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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.01.2025, RV/7103809/2023

Keine Unternehmereigenschaft eines Vereins mangels einer auf Einnahmenerzielung gerichteten Tätigkeit

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache des Vereins ***Bf***, ***Bf-Adr*** vertreten durch den Obmann ***Bf-Obm*** über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Umsatzsteuer 2019 und 2020, Steuernummer ***BFStNr***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Gleichzeitig werden die angefochtene Bescheid abgeändert. Die Umsatzsteuer 2019 und 2020 wird jeweils mit € 0,00 festgesetzt.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben entsprechen den Beschwerdevorentscheidungen vom und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit zwei Bescheiden vom setzte die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer die Umsatzsteuer 2019 mit € 8.030,57 und die Umsatzsteuer 2020 mit € 9.389,99 fest. Von den Erklärungen, in denen die steuerpflichtigen Umsätze jeweils mit € 0,00 angegeben wurden, wich die belangte Behörde insofern ab, als sie die im Formular "Finanzamtsmeldung (Verf15), Fragebogen für Kapitalgesellschaften" angeführten voraussichtlichen Jahresumsätze im Eröffnungsjahr 2019 (€ 60.000,00) und im Folgejahr 2020 (€ 90.000,00) heranzog und jeweils zur Gänze dem 20-prozentigen Steuersatz unterwarf. Die Vorsteuern (€ 3.969,43 im Jahr 2019 und € 8.610,01 im Jahr 2020) wurden erklärungsgemäß übernommen.

Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde vom , in der geltend gemacht wird, dass es sich bei den Einnahmen des Vereins um nicht steuerbare Umsätze handle. Nachdem der Beschwerdeführer über Aufforderung der belangten Behörde nähere Angaben zu seiner Tätigkeit sowie zu seinen Einnahmen und Ausgaben machte, gelangte auch die Behörde im Vorhalt vom zur Auffassung, dass es sich bei den Einnahmen des Beschwerdeführers um nicht steuerbare Umsätze handelt. Dies habe allerdings zur Folge, dass die damit im Zusammenhang stehenden Vorsteuern nicht abzugsfähig seien. Hierauf äußerte sich der Beschwerdeführer in einer Stellungnahme vom dahingehend, dass bereits vor Beginn des von ihm betriebenen Projektes geklärt werden habe müssen, ob er umsatzsteuerpflichtig ist oder nicht, da davon abhänge, ob die staatlichen Förderungsgeber auch die vom Förderungsnehmer verausgabten Umsatzsteuerbeträge fördern oder nicht. Der Beschwerdeführer habe sich vergeblich um eine Anerkennung als gemeinnützig bemüht und sei daher davon ausgegangen, dass er prinzipiell - da nicht gemeinnützig - umsatzsteuerpflichtig ist und habe dies auch bei den jeweiligen Förderstellen angegeben. Dies habe zur Folge gehabt, dass nur die Nettobeträge der Ausgaben gefördert wurden und sei dem Beschwerdeführer von den Förderstellen mitgeteilt worden, dass er die nicht geförderte Umsatzsteuer beim Finanzamt geltend machen könne. Dass dies nun von der Finanzbehörde im Nachhinein nicht anerkannt wird, widerspreche dem Rechtsempfinden. Zudem seien Ausnahmen von der Umsatzsteuerpflicht wie das nun angeführte Nichterzielen von "zusätzlichen Einnahmen oder steuerpflichtigen Umsätzen" damals nicht vorhersehbar gewesen.

Mit zwei Beschwerdevorentscheidungen vom gab die belangte Behörde der Beschwerde insofern Folge, als die Einnahmen des Beschwerdeführers nun als nicht umsatzsteuerbare Zuschüsse qualifiziert wurden. Hinsichtlich der Vorsteuern erfolgte eine Verböserung, indem diese nun nicht mehr anerkannt wurden. Die belangte Behörde ging davon aus, dass der Beschwerdeführer unentgeltlich Veranstaltungen durchführt und die damit verbundenen Kosten in Form von Förderungen ersetzt erhält. Es finde daher weder im Verhältnis zu den Förderstellen, noch im Verhältnis zu den Institutionen, an denen die Veranstaltungen durchgeführt werden bzw. im Verhältnis zu den Personen, die an diesen Veranstaltungen teilnehmen, ein Leistungsaustausch statt.

Mit Eingabe vom stellte der Beschwerdeführer Vorlageantrag gemäß § 264 BAO. Darin beantragte er, auch die Vorsteuerbeträge zu berücksichtigen, da nach § 12 Abs. 3 UStG 1994 ein Vorsteuerausschluss für Leistungen, die im Zusammenhang mit nicht steuerbaren Umsätze stehen, nicht vorgesehen sei.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der beschwerdeführende Verein wurde im Jahr 2010 gegründet und nahm im Jahr 2019 seine Tätigkeit auf (Vereinsregisterauszug; Formular "Finanzamtsmeldung [Verf15], Fragebogen für Kapitalgesellschaften"). Diese Tätigkeit bestand ausschließlich in der Durchführung des Projektes "***XXX***" (***XXX***; Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom ). Dieses Projekt sollte der gesundheitlichen Förderung von Familien mit Kindern im Alter von bis zu elf Jahren dienen. Der Beschwerdeführer bot zu diesem Zweck kostenlos Informations- und Beratungsleistungen (Vorträge, Sprechstunden etc.) etwa in Schulen, Kindergärten und Gemeindeämtern an. Die damit verbundenen Kosten wurden im Rahmen von Förderungen vom Fond Gesundes Österreich, dem Land Burgenland, der burgenländischen Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) und verschiedenen Gemeinden getragen (Projektbeschreibung ***XXX*** [2. Version]; Finanzierungszusagen der Förderungsträger). Daneben erhielt der Beschwerdeführer eine private Spende i.H.v. € 2.500,00 sowie mehrere Kleinspenden (Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom ).

2. Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die in Klammer jeweils angeführten Urkunden und sind im Übrigen unstrittig. Strittig ist die Rechtsfrage, ob dem Beschwerdeführer der Vorsteuerabzug zukommt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (tw. Stattgabe/Abänderung)

Gem. § 1 Abs. 1 Z. 1 UStG 1994 unterliegen Umsätze aufgrund von Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer. Unternehmer ist hierbei, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen fehlt (§ 2 Abs. 1 UStG 1994). Ein wesentliches Merkmal der unternehmerischen Tätigkeit ist daher die Einnahmenerzielung. Eine Tätigkeit, die nicht zu Erzielung von Einnahmen ausgeübt wird, ist nicht unternehmerisch (vgl. Windsteig in Melhardt/Tumpel, UStG, Rz 94 zu § 2, m.w.N.).

Der Beschwerdeführer bietet seine Leistungen (Informationsveranstaltungen, Beratung) kostenlos an. Er erhebt hierfür weder von jenen Einrichtungen, in denen die Leistungen angeboten werden (Schulen, Kindergärten, Gemeindeämter) noch von jenen Personen, die die Leistungen unmittelbar in Anspruch nehmen ein Entgelt. Die Aufwendungen des Beschwerdeführers werden durch öffentliche Subventionen und Spenden abgedeckt. Hierbei handelt es sich um einseitige Transferleistungen. Der Beschwerdeführer erbringt gegenüber den Subventionsgebern und Spendern keine Leistungen. In Ermangelung eines Leistungsaustausches sind daher diese Subventionen und Spenden nicht als Entgelt i.S.d. § 1 Abs. 1 UStG 1994 und § 2 Abs. 1 UStG 1994 zu betrachten (vgl. ). Weitere Einnahmen hat der Beschwerdeführer nicht erzielt. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers ist sohin nicht auf Einnahmenerzielung gerichtet und ist er damit nicht als Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG 1994 zu qualifizieren.

Dies hat zum einen zur Folge, dass die Einnahmen des Beschwerdeführers nicht steuerbar sind, da nur Umsätze von Unternehmern der Umsatzsteuer unterliegen (§ 1 Abs. 1 UStG 1994). Dies hat aber auch zur Folge, dass er keine Vorsteuer geltend machen kann, da diese Möglichkeit nur Unternehmern offensteht (§ 12 Abs. 1 UStG 1994; ). Das Ziel der Umsatzsteuer in ihrer Ausformung als Mehrwertsteuer besteht darin, den Letztverbrauch zu belasten. Solange eine Ware oder Leistung in der Unternehmerkette verbleibt, soll sie von der Umsatzsteuer entlastet sein. Dies wird durch das System des Vorsteuerabzugs erreicht, wonach jeder Unternehmer in der Absatzkette die ihm für Leistungen an sein Unternehmen in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge von der eigenen Steuerschuld abziehen und ihre Erstattung begehren kann. Wird dagegen eine Leistung an einen Nichtunternehmer erbracht liegt Letztverbrauch vor. Da dieser mit der Umsatzsteuer belastet sein soll, ist ein Vorsteuerabzug auf dieser Absatzstufe nicht mehr möglich.

Der Beschwerdeführer strebt im Ergebnis eine Umsatzsteuer-Befreiung bei gleichzeitigem Erhalt des Vorsteuerabzuges an. Eine solche "echte" Umsatzsteuer-Befreiung ist jedoch nur in den in § 6 Abs. 1 Z. 1 bis 6 UStG 1994 geregelten Fällen vorgesehen, von denen hier keiner in Frage kommt (i.W. handelt es sich um Ausfuhrvorgänge, bei denen auf diese Weise das Bestimmungslandprinzip, also die Besteuerung in jenem Land, in dem der Verbrauch stattfindet, verwirklicht werden soll). Im Übrigen steht der Vorsteuerabzug auch in diesen Fällen nur zu, wenn die (steuerbefreite) Leistung durch einen Unternehmer erbracht wird.

Auch durch den Verweis auf § 12 Abs. 3 UStG 1994 ist für den Beschwerdeführer nichts gewonnen. Dass keiner der dort geregelten Ausschlussgründe vorliegt, bedeutet nicht, dass ihm im Umkehrschluss der Vorsteuerabzug zustünde. § 12 Abs. 3 UStG 1994 normiert Fälle, in denen die von einem Unternehmer entrichtete Steuer vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist. Wurde die Steuer - wie hier - von einem Nichtunternehmer entrichtet, ist ein Vorsteuerabzug schon allein aus diesem Grunde von vornherein nicht möglich und stellt sich die Frage, ob ein Ausschlussgrund i.S.d. § 12 Abs. 3 UStG 1994 vorliegt, nicht.

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass er anlässlich der Förderungsanträge davon ausging, grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig und vorsteuerabzugsberechtigt zu sein und diese Auffassung auch von den Förderungsgebern geteilt worden sei, ist festzuhalten, dass diese unrichtige Einschätzung und die daraus resultierende - vom Beschwerdeführer als unbillig empfundene - Situation nicht dazu führen kann, dass nun - entgegen dem Gesetz - der Vorsteuerabzug anerkannt wird. Insbesondere besteht bei der Abgabenfestsetzung kein Ermessen und keine Bindung an die von einer anderen staatlichen Stelle geäußerte (unzutreffende) Rechtsauffassung.

Unerheblich ist auch, ob vorhersehbar war, dass der Beschwerdeführer keine zusätzlichen Einnahmen bzw. steuerpflichtigen Umsätze erzielt. Selbst wenn er neben dem Projekt ***XXX*** eine unternehmerische Tätigkeit entfaltet hätte, wäre die nunmehr strittige Vorsteuer nicht abzugsfähig gewesen. Diesfalls hätte der Beschwerdeführer eine unternehmerische und eine nichtunternehmerische Sphäre besessen und wäre der Vorsteuerabzug nur für Leistungen zugestanden, die für die unternehmerische Sphäre ausgeführt wurden. Das Projekt ***XXX*** wäre der nichtunternehmerischen Sphäre zuzuordnen gewesen. Die strittigen Vorsteuerbeträge standen ausschließlich mit dem Projekt ***XXX***, also mit der nichtunternehmerischen Sphäre im Zusammenhang und hätten sohin nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (vgl. Ruppe/Achatz UStG, Rz 21f und 102f zu § 12).

Im Ergebnis war daher - wie bereits im Rahmen der Beschwerdevorentscheidungen - der Beschwerde insofern Folge zu geben, als die Einnahmen nicht der Umsatzsteuer unterliegen und waren die angefochtenen Bescheide weiters dahingehend abzuändern, dass die geltend gemachten Vorsteuern nicht berücksichtigt werden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Dass ein Vorsteuerabzug nur Unternehmern zusteht und als Unternehmer nur jemand qualifiziert werden kann, dessen Tätigkeit auf Einnahmenerzielung gerichtet ist, wurde durch die zitierte Rechtsprechung, von welcher das Bundesfinanzgericht nicht abgewichen ist, geklärt und ergibt sich auch unmittelbar aus dem Gesetz. Rechtsfragen von grundlegender Bedeutung war daher nicht zu lösen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7103809.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
KAAAF-44213