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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 28.01.2025, RV/7103873/2024

Zurückweisung einer verspätet eingebrachten Beschwerde

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Edith Stefan in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:

Die Beschwerde wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b iVm § 278 Abs. 1 lit a Bundesabgabenordnung (BAO) als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Verfahrensgang und festgestellter Sachverhalt:

Mit Vorhalt vom wurde der Beschwerdeführer (Bf) zur Abgabe der Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2022 (bis zum ) aufgefordert.

Die Abgabenbehörde setzte die Einkommensteuer für das Jahr 2022 mit Bescheid vom auf Basis des aufliegenden Lohnzettels, der Kontrollmeldungen und der automatisch übermittelten Sonderausgaben etc mit € 1.674,00 fest, weil die Einreichung der Abgabenerklärung bis zum gesetzten Termin nicht erfolgt war.

Der Bescheid wurde am über FinanzOnline in die Databox des Beschwerdeführers eingestellt.

Der Bf erhob am über Finanz-Online Beschwerde gegen den Bescheid und führte begründend aus, er arbeite ab dem in der ***7*** und habe dort bis ***Währung*** 17.000,- verdient. Für das Jahr 2022 seien in der ***7*** alle gesetzlichen Steuern und Abgaben bezahlt worden und bestreite der Bf seine dortigen Gesundheitskassenkosten selbst, das seien ***Währung*** 250,00 im Monat. Seine Familie (die Ehefrau und zwei minderjährige Kinder) lebten in Österreich und fahre er jedes Wochenende zur Familie. Er sei mit Hauptwohnsitz in ***1*** ***2***, ***3***, polizeilich gemeldet. Davor, seit 2018 bis habe er in ***5*** gearbeitet. Die Familie habe zu dieser Zeit schon in ***6*** gelebt und seien Ausgaben für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten geltend gemacht worden. Bei der automatischen Arbeitnehmerveranlagung vom seien diese Ausgaben für das Jahr 2022 und die Tatsache, dass der Bf ab dem nicht mehr in Österreich arbeite, nicht berücksichtigt worden. Laut Auszug aus den Arbeitnehmerveranlagungsdaten ist die Abgabenerklärung am selben Tag ( elektronisch) bei der Abgabenbehörde eingelangt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 vom gemäß § 260 Bundesabgabenordnung (BAO) als verspätet eingebracht zurückgewiesen.

Der Bf brachte am über FinanzOnline den Vorlageantrag ein und führte aus, es seien bei der Veranlagung der Familienbonus Plus, Familienheimfahrten, Doppelte Haushaltsführung, außergewöhnliche Belastungen, Alleinverdienerabsetzbetrag und Sonderausgaben nicht berücksichtigt worden. Seine Beschwerde vom sei vom Finanzamt abgewiesen worden. Er habe seit 2018 "doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten", weil es mit nur einem Lohn nicht möglich sei, die hohen Familienausgaben zu decken. Er und die Gattin hätten Kreditraten für das Haus und zwei mj Kinder. Seine Ehefrau kümmere sich um die meisten Anliegen des täglichen Lebens, übernehme die Erziehung der Kinder, weil er auswärts arbeite. Diese hohe Belastung sei für alle sehr ***7***. Bis seine Ehefrau alles mit den Vorjahren im Finanzonline-System verstanden und eingereicht habe, habe es gedauert. Die Erklärung sei nicht rechtzeitig abgegeben worden, weil die Berechnungen und Belege aufgrund der hohen psychischen und physischen Belastung noch nicht vorbereitet worden wären. Das sei dann alles zusammengekommen, Zeitmangel, hohe Belastung, Unklarheit, wie man richtig welchen Antrag einreiche usw. Dies ändere aber nichts an der Tatsache, dass die Ausgaben im Jahr 2022 gleich hoch wie in den Vorjahren geblieben, dabei aber vom Finanzamt nicht berücksichtigt worden seien. Für die Familie sei es eine enorme zusätzliche Belastung, die sie nicht überstehen werde. Das älteste, sechsjährige Kind habe ADHS-Diagnose und brauche Ergotherapie, die allein "100 pro Woche" koste. Die Kreditraten seien durch Zinssatzerhöhungen fast um das Doppelte gestiegen, dadurch sei das Ehepaar fast immer im Minus und könnte bald die Rechnungen nicht mehr bezahlen. Um Berücksichtigung der Beschwerde werde ersucht.

Die Abgabenbehörde legte die Beschwerde am zur Entscheidung an das Bundesfinanzgericht vor und reichte mit einen vom Bf als Nachsichtsansuchen überschriebenen, am über FinanzOnline eingebrachten Antrag auf "Aufhebung/Aussetzung des Erstbescheides (Einkommensteuerbescheid 2022 Datum: Steuernummer ***4***)", nach.

Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 260 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie a) nicht zulässig ist oder b) nicht fristgerecht eingebracht wurde.

Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat.

Nach § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch die Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.

Nach § 108 Abs. 3 BAO werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage und Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.

Nach § 109 BAO ist, wenn der Lauf einer Frist durch eine behördliche Erledigung ausgelöst wird, für den Beginn der Frist der Tag maßgebend, an dem die Erledigung bekanntgegeben worden ist (§ 97 Abs. 1).

Die Bekanntgabe erfolgt nach § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen durch Zustellung.

Nach § 5b Abs, 1 FinanzOnline-Verordnung 2006 (FOnV BGBl II 97/2006) haben die Abgabenbehörden nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten Zustellungen an Empfänger, die Teilnehmer von FinanzOnline sind, elektronisch vorzunehmen.

§ 5b Abs. 3 leg. cit bestimmt, dass auch andere Teilnehmer (hier: Nichtselbständige Teilnehmer wie der Bf) in FinanzOnline auf die elektronische Form der Zustellung verzichten können. Zu diesem Zweck ist ihnen bei ihrem ersten nach dem erfolgenden Einstieg in das System unmittelbar nach erfolgreichem Login die Verzichtsmöglichkeit aktiv anzubieten. Die Möglichkeit zum Verzicht ist auch nach diesem Zeitpunkt jederzeit zu gewährleisten.

Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Der Zeitpunkt, in dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox (vgl. Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. (2021), Rz 4 zu § 98). Diese Auslegung ergibt sich auch aus den Erläuterungen (270 BlgNR 23. GP 13) zu § 98 Abs. 2 BAO, worauf schon der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich hingewiesen hat (vgl. ).

Auf das tatsächliche Einsehen der Data-Box durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an (vgl. Ritz/Koran, 7. Aufl. (2021), Rz 4 zu § 98, mwN).

Nach § 5b FinanzOnline-Verordnung 2006 in der geltenden Fassung besteht für Finanz-Online-Teilnehmer die Möglichkeit, sich nach Angabe einer elektronischen Adresse von der elektronischen Zustellung informieren zu lassen (Abs. 2).

Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung:

Der Bescheid wurde unbestritten am (18:52:02+01:00) in die Data-Box des Bf eingestellt.

In den Grunddaten ist der Bf als FON-Teilnehmer erfasst und die Elektronische Zustellung mit "ja" angeführt. Der Bf hatte die E-Mailadresse seiner Gattin in den Grunddaten hinterlegt.

Im wie oben über FinanzOnline zugestellten Vorhalt der Abgabenbehörde vom war auf den aufrechten FinanzOnline-Zugang Bezug genommen und der Bf zur elektronischen Erklärungsabgabe aufgefordert worden.

Dass der Bf zum Zeitpunkt der Einstellung des Bescheides in die Data-Box keinen Finanz-Online-Zugang gehabt hätte, wurde nicht behauptet. Es ist auch nicht hervorgetreten, dass der Bf sich zwischenzeitig von FinanzOnline abgemeldet und/oder zum maßgeblichen Zeitpunkt auf die elektronische Zustellung gemäß § 5b Abs. 3 FinanzOnline-Verordnung 2006 (FOnV) verzichtet gehabt hätte.

Sowohl die Beschwerde als auch der Vorlageantrag wurden über FinanzOnline eingebracht.

Die Beschwerde verweist eigens auf die "automatische Arbeitnehmerveranlagung vom ". Nach den ausschließlich die Geltendmachung von Ausgaben (ua für doppelte Haushaltsführung, Familienheimfahrten etc) betreffenden Beschwerdeausführungen habe der Bf bis einschließlich Juli 2022 in ***5*** und seitdem in der ***7*** beschäftigte Bf seine in Österreich an seinem Hauptwohnsitz ansässige Familie an jedem Wochenende besucht.

Im am rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag nimmt der Bf Bezug auf die "automatische Einkommensteuerberechnung für das Jahr 2022". Im Übrigen wird wiederholt auf die Nichtberücksichtigung von beantragten Ausgaben hingewiesen. Im Übrigen führt der Bf bloß Gründe an, die die rechtzeitige Einreichung der Abgabenerklärungen verhindert haben sollen. Mangels Vorbereitung von Berechnungen und Belegen und wegen bei der Gattin bestehender Unklarheiten, den richtigen Antrag richtig über FinanzOnline einzureichen, habe es "gedauert", bis die Eingaben gemacht werden konnten.

Ein Hinweis auf einen Zustellmangel in Bezug auf den vorliegend an den Bf adressierten Bescheid ist diesen Angaben nicht zu entnehmen (vgl. Beschwerdevorentscheidung vom , zugestellt 2024-04-23 18:44:40+2:00 mit Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung).

Auch die Angaben in dem am über FinanzOnline eingebrachten Antrag auf "Aufhebung/Aussetzung des Erstbescheides (Einkommensteuerbescheid 2022 Datum: Steuernummer ***4***)" geben in Verbindung mit den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen und jenen des Vorlageantrags keinen Anlass zu Zweifeln an der Zustellung des Bescheides in die Data-Box des Bf (vgl. oben).

Der vorliegend angefochtene Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2022 ist unbestritten am (Uhrzeit 18:52:02 + 1:00) in die Data-Box und so in den elektronischen Verfügungsbereich des Bf gelangt. Für die elektronische Zustellung entscheidend ist allein der Zeitpunkt, in dem der Bescheid in die Data-Box des FinanzOnline-Teilnehmers, auf die er Zugriff hatte, einlangte. Auf das Einsehen, Lesen etc kommt es nicht an. Eine zusätzliche Verständigung des Empfängers per Mail ist eine reine Serviceleistung, an die keine Rechtsfolge geknüpft ist.

Die Frist zur Erhebung der Beschwerde endete demnach am Donnerstag, den , weshalb die am über FinanzOnline eingebrachte Beschwerde als verspätet zurückzuweisen war.

Hinweis:

Es wird darauf hingewiesen, dass die Beschwerde vom (Abgabenerklärung für das Jahr 2022) als innerhalb Jahresfrist eingebrachter Antrag auf Aufhebung des vorliegend angefochtenen Bescheides gewertet werden kann. Die Entscheidung über einen solchen Antrag obliegt gemäß § 299 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) der Abgabenbehörde.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gründe für eine Revision im angeführten Sinn liegen nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7103873.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
EAAAF-44896