen Vergleich festgesetzten Betrag oder im Falle einer außergerichtlichen Einigung aus dem in dem schriftlichen Vergleich festgehaltenen Unterhaltsbetrag ( RV/0425-I/08).
Der volle Unterhaltsabsetzbetrag für ein Kalenderjahr steht zu, wenn für dieses Kalenderjahr der volle Unterhalt tatsächlich geleistet wurde. Wird der Unterhalt nicht in vollem Ausmaß geleistet, steht der Unterhaltsabsetzbetrag nur für die Monate zu, für die sich rechnerisch eine vollständige Leistung ergibt (Jakom/Kanduth-Kristen EStG, 2024, § 33 Rz 78).
In der gegenständlichen Beschwerdesache wurde die Höhe der Unterhaltsverpflichtung für beide Kinder mit Vereinbarung vom festgesetzt.
Der Beschwerdeführer verpflichtete sich für ***T2*** ab bis auf weiteres € 800,-- zu deren Unterhalt zu bezahlen. Im Jahr 2022 leistete der Beschwerdeführer tatsächlich € 2.385,-- an Unterhaltszahlungen für ***T2*** , somit kam er in zwei Monaten für den vollen gesetzlichen Unterhalt auf (€ 2.385/€ 800 pro Monat = 2 Monate).
Der Beschwerdeführer verpflichtete sich für ***T1*** ab bis auf weiteres € 600,-- zu deren Unterhalt zu bezahlen. Im Jahr 2022 leistete er tatsächlich € 4.912,-- an Unterhaltszahlung für ***T1***, somit kam er in acht Monaten für den vollen gesetzlichen Unterhalt auf (€ 4.912/€ 600 pro Monat = 8 Monate).
Da beide Kinder nicht dem Haushalt des Steuerpflichtigen zugehörig waren und dem Beschwerdeführer für seine Töchter keine Familienbeihilfe gewährt wurde, steht dem Beschwerdeführer für ***T1*** ein Unterhaltsabsetzbetrag für acht Monate iHv. monatlich € 29,20 (in Summe € 233,60) und für ***T2*** als zweites Kind gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. b EStG 1988 ein Unterhaltsabsetzbetrag für zwei Monate iHv. monatlich € 43,80 (in Summe € 87,60) zu.
3.1.2 Familienbonus Plus
Der Familienbonus Plus ist mit dem Unterhaltsabsetzbetrag verknüpft. Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu ().
Aufgrund der Verknüpfung des Familienbonus Plus mit dem Unterhaltsabsetzbetrag ist der Familienbonus Plus hinsichtlich ***T1*** im Rahmen der Berechnung der Einkommensteuer nur für acht Monate und für ***T2*** nur für zwei Monate zu berücksichtigen.
Da der Beschwerdeführer nur den halben Familienbonus Plus beantragt hat, errechnet sich hinsichtlich ***T1*** ein Betrag iHv. € 666,72 (die Hälfte von € 166,68 x 8 Monate) und hinsichtlich ***T2*** ein Betrag iHv. € 166,68 (die Hälfte von € 166,68 x 2 Monate), welche im Rahmen der Einkommensteuer gemäß § 33 Abs. 3a Z 3 lit. b EStG 1988 Berücksichtigung finden.
3.1.3 Bemessungsgrundlagen und Höhe der Abgabe
[...]
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vor. Die maßgebliche Rechtslage ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab. Für die Zulässigkeit der ordentlichen Revision besteht daher kein Anlass.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 4 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 33 Abs. 3a Z 1 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.4100183.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
JAAAF-46967