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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.01.2025, RV/4100108/2023

Bindung Strafurteil

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Maga. Ulrike Nussbaumer LL.M. M.B.L. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Adresse***, vertreten durch NEUNER & NEUNER Steuerberatungs GmbH, Rosentaler Straße 5, 9020 Klagenfurt/Wörthersee, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich je vom betreffend Einkommensteuer 2017 bis 2019 zu Recht erkannt (Steuernummer ***BF1StNr1***):

I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Einkommensteuer wird wie folgt festgesetzt:

[...]

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe als Beilagen angeschlossenen Berechnungsblättern ./1-./3 zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Zwischen den Parteien ist die Frage strittig, ob und wenn ja in welchem Umfang der Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) im Zusammenhang mit seinem Dienstverhältnis bei der X Bau-GmbH Vorteile erlangte, die er nicht in den Jahressteuererklärungen der Jahre 2017-2019 offenlegte und diese somit nicht der Einkommensbesteuerung unterzogen wurden.

Der Bf. wurde vorerst für die Jahre 2017 (Bescheid vom ) und 2018 (Bescheid vom ) antragsgemäß zur Einkommensteuer veranlagt.

Nachdem umfangreichen Ermittlungen sowohl der Landeskriminalämter Wien und Kärnten, als auch des Amtes für Betrugsbekämpfung erfolgt waren, führte die belangte Behörde im Jahr 2022 eine Außenprüfung die Einkommens- und Umsatzsteuer den Zeitraum 2016 bis 2019 betreffend, sowie eine Nachschau im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer für 2020 durch. Dabei wurde festgestellt, dass dem Bf. durch - in der Folge noch genauer dargelegte - Malversationen im Rahmen seiner Tätigkeit bei der X Bau-GmbH diverse Sach- und Geldleistungen dadurch zugeflossen waren, dass der Bf. ihm durch sein Dienstverhältnis gebotene Gelegenheiten nutzte, um sich zu bereichern, weshalb die Bemessungsgrundlagen ua auch die Einkommensteuer 2017-2019 betreffend entsprechend erhöht werden müssten.

Die belangte Behörde schloss sich der Rechtsansicht der Betriebsprüfung an, nahm die Verfahren die Einkommensteuer 2017 und 2018 betreffend wieder auf und erließ je am neue Sachbescheide bzw. veranlagte den Bf. für das Jahr 2019 erstmals ebenfalls unter Hinzurechnung der Beträge laut Prüfungsbericht.

Mit Eingaben je vom brachte der steuerlich vertretene Bf. gegen die vorgenannten Sachbescheide das Rechtsmittel der Beschwerde ein und monierte darin vor allem die Höhe der Bemessungsgrundlagen.

Am erhob die Staatsanwaltschaft Wien ua gegen den Bf. - neben weiteren ausschließlich nach dem StGB zu ahndenden strafbaren Handlungen - Anklage wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung unter Verwendung falscher Beweismittel im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis zur X GmbH (AZ StA Wien zu xxxxx bzw. LG für Strafsachen Wien zur GZ xxxxx).

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom (samt Begründung vom ) wurden sämtliche Beschwerden als unbegründet abgewiesen. Dagegen richten sich die jeweils mit datierenden Anträge, in denen die Vorlage an das Verwaltungsgericht, sowie die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung begehrt wurden.

Am langte bei der belangten Behörde ein weiterer Schriftsatz ein, mit dem die Vorlageanträge inhaltlich ergänzt wurden.

Das Bezirksgericht Klagenfurt eröffnete mit Beschluss vom das Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des Bf., wobei ihm die Eigenverwaltung entzogen und ein Masseverwalter bestellt wurde (GZ xxxxx). Am wurde der angenommene Zahlungsplan bestätigt.

Die belangte Behörde legte die Rechtsmittel am dem Bundesfinanzgericht unter Aufrechterhaltung ihres Rechtsstandpunktes zur Entscheidung vor.

Mit Beschluss vom wurde das Verfahrens bis zur Entscheidung des LG für Strafsachen Wien zur GZ Hv xxxxx ausgesetzt.

Am wurde der Bf. mit Urteil des LG für Strafsachen Wien zur (neuen) GZ xxxxx wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betruges und anderer Delikte nach dem Strafgesetzbuch ua auch im Zusammenhang mit seinem Dienstverhältnis zur X Bau-GmbH verurteilt; am folgte zur selben Zahl das verurteilende Erkenntnis nach den finanzrechtlichen Bestimmungen, das in Rechtskraft erwuchs.

Die belangte Behörde teile am mit, dass im gegenständlichen Verfahren die dem Urteil des LG für Strafsachen Wien zugrundeliegenden Bemessungsgrundlagen für die Einkommensteuer 2017-2019 - nicht zuletzt aus verfahrensökonomischen Gründen - übernommen werden mögen.

Mit Schriftsatz vom zog der steuerlich vertretene Bf. den Antrag auf mündliche Verhandlung zurück.

II. Sachverhalt

Der am xxxxx in Klagenfurt geborene Bf. ist österreichischer Staatsbürger und unterhält in ***Adresse*** seinen Hauptwohnsitz. Er war in der Zeit vom - bei der X Bau-GmbH, einer mit Gesellschaftsvertrag vom gegründeten juristischen Person des Privatrechts mit dem Geschäftszweig des Baugewerbes tätig. Dort war er vom - als Prokurist und gewerberechtlicher Geschäftsführer beschäftigt; im Zuge seiner Tätigkeit betreute er vor allem zwei Bauvorhaben, wobei er ab Mitte 2017 in großem Ausmaß Materialbestellungen bei der "Y" Gesellschaft in Klagenfurt tätigte. Zwischen Juli 2017 und Anfang 2019 schädigte er seine Dienstgeberin in zahlreichen Tathandlungen, indem er den Geschäftsführern gegenüber vorgab, die von ihm entgegengenommenen und den Geschäftsführern vorgelegten Eingangsrechnungen der "Y" GmbH beträfen ausschließlich Leistungen, die zugunsten der X Bau GmbH erbracht worden seien. Die Geschäftsführer gaben die Rechnungen frei und bezahlte letzteres Unternehmen zahlreiche Eingangsrechnungen, die sich auf Leistungen bezogen, die entweder gar nicht oder nicht zu ihren Gunsten erbracht worden waren. Die dadurch erlangten Vorteile hat der Bf. nicht in seinen Einkommenssteuererklärungen offengelegt.

Gemäß Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom (xxxxx) ist deshalb der Bf. schuldig,

"er hat im Zeitraum Mitte 2017 bis August 2020 in Wien und an anderen Orten im Bundesgebiet

M./ausschließlich durch das Gericht zu ahndende Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung unter Verwendung falscher Beweismittel begangen und dadurch vorsätzlich

I./ im Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes Purkersdorf unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige-, Offenlegung oder Wahrheitspflichten eine Verkürzung der bescheidmäßig festzusetzenden Abgabe Einkommensteuer bewirkt, indem er im Zusammenhang mit seinem Dienstverhältnis zur X Bau-GmbH durch strafbare Handlungen erlangte Vorteile nicht in der Jahressteuererklärung offenlegte, und zwar

1./ durch Abgabe unrichtiger Einkommensteuererklärungen

a./ am für das Jahr 2017 in Höhe von Euro xxxxxx,-- Euro;

b./ am für das Jahr 2018 in Höhe von Euro xxxxx,-- Euro;

2./ am durch Nichtabgabe einer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2019 in Höhe von € xxxxx,-- Euro;

(Strafbestimmender Wertbetrag € 547.707,-- Euro)."

Er hat dadurch - so im Spruch des Urteils weiter - das Finanzverbrechen des Abgabenbetruges begangen und wurde zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Der Bf. war zu den vorgenannten Tatbeständen reumütig geständig.

III. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zur Person des Bf. gründen auf einer Einsicht des Gerichtes in das Zentrale Melderegister des BMI. Jene die X Bau GmbH betreffend gehen aus dem offenen Firmenbuch und den darin hinterlegten Urkunden hervor.

Was die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses anlangt, hat das Gericht in den elektronischen Sozialversicherungsakt Einsicht genommen.

Das Gericht hat weiters den Insolvenzakt des BG Klagenfurt von Amts wegen eingeholt.

Hinsichtlich des verurteilenden Erkenntnisses, respektive den im Sachverhalt wiedergegebenen Spruch, wird auf das Urteil des LG für Strafsachen Wien vom verwiesen; dass sich der Bf. geständig zeigte, ergibt sich ebenfalls aus dieser Entscheidung. Die beschriebene Tathandlung ist eine Widergabe der als erwiesen angenommenen Tatsachen des Strafgerichts.

IV. Rechtliche Beurteilung

a. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, entfaltet ein rechtskräftiges Strafurteil bindende Wirkung hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen, auf denen sein Schuldspruch beruht, wozu auch jene Tatumstände gehören, aus denen sich die jeweilige strafbare Handlung nach ihren gesetzlichen Tatbestandselementen zusammensetzt; in diesem Fall erstreckt sich die Bindungswirkung auf die vom Gericht festgestellten und durch den Spruch gedeckten Tatsachen (vgl ; Ritz/Koran, BAO7 § 116 Rz 14 mwN). Diese Bindungswirkung ist Ausfluss der materiellen Rechtskraft der jeweiligen strafrechtlichen Erledigung (vgl dazu ) und geht sowohl von Erledigungen im Rahmen eines gerichtlichen als auch von Erledigungen im Rahmen eines verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens aus (vgl Kotschnigg, Beweisrecht BAO § 116 Rz 73).

Dieser Rechtsprechung folgend bedarf es im gegenständlichen Fall aufgrund der bindenden Feststellungen des oa strafrechtlichen Urteils vom keiner weitergehenden eigenständigen Feststellungen und beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesfinanzgerichtes mehr (). Zudem war der Beschwerdeführer zu den vom Strafurteil festgestellten Abgabenverkürzungen geständig (siehe gekürzte Urteilsausfertigung).

Die Bindung betrifft auch nur den festgestellten Sachverhalt, nicht jedoch dessen steuerliche Beurteilung ().

Rücksichtlich all dieser Ausführungen waren sohin im Rahmen der steuerlichen Beurteilung unter dem Titel der Einkünfte ohne inländischem Steuerabzug - in Entsprechung der strafgerichtlichen Entscheidung - nachfolgende Beträge als Bemessungsgrundlagen hinzuzurechnen (vgl. dazu auch Schreiben belangte Behörde vom an das BFG und Schreiben ABB vom an das LG für Strafsachen Wien):

2017: Euro xxxxxx

2018: Euro xxxxxx

2019: Euro xxxxx

Ausgehend von diesen Beträgen errechnet sich die Höhe der Einkommensteuer je Jahr, wie in den einen integrierenden Bestandteil dieses Urteils bildenden Beilagen ./1 bis ./3.

Nur der Ordnung halber wird an dieser Stelle noch darauf hingewiesen, dass dem Strafgericht im Spruch insofern eine Unrichtigkeit unterlaufen ist, als es für das Jahr 2019 anstatt xxxxx,00 Euro, richtigerweise Euro 54.160,00 heißen muss. Dies resultiert einerseits aus dem Schreiben des ABB vom an das Strafgericht; andererseits ergibt sich nur bei Hinzurechnung dieses verminderten Betrages der (spruchgemäß festgestellt) strafbestimmende Wertbetrag von insgesamt Euro 547.707 Euro.

Den Beschwerden war somit im Sinne der strafgerichtlichen Entscheidung teilweise stattzugeben.

b. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt im Gegenstand nicht vor. Das Bundesfinanzgericht hat sich sowohl an die klare Rechtslage, als auch - wie zitiert - Judikatur gehalten, weshalb die Revision für nicht zulässig zu erklären war.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.4100108.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
CAAAF-44917