TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.02.2025, RV/1100295/2024

Berücksichtigung des Verkehrsabsetzbetrages bei Anwendung des Durchschnittssteuersatzes

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter *Ri.* in der Beschwerdesache *Bf*, *Bf.-Adr.*, Steuernummer *BfStNr*, vertreten durch die Remm Steuerberatung GmbH, Kornengasse 6, 6780 Schruns, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2023 zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert.

Für die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe wird auf die Beschwerdevorentscheidung vom verwiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) erklärte mit via FinanzOnline eingebrachter Einkommensteuererklärung 2023 inländische Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 998,47 Euro und aus nichtselbständiger Arbeit ohne Lohnabzug in Höhe von 2.997,85 Euro sowie unter Progressionsvorbehalt steuerbefreite Einkünfte in Höhe von 45.366,61 Euro (Kennzahl 440) und in Höhe von 47.880,07 Euro (Kennzahl 453). Die Steuerfreiheit dieser Einkünfte begründete sie damit, dass sie diese in der Russischen Föderation erzielt habe, wo sich auch der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befinde.

Das Finanzamt setzte mit dem angefochtenen Bescheid die Einkommensteuer 2023 auf Grundlage der Angaben der Bf. in der Einkommensteuererklärung unter Anwendung des Durchschnittsteuersatz mit 1.332 Euro fest.

In der in verlängerter Rechtsmittelfrist dagegen erhobenen Beschwerde wandte die Bf. durch ihre steuerliche Vertretung ein, der Durchschnittssteuersatz sei falsch berechnet worden. Die Bf. habe im Jahr 2023 unter anderem Einkünfte aus einer unselbständigen Arbeit in Russland erzielt, die zu diesem Zeitpunkt noch dem DBA-Russland unterlegen seien.
Gemäß § 33 Abs. 11 EStG 1988 sei der Durchschnittssteuersatz bei Einkünften, die einem Doppelbesteuerungsabkommen unterlägen, zunächst ohne Abzüge gemäß
§ 33 Abs. 3a bis 6 EStG 1988 zu ermitteln und erst von der so errechneten Steuer seien die Abzüge gemäß § 33 Abs. 3a bis 6 EStG abzuziehen. Der Verkehrsabsetzbetrag gemäß
§ 33 Abs. 5 Z 1 und Z 3 EStG 1988 hätte somit nicht schon in die Berechnung des Durchschnittsteuersatzes einbezogen, sondern erst am Schluss von der nach Anwendung des Durschnittsteuersatzes ermittelten Steuer abgezogen werden dürfen.

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt die Bf., nähere Angaben zu ihrer behaupteten Ansässigkeit in Russland sowie zu den russischen Einkünften zu machen.

Dieses Ersuchen beantwortete die Bf. mit Schreiben vom wie folgt: Im Jahr 2013 habe sie die Entscheidung getroffen, sich in Moskau selbständig zu machen und eine Rechtsanwaltskanzlei aufzubauen. Dabei habe sie sich auf Unternehmen aus dem DACH-Raum und Europa spezialisiert. Seit 2014 sei sie Vertrauensanwältin der Wirtschaftskammer Österreich in Moskau gewesen, daher sei die Mehrheit ihrer Kunden aus Österreich gekommen. Seit 2014 habe sie durchgehend Arbeitsgenehmigungen und Arbeitsvisa für Moskau. Seit 2019 sei sie an Unternehmen in Russland, der *X.* und der *Y.*, beteiligt und bei der *X.* bis und bei der *Y.* bis als Geschäftsführerin angestellt gewesen.

Sie habe seit 2012 eine Mietwohnung in Moskau, in der sie mit ihrem Lebensgefährten zusammenlebe. Im Jahr 2023 habe sie sich an insgesamt 221 Tagen in der Russischen Föderation aufgehalten.

Die unter Kennzahl 440 erklärten Einkünfte (45.366,61 Euro) beträfen Ausschüttungen aufgrund der Beteiligungen an den zwei russischen Unternehmen. Die unter Kennzahl 453 erklärten unselbständigen Einkünfte (47.880,07 Euro) beträfen das Geschäftsführergehalt. Der nach Suspendierung des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Russischen Föderation abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommens (DBA-Russland) vom bis zum erzielte anteilige Geschäftsführergehalt habe 2.997,85 Euro betragen.

Das Finanzamt gab der Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom teilweise statt und setzte die Einkommensteuersteuer mit 921 Euro fest. Die teilweise Stattgabe und Reduktion bei der Einkommensteuer resultierte daraus, dass es nur die ausländischen Einkünfte aus der nichtselbständigen Arbeit (47.880,07 Euro) in die Bemessungsgrundlage für den Durchschnittsteuersatz einbezog, nicht aber die übrigen ausländischen Einkünfte (Dividenden in Höhe von 45.366,61 Euro). Zur Begründung dafür gab es an, die 2023 in Russland erzielten Dividenden seien in Hinblick auf den inländischen Wohnsitz und der infolgedessen im Inland bestehenden unbeschränkten Steuerpflicht nicht beim Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen, weil Dividenden gemäß § 27a Abs. 1 Z 2 EStG 1988 einem besonderen Steuersatz unterlägen und daher keine Auswirkung auf die übrigen Einkünfte hätten.

Das Beschwerdebegehren betreffend die Ermittlung des Durchschnittsteuersatzes wies es aber mit der Begründung ab, die Anwendung des Progressionsvorbehaltes bei einer Ansässigkeit außerhalb Österreichs ergebe sich ausschließlich aus innerstaatlichem Recht. § 33 Abs. 11 (alt) EStG verlange nach seinem Wortlaut aber die Berücksichtigung eines Progressionsvorbehaltes aus der Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens. Da die Bf. außerhalb Österreichs ansässig sei, gelange kein Progressionsvorbehalt aufgrund des DBA-Russland zur Anwendung, sondern aufgrund der Anwendung innerstaatlichen Rechts. Die Berechnung des Durchschnittsteuersatzes habe in diesem Fall nach § 33 Abs. 10 (alt) EStG zu erfolgen und sei der Verkehrsabsetzbetrag bereits bei der Ermittlung des Durchschnittsteuersatzes zu berücksichtigen.

Im Vorlageantrag vom erneuerte die Bf. ihr Beschwerdebegehren: der Verkehrsabsetzbetrag sei erst nach Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes abzuziehen, zumal ein Teil der unselbständigen Einkünfte in Österreich besteuert werde, weil das DBA-Russland per suspendiert worden sei.

Am legte das Finanzamt den Vorlageantrag samt Vorlagebericht dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte, über die Beschwerde wie in der Beschwerdevorentscheidung zu entscheiden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Bf. ist seit dem Jahr 2013 in Russland tätig. 2023 wohnte sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten in Moskau in einer Mietwohnung und hielt sich an 221 Tagen in der Russischen Föderation auf.

Neben dem Wohnsitz in Russland unterhielt sie einen weiteren Wohnsitz in *Bf.-Adr.*.

Im Jahr 2023 bezog sie Dividenden in Höhe von umgerechnet 45.366,61 Euro aufgrund von Beteiligungen an zwei russischen Unternehmen, der *Y.* und der *X.*, beide mit Sitz in Moskau. Ferner erzielte sie Gehälter in Höhe von 13.912,32 Euro von der *X.* und 33.967,75 Euro von der *Y.*. Schließlich erzielte sie im Inland Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe 998,47 Euro aufgrund einer Hälftebeteiligung an einer Miteigentümergemeinschaft.

2. Beweiswürdigung

Für die Sachverhaltsfeststellungen folgt das Bundesfinanzgericht den Angaben der Bf. in den Einkommensteuererklärungen und in der Vorhaltbeantwortung. Sie sind zwischen den Parteien unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

In rechtlicher Hinsicht ist zwischen den Parteien unstrittig, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen der Bf. im Jahr 2023 in der Russischen Föderation befand und daher als Ansässigkeitsstaat nach Artikel 4 DBA- Russland des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Russischen Föderation abgeschlossenen Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA-Russland) galt, die Bf. aber aufgrund ihres Wohnsitzes in Österreich auch in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig war. Ferner, dass aufgrund der Artikel 10 (Dividenden) und Artikel 15 (Unselbständige Arbeit) DBA-Russland die in diesem Jahr erzielten Dividendeneinkünfte und die Einkünfte der Bf. aus nichtselbständiger Arbeit, soweit sie in den Anwendungsbereich des DBA-Russland fielen, in Österreich steuerfrei waren und die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in die Berechnung der anzuwendenden Progression für die in Österreich steuerpflichtigen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und Vermietung und Verpachtung einzubeziehen waren (Progressionsvorbehalt). Auch das Bundesfinanzgericht kann nicht erkennen, dass diese rechtliche Beurteilung durch die Parteien unrichtig gewesen wäre.

In Streit steht zwischen den Parteien lediglich, ob der Verkehrsabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 5 Z 1 und 3 EStG 1988 nach § 33 Abs. 10 EStG 1988 idF BGB. 2019/103 vor oder nach § 33 Abs. 11 EStG 1988 idF BGBl. 2019/103 nach Anwendung des Durchschnittsteuersatzes abzuziehen war.

§ 33 Abs. 10 EStG 1988 und § 33 Abs. 11 EStG 1988, beide idF BGBl. 2019/103, lauten:

(10) Ein im Rahmen einer Veranlagung bei der Berechnung der Steuer anzuwendender Durchschnittssteuersatz ist vorbehaltlich des Abs. 11 nach Berücksichtigung der Abzüge gemäß Abs. 3a bis 6 (ausgenommen Kinderabsetzbeträge nach Abs. 3) zu ermitteln. Diese Abzüge sind nach Anwendung des Durchschnittssteuersatzes nicht nochmals abzuziehen.

(11) Ist bei der Berechnung der Steuer ein Progressionsvorbehalt aus der Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens zu berücksichtigen, gilt für die Steuerberechnung Folgendes: Der Durchschnittssteuersatz ist zunächst ohne Berücksichtigung der Abzüge gemäß Abs. 3a bis 6 zu ermitteln. Von der unter Anwendung dieses Durchschnittssteuersatzes ermittelten Steuer sind die Abzüge gemäß Abs. 3a bis 6 (ausgenommen Kinderabsetzbeträge nach Abs. 3) abzuziehen.

Dem Wortlaut des § 33 Abs. 11 EStG 1988 zufolge ist dieser nur anzuwenden, wenn ein Progressionsvorbehalt aus der Anwendung eines Doppelbesteuerungsabkommens selbst zu berücksichtigen ist, d.h., wenn ein Doppelbesteuerungsabkommen selbst einen Progressionsvorbehalt anordnet.

Das DBA-Russland wurde am unterzeichnet und durch Verbalnote vom der Regierung der Russischen Föderation mit Wirkung ab teilweise suspendiert. Von der Suspendierung betroffen sind u.a. die Verteilungsnormen samt dazugehöriger Protokollbestimmungen (Art. 6 bis Art. 22), nicht aber die Regelung der Ansässigkeit einer Person (Art. 4) oder die Regelung zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Art. 23). Da die Kernbestimmungen des DBA suspendiert sind, ist Österreich nicht daran gehindert, im Verhältnis zu Russland uneingeschränkt nach den Regelungen des österreichischen nationalen Rechts zu besteuern.

Das DBA-Russland lautet in seiner bis geltenden Version auszugsweise:

Artikel 15

UNSELBSTSTÄNDIGE ARBEIT

1. Vorbehaltlich der Artikel 16, 18 und 19 dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbstständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden.

2. Ungeachtet des Absatzes 1 dürfen Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person für eine im anderen Vertragsstaat ausgeübte unselbstständige Arbeit bezieht, nur im erstgenannten Staat besteuert werden, wenn

a) der Empfänger sich im anderen Staat insgesamt nicht länger als 183 Tage innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten aufhält und

b) die Vergütungen von einem Arbeitgeber oder für einen Arbeitgeber gezahlt werden, der nicht im anderen Staat ansässig ist, und

c) die Vergütungen nicht von einer Betriebstätte oder einer festen Einrichtung getragen werden, die der Arbeitgeber im anderen Staat hat.

3. Ungeachtet der vorstehenden Bestimmungen dieses Artikels dürfen Vergütungen für unselbstständige Arbeit, die an Bord eines Schiffes oder Luftfahrzeuges, das von einem Unternehmen eines Vertragsstaats im internationalen Verkehr betrieben wird, ausgeübt wird, nur in diesem Vertragsstaat besteuert werden.

Artikel 23

VERMEIDUNG DER DOPPELBESTEUERUNG

1. In Österreich wird die Doppelbesteuerung wie folgt vermieden:

a) Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in der Russischen Föderation besteuert werden, so nimmt Österreich vorbehaltlich der lit. b, c und d diese Einkünfte oder dieses Vermögen von der Besteuerung aus.

b) Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte, die nach Artikel 10 oder Artikel 13 Absatz 4 in der Russischen Föderation besteuert werden dürfen, so rechnet Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in der Russischen Föderation gezahlten Steuer entspricht. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die aus der Russischen Föderation bezogenen Einkünfte entfällt.

c) Unter Artikel 10 Absatz 2 lit. a fallende Dividenden, die von einer in der Russischen Föderation ansässigen Gesellschaft an eine in Österreich ansässige Gesellschaft gezahlt werden, sind, vorbehaltlich der entsprechenden Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts Österreichs, aber ungeachtet einer allfälligen nach diesem Recht abweichenden Mindestbeteiligung, in Österreich von der Besteuerung ausgenommen.

d) Einkünfte oder Vermögen einer in Österreich ansässigen Person, die nach diesem Abkommen von der Besteuerung in Österreich auszunehmen sind, dürfen gleichwohl in Österreich bei der Festsetzung der Steuer für das übrige Einkommen oder Vermögen der Person einbezogen werden.

e) Einkünfte, die eine in Österreich ansässige Person bezieht und die Österreich als Einkünfte betrachtet, die auf Grund dieses Abkommens in der Russischen Föderation zu besteuern sind, dürfen dessen ungeachtet in Österreich besteuert werden, wenn die Russische Föderation nach Durchführung eines Verständigungsverfahrens diese Einkünfte auf Grund dieses Abkommens nicht besteuert.

2. In der Russischen Föderation wird die Doppelbesteuerung wie folgt vermieden:

Bezieht eine in der Russischen Föderation ansässige Person Einkünfte oder hat sie Vermögen und dürfen diese Einkünfte oder dieses Vermögen nach diesem Abkommen in Österreich besteuert werden, so wird die auf diese Einkünfte oder dieses Vermögen entfallende österreichische Steuer auf die in der Russischen Föderation erhobene Steuer angerechnet. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Betrag der Steuer der Russischen Föderation nicht übersteigen, der in Übereinstimmung mit den Steuergesetzen und Verordnungen für diese Einkünfte oder dieses Vermögen ermittelt wird.

Das DBA-Russland teilt somit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dem Ansässigkeitsstaat zu, soweit die Tätigkeit nicht im anderen Vertragsstaat ausgeübt wird, und sieht zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Anrechnungsmethode vor. Der Methodenartikel (Art. 23) bezieht sich nur auf den Ansässigkeitsstaat und sieht eine Verpflichtung vor, entweder die Einkünfte aus dem anderen Vertragsstaat im Ansässigkeitsstaat freizustellen oder die im anderen Vertragsstaat angefallenen Steuern im Ansässigkeitsstaat anzurechnen. Die Bestimmungen des Art. 23 Abs. 1 lit. a) und lit. d) regeln zwar auf österreichischer Seite die Befreiungsmethode unter Progressionsvorbehalt, gelangen aber nur insoweit zur Anwendung, als die Person in Österreich ansässig ist und die Einkünfte "nach diesem Abkommen" im anderen Vertragsstaat (Russland) besteuert werden dürfen. Das Abkommen enthält aber keine Aussagen dazu, wie in Österreich vorzugehen ist, wenn die steuerpflichtige Person wie im Beschwerdefall in der Russischen Föderation ansässig ist.

Der im Beschwerdefall anzuwendende Progressionsvorbehalt resultiert somit nicht unmittelbar aus dem DBA-Russland, sondern hat seine Rechtsgrundlage im innerstaatlichen Recht und ist deshalb anzuwenden, weil aufgrund des inländischen Wohnsitzes der Bf. eine unbeschränkte Steuerpflicht bestand, Teile des sog. Welteinkommens der Bf. aufgrund des DBA-Russland aber nicht in die Besteuerung einbezogen werden konnten.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entfalten Doppelbesteuerungsabkommen eine Schrankenwirkung nur insofern, als sie eine sich aus dem innerstaatlichen Steuerrecht ergebende Steuerpflicht begrenzen. Ob Steuerpflicht besteht, ist also zunächst nach dem innerstaatlichen Steuerrecht zu beurteilen. Ergibt sich aus dem innerstaatlichen eine Steuerpflicht, ist in einem zweiten Schritt zu beurteilen, ob das Besteuerungsrecht durch ein DBA eingeschränkt ist (vgl. ).

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG sind jene natürlichen Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unbeschränkt steuerpflichtig. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte. Der Steuersatz bemisst sich nach dem (Gesamt)Einkommen, worin innerstaatlich der Progressionsvorbehalt seine Rechtsgrundlage findet (vgl. erneut ).

Weil der im Beschwerdefall anzuwendende Progressionsvorbehalt aus dem innerstaatlichen Recht und nicht aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens zur Anwendung kam, war der Durchschnittsteuersatz nach § 33 Abs. 11 leg. cit. und nicht nach § 33 Abs. 10 leg. cit. zu ermitteln. Dass das DBA-Russland mit Wirkung suspendiert wurde, ändert nichts daran, dass im Beschwerdefall die Steuer nach dem Durchschnittsteuersatz gemäß § 33 Abs. 10 EStG 1988 zu ermitteln war und dabei der Verkehrsabsetzbetrag bereits vor Anwendung des Durschnittsteuersatzes zu berücksichtigen war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dieses Erkenntnis beruht auf einer klaren gesetzlichen Grundlage und einer dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der mit dieser Entscheidung nicht abgegangen wurde. Es liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor und ist eine (ordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof daher nicht zulässig.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.1100295.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
PAAAF-44648