Verlängerung des Familienbeihilfenanspruchs über das 25. Lebensjahr
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Cornelia Pretis-Pösinger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Abweisung des Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für ***1***, geb. ***2***, ab März 2024,Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Im Zuge des Vorhalteverfahrens des Finanzamtes (FA) übermittelte die Beschwerdeführerin (Bf.) das Studienblatt sowie die Studienbestätigung der Universität ***3*** für das Sommersemester (SS) 2024 ihrer Tochter ***1*** (geb. ***2***). ***1*** studiert das Bachelorstudium Pharmazeutische Wissenschaften (UB 033 305).
Das FA erließ am den Abweisungsbescheid betreffend Familienbeihilfe ab 03/2024. Begründend wurde ausgeführt, dass die vorgesehene Studienzeit von acht Semestern plus einem COVID-19 Verlängerungssemester (10/2019 - 02/2024) bereits überschritten worden sei und daher kein Anspruch auf Familienbeihilfe mehr bestehe.
Die am eingebrachte Beschwerde begründete die Bf. folgendermaßen:
"1. ***1*** hat Ende Oktober 2019 das Studium UB 033305 Pharmazie inskribiert. Sie zog dafür in eine Wohnung nach ***3***. Im März 2020 wurde der komplette generelle Covid Lock down verhängt und von da an war ihre Studieneingangsphase die Orientierung wie das Studium die Seminare die wissenschaftlichen Arbeiten, kurzum die Einführungsphase des ersten Studienjahres nicht gegeben durch den Lock down.
Als neu Student nach der Matura hatte die Möglichkeit durch den Lock down nicht sich ein soziales Netzwerk mit höheren Semestrigen Studenten aufzubauen, die ihr ratsame Unterstützung hätten anbieten können wie und mit welchen Seminaren sie sich in ihrer Einführung beschäftigen und absolvieren sollte.
Zu diesem Zeitpunkt 1. Sept.2020 verlor meine Tochter bereits das erste Studienjahr machte trotzdem zahlreiche Prüfungen alles was Online möglich war (siehe ECTS Auflistung). Nur die Laborplätze als praktische Pflichtseminare blieben zu. Und dies wäre jetzt WS 2024 nachzuholen, da es eine Rangliste mit Vorzug der höher Semestrigen gab und gibt kommt sie erst am WS 2024 zum Zuge.
Weiteres fanden keine Seminare statt. Siehe COVID Verordnung Screenshot Universität ***3***, Inskriptionsbestätigung Sommersemester 2024 als ordentlich Studierende fortlaufend.
2. Daher das Studium der Pharmazie nicht nur sehr praxisorientiert ist auf Grund der Praxis Laborplätze, sondern auch einen hohen Anteil der wissenschaftlichen Arbeiten beinhaltet, sind Seminare die benötigt werden mit mehr studierenden Anmeldungen als wie vorhanden Plätzen die zur Verfügung stehen, meist nur mit Warteliste über mehrere Semester buchbar, so dass eine längere Studiendauer durch das Warten auf die Seminare, erfolgt. Siehe offiziellen Studienführer der Universität ***3***
3. Außerdem hat meine Tochter ***1***, EHRENAMTLICH das TUTORIUM absolviertund macht für die Studienanfänger dies auch jeden Herbst sowie auch für den Herbst 2024 die (ehrenamtliche) Betreuung der Studierenden. Somit wäre die Frage der weiteren Genehmigung der Familienbeihilfe 2024 auf Grund ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit bis zum 25. Lebensjahr erfüllt bitte. Außerdem waren das auch Kurse die leider nicht mit ECTS versehen wurden aber trotzdem absolviert wurden (Nachstehender Auszug aus dem Studienleitfaden der UNI ***3*** auf unseren Social-Media-Kanälen).
4. Auf Grund des extrem Lock down der das Studieren von März 2020 bis annähernd zum mit der Aufhebung aller Corona Maßnahmen - war es für meine Tochter die ungeimpft von der COVID Impfung war sehr schwer während des Studiums Wiederaufnahme Betriebes einen Seminarplatz zu erhalten. Erst seit dem Fall aller Covid Maßnahmen und dem Wegfall der Impfpflicht konnte sie wieder den Vorlesungen regulär ohne Auflagen und Ausschlüsse wieder aktiv und nicht online teilnehmen.
5. Diese Covid Zeit mit dem sozialen Entzug und der Angst um ihr Studium und dem daraus resultierenden Druck, setzten meiner Tochter so sehr zu, dass sie psychisch erkrankte und nur schwer belastbar war, so dass sie sich umgehend Rat bei ihrer Ärztin holte die ihr sobald es möglich war endlich einen Termin zur persönlichen Stressbewältigung und Gesprächstherapie bei einer Psychologie buchte.2022 bei der sie bis heute in Behandlung ist. (Siehe Überweisung 2 und ärztliche Bescheinigung)
• Daher war der Prüfungsstress für sie nicht zu leicht zu bewältigen, worunter die Leistungen und die Qualität des Studiums krankheitshalber erschwert waren.
• Trotz alle dem hat sie Prüfungen positiv abgeschlossen und versuchte dem nachzukommen auch wenn nicht alles aus terminlichen Kollisionen mit anderen Prüfungen gelang.
6. Betreffend das WS 2023/24 wurde wie erwähnt ihr Tutorium Ausbildung für die jährlich stattfindende Führung der neuen Studierenden nicht in ECTS bewertet aber im Herbst 2023 dafür besucht und abgelegt. Dies dient der EHRENAMTLICHEN TÄTIGKEIT. (siehe WhatsApp Screenshot)
7. Weiteres hat sie eine Prüfung am für die VL 652-252 mit 1,5 ECTS abgelegt die aber bis zum heutigen Datum von zuständigen Professor noch nicht korrigiert wurde. Stand
8. Hinzufügend hat sie sich auch für die im Screenshot angeführte Prüfung angemeldet aus dem WS 2023/24 die aber erst im Juni 2024 stattfinden wird, mit 3 ETS.
9. Außerdem hat sie ihre Prüfungen 652999 Bachelorarbeit Kurs 8 ECTS abgeschlossen im WS 23/24
652242 Arzneimittel 3 ECTS
652201 Pharmazie 1,5 ECTS
Noch ausstehend: 652-252 abgelegt am wartend auf Benotung durch Professor 1,5 ECTS
652.251 ausstehend Prüfung am (siehe screenshot) 3 ECTS
Summe WS 23/24 17 ECTS
Somit bitte ich sie auf Grund der ehrenamtlichen Tätigkeit meiner Tochter als Tutor, psychischen Gesprächstherapie wegen den Prüfungsstress und der trotzdem geleisteten Prüfungen trotz extrem Covid Studienverzug (der mehr als ein Semester dauerte), den damaligen Studienplatzmangel bei Seminaren und den nicht zu genüge vorhanden Laborplätzen, die aufrichtige Bitte ***1*** bitte noch zwei Semestern für den positiven Fortbestand ihres Studiums die Familienbeihilfe bis zu ihrem 25 Lebensjahr zu gewähren."
In der Eingabe vom übermittelt die Bf. einen Screenshot vom , abgebildet ist das Formular der ÖH "Erklärung der Zeiten der Tätigkeit als Studierendenvertreterin/Studierendenvertreter im Sinne des Hochschülerschaftsgesetzes". Ersichtlich ist daraus der Hinweis, dass ein Verlängerungssemester für Familienbeihilfe nur zustehe, wenn man bereits "2x als Tutor dabei gewesen sei" und - ausgefüllt aber nicht bestätigt - dass ***1*** als Tutorin für Erstsemestrige von 10/2023 bis 01/2024 fungiert habe. Die Bf. führt aus, dass ihre Tochter wieder ehrenamtlich das zweite Tutorium anstrebe. Dazu bräuchte sie aber einen aktiven Bezug an Familienbeihilfe.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das FA die Beschwerde als unbegründet ab. Nach Darlegung der gesetzlichen Grundlagen (§ 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967) wiederholt das FA die Begründung des Abweisungsbescheides und ergänzt, dass laut den übermittelten Studiendaten ***1*** ab dem SS 2022 folgende Leistungen erbracht habe: SS 2022: 9 ECTS, WS 2022/23: 7,5 ECTS, SS 2023: 10,5 ECTS, WS 2023/24; 16 ECTS. Im Beschwerdefall sei die höchstzulässige Studiendauer um ein weiteres Semester bis Februar 2024 verlängert worden. Was die Verlängerung aufgrund einer Erkrankung anlange, so sei weder aus den Vorbringen noch aus den erbrachten ECTS oder den ärztlichen Bescheinigungen der Psychosozialen Beratungsstelle ***3*** zu schließen, dass eine drei Monate durchgehende, vollständige Studienbehinderung aufgrund der Erkrankung vorgelegen sei. Eine entsprechende ärztliche Bestätigung mit Darlegung welche konkrete Krankheit und zu welchen konkreten Zeiten ***1*** beeinträchtigt gewesen sei, dass sie am Studium gehindert gewesen wäre, liege nicht vor. Überdies sei eine Verlängerung der höchstzulässigen Studiendauer (über die Altersgrenze hinaus) aufgrund der Tätigkeit als Tutorin für Erstsemestrige im Gesetz nicht vorgesehen.
Am beantragte die Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) und stellte ein noch vorzulegendes Sachverständigengutachten in Aussicht.
Am übermittelte die Bf. das psychologische Gutachten DDr.is ***4***.
Darin wird nach Aufnahme der Anamnese, der aktuellen Beschwerden, der Medikation, den Psychologischen Befund, der Testdiagnostischen Erhebung, der Verhaltensbeobachtung in der Testsituation zusammenfassend festgestellt, dass "in Zusammenschau der erhobenen Untersuchungsergebnisse aus klinisch psychologischer bzw. neuropsycholgischer Sicht davon ausgegangen werden kann, dass bei Frau ***5*** derzeit die Studierfähigkeit in stark eingeschränktem Ausmaß vorliegt.
Es ist weiters davon auszugehen, dass die stark eingeschränkte Studierfähigkeit bereits seit Dezember 2021 vorliegt."
Mit der Eingabe vom übermittelte die Bf. die Bestätigung des Studienerfolgsnachweises, die Studienzeitbestätigung datiert mit , die Studienbestätigung und das Studienblatt für das WS 2024/25.
Das FA legte die Beschwerde mit dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. In der Stellungnahme beantragte es die Abweisung der Beschwerde.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Tochter der Bf., geb. ***2***, hat mit , somit im Wintersemester 2019/20, mit dem Bachelorstudium Pharmazeutische Wissenschaften (UB 033 305) begonnen.
Dieses Studium dauert sechs Semester; die höchstzulässige Studiendauer beträgt acht Semester, somit im Beschwerdefall bis zum Sommersemester 2023.
Aufgrund der Covid-19-Pandemie kam es zu Studienverzögerungen infolge nicht ausreichend vorhandener Laborplätze.
***1*** war im Wintersemester 2023 (von 10/2023 bis 02/2024) als Tutorin für Studenten im ersten Semester tägig.
Die Studierfähigkeit von ***1*** war aufgrund von depressiven Episoden seit Dezember 2021 sowie explizit im Wintersemester 2024/25 stark eingeschränkt. Eine Bestätigung über einen konkreten Zeitraum, zu der ***1*** derartig beeinträchtigt gewesen war, dass sie am Studium verhindert gewesen wäre, liegt nicht vor.
***1*** hat Prüfungen über folgende ECTS abgelegt: SS 9 ECTS, WS 2022/23: 7,5 ECTS, SS 2023: 10,5 ECTS, WS 2023/24: 16 ECTS.
2. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage und dem elektronischen Familienbeihilfeakt und ist nicht strittig.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
§ 2. (1) Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG )1967 lautet:
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) für minderjährige Kinder,
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,
c) für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,
d) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung; im Anschluss daran für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bis zum Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird, …. ….
j) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie
aa) bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und
bb) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und
cc) die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,
…..
(9) Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:
a) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,
b) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,
c) für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,
d) für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.
§ 15 FLAG 1967 lautet:
§ 15. (1) Für Personen, die im Zeitraum von einschließlich März 2020 bis einschließlich Februar 2021 für zumindest einen Monat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind haben, finden die während dieses Zeitraumes vorliegenden Anspruchsvoraussetzungen im unmittelbaren Anschluss an den Anspruchszeitraum bis März 2021 in Bezug auf dieses Kind weiter Anwendung, solange während dieses Zeitraumes keine andere Person anspruchsberechtigt wird.
(2) Für die Maßnahme nach Abs. 1 ist ein Betrag von höchstens 102 Mio. Euro aus Mitteln des COVID 19-Krisenbewältigungsfonds bereitzustellen.
Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.
Die Tochter der Bf. hat das Bachelorstudium Pharmazeutische Wissenschaften (UB 033 305) an der ***6***-Universität im WS 2019/20 begonnen. Die vorgesehene Studienzeit beträgt sechs Semester plus zwei Toleranzsemester, da das Bachelorstudium nicht in Studienabschnitte gegliedert ist. Die vorgesehenen Toleranzsemester verlängerten die vorgesehene Studiendauer bis zum Ende des SS 2023.
Aufgrund der pandemiebedingten Studienbeeinträchtigungen wurde nach § 2 Abs. 9 FLAG 1967 für ein weiteres Semester, dem WS 2023/24, Familienbeihilfe gewährt.
Von der Bf. wurde nicht bestritten, dass die Tochter die nach dem FLAG vorgesehene Studiendauer überschritten hat. Vielmehr ersucht die Bf. um Gewährung der Familienbeihilfe bis zum 25. Lebensjahr ihrer Tochter, weil diese aufgrund der Covid-Maßnahmen und der daraus folgenden universitären, sozialen, gesellschaftspolitischen, gesundheitlichen Einschränkungen nicht in der Lage gewesen sei, ihr Studium zeitgerecht zu beenden.
So nachvollziehbar die Vorbringen der Bf. sind, kann ihnen nicht gefolgt werden: Verlängerungssemester sind nur aus den im Familienlastenausgleichsgesetz angeführten Tatbeständen zu gewähren (s. § 2 Abs. 1 lit b 4.-9. Satz) bzw. wurde durch das 6. COVID-19-Gesetz, BGBl. I Nr. 28/2020, die Anspruchsdauer unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung, infolge der COVID-19-Krise über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate bzw. ein Semester oder ein Ausbildungsjahr verlängert.
Im Beschwerdefall wurde das "Covid-Semester" für ***1*** im WS 2023/24 gewährt. Der Gesetzgeber hat damit die angesprochenen Nachteile für Studierende kompensiert, mag damit auch im Einzelfall den persönlichen Hindernissen nicht gerecht geworden sein. Somit besteht schon aus diesem Grunde kein Anspruch der Bf. auf Gewährung der Familienbeihilfe.
Die Bf. wendet ein, dass ***1*** durch ihre depressiven Episoden am fristgerechten Studium gehindert gewesen sei. Abgesehen davon, dass - wie oben ausgeführt - der Anspruch auf Familienbeihilfe bis 02/2024 bestanden hat, bleibt zur Studienbehinderung durch Krankheit festzuhalten, dass in solchen Fällen dargelegt werden muss durch welche konkrete Krankheit und zu welchen konkreten Zeiten das Kind derart beeinträchtigt gewesen war, dass es am Studium verhindert gewesen wäre (vgl. ). Nun wurde durch das klinisch-psychologische Gutachten (DDr.in ***4***) festgestellt, dass ***1*** an schweren depressiven Episoden litt, es fehlen aber Feststellungen über konkrete Zeiten der Studienbeeinträchtigung bzw. wurde nicht behauptet, dass bei ihr eine drei Monate dauernde vollständige Studienbehinderung während eines Semesters vorgelegen ist. Die wäre aber die Voraussetzung für (sofern noch nicht erreicht) die Verlängerung der höchstzulässigen Studiendauer.
Gegen eine derartige ununterbrochene Studienbehinderung spricht aber auch, dass ***1*** trotz ihrer psychischen Erkrankung - wie sich aus der Bestätigung des Studienerfolges ergibt - regelmäßig Vorlesungen, Seminare und Übungen absolviert hat. Dies führt auch das FA in der Beschwerdevorentscheidung an, indem lt. den übermittelten Studiendaten folgende ECTS erreicht wurden: SS 2022 9 ECTS, WS 2022/23 7,5 ECTS, SS 2023: 10,5 ECTS, WS 2023/24 16 ECTS.
Schließlich kann auch aus der einsemestrigen Tätigkeit von ***1*** als ehrenamtliche Tutorin für die Beschwerde nichts gewonnen werden. Wie sich aus § 3 Abs. 4 der Verordnung der Bundesministerin für Familie und Jugend über die Verlängerung der Anspruchsdauer für den Bezug von Familienbeihilfe für Studierendenvertreterinnen und Studierendenvertreter, BGBl. II, Nr. 263/2015 ergibt, wird die höchstzulässige Studienzeit für alle anderen Studierendenvertreterinnen und Studierendenvertreter nach dem HSG 2014 sowie für die Vorsitzenden und Sprecherinnen und Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz um ein Viertel der zurückgelegten Semester verlängert.
Nach § 4 Abs. 3 der VO sind Verlängerungszeiten ab 0,5 Semestern als ganze Semester anzusehen, sofern die rechnerische Ermittlung der zulässigen Verlängerung keine Semesterzahl ergibt.
Im Beschwerdefall zählt die von ***1*** während eines Semesters ausgeübte Tätigkeit als Tutorin 0,25 eines Verlängerungssemesters. IS der angeführten VO sind aber für eine allfällige Berücksichtigung eines Verlängerungssemesters (innerhalb der höchstzulässigen Studienzeit) 0,5 Semester erforderlich. Wie in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt, wurde dieses Ausmaß innerhalb der höchstzulässigen Studienzeit nicht erreicht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gegenständliches Erkenntnis basiert auf den o.a. gesetzlichen Regelungen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 279 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 3 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 § 17 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 § 24a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 § 66 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 § 15 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 9 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 HSG 2014, Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz 2014, BGBl. I Nr. 45/2014 Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986 § 17a VfGG, Verfassungsgerichtshofgesetz 1953, BGBl. Nr. 85/1953 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.4100316.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
LAAAF-44940