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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.01.2025, RV/7101693/2024

Nachweis von außerordentlichen Belastungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Albert Salzmann in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 zur Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang:

Nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens hat das Finanzamt Österreich (FA) mit Bescheid vom die Einkommensteuer für 2022 veranlagt und ist dabei von der Erklärung der beschwerdeführenden Partei (bP) zur ArbeitnehmerInnenveranlagung abgewichen.

Mit Schriftsatz vom hat die bP Beschwerde gegen den og Bescheid erhoben.

Nach Durchführung eines weiteren Vorhalteverfahrens hat das FA mit Beschwerde-vorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom hat die bP die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht beantragt.

Mit Vorlagebericht vom hat das FA die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Beschluss vom hat das Bundesfinanzgericht die bereits in zwei Vorhalteverfahren des FA angefordert Nachweise für die geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen neuerlich angefordert.

Mit E-Mail vom hat die bP diverse Belege als Nachweis dem Gericht vorgelegt.

Am hat das Bundesfinanzgericht diese Nachweise dem FA gem § 183 Abs 4 BAO zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.

Mit E-Mail vom hat das FA dazu Stellung genommen. Die geltend gemachten Aufwendungen seien aus Sicht des FA mit den übermittelten Unterlagen glaubhaft gemacht worden und es werde die Stattgabe der Beschwerde beantragt.

I. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die bP begehrt die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen in Höhe von € 703,02 im Zusammenhang mit Gesundheitsschäden, für welche das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen eine Erwerbsminderung von über 25 % festgestellt hat, ohne dafür im Verfahren vor dem FA - trotz wiederholter Aufforderungen Nachweise - vorzulegen.

Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wurden diese Nachweise beigebracht und damit das Beschwerdebegehren zumindest glaubhaft gemacht.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Akten, dem E-Mail der bP vom (samt Beilagen) und der Stellungnahme des FA vom .

3. Rechtliche Beurteilung

§ 34 Abs 1 EStG 1988 lautet:
"Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muß folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muß außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muß zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muß die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein."

VO des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen idgF lautet:
"§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
- …
so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
(2) Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.
(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach
§ 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.

§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen."

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Strittig ist in der gegenständlichen Beschwerdesache die Berücksichtigung von Aufwendung in Höhe von € 703,20, welche von der bP als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt geltend gemacht werden.

Im Verfahren vor dem FA verweigerte die bP die Vorlagen von Nachweisen mit der Begründung, dass eine Glaubhaftmachung ausreichend sei, die Anschaffung von bestimmten Hilfsmitteln bereits im Zuge der ArbeitnehmerInnenveranlagung für 2020 nachgewiesen worden sei und daher die Anforderung von Nachweisen für 2022 gesetzlich nicht gedeckt und schikanös sei.

Gem § 138 BAO hat auf Verlangen der Abgabenbehörde die Abgabenpflichtigen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen, sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

Ein Beweis wird insbesondere dann nicht zumutbar sein, wenn ein solcher nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden ist. Da hier der Nachweis mit entsprechenden Rechnungen möglich ist und es nicht als unzumutbar erachtet werden kann, dass die bP auf Aufforderung der Finanzverwaltung jene Belege und Zusammenstellungen vorlegt, die bereits im Zuge der Erstellung der Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung vorhanden sein mussten, liegt hier weder Unmöglichkeit noch Unzumutbarkeit vor.

Darüber hinaus sind Nachweise für Ausgaben im Jahr 2020 nicht geeignet, einen Nachweis oder eine Glaubhaftmachung für 2022 zu bewirken. Demzufolge hat das FA rechtskonform eine Erläuterung des Erklärungsinhaltes bzw die Vorlage von Nachweisen für die Richtigkeit des Inhaltes abverlangt. Es besteht für die bP kein Wahlrecht, ob diese ihr Beschwerdebegehr nachweist oder bloß glaubhaft machen möchte.

"Glaubhaftmachung" im Sinne des § 138 BAO bedeutet nicht, dass das FA aufgrund einer bloßen Möglichkeit dem Anbringen der bP Glauben zu schenken hat. Vielmehr hat die "Glaubhaftmachung" den Nachweis der Wahrscheinlichkeit zum Gegenstand (zB ; , 2006/15/0125).

Erst durch die Beibringung der angeforderten Nachweise konnten die beantragten außergewöhnlichen Belastungen in Höhe von € 703,02 zumindest glaubhaft gemacht werden (Rechnungen weisen keinen Adressaten auf). Daher war der Beschwerde Folge zu geben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da in der vorliegenden Beschwerdesache keine Rechtsfragen zu lösen waren, für die keine oder uneinheitliche Rechtsprechung des VwGH vorliegen, war eine (ordentliche) Revision an den VwGH nicht zuzulassen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7101693.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
AAAAF-46957