Kürzung des Erstattungsbetrages um eine Ausgleichszulage bei SV-Rückerstattung gemäß § 33 Abs 8 Z 3 EStG 1988
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Andreas Wieser in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
1. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin ***Bf1*** (in weiterer Folge kurz die Bf) reichte am ihre Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2022 ein.
Am erließ das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid 2022 und setzte darin die Einkommensteuer und die Abgabengutschrift mit Euro 0,00 fest. In der Begründung wurde ausgeführt, dass keine Rückerstattung der Sozialversicherungsbeiträge durchgeführt werden könne, da die von der Bf bezogene, steuerfreie Ausgleichs- bzw Ergänzungszulage zur Pension den berücksichtigungsmöglichen Betrag übersteigt.
In der am eingereichten Beschwerde führte die Bf aus, dass die Ausgleichszulage nach einer Änderung des § 3 Abs 1 Z 4 lit f EStG 1988 nunmehr bei Kennzahl 210 auszuweisen und nicht auf eine Gutschrift anzurechnen sei. Es ergebe sich daher ein auszahlbares Guthaben.
Mittels Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde von der Abgabenbehörde als unbegründet abgewiesen. § 33 Abs 8 Z 3 EStG 1988 normiere eindeutig, dass Steuerrückerstattungen um steuerfreie Zulagen wie eine Ausgleichszulage zu vermindern sind. Da die Ausgleichszulagen den höchstmöglich in Form von Negativsteuer zu erstattenden Betrag übersteige und diese zur Gegenrechnung führe, konnte keine Gutschrift errechnet werden.
Im fristgerecht gestellten Vorlageantrag legte die Bf dar, dass § 3 Abs 1 Z 4 EStG 1988 im ersten Satz Ausgleichszahlungen aufgrund von Richtsatzanhörungen steuerfrei stellt, im zweiten Satz jedoch Ausgleichszulagen aufgrund pensionsrechtlicher Vorschriften für steuerpflichtig erklärt. Aufgrund dieser unterschiedlichen Rechtsfolgen mangle es der Begründung des angefochtenen Bescheides an Bestimmtheit. Nach Ansicht der Bf handle es sich im gegenständlichen Fall um steuerpflichtige Einkünfte, sodass die Negativsteuer auszuzahlen ist.
Die Abgabenbehörde legte dem Verwaltungsgericht die Beschwerde am zur Entscheidung vor.
Die Pensionsversicherungsanstalt gab dem Gericht aufgrund eines gestellten Auskunftsersuchens am bekannt, dass sich der an die Bf im Jahr 2022 ausbezahlte und im Lohnzettel als sonstiger Bezug gemeldete Betrag großteils aus einer Ausgleichszulagen-Richtsatzerhöhung nach § 293 Abs 1 ASVG für die Tochter der Bf ergibt. Diese wurde für den Monat September 2022 in einer Höhe von Euro 9,87 und für die Monate Oktober bis Dezember 2022 mit einem monatlichen Betrag von Euro 159,00 (inklusive Sonderzahlung für Oktober) ausbezahlt. Als Nachweis hierfür wurde der Zuerkennungsbescheid vom zuzüglich Anweisungsinformation übermittelt. Zudem habe die Bf im August 2022 eine außerordentliche Einmalzahlung nach § 772a ASVG in Höhe von Euro 33,06 erhalten. Der Bf wurde das Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt zur Kenntnis und etwaigen Stellungnahme weitergeleitet. Es erfolgte keine weitere Stellungnahme der Bf.
2. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin ***Bf1***, geboren am ***Bf1-Geb*** und wohnhaft in ***Bf1-Adr***, erzielte im Jahr 2022 ausschließlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, die sie von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) bezog. Es handelt sich hierbei um Pensionseinkünfte, für welche keine Lohnsteuer einbehalten wurde.
Die Bf hat für das Jahr 2022 einen Anspruch auf den Pensionistenabsetzbetrag.
In den Pensionseinkünften der Bf sind Zahlungen enthalten, welche von der Pensionsversicherungsanstalt als sonstige Bezüge gemeldet und steuerfrei behandelt wurden. Diese basieren unter anderem auf einer Ausgleichszulagen-Richtsatzerhöhung nach § 293 Abs 1 letzter Satz ASVG für die Tochter der Bf in Höhe von zumindest Euro 486,87.
Die Bf hatte im Jahr 2022 Sonderausgaben in Höhe von Euro 123,80 (Spenden und Kirchenbeitrag). Als außergewöhnliche Belastungen steht ihr für das Jahr 2022 der Freibetrag wegen eigener Behinderung gemäß § 35 Abs 3 EStG 1988 in Höhe von Euro 401,00 zu.
Die Bruttobezüge der Bf von der Pensionsversicherungsanstalt im Jahr 2022 betrugen insgesamt Euro 5.825,99. Hiervon wurde neben den als steuerfrei gemeldeten Bezügen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von Euro 297,10 abgezogen.
Nach Abzug von Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen besteht bei der Bf für das Jahr 2022 ein Einkommen in Höhe von Euro 3.815,41.
Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob die Einkommensteuergutschrift mit Euro 0,00 festzusetzen ist, oder ob der Pensionistenabsetzbetrag zu einer Negativsteuer, somit zu einem Guthaben bzw zur Rückerstattung von Sozialversicherungsbeträgen, führt.
2. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den von der belangten Behörde mit dem Vorlagebericht zusammen übermittelten Unterlagen, der Einsichtnahme in den Lohnzettel der Bf des Jahres 2022, aus dem Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt vom sowie aus dem mit diesen Schreiben übermittelten Zuerkennungsbescheid der Ausgleichszulage vom inklusive Anweisungsinformation.
Die steuerpflichtigen Pensionseinkünfte der Bf ergeben sich aus dem Lohnzettel der Pensionsversicherungsanstalt und sind diese weder dem Grunde, noch der Höhe nach zwischen den Verfahrensparteien strittig. Die für die Bf abgeführten Sozialversicherungsbeiträge sind ebenfalls dem von der Pensionsversicherungsanstalt an die Abgabenbehörde übermittelten Lohnzettel zu entnehmen.
Hinsichtlich der als sonstige (steuerfreie) Bezüge gemeldeten Bezüge der Bf ist auszuführen, dass die Pensionsversicherungsanstalt im Lohnzettel 2022 sonstige Bezüge in Höhe von Euro 645,87 an die Abgabenbehörde gemeldet hat. Die Pensionsversicherungsanstalt gab dem Gericht in ihrer Vorhaltbeantwortung vom bekannt, dass dieser Betrag eine Ausgleichszulagen-Richtsatzerhöhung nach § 293 Abs 1 ASVG enthält, welche der Bf für ihr Kind gebührt. Dem Schreiben ist zu entnehmen, dass diese zumindest mit einem Betrag von Euro 486,87 zu beziffern ist (Euro 9,87 für 09/2022, Euro 477,00 für 10-12/2022). Als weiterer Nachweis für die Auszahlung der Ausgleichszulagen-Richtsatzerhöhung nach § 293 Abs 1 ASVG ist der ebenfalls von der Pensionsversicherungsanstalt übermittelte Zuerkennungsbescheid vom zuzüglich Anweisungsinformation anzuführen.
Die Sonderausgaben in Form von Spenden und dem Kirchenbeitrag wurden ordnungsgemäß an die Abgabenbehörde gemeldet. Ebenso besteht bei dem Anspruch auf den Freibetrag wegen eigener Behinderung gemäß § 35 Abs 3 EStG 1988 keine Uneinigkeit zwischen den Parteien.
Aus den getroffenen Feststellungen zu den steuerpflichtigen Einkommen (Pension), sowie den Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen ergibt sich folglich für das Jahr 2022 ein steuerpflichtiges Jahreseinkommen der Bf in Höhe von Euro 3.815,41.
Aufgrund der ausschließlichen Pensionseinkünfte der Bf steht ihr gesetzlich der Pensionistenabsetzbetrag gemäß § 33 Abs 6 Z 3 EStG 1988 zu. Dieser beträgt für das Jahr 2022 Euro 825,00 (§ 33 Abs 6 Z 3 EStG 1988 idFv BGBl I Nr. 135/2022).
1. Rechtliche Beurteilung
a. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß der in der für das Streitjahr geltenden Fassung des § 33 Abs 1 EStG 1988 beträgt die Einkommensteuer jährlich für die ersten 11 000 Euro 0%. Aufgrund des steuerpflichtigen Einkommens der Bf im Jahr 2022 in Höhe von Euro 3.815,41 ist die Einkommensteuer somit, wie auch von der Abgabenbehörde im Erstbescheid korrekt durchgeführt, mit Euro 0,00 festzusetzen.
Im Beschwerdefall steht der Bf der Pensionistenabsetzbetrag zu. Es ergibt sich aufgrund dessen somit grundsätzlich eine sogenannte Negativsteuer von € 825,00. Die Negativsteuer wird in einem solchen Fall aber nicht in voller Höhe erstattet, vielmehr ist die Höhe der Gutschrift mit einem bestimmten Prozentsatz der Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Sozialversicherung limitiert und zusätzlich durch einen Absolutbetrag begrenzt (vgl Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, Einkommensteuergesetz24, § 33, Rz 91).
§ 33 Abs 8 Z 3 EStG 1988 in der für das Streitjahr 2022 geltenden Fassung (BGBl I Nr. 135/2022) normiert, dass bei Steuerpflichtigen, die Anspruch auf einen Pensionistenabsetzbetrag haben und bei denen sich eine Einkommensteuer unter null ergibt, 80% der Werbungskosten im Sinne des § 16 Abs 1 Z 4, höchstens aber 550 Euro jährlich, rückzuerstatten sind (Sozialversicherungs-Rückerstattung). Die Rückerstattung vermindert sich um steuerfreie Zulagen gemäß § 3 Abs 1 Z 4 lit f EStG 1988.
Die Bf hat im Jahr 2022 laut den vorliegenden Lohnzettel Sozialversicherungsbeiträge in einer Gesamthöhe von Euro 297,10 geleistet, hiervon könnten somit nach § 33 Abs 8 Z 3 EStG 1988 Euro 237,70 (80%) rückerstattet werden.
Bei steuerfreien Zulagen iSd § 3 Abs 1 Z 4 lit f EStG 1988 handelt es sich um jenen Teil der Ausgleichs- oder Ergänzungszulage, der ausschließlich aufgrund von Richtsatzerhöhungen nach § 293 Abs 1 letzter Satz ASVG, § 150 Abs 1 letzter Satz GSVG oder § 141 Abs 1 letzter Satz BSVG und § 1 Z 1 und 2 Ergänzungszulagenverordnung gewährt wird (abgesehen davon sind Ausgleichs- oder Ergänzungszulagen, die aufgrund sozialversicherungs- oder pensionsrechtlicher Vorschriften gewährt werden, steuerpflichtig).
Im gegenständlichen Fall konnte anhand der Auskunft der Pensionsversicherungsanstalt festgestellt werden, dass die Bf für das Jahr 2022 einen Betrag in Höhe von mindestens Euro 486,87 aufgrund einer Richtsatzerhöhungen nach § 293 Abs 1 letzter Satz ASVG für ihr Kind ausbezahlt wurde. Hierbei handelt es sich somit um eine in § 3 Abs 1 Z 4 lit f EStG 1988 gesetzlich normierte steuerfreie Zulage, welche eine etwaige Rückerstattung nach § 33 Abs 8 Z 3 EStG 1988 vermindert. Da diese Zulage iSd § 3 Abs 1 Z 4 lit f EStG 1966 den maximal zustehenden Erstattungsbetrag gemäß § 33 Abs 8 Z 3 EStG von in gegenständlichen Fall Euro 237,70 übersteigt, konnte eine Rückerstattung somit gesetzeskonform nicht erfolgen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
b. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Begrenzung der maximalen Höhe der Rückerstattung von Sozialversicherungsbeiträgen und die Kürzung des Erstattungsbetrages um eine Ausgleichszulage nach § 293 Abs 1 letzter Satz ASVG ergibt sich aus dem klaren und eindeutigen Wortlaut der §§ 33 Abs 8 Z 3 iVm 3 Abs 1 Z 4 lit f EStG 1988. Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer dieser anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen wäre (vgl ua ). Eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist daher nicht zulässig.
Klagenfurt am Wörthersee, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 Abs. 8 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 3 Abs. 1 Z 4 lit. f EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.4100109.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
ZAAAF-44662