Verständigung nach § 281a BAO
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht fasst durch die Richterin Dr. Adebiola Bayer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Porzellangasse 51, 1090 Wien, betreffend die Beschwerden
vom gegen den Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2014 des Finanzamtes Wien 1/23 (nunmehr Finanzamt für Großbetriebe) vom gemäß der Änderung nach § 295 Abs. 1 BAO vom ,
vom gegen den Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2015 des Finanzamtes Wien 1/23 (nunmehr Finanzamt für Großbetriebe) vom gemäß der Änderung nach § 295 Abs. 1 BAO vom ,
vom gegen den Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2016 des Finanzamtes Wien 1/23 (nunmehr Finanzamt für Großbetriebe) vom ,
vom gegen den Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2017 des Finanzamtes Wien 1/23 (nunmehr Finanzamt für Großbetriebe) vom sowie
vom gegen den Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2018 des Finanzamtes Wien 1/23 (nunmehr Finanzamt für Großbetriebe) vom
den Beschluss:
Die Parteien werden gemäß § 281a BAO formlos darüber verständigt, dass nach Auffassung des Bundesfinanzgerichts in der gegenständlichen Beschwerdesache in Bezug auf die angeführten angefochtenen Bescheide noch Beschwerdevorentscheidungen zu erlassen sind.
Begründung
Die beschwerdeführende AG brachte die gegenständlichen Beschwerden gegen die Körperschaftsteuerbescheide Gruppe der Jahre 2014 bis 2018 ein, ohne dass Beschwerdevorentscheidungen erlassen wurden. Ungeachtet dessen legte die belangte Behörde die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht vor.
§ 262 BAO sieht Folgendes vor:
"§ 262. (1) Über Bescheidbeschwerden ist nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.
(2) Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat zu unterbleiben,
a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und
b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.
(3) Wird in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet, so ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen.
(4) Weiters ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, wenn der Bundesminister für Finanzen den angefochtenen Bescheid erlassen hat."
Gemäß § 281a BAO hat das Verwaltungsgericht, wenn es nach einer Vorlage (§ 265 BAO) zur Auffassung gelangt, dass noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist oder ein Vorlageantrag nicht eingebracht wurde, die Parteien darüber unverzüglich formlos in Kenntnis zu setzen.
In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (190 BlgNr 26. GP 56) wurde dazu ausgeführt:
"Wenn wegen einer fehlenden Beschwerdevorentscheidung oder wegen eines fehlenden Vorlageantrages eine Zuständigkeit zur Erledigung der Bescheidbeschwerde oder des Vorlageantrages trotz erfolgter Vorlage (§ 265) nicht auf das Verwaltungsgericht übergehen konnte, besteht kein Erfordernis, dass das Verwaltungsgericht darüber einen Unzuständigkeitsbeschluss fasst (vgl. Ro 2015/15/0001). Auch aus Gründen des Rechtsschutzes ist es nicht erforderlich, über eine Unzuständigkeit durch das Verwaltungsgericht mittels eines Feststellungsbeschlusses abzusprechen. Im Interesse der Vereinfachung und Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens soll das Verwaltungsgericht eine ihm von der Abgabenbehörde (zumeist nur irrtümlich) vorgelegte Beschwerde, über die es seiner Ansicht nach in Ermangelung einer Beschwerdevorentscheidung oder eines Vorlageantrages nicht zu entscheiden hat, der Abgabenbehörde ohne unnötigen Aufschub zurückschicken und den Beschwerdeführer davon verständigen. Die neue Verständigungspflicht gemäß § 281a BAO soll, insbesondere im Hinblick auf die Verständigung des Beschwerdeführers vom Zeitpunkt und Inhalt der zunächst erfolgten Vorlage, gewährleisten, dass beide Parteien rasch und einfach mittels formloser Mitteilung des Verwaltungsgerichtes davon Kenntnis erlangen, dass sich das Verwaltungsgericht für unzuständig hält.
Verneint das Verwaltungsgericht nach der Vorlage der Beschwerde zu Unrecht seine Zuständigkeit und unterlässt es die Erledigung der Beschwerde, steht beiden Parteien des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht ein Fristsetzungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof (§ 38 VwGG) offen. Die Entscheidungspflicht in der Sache wäre nach Ablauf der in § 291 BAO normierten Frist auch dann verletzt, wenn das Verwaltungsgericht die Beschwerde nach Vorlage formlos an die Abgabenbehörde zurückgeleitet hat. Ein Rechtsanspruch auf gesonderte Feststellung der Zuständigkeit oder Unzuständigkeit besteht nicht (vgl. Ra 2017/13/0010, Ra 2016/13/0023).
Die Ergänzung des zweiten Satzes in § 300 Abs. 1 BAO stellt sicher, dass die Verpflichtung zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung auch im Fall einer ungerechtfertigten Aktenvorlage weiterhin aufrecht bleibt und mit Säumnisbeschwerde gemäß § 284 BAO beim Verwaltungsgericht durchsetzbar ist."
In den Beschwerden wurde nicht beantragt, dass die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zu unterbleiben hat (§ 262 Abs. 2 lit. a BAO). Da in den Beschwerden unionsrechtliche Bedenken geäußert und die rechtswidrige Anwendung von Abgabenvorschriften geltend gemacht wurden, liegt auch kein Fall des § 262 Abs. 3 BAO vor (Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3, Rz 13 zu § 262 BAO).
Das Bundesfinanzgericht gelangt somit zur Auffassung, dass in Bezug auf die im Spruch angeführten angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide Gruppe der Jahre 2014 bis 2018 noch Beschwerdevorentscheidungen zu erlassen sind.
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass das Verwaltungsgericht die vorgelegten Beschwerden an die Abgabenbehörde ohne unnötigen Aufschub zurückschicken soll, wobei auch die ausdrückliche Verpflichtung besteht, die Parteien über diese Weiterleitung zu verständigen. Die Weiterleitung (Rückleitung) der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht ist als verfahrensleitender Beschluss anzusehen, eine Einstellung des Verfahrens sieht die BAO in der vorliegenden Verfahrenskonstellation hingegen nicht vor (vgl. ).
Die Information nach § 281a BAO erfolgt durch die Berichterstatterin des Senats in analoger Anwendung von § 272 Abs. 4 BAO. § 281a BAO wird dort zwar nicht ausdrücklich genannt, da diese Bestimmung erst später in die BAO eingefügt wurde. Hierbei dürfte es sich um eine planwidrige Gesetzeslücke handeln, da mit § 272 Abs. 4 BAO dem Berichterstatter eine Zuständigkeit unter anderem zur Erlassung von Formalentscheidungen anstelle des Senats eingeräumt wurde und die gegenständliche Verständigung mit einer solchen Entscheidung vergleichbar ist. Hierfür sprechen auch die Gesetzesmaterialien (190 BlgNr 26. GP 56), wonach § 281a BAO zur Vereinfachung und Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens dienen und die Verständigung "ohne unnötigen Aufschub" erfolgen soll.
Belehrung und Hinweise
Bei der Verständigung nach § 281a BAO handelt es sich um einen verfahrensleitenden Beschluss (). Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht zulässig. Sie können erst in der Revision oder Beschwerde gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden (§ 25a Abs. 3 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, § 88a Abs. 3 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953).
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 281a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7104718.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
AAAAF-43989