Die Berufsausbildung beginnt bei einem Studium mit der Zulassung zum Studium
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom zu Ordnungsbegriff ***1*** betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen in Höhe von insgesamt 518,80 € zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Sachverhalt
An der Technischen Universität Wien (TU Wien) werden unter dem Titel "Bachelorstudien Technische Mathematik" folgende drei Bachelorstudien angeboten (https://www.tuwien.at/studium/studienangebot/bachelorstudien/technische-mathematik?gad_source=1&gclid=EAIaIQobChMIpqre-rGzigMVgGpBAh2_gjo_EAAYASAAEgL66_D_BwE) :
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Studienkennzahl | Bachelorstudium |
UE 033 201 | Technische Mathematik |
UE 033 203 | Statistik und Wirtschaftsmathematik |
UE 033 205 | Finanz- und Versicherungsmathematik |
Alle drei Studien dauern jeweils sechs Semester (180 ECTS) und schließen mit dem Bachelor of Science (BSc).
Aus dem im Zuge des Vorlageantrages vorgelegten Vergleich der Curricula der Studien Technische Mathematik sowie Statistik und Wirtschaftsmathematik ergibt sich, dass die Lehrveranstaltungen in den ersten beiden Semestern deckungsgleich sind.
Der Sohn der Beschwerdeführerin, ***K***, war nach Ableistung des Zivildienstes ( bis ) an der TU Wien vom bis (Wintersemester 2023/24 und Sommersemester 2024) zum Bachelorstudium Statistik und Wirtschaftsmathematik (UE 033 203) zugelassen. Nach dem zweiten Semester wechselte er zum Bachelorstudium Technische Mathematik (UE 033 201). Die Zulassung zum erstgenannten Studium endete am , die Zulassung zum zweitgenannten Studium erfolgte laut den gemäß § 46a Abs. 2 Z 4 FLAG 1967 von der TU Wien an das Finanzamt übermittelten Daten am . In dem am vorgelegten Studienblatt der TU Wien wird dagegen als Beginn des zweitgenannten Studiums bereits der ausgewiesen.
In einer Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vom war der Beschwerdeführerin unter anderem bekannt gegeben worden, dass für ihren Sohn für den Zeitraum August 2023 bis September 2024 Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe.
Die Beschwerdeführerin beantragte im Hinblick auf den bevorstehenden Ablauf des Beihilfenbezuges über FinanzOnline am und die Weitergewährung der Familienbeihilfe und gab dabei an, dass ihr Sohn an der TU Wien zum Studium Technische Mathematik (UE 033 201) zugelassen sei; voraussichtliches Ende: . Studienbestätigungen wurden angeschlossen.
Mit Bescheid vom forderte das Finanzamt die für die Monate August und September 2024 gewährten Beträge an Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen zurück, da für ein volljähriges Kind nur während einer Berufsausbildung Familienbeihilfe zustehe. Diese Voraussetzung treffe beim Kind der Beschwerdeführerin nicht zu.
Gleichzeitig erging am eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe, in der ein Beihilfenanspruch für den Sohn der Beschwerdeführerin von August 2023 bis Juli 2024 und von Oktober 2024 bis März 2028 ausgewiesen wird.
Gegen den Rückforderungsbescheid vom richtet sich die über FinanzOnline eingebrachte Beschwerde vom . Darin wies die Beschwerdeführerin darauf hin, dass ihr Sohn im Oktober 2023 sein Studium begonnen habe. Damals sei eine Studienbestätigung mitgeschickt worden. Da die Familienbeihilfe mit Ende September 2024 ausgelaufen wäre, habe sie vorsorglich gleich die neue Studienbestätigung übermittelt. Ihr Sohn sei seit Oktober 2023 ohne Unterbrechung Student, es sei daher nicht nachvollziehbar, warum die Familienbeihilfe für August und September 2024 zu retournieren sei.
Das Finanzamt wies diese Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom ab. Der Sohn der Beschwerdeführerin habe das Bachelorstudium Statistik und Wirtschaftsmathematik am abgebrochen, das aktuelle Bachelorstudium Technische Mathematik sei erst im Oktober 2024 begonnen worden (Beginn des Universitätsjahres).
Dagegen richtet sich der Vorlageantrag vom . Die Ausbildung des Sohnes sei im Wintersemester 2023/24 begonnen worden und weise keine Lücken auf. Er habe innerhalb des Studiums Technische Mathematik, Kennzahl UE 033, von einem Zweig auf den anderen gewechselt. Dies sei am selben Tag erfolgt, wie aus dem Studienblatt ersichtlich sei, wodurch es zu keiner zeitlichen Unterbrechung in der Ausbildung gekommen wäre. Im Übrigen seien die ersten beiden Semester der Studienzweige deckungsgleich, wie aus dem in Beilage angeschlossenen Vergleich der Studienpläne hervorgehe. Die durchgängige Inskription beginnend vom Wintersemester 2023/24 bis dato sei auch aus der ebenfalls angeschlossenen aktuellen Studienzeitenbestätigung ersichtlich.
Dem Vorlageantrag war eine Studienzeitbestätigung der TU Wien vom angeschlossen, aus der hervorgeht, dass der Sohn der Beschwerdeführerin im Wintersemester 2023/24 und im Sommersemester 2024 ordentlicher Studierender des Bachelorstudiums Statistik und Wirtschaftsmathematik war, und im Wintersemester 2024/25 ordentlicher Studierender des Bachelorstudiums Technische Mathematik ist. Ferner wurde das Studienblatt der TU Wien Wien für den Sohn der Beschwerdeführerin vorgelegt, demzufolge das Bachelorstudium Statistik und Wirtschaftsmathematik am abgebrochen, und das Bachelorstudium Technische Mathematik am selben Tag begonnen wurde. Schließlich wurde der bereits eingangs zitierte Vergleich der Curricula der beiden Studien (Semesteransicht) vorgelegt, aus dem hervorgeht, dass die Lehrveranstaltungen in den ersten beiden Semestern in beiden Studien deckungsgleich sind.
Am legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte eine Abweisung derselben. Begründet wurde dies zusammengefasst damit, dass mit der Zulassung zu einem Studium noch "keine tatsächliche, aktive Berufsausbildung" im Sinne des FLAG 1967 begonnen werde. Das Studienjahr beginne an Universitäten am 1. Oktober. Dass man den Ausbildungsbeginn nicht an den Zeitpunkt der Zulassung zum Studium knüpfen könne, zeige sich auch daran, dass es möglich sei, die Zulassung an mehreren Einrichtungen für mehrere Studien zu beantragen und zu erhalten. Erst mit dem Studienbeginn mit Anfang des Semesters könne sich der Studierende dann für eine tatsächlich betriebene Studienrichtung entscheiden. Die Zulassungsfristen für das Wintersemester würden von Mitte Juli bis Mitte September laufen. In diesem Zeitrahmen könnten die Studierenden frei wählen, wann sie den Antrag auf Zulassung stellen. Die Erledigungsdauer bis zur tatsächlichen Zulassung an den jeweiligen Bildungseinrichtungen könne dann etwa eine bis acht Wochen dauern. Aufgrund dieses Zeitrahmens würden sich, selbst wenn alle Studierenden am selben Tag ihren Antrag stellen würden, bedingt durch die Bearbeitungsdauer ganz unterschiedliche Zulassungsdaten ergeben. Wäre die Gewährung der Familienbeihilfe tatsächlich an das Datum der Zulassung geknüpft, würde es daher zu ganz unterschiedlichen Anspruchszeiten für die Familienbeihilfe kommen, was zu einer verfassungsrechtlich nicht vertretbaren Ungleichbehandlung der Studierenden führen würde. Die Gewährung der Familienbeihilfe zum für alle Studierenden gleichen Zeitpunkt mit tatsächlichem Beginn des Studienjahres bewirke hingegen eine objektive Gleichbehandlung. In den Monaten August 2024 und September 2024 habe der Sohn der Beschwerdeführerin kein Studium aktiv betrieben, "weshalb er in diesem Zeitraum auch nicht seine volle Zeit für ein Studium aufgewendet" habe. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 wären somit nicht erfüllt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Beweiswürdigung
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, den zitierten Aktenteilen und den Eintragungen in der Beihilfendatenbank. Eine - allerdings nicht entscheidungswesentliche - Divergenz besteht lediglich hinsichtlich der Frage, ab welchem Zeitpunkt der Sohn der Beschwerdeführerin zum Bachelorstudium Technische Mathematik (UE 033 201) zugelassen wurde. Laut den gemäß § 46a Abs. 2 Z 4 FLAG 1967 von der TU Wien an das Finanzamt übermittelten Daten erfolgte die Zulassung am , in dem im Zuge des Vorlageantrages vorgelegten Studienblatt wird dagegen der als Datum des Beginns dieses Studiums ausgewiesen. Strittig ist gegenständlich, ob für die Monate August und September 2024 ein Beihilfenanspruch besteht. In diesen beiden Monaten war der Sohn der Beschwerdeführerin zum Bachelorstudium Technische Mathematik (UE 033 201) zugelassen.
Zu klären ist im vorliegenden Fall somit allein die Rechtsfrage, ob bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, die Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 bereits mit Zulassung zum Studium oder erst mit Beginn des Studienjahres beginnt.
2. Rechtliche Beurteilung
2.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.
Gemäß § 52 Abs. 1 UG 2002 beginnt das Studienjahr am 1. Oktober und endet am 30. September des Folgejahres.
Das Rektorat hat Personen, welche die Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, auf Grund ihres Antrages mit Bescheid zum jeweiligen Studium zuzulassen. Das Rektorat ist berechtigt, die höchstzulässige Anzahl der Anträge auf Zulassung zum Studium innerhalb einer Zulassungsfrist pro Studienwerberin bzw. Studienwerber festzulegen, wobei die Zulassung für bis zu fünf Studien sicherzustellen ist (§ 60 Abs. 1 UG 2002).
Mit der Zulassung wird die Studienwerberin oder der Studienwerber als ordentliche oder außerordentliche Studierende oder ordentlicher oder außerordentlicher Studierender Angehörige oder Angehöriger dieser Universität (§ 60 Abs. 4 UG 2002).
Gemäß § 61 Abs. 1 UG 2002 hat das Rektorat nach Anhörung des Senates für jedes Semester die allgemeine Zulassungsfrist festzulegen. Dies ist der Zeitraum, in dem die Studierenden ihre Anträge auf Zulassung zum Studium einzubringen, die Studierendenbeiträge samt allfälliger Sonderbeiträge und bei Bestehen einer Studienbeitragspflicht gemäß § 91 Abs. 2 und 3 den Studienbeitrag zu entrichten haben. Die allgemeine Zulassungsfrist hat für das Wintersemester mindestens acht Wochen und für das Sommersemester mindestens vier Wochen zu betragen.
Aus der bereits zitierten Bestimmung des § 2 Abs. 1 lit. b elfter Satz FLAG 1967, wonach die Aufnahme als ordentlicher Hörer als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr gilt, könnte man ableiten, dass der Gesetzgeber den Beihilfenanspruch bei Besuch einer Einrichtung im Sinne des § 3 StudFG (z.B. einer Universität) erst mit dem Beginn des ersten Studienjahres und damit am 1. Oktober beginnen lassen wollte.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es dagegen darauf an, wann der Besuch der Einrichtung (§ 2 Abs. 1 lit. b zweiter Satz FLAG 1967) beginnt. Im Erkenntnis , wurde dazu ausgeführt:
11Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Ordentliche Studierende sind gemäß § 51 Abs. 2 Z 15 UG 2002 die Studierenden, die zu den ordentlichen Studien zugelassen sind. Ordentliche Studien sind nach § 51 Abs. 2 Z 2 UG 2002 u.a. die Bachelorstudien.
12Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die für das Vorliegen einer Berufsausbildung notwendige Voraussetzung eines ernstlichen, zielstrebigen und nach außen erkennbaren Bemühens um einen Ausbildungserfolg seit dem Inkrafttreten der Änderung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 311/1992 nur noch außerhalb des in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG besonders geregelten Besuchs einer Einrichtung im Sinn des § 3 StudFG relevant (vgl. Ra 2021/16/0076, mwN).
13Der Besuch einer Einrichtung im Sinn des § 3 StudFG beginnt bei Studien wie dem für die vorliegende Revision maßgeblichen, welches an einer österreichischen Universität im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 1 StudFG ausgeübt wird mit der Zulassung zum Studium gemäß § 60 Abs. 4 UG 2002 (vgl. Ra 2020/16/0017; vgl. auch Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG², § 2 Rz 59).
14Dass, wie in der Revision vorgebracht wird, der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2020/16/0017 lediglich abgegrenzt hätte, ob es sich der Art nach um einen Berufsausbildung im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. b erster Satz FLAG oder um den Besuch einer Einrichtung im Sinn des § 3 StudFG gemäß § 2 Abs. 1 lit. b zweiter Satz FLAG handle, trifft daher nicht zu. Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof in dem genannten Erkenntnis auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auf die Frage einer Berufsausbildung eines Studienwerbers für vor der Zulassung liegende Zeiträume eines Aufnahmeverfahrens zur Zulassungsbeschränkung die Rechtsprechung zur Definition der Berufsausbildung maßgeblich ist und damit (erneut) ausdrücklich auf die Zulassung zum Studium abgestellt.
Für die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes spricht, dass auch die TU Wien selbst auf ihrer Homepage die Zulassung zu einem Studium als formalen Beginn des Studiums beschreibt und diesbezüglich nicht auf den Beginn des Studienjahres am 1. Oktober abstellt (https://www.tuwien.at/studium/zulassung).
Dazu kommt, dass im gegenständlichen Fall tatsächlich lediglich der Studienzweig im Studium Technische Mathematik gewechselt wurde. Die Beschwerdeführerin hat zutreffend darauf hingewiesen, dass in den ersten beiden Semestern die Lehrveranstaltungen in den Bachelorstudien Technische Mathematik sowie Statistik und Wirtschaftsmathematik deckungsgleich sind. Faktisch kam es damit zu keiner Studienunterbrechung, sondern zu einer nahtlosen Fortsetzung des im Jahr 2023 begonnenen Studiums, wenn auch ab dem Wintersemester 2024/25 mit einem anderen Schwerpunkt (formal liegen unterschiedliche Bachelorstudien vor, die die TU Wien allerdings selbst unter dem Titel "Bachelorstudien Technische Mathematik" zusammenfasst).
Unter Berücksichtigung aller Umstände steht aufgrund der Zulassung des Sohnes der Beschwerdeführerin zum Bachelorstudium technische Mathematik (UE 033 201; laut Studienblatt bereits am , laut den gemäß § 46a Abs. 2 Z 4 FLAG 1967 von der TU Wien gemeldeten Daten am ) auch für die streitgegenständlichen Monate August und September 2024 Familienbeihilfe zu, weshalb sich der angefochtene Rückforderungsbescheid als rechtswidrig erweist und daher aufzuheben war.
Zu den Argumenten des Finanzamtes im Vorlagebericht wird noch bemerkt, dass es nach der oben zitierten Judikatur (Rz 12) bei einem Studium gerade nicht darauf ankommt, dass der Student "seine volle Zeit für ein Studium aufwendet" und im Zulassungszeitraum (Juli bis September) noch "keine tatsächliche, aktive Berufsausbildung iSd FLAG 1967" vorliegt.
Zur akademischen Freiheit gehört auch die Freiheit des Studiums. Diese besagt, dass die Studenten im Rahmen der Studien- und Prüfungsordnung frei wählen können, welche Lehrveranstaltungen sie besuchen, und im Regelfall auch, ob/wann sie ihre Prüfungen ablegen und welche Schwerpunkte (Vertiefungsfächer) sie in ihrem Studium setzen möchten. Aus diesem Freiraum ergeben sich für die Studierenden je nach Studienrichtung mehr oder weniger große Spielräume in der Gestaltung ihrer akademischen Ausbildung. Dieser Freiraum steht dem Studenten ebenfalls ab seiner Zulassung zum Studium und nicht erst ab Beginn des Studienjahres zu. Aufgrund dieser Freiheit ist es beispielsweise auch nicht beihilfenschädlich, wenn ein Student - aus welchen Gründen immer - in einem bestimmten Kalendermonat weder Lehrveranstaltungen besucht noch zu Prüfungen antritt, wenn er dennoch für die gesetzlich normierten Zeiträume die geforderten ECTS-Punkte nachweisen kann.
Mit dem Antrag auf Zulassung zum Studium sind auch bereits finanzielle Pflichten verbunden, etwa die Entrichtung des Studierendenbeitrages (ÖH-Beitrages), weshalb es sachgerecht ist, auch die aus dem Besuch einer Universität resultierenden Rechte mit dem Zeitpunkt der Zulassung zum Studium beginnen zu lassen.
Wie das Finanzamt auf eine Dauer der Erledigung des Antrages auf Zulassung zu einem Studium von "einer bis acht Wochen" kommt, wurde nicht näher dargelegt. Ferner können hypothetische Kausalverläufe nicht der rechtlichen Beurteilung des Regelfalles zugrunde gelegt werden.
Verfassungsrechtlich Bedenken gegen die Rechtsauslegung durch den Verwaltungsgerichtshof teilt das Bundesfinanzgericht nicht. So beinhaltet das durch § 60 Abs. 1 UG 2002 eingeräumte subjektive Recht, bei Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen auf Antrag mit Bescheid zum jeweiligem Studium an dieser Universität zugelassen zu werden, das Recht auf Zulassung zum Studium in seiner Gesamtheit und nicht nur auf Zulassung zum Studium in dem Studienjahr, innerhalb dessen Zulassungsfrist der Antrag auf Zulassung gestellt wird. Damit wirkt aber das rechtliche Interesse eines Zulassungswerbers zum Studium über dieses Studienjahr hinaus ( KI 1/2014). Der Verfassungsgerichtshof schränkt daher die Wirkung der Zulassung nicht auf das bzw. ein bestimmtes Studienjahr ein.
2.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da im gegenständlichen Verfahren die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen bereits ausreichend durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (insbesondere ) geklärt sind, und die Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abweicht, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 3 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 § 52 Abs. 1 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 § 60 Abs. 1 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 § 60 Abs. 4 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 § 61 Abs. 1 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 § 51 Abs. 2 Z 15 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 § 51 Abs. 2 Z 2 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 |
Verweise | KI 1/2014 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100797.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
RAAAF-44643